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"Wir gehen in die richtige Richtung"

Die Krise des Euros lässt auch bei den Bürgern in Lettland die Bedenken vor einem Beitritt zur Euro-Zone wachsen, so die Einschätzung des lettischen Europa-Abgeordneten und Ex-Wirtschaftsministers, Krisjanis Karins. Er strebt dennoch an, 2014 die Gemeinschaftswährung einzuführen.

Krisjanis Karins im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 27.05.2011
    Tobias Armbrüster: Der Zentralbankchef von Polen, Marek Belka, hat in dieser Woche der "Financial Times Deutschland" ein Zeitungsinterview gegeben, ein Interview, das vermutlich in Brüssel einige Alarmglocken in Bewegung gesetzt hat. Unter anderem hat er gesagt: "In diesen turbulenten Zeiten erscheint es uns weise, der Euro-Zone fern zu bleiben". Die Finanzkrise, so Belka weiter, mache die gemeinsame Währung für viele Menschen in Polen derzeit unattraktiv. Solche Sätze könnten ein Zeichen dafür sein, dass der Euro trotz seiner Stabilität an Anziehungskraft verliert, nicht nur in Polen, auch in anderen Ländern Osteuropas, in solchen Ländern auch, die den Euro noch nicht eingeführt haben. - Am Telefon kann ich jetzt mit Krisjanis Karins sprechen, er war von 2004 bis 2006 Wirtschaftsminister in Lettland, heute ist er lettischer Abgeordneter im Europaparlament. Schönen guten Morgen, Herr Karins.

    Krisjanis Karins: Guten Morgen!

    Armbrüster: Wie ist das bei Ihnen in Lettland? Wollen Sie dem Euro auch lieber fernbleiben?

    Karins: Nun, wenn die Polen es sagen, man muss es auch verstehen. Auch wenn die es wollten, könnten die es zurzeit nicht schaffen, weil ihre Staatsschuld wächst zu groß und ihr Haushaltsdefizit ist fast bei acht Prozent. Und natürlich, wenn man diese Schwäche in seiner eigenen Wirtschaft spürt, ist es sehr einfach zu sagen, das Problem ist nicht unsere Wirtschaft, das Problem ist die Euro-Zone.

    Innerhalb Lettlands? - Wir sind ein kleines Land, auch im Vergleich mit Polen. Wenn es mehr als 30 Millionen Polen gibt, so gibt es weniger als zweieinhalb Millionen Letten. Und als eine kleine offene Wirtschaft sind wir sowieso sehr, sehr stark zu der Euro-Zone gebunden. Wir sehen, dass es für uns weniger Risiko wäre, darin zu sein, als streng zugebunden, aber ohne die Stabilität, was auch von den Investoren angesehen wurde.

    Armbrüster: Heißt das, die Menschen in Lettland sind nach wie vor fest davon überzeugt, dass sie unbedingt in den Euro rein wollen, oder gibt es da Bedenken?

    Karins: Natürlich, es gibt Bedenken, es gibt viele Menschen in unserer Gesellschaft, die sich fragen, na ja, wir sind seit so vielen Jahren in diese Richtung gegangen, und jetzt, wenn man sich anschaut, was in Griechenland, Portugal und diesen anderen südlichen Ländern passiert, es gibt viele Menschen, die fragen, wo gehen wir hin, und nicht als eine Frage, ob unser staatliches Ziel falsch ist, sondern was passiert mit der ganzen Wirtschaft Europas jetzt.

    Armbrüster: Können wir dann sagen, dass die derzeitigen Finanzkrisen in Ländern wie Griechenland, Irland und auch Portugal, dass die den Euro in gewisser Weise unattraktiver machen für die Menschen in Osteuropa?

    Karins: Ich meine, dass die es etwas unattraktiver machen für die Menschen im Euro, nicht nur in Osteuropa. Das Problem ist, wir in Europa, wir sind wirtschaftlich zusammengebunden, wir sind teilweise monetär zusammengebunden, aber wir sind nicht politisch zusammengebunden. Das heißt, wir haben keinen Finanzminister für ganz Europa, wir haben 27 verschiedene Finanzminister, 27 verschiedene Haushalte. Und das heißt, einige Länder wie zum Beispiel Griechenland, die nehmen die Maßnahmen nicht an, die wir hier in Lettland angenommen haben. Wir haben eigentlich ein ganz schwieriges Programm an uns angenommen, aber unsere Wirtschaft fängt an, jetzt zu wachsen, unsere Arbeitslosigkeit wird jeden Monat etwas niedriger. Das heißt, wir gehen in die richtige Richtung. Aber wir schauen zu den Griechen hier in Lettland und wir sehen, dass die die Maßnahmen nicht annehmen, die wir angenommen haben, um unsere Wirtschaft zu verbessern. Dadurch haben wir auch Sorgen, wie wird es uns jetzt ergehen, falls die Griechen das nicht ändern, was die machen, dass es auch uns schlechter gehen könnte.

    Armbrüster: Ganz kurz, Herr Karins. Bis wann wollen Sie in Lettland den Euro einführen?

    Karins: 2014.

    Armbrüster: Alles klar! - Das war Krisjanis Karins, der ehemalige Wirtschaftsminister von Lettland, hier bei uns im Deutschlandfunk. Heute ist er lettischer Abgeordneter im Europaparlament. Besten Dank für das Gespräch, Herr Karins.

    Karins: Vielen Dank.