Christiane Kaess: Es hat noch immer etwas von Aufbruchsstimmung, wenn ein großer Schritt für einen Frieden im Nahen Osten angekündigt wird, obwohl viele mühsame Versuche zuvor gescheitert sind. Vertreter aus über 40 Nationen diskutieren heute in Annapolis, östlich von Washington, über eine Zwei-Staaten-Lösung als Ausweg aus den scheinbar für immer währenden Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Aber auch die Beteiligten geben zu, dass man in den Schlüsselfragen, nämlich der Grenzziehung, dem Status von Jerusalem und dem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, noch weit auseinanderliege. Vor der Sendung haben wir Benita Ferrero-Waldner, EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik, in Annapolis erreicht. Ich habe sie zuerst gefragt, welche Erwartungen sie an die Konferenz hat.
Benita Ferrero-Waldner: Ich würde sagen, vorsichtig optimistische, aber das Wesentliche für mich ist, dass Annapolis der Ausgangspunkt ist für einen neuen Verhandlungsprozess, einen bilateralen, direkt zwischen Präsident Abbas und Premierminister Olmert, um in diesem Verhandlungsprozess die Endstatuspunkte anzusprechen und schließlich - und ich hoffe, in einer nicht zu langen Zeit - zu einem palästinensischen Staat zu kommen. Das halte ich für enorm wichtig.
Kaess: Nun gab es ja schon verschiedene Versuche, der letzte 2003, da hat das Nahost-Quartett, dem ja auch die EU angehört, die Lösung des Konfliktes mit der sogenannten Roadmap probiert. Der Plan ist damals schon im Ansatz gescheitert, am gegenseitigen Misstrauen. Warum sollte denn die Ausgangssituation heute eine andere sein?
Ferrero-Waldner: Nun, man muss daran denken, dass zum ersten Mal alle Araber ein großes Interesse auch an dieser Konferenz haben. Es ist die gesamte Arabische Liga hier, und es sind sogar die Saudis heute am Tisch und die Führer, also, ich halte das für einen ganz wesentlichen Punkt. Darüber hinaus, glaube ich, haben auch Israelis und Palästinenser verstanden, sie müssen zum diplomatischen Weg zurückkehren, nur so kann es eine Zwei-Staaten-Lösung geben.
Kaess: Sie haben Saudi-Arabien und Syrien angesprochen. Jetzt haben natürlich beide auch eigene Interessen, Syrien möchte zum Beispiel die Golanhöhen von Israel zurückhaben und Saudi-Arabien befürchtet, dass die Unruhen in der Region auf das eigene Land umschlagen könnten. Werden denn diese Interessen von der Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes ablenken?
Ferrero-Waldner: Sie werden nicht ablenken, sondern im Endeffekt muss es ja einen umfassenden Nahostprozess geben. Nur der kann wirklich zu einem endgültigen Frieden führen. Und da wird der sogenannte Syrian Track, also der syrische Pfad, aber auch der libanesische Pfad, in der Zukunft eine Rolle spielen. Ich halte es für sehr wichtig, dass das nicht ausgeklammert ist und dass die Syrier sich wirklich bereit erklärt haben, auch zu kommen.
Kaess: Nun gibt es aber auch viele Kräfte in der Region, die gegen diesen Prozess sind. Ein Scheitern würde genau den Triumph der Radikalen in der Region bedeuten.
Ferrero-Waldner: Ein Scheitern wäre sicher ganz, ganz schwierig, aber wir dürfen eben ein Scheitern nicht zulassen. Und daher ist für mich ein Scheitern bei dieser Konferenz keine Option. Wir müssen alles tun, um diesen neuen Optimismus zu unterstreichen, zu unterstützen, und wir Europäer haben ja auch eine eigene Aktionsstrategie dazu ausgearbeitet, die sozusagen in Begleitung zu den bilateralen Verhandlungen stattfinden soll. Und hier geht es um Fragen - wie können wir unterstützend helfen bei einem Training einer Polizeitruppe, beim Aufbau einer echten Wirtschaft? Wir müssen die Privatindustrie ankurbeln und wir müssen natürlich auch die Institutionen versuchen mit den Palästinensern gemeinsam zu formen. Das ist wichtig und dafür sind wir gerüstet.
