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"Wir befinden uns in intensiven Gesprächen mit den Krankenkassen"

Der Mediziner Wolfgang Mohnike, Leiter des Diagnostisch-Therapeutischen Zentrums in Berlin, ist zuversichtlich, dass die so genannte PET/CT in der Krebsdiagnostik bald auch in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Die Methode sei gründlich erprobt, sie könne ambulant durchgeführt werden und biete neben den medizinischen Vorteilen auch großes Sparpotenzial.

Moderation: Jürgen Liminski |
    Jürgen Liminski: Wer Mediziner nach einer Definition von Gesundheit fragt, erhält gern die Antwort: Gesund ist, wer noch nicht ausreichend untersucht wurde. Dieselbe Antwort gilt nun auch für die Gesundheitsreform, sie ist offenbar noch nicht ausreichend begutachtet, was jetzt allerdings geschieht, so dass man mit einiger Sicherheit sagen kann: Diese Reform ist krank, nur traut sich noch niemand das so zu nennen. Wie immer die politische Debatte weiterläuft, man wird schon wegen der in einer alternden Gesellschaft unweigerlich steigenden Kosten auf die Frage zurückgeworfen werden, wie spare ich das System gesund oder wo sind noch überhaupt Sparpotentiale. Das ist eine gar nicht so abstrakte Frage. Jedenfalls gibt es konkrete und gewaltige Einsparpotentiale, die noch nicht genutzt werden. Eines bietet die Computertomographie mit ihren Diagnosemöglichkeiten. Die sind so gewaltig, dass sie in allen Ländern der EU-15 benutzt werden, nur in Deutschland nicht. Darüber wollen wir nun sprechen mit Professor Wolfgang Mohnike, er ist der Leiter des Diagnostisch-Therapeutischen Zentrums in Berlin, wo die Computertomographie seit Jahren praktiziert wird. Herr Mohnike, was ist an dieser Methode so Kosten sparend?

    Wolfgang Mohnike: Die PET/CT oder Positronen-Tomographie in Kombination mit der Computertomographie bietet einen gewaltigen diagnostischen Fortschritt. Durch präzise Verbindung von Anatomieinformationen und Funktionen können wir Operationen auf Verdacht vermeiden, wie durch die holländische PLUS-Studie nachgewiesen wurde, das heißt, es konnten dramatische Operationseinsparungen erzielt werden. Es addieren sich nicht weiterhin diagnostische Möglichkeiten, das heißt, der Diagnosemarathon, der jetzt noch üblich ist, kann vermindert werden, und das alte Prinzip "ambulant vor stationär" wird verwirklicht. Diese Methode kann ambulant durchgeführt werden, und stationäre Folgekosten werden eingespart.

    Liminski: Für welche Krankheiten gilt diese Methode?

    Mohnike: Die bekannte PET/CT hat seit einiger Zeit in der onkologischen, das heißt in der Krebsdiagnostik große Vorteile gebracht. Das heißt, wir konnten Diagnosen früher stellen, wir konnten sie präziser stellen und damit die Therapie schneller und rechtzeitiger und manchmal auch zielführender durchführen. Neuerdings ist durch die PET/CT-High-Resolution, das heißt die hochauflösende PET/CT die Möglichkeit auch für die Herzdiagnostik. Die Röhre dreht sich schneller, als das Herz schlägt, so dass wir schnelle Bewegungsabläufe am Herzen auch untersuchen können und nach einem Untersuchungsgang Aussagen zu Herzkranzgefäßen, aber auch zum Herzmuskel durchführen können.

    Liminski: Also bessere Diagnosen bei Krebs und Herz mit den entsprechend besseren oder trefferenden Therapien. Warum wird das von den Kassen nicht anerkannt?

