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"Wir erwarten, dass der Papst in den nächsten Tagen sterben wird"

Wie lange der Papst noch lebt ist nicht sicher. Radio Vatikan erwartet, dass der Papst in den nächsten Tagen sterben wird. Die Gerüchte über zunehmende Machtkämpfe hinter den Kulissen des Vatikans seien aber bereits dementiert worden.

Moderation: Bettina Klein |
    Bettina Klein: Er hat in den vergangenen Wochen sein Leiden und seine Krankheit nicht versteckt. Er hatte den Gläubigen und aller Welt gezeigt und auch seine Kraft und Entschlossenheit, sich seinem Schicksal zu stellen. In der vergangenen Nacht nun hat sich der Gesundheitszustand des Papstes offenbar dramatisch verschlechtert. Gläubige in aller Welt beten für das Oberhaupt der katholischen Kirche. Für 12 Uhr 30 hat der Vatikan eine weitere Mitteilung angekündigt. Ich bin nun verbunden mit Birgit Pottler, sie ist Redakteurin beim deutschsprachigen Dienst von Radio Vatikan. Der Papst ist offenbar bereit, zu sterben - soweit man das sagen kann. Es geht ihm jedenfalls sehr schlecht. Was heißt das in diesen Stunden für Radio Vatikan?

    Birgit Pottler: Das heißt für Radio Vatikan, dass natürlich viele Stationen, Radio und Fernsehen, in aller Welt hier auch anrufen, um die neuesten Informationen zu bekommen. Das heißt für uns, dass wir rund um die Uhr unsere Dienste aktualisieren, auch in der Nacht gearbeitet haben, aber jetzt genau wie alle anderen Journalisten, die auf der Via della Conciliazione warten, eben auch auf neue Informationen warten.

    Klein: Wie kommen solche Meldungen eines italienischen TV-Senders eigentlich zustande, die dann dementiert wurden, der Papst liege im Koma?

    Pottler: Die kommen dadurch zustande, dass eben auf der Via della Conciliazione, am Petersplatz, vor der Sala Stampa, vor dem vatikanischen Pressesaal viele, viele Journalisten ja ihr Nachtlager quasi schon aufgeschlagen hatten und natürlich so ein Wort das andere gibt. Und, dazu kommt, dass am Morgen schon Kardinal Camillo Ruini, der Generalvikar des Bistums Rom, im Vatikan eingetroffen ist, und der Kardinal Ruini hat die Aufgabe, den Tod des Papstes der Bevölkerung Roms zu verkünden. Auch Kardinal Ratzinger, der Dekan des Kardinalkollegiums, der dann die Aufgabe hat, alle Kardinäle zu informieren und zusammen zu rufen, auch der ist bereits in den Privatgemächern des Papstes eingetroffen. Das sind offiziell bestätigte Meldungen und das wird natürlich dann unter den Journalisten weitergegeben.

    Klein: Ist es denn möglich für Medien, anders an Informationen heranzukommen - und zwar an wirklich richtige Informationen - als auf die offiziellen Verlautbarungen zu warten?

    Pottler: Offizielle Verlautbarungen und eben stetig präsent zu sein und alle möglichen Reaktionen einfach auch noch mal weiterzugeben, nachzufragen. Aber eine offizielle Verlautbarung ist eben erst für 12 Uhr 30 oder gar erst 13 Uhr wieder angekündigt. Dazwischen gibt es momentan nichts, wie ja auch ihre Kollegin vor Ort schon sagte: "Die Fenster sind geschlossen, das heißt warten". Das heißt wirklich warten.

    Klein: Was erwarten Sie für die nächsten Stunden?

    Pottler: Heute Morgen hieß es, der Papst ringt definitiv in diesen Stunden mit dem Tod. Inzwischen heißt es wieder, sein Zustand hätte sich etwas stabilisiert und es könnte sich auch noch einige Tage hinziehen. Wir erwarten, ja, in den nächsten Tagen doch durchaus, dass der Papst sterben wird. So klar muss man das jetzt momentan sagen. Aber wann - wie gesagt, wir warten auf das Bulletin.

    Klein: Was geschieht im Falle des Todes von Johannes Paul II?

    Pottler: Als erstes muss der Camerlengo, das ist so was wie der Kämmerer des Vatikans, den Papsttod feststellen, er muss die amtliche Todesurkunde ausstellen und die Privatgemächer und das Arbeitszimmer des Papstes versiegeln. Das sind die allerersten Amtshandlungen. Dann wird der Camerlengo den, wir bereits gerade gesagt, Kardinaldekan informieren, das ist Joseph Ratzinger, er wird den Generalvikar, Kardinal Ruini, informieren. Wie die Presse und die Weltöffentlichkeit informiert werden muss, darüber ist im Kirchenrecht, im Kodex nichts festgelegt. Dann wird im Laufe der kommenden Tage das Konklave und die Beisetzungsfeierlichkeiten vorbereitet werden. Diese Beisetzungsfeierlichkeiten sollen neun Tage dauern, laut Kodex. Und das Konklave wird aber nicht vor 14 Tagen nach dem Tod einberufen werden. Also zwischen Tod des Papstes und der Einberufung des Konklaves werden 14 Tage liegen. Das kann man laut Kodex so genau sagen.

    Klein: Der Papst ist am Leben. Er hatte in den vergangenen Wochen sein Leiden und seine Krankheit nicht versteckt - ich habe eingangs der Sendung noch mal daran erinnert - ist diese seine Entscheidung mitgetragen gewesen vom Vatikan eigentlich?

    Pottler: Alle Vertreter des Vatikans, alle, die sich nach außen gewandt haben, haben immer gesagt: "Wir respektieren den Willen des Papstes", auch deswegen ist er ja jetzt noch im Vatikanpalast und nicht im Krankenhaus. Es war auch klar, dass die Ärzte ihn lieber noch einige Tage länger im Krankenhaus gelassen und gesehen hätten, aber es war dem Papst wichtig, zur Karwoche zurück im Vatikan zu sein und eben auch auf die Weise noch mal näher bei den Gläubigen, die ja trotzdem in ungebrochenen Strömen hierher nach Rom gepilgert sind. Und dazu kommt, so wie ich es von hier aus beobachtet habe, ich denke, der Wille des Papstes ist so klar gewesen und so entschieden bis jetzt, dass keiner in der Lage war, sich dem zu widersetzen. Es musste akzeptiert werden.

    Klein: Es wurde und wird immer wieder über Machtkämpfe hinter den Kulissen im Vatikan spekuliert, die möglicherweise zunehmen würden, je schlechter es dem Papst gehen würde. Was lässt sich darüber zur Stunde sagen?

    Pottler: Nichts. Die Gerüchte um die Machtkämpfe gibt es, aber sie wurden grundsätzlich hier im Vatikan intern sofort wieder dementiert.