Kaess: Frau Ferrero-Waldner, die Pläne und Aktionen, die Sie ansprechen, die können sich ja zwangsläufig nur auf einen Teil der Palästinenser beziehen, nämlich diejenigen, die im Westjordanland wohnen. Selbst wenn es jetzt auf der Konferenz Fortschritte gäbe, würden die auch nur für eine Seite der Palästinenser gelten, nicht für diejenigen, die im Gazastreifen unter der Kontrolle der Hamas leben. Kommt denn die internationale Gemeinschaft umhin, die Hamas einzubeziehen?
Ferrero-Waldner: Also, zum Ersten, wir als Europäische Union und als Kommission vor allem, wir haben immer auch die Menschen in Gaza bedacht und das werden wir auch in Zukunft machen, indem wir vor allem den Ärmsten der Armen Zuschüsse geben und indem wir gleichzeitig auch sozusagen die Energie mitliefern, damit zumindest Elektrizität und Wasser gegeben sind. Das sind sozusagen die Basisvoraussetzungen.
Kaess: Aber das Ziel der Konferenz ist ja eine Zwei-Staaten-Lösung, und wie soll denn die ohne die Hamas, die ja einen Teil des Territoriums beherrscht, umgesetzt werden?
Ferrero-Waldner: Aber was die zweite Frage eben anbetrifft hinsichtlich der politischen Einbindung, die ich sehr wohl verstanden habe, würde ich sagen: Derzeit ist Hamas nicht am Konferenztisch vorgesehen, weil der Palästinenserpräsident, der ja der gewählte Präsident aller Palästinenser ist, dies auch nicht wünscht. Aber selbstverständlich - wenn er zu einem Paket mit Olmert gekommen ist, dann hat er ja vor, zum einen einen Versöhnungsprozess wieder anzustreben, und zum anderen ja, dieses Paket dann in einem Referendum dem gesamten palästinensischen Volk vorzulegen. Ich glaube, das ist ein gangbarer Weg. Wir müssen alle versuchen, diesen Weg bestmöglichst zu unterstützen. Und wir müssen eine Art Monitoring durchführen, das heißt, wir müssen die Kontrolle behalten, was wird auf beiden Seiten nun wirklich umgesetzt, denn sonst könnte es wieder zu Schwierigkeiten kommen. Wir müssen diese vertrauensbildenden Maßnahmen so setzen, dass die Bevölkerung erfährt: Hier ist etwas Neues im Gange, hier könnte es Frieden geben.
Kaess: Wird denn die EU konkrete Positionen zu den Kernstreitpunkten beziehen?
Ferrero-Waldner: Die EU selber hält sich hier heraus. Es gibt ja eine ganze Reihe von vorgegebenen Punkten aus früheren Verhandlungen, hier geht es darum, dass sowohl Abbas als auch Olmert sich in diesen Fragen einigen. Wir stehen immer bereit und Gewehr bei Fuß, Hilfestellung zu leisten, aber wir sind sicher hier nicht die Ersten. Das ist kein multilateraler Verhandlungsprozess, sondern es ist ein bilateraler, der von uns unterfüttert und unterstützt wird.
Kaess: Jetzt haben wir über die palästinensische Seite gesprochen, aber genauso wie Palästinenserpräsident Abbas ist auch der israelische Ministerpräsident Olmert innenpolitisch geschwächt. Er würde eventuell zwei Koalitionspartner verlieren, wenn er in Annapolis zu viele Zugeständnisse macht. Wird man denn in Israel den möglichen Beschlüssen überhaupt folgen?
Ferrero-Waldner: Nun, ich glaube, es ist denn immer ein Prozess. Heute in Annapolis werden noch keine großen Beschlüsse gefasst, außer, dass ein solcher Prozess jetzt wieder auf die Fahrt gebracht wird, und ich glaube, es hängt dann daran, zu sehen, wie weit kann Olmert sich in den Gesprächen bewegen. Aber er hat durchaus eine sehr erkleckliche Mehrheit auch im Parlament, das muss man sehen.
Kaess: Auch in der US-Regierung ist man sich nicht ganz einig über den Prozess, und US-Präsident Bush gilt auch als schwach und ist nicht mehr sehr lange im Amt. Sie sprechen von einem Prozess, sind das denn gute Voraussetzungen für einen stetigen Prozess?
Ferrero-Waldner: Wenn der Prozess nicht allzu lange dauert, ich glaube, das ist wesentlich, und wenn der Prozess auch echte Fortschritte macht - daher ist auch dieser Kontrollmechanismus so wichtig, dass wir das immer wieder unterstreichen können, abprüfen können sozusagen -, dann denke ich, ist das keine schlechte Voraussetzung. Denken Sie doch daran, dass auch Camp David im letzten Teil der damaligen Clinton-Regierung stattgefunden hat.