    Mohnike: Wie Sie wissen, haben wir in Deutschland einen manchmal etwas mühsamen Entscheidungsgang, aber das neue Jahr beginnt mit einem Lichtblick. Wir befinden uns in intensiven Gesprächen mit den Krankenkassen. Ein Vertrag zur Erstattung der PET/CT bei wichtigen Tumorerkrankungen steht kurz vor dem Abschluss. Darüber hinaus berät auch der gemeinsame Bundesausschuss seit einiger Zeit über den Lungenkrebs. Ich rechne hier mit einer positiven Entscheidung in den nächsten Monaten. Dies sind natürlich nur die berühmten Tropfen auf den heißen Stein. Für meine Patienten wünsche ich mir jedenfalls rasche Entscheidungen, denn Krebspatienten haben keine Zeit.

    Liminski: Die Privaten erkennen die Methode an, oder?

    Mohnike: Die privaten Krankenkassen bezahlen die Methode schon seit langem, was dazu geführt hat, dass hier eine Ungleichbehandlung im privaten und gesetzlichen Bereich stattfindet.

    Liminski: Sie haben gesagt, es gibt Lichtblicke, und auch angedeutet, dass möglicherweise die gesetzlichen Krankenkassen auch die Kosten erstatten werden. Können Sie da Namen nennen?

    Mohnike: Ich bin da noch an eine gewisse Vertraulichkeit gebunden, rechne aber damit, dass wir auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenkassen in den nächsten Monaten einige erfreuliche Neuigkeiten erfahren werden. Das gilt zunächst mal für ausgewählte Tumorerkrankungen, aber ich bin davon überzeugt, dass sich das durchsetzen wird, ja, durchsetzen muss.

    Liminski: Ist denn diese Methode ausreichend untersucht, erforscht, studiert, so dass man sie risikolos anwenden kann?

    Mohnike: Wir wissen aus den anderen europäischen Ländern, dass die Methode seit Jahren in der Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten ist, in den USA mehr als 15 Jahre durch Medicare und Medicate bezahlt wird für wichtige Krebserkrankungen wie Lungenkrebs, Brustkrebs, Lymphdrüsenkrebs, Hautkrebs und viele andere. Wir verfügen da über einen reichen Erfahrungsschatz, der auch aus der Weltliteratur zu entnehmen ist. In Deutschland hinken wir da ein bisschen hinterher.

    Liminski: Bei den Kassen gilt der Grundsatz "ambulant vor stationär". Ist eine ambulante Behandlung bei diesen technologischen Voraussetzungen überhaupt möglich? Sie haben es eben schon gesagt, aber die technologischen Voraussetzungen werden doch immer spezieller. Kann sich eine Praxis so etwas überhaupt leisten?

    Mohnike: Eine Praxis kann sich das nur dann leisten, wenn sie gute Arbeit leistet und in Kombination, in Verbindung mit den Krankenhäusern tätig wird. Wir sind in Kooperation mit einigen umliegenden Kliniken hier in Berlin, Lungenkliniken, aber auch anderen Krebskliniken. Die Methode zeichnet sich dadurch aus, dass sie ambulant durchgeführt werden kann. Ja, sie ist geradezu prädestiniert dafür. Der Vorteil liegt darin, dass der Patient, bevor er in die Klinik geht, das heißt, bevor Kosten produziert werden, durch die diagnostische Weichenstellung entweder im Hinblick auf eine chirurgische Therapie oder eine ambulante Therapie frühzeitig in die richtige diagnostische Richtung gebracht werden kann. Und das geht alles ambulant und unkompliziert. Wir blicken auf einige Tausend Patientenuntersuchungen zurück, bei denen wir das erfolgreich durchführen konnten.

    Liminski: Angesichts dieser Sachlage müsste es doch eigentlich auch ein paar Gesundheitspolitiker geben, die sich für die Kostenerstattung dieser Diagnosemethode aussprechen.

    Mohnike: Wir haben einen prominenten Fürsprecher: den Berater der Gesundheitsministerin, Herrn Professor Lauterbach. Auch der Gesundheitsökonom der Universität Bayreuth Herr Professor Oberender befürwortet den zügigen Einsatz der PET/CT im ambulanten Bereich, und wir hatten Besuch von Herrn Zöller, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses des Bundestages. Die drei Herren befürworten die PET und PET/CT, aber Sie wissen, wir sind ein liberal und demokratisch aufgestelltes Land, und Entscheidungen haben manchmal lange Wege.