Kaess: Und gescheitert ist.
Ferrero-Waldner: Aber deshalb gescheitert ist, weil der Prozess zu schnell angegangen ist und man zu viel erwartet hat in einer zu kurzen Zeit. Hier versucht man, aus diesen Fehlern zu lernen.
Kaess: Sie haben gesagt, der Prozess darf nicht zu lange dauern - wie lange genau? Die Palästinenser wünschen sich konkrete Ergebnisse vor dem Ende der Amtszeit von George Bush.
Ferrero-Waldner: Das ist eben sozusagen der Wunsch der Palästinenser, den wir natürlich voll verstehen können, aber ich glaube, wir sind alle Realisten und wir müssen sehen, ob dies tatsächlich möglich ist. Daher sage ich, eine Art Monitoring, ein Kontrollmechanismus, der möglichst durch das Quartett ausgeübt werden sollte, bei dem ja die Europäische Union voll dabei ist, das, glaube ich, wäre sehr, sehr wesentlich, um sowohl im Terrain Änderungen herbeizuführen, als auch im politischen Prozess Fortschritte zu sehen.
Kaess: Zum Schluss noch: In der Folge von Annapolis ist eine Geberkonferenz im Dezember geplant. Welche Unterstützung wird die EU leisten?
Ferrero-Waldner: Die Europäische Union, und hier vor allem die Kommission, wird wieder eine Unterstützung auf sehr hohem Niveau leisten.
Kaess: Das heißt konkret?
Ferrero-Waldner: Ich kann Ihnen sagen, dass bereits in diesem Jahr wir zirka 500 Millionen Euro als Kommission geleistet haben, zudem noch zirka dieselbe Summe, seitens der Mitgliedsstaaten hinzukommt, also, das heißt, eine Milliarde Euro. Das war dieses Jahr, das war ein besonderes Jahr, denn kaum jemand hat ja hier so den Palästinensern unter die Arme gegriffen wie wir. Für das nächste Jahr sind wir gerade dabei - mit dem Parlament, mit dem Europäischen Parlament, und natürlich mit dem Rat - zu sehen, welche Mittel wir bei der Pledging-Konferenz ansprechen können, aber wir sind jedenfalls einer der wichtigsten Geber. Und diesmal erwarte ich hier, dass auch die anderen Geber der internationalen Gemeinschaft hier voll mithelfen, ich denke hier vor allem auch an die Araber.
Kaess: Vor der heute beginnenden Nahost-Konferenz war das Benita Ferrero-Waldner, EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik. Sie ist unterwegs in Annapolis, die schlechte Leitung bitten wir deshalb zu entschuldigen.
Benita Ferrero-Waldner: Ich würde sagen, vorsichtig optimistische, aber das Wesentliche für mich ist, dass Annapolis der Ausgangspunkt ist für einen neuen Verhandlungsprozess, einen bilateralen, direkt zwischen Präsident Abbas und Premierminister Olmert, um in diesem Verhandlungsprozess die Endstatuspunkte anzusprechen und schließlich - und ich hoffe, in einer nicht zu langen Zeit - zu einem palästinensischen Staat zu kommen. Das halte ich für enorm wichtig.
Kaess: Nun gab es ja schon verschiedene Versuche, der letzte 2003, da hat das Nahost-Quartett, dem ja auch die EU angehört, die Lösung des Konfliktes mit der sogenannten Roadmap probiert. Der Plan ist damals schon im Ansatz gescheitert, am gegenseitigen Misstrauen. Warum sollte denn die Ausgangssituation heute eine andere sein?
Ferrero-Waldner: Nun, man muss daran denken, dass zum ersten Mal alle Araber ein großes Interesse auch an dieser Konferenz haben. Es ist die gesamte Arabische Liga hier, und es sind sogar die Saudis heute am Tisch und die Führer, also, ich halte das für einen ganz wesentlichen Punkt. Darüber hinaus, glaube ich, haben auch Israelis und Palästinenser verstanden, sie müssen zum diplomatischen Weg zurückkehren, nur so kann es eine Zwei-Staaten-Lösung geben.
Kaess: Sie haben Saudi-Arabien und Syrien angesprochen. Jetzt haben natürlich beide auch eigene Interessen, Syrien möchte zum Beispiel die Golanhöhen von Israel zurückhaben und Saudi-Arabien befürchtet, dass die Unruhen in der Region auf das eigene Land umschlagen könnten. Werden denn diese Interessen von der Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes ablenken?
Ferrero-Waldner: Sie werden nicht ablenken, sondern im Endeffekt muss es ja einen umfassenden Nahostprozess geben. Nur der kann wirklich zu einem endgültigen Frieden führen. Und da wird der sogenannte Syrian Track, also der syrische Pfad, aber auch der libanesische Pfad, in der Zukunft eine Rolle spielen. Ich halte es für sehr wichtig, dass das nicht ausgeklammert ist und dass die Syrier sich wirklich bereit erklärt haben, auch zu kommen.
Kaess: Nun gibt es aber auch viele Kräfte in der Region, die gegen diesen Prozess sind. Ein Scheitern würde genau den Triumph der Radikalen in der Region bedeuten.
Ferrero-Waldner: Ein Scheitern wäre sicher ganz, ganz schwierig, aber wir dürfen eben ein Scheitern nicht zulassen. Und daher ist für mich ein Scheitern bei dieser Konferenz keine Option. Wir müssen alles tun, um diesen neuen Optimismus zu unterstreichen, zu unterstützen, und wir Europäer haben ja auch eine eigene Aktionsstrategie dazu ausgearbeitet, die sozusagen in Begleitung zu den bilateralen Verhandlungen stattfinden soll. Und hier geht es um Fragen - wie können wir unterstützend helfen bei einem Training einer Polizeitruppe, beim Aufbau einer echten Wirtschaft? Wir müssen die Privatindustrie ankurbeln und wir müssen natürlich auch die Institutionen versuchen mit den Palästinensern gemeinsam zu formen. Das ist wichtig und dafür sind wir gerüstet.
Kaess: Frau Ferrero-Waldner, die Pläne und Aktionen, die Sie ansprechen, die können sich ja zwangsläufig nur auf einen Teil der Palästinenser beziehen, nämlich diejenigen, die im Westjordanland wohnen. Selbst wenn es jetzt auf der Konferenz Fortschritte gäbe, würden die auch nur für eine Seite der Palästinenser gelten, nicht für diejenigen, die im Gazastreifen unter der Kontrolle der Hamas leben. Kommt denn die internationale Gemeinschaft umhin, die Hamas einzubeziehen?
Ferrero-Waldner: Also, zum Ersten, wir als Europäische Union und als Kommission vor allem, wir haben immer auch die Menschen in Gaza bedacht und das werden wir auch in Zukunft machen, indem wir vor allem den Ärmsten der Armen Zuschüsse geben und indem wir gleichzeitig auch sozusagen die Energie mitliefern, damit zumindest Elektrizität und Wasser gegeben sind. Das sind sozusagen die Basisvoraussetzungen.
Kaess: Aber das Ziel der Konferenz ist ja eine Zwei-Staaten-Lösung, und wie soll denn die ohne die Hamas, die ja einen Teil des Territoriums beherrscht, umgesetzt werden?
Ferrero-Waldner: Aber was die zweite Frage eben anbetrifft hinsichtlich der politischen Einbindung, die ich sehr wohl verstanden habe, würde ich sagen: Derzeit ist Hamas nicht am Konferenztisch vorgesehen, weil der Palästinenserpräsident, der ja der gewählte Präsident aller Palästinenser ist, dies auch nicht wünscht. Aber selbstverständlich - wenn er zu einem Paket mit Olmert gekommen ist, dann hat er ja vor, zum einen einen Versöhnungsprozess wieder anzustreben, und zum anderen ja, dieses Paket dann in einem Referendum dem gesamten palästinensischen Volk vorzulegen. Ich glaube, das ist ein gangbarer Weg. Wir müssen alle versuchen, diesen Weg bestmöglichst zu unterstützen. Und wir müssen eine Art Monitoring durchführen, das heißt, wir müssen die Kontrolle behalten, was wird auf beiden Seiten nun wirklich umgesetzt, denn sonst könnte es wieder zu Schwierigkeiten kommen. Wir müssen diese vertrauensbildenden Maßnahmen so setzen, dass die Bevölkerung erfährt: Hier ist etwas Neues im Gange, hier könnte es Frieden geben.
Kaess: Wird denn die EU konkrete Positionen zu den Kernstreitpunkten beziehen?
Ferrero-Waldner: Die EU selber hält sich hier heraus. Es gibt ja eine ganze Reihe von vorgegebenen Punkten aus früheren Verhandlungen, hier geht es darum, dass sowohl Abbas als auch Olmert sich in diesen Fragen einigen. Wir stehen immer bereit und Gewehr bei Fuß, Hilfestellung zu leisten, aber wir sind sicher hier nicht die Ersten. Das ist kein multilateraler Verhandlungsprozess, sondern es ist ein bilateraler, der von uns unterfüttert und unterstützt wird.
Kaess: Jetzt haben wir über die palästinensische Seite gesprochen, aber genauso wie Palästinenserpräsident Abbas ist auch der israelische Ministerpräsident Olmert innenpolitisch geschwächt. Er würde eventuell zwei Koalitionspartner verlieren, wenn er in Annapolis zu viele Zugeständnisse macht. Wird man denn in Israel den möglichen Beschlüssen überhaupt folgen?
Ferrero-Waldner: Nun, ich glaube, es ist denn immer ein Prozess. Heute in Annapolis werden noch keine großen Beschlüsse gefasst, außer, dass ein solcher Prozess jetzt wieder auf die Fahrt gebracht wird, und ich glaube, es hängt dann daran, zu sehen, wie weit kann Olmert sich in den Gesprächen bewegen. Aber er hat durchaus eine sehr erkleckliche Mehrheit auch im Parlament, das muss man sehen.
Kaess: Auch in der US-Regierung ist man sich nicht ganz einig über den Prozess, und US-Präsident Bush gilt auch als schwach und ist nicht mehr sehr lange im Amt. Sie sprechen von einem Prozess, sind das denn gute Voraussetzungen für einen stetigen Prozess?
Ferrero-Waldner: Wenn der Prozess nicht allzu lange dauert, ich glaube, das ist wesentlich, und wenn der Prozess auch echte Fortschritte macht - daher ist auch dieser Kontrollmechanismus so wichtig, dass wir das immer wieder unterstreichen können, abprüfen können sozusagen -, dann denke ich, ist das keine schlechte Voraussetzung. Denken Sie doch daran, dass auch Camp David im letzten Teil der damaligen Clinton-Regierung stattgefunden hat.
Kaess: Und gescheitert ist.
Ferrero-Waldner: Aber deshalb gescheitert ist, weil der Prozess zu schnell angegangen ist und man zu viel erwartet hat in einer zu kurzen Zeit. Hier versucht man, aus diesen Fehlern zu lernen.
Kaess: Sie haben gesagt, der Prozess darf nicht zu lange dauern - wie lange genau? Die Palästinenser wünschen sich konkrete Ergebnisse vor dem Ende der Amtszeit von George Bush.
Ferrero-Waldner: Das ist eben sozusagen der Wunsch der Palästinenser, den wir natürlich voll verstehen können, aber ich glaube, wir sind alle Realisten und wir müssen sehen, ob dies tatsächlich möglich ist. Daher sage ich, eine Art Monitoring, ein Kontrollmechanismus, der möglichst durch das Quartett ausgeübt werden sollte, bei dem ja die Europäische Union voll dabei ist, das, glaube ich, wäre sehr, sehr wesentlich, um sowohl im Terrain Änderungen herbeizuführen, als auch im politischen Prozess Fortschritte zu sehen.
Kaess: Zum Schluss noch: In der Folge von Annapolis ist eine Geberkonferenz im Dezember geplant. Welche Unterstützung wird die EU leisten?
Ferrero-Waldner: Die Europäische Union, und hier vor allem die Kommission, wird wieder eine Unterstützung auf sehr hohem Niveau leisten.
Kaess: Das heißt konkret?
Ferrero-Waldner: Ich kann Ihnen sagen, dass bereits in diesem Jahr wir zirka 500 Millionen Euro als Kommission geleistet haben, zudem noch zirka dieselbe Summe, seitens der Mitgliedsstaaten hinzukommt, also, das heißt, eine Milliarde Euro. Das war dieses Jahr, das war ein besonderes Jahr, denn kaum jemand hat ja hier so den Palästinensern unter die Arme gegriffen wie wir. Für das nächste Jahr sind wir gerade dabei - mit dem Parlament, mit dem Europäischen Parlament, und natürlich mit dem Rat - zu sehen, welche Mittel wir bei der Pledging-Konferenz ansprechen können, aber wir sind jedenfalls einer der wichtigsten Geber. Und diesmal erwarte ich hier, dass auch die anderen Geber der internationalen Gemeinschaft hier voll mithelfen, ich denke hier vor allem auch an die Araber.
Kaess: Vor der heute beginnenden Nahost-Konferenz war das Benita Ferrero-Waldner, EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik. Sie ist unterwegs in Annapolis, die schlechte Leitung bitten wir deshalb zu entschuldigen.