Freitag, 29. März 2024

Archiv


"Wir gehen jetzt zur UNO mit einer Stimme"

Der außenpolitische Sprecher der Palästinenser-Organisation Fatah, Abdallah Frangi, bezeichnet das Versöhnungsabkommen mit der Hamas als sehr gute Chance auch für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. In einer neuen Regierung sollten auch Experten mitarbeiten, die weder der Fatah noch der Hamas angehörten.

Abdallah Frangi im Gespräch mit Peter Kapern | 05.05.2011
    Peter Kapern: Am Telefon bei uns ist nun Abdallah Frangi, der viele Jahre lang der Vertreter der PLO in Deutschland war und nun außenpolitischer Sprecher der Fatah in Ramallah ist. Guten Tag, Herr Frangi.

    Abdallah Frangi: Guten Tag!

    Kapern: Herr Frangi, gestern wollte Mahmud Abbas in Kairo bei der Pressekonferenz noch nicht einmal neben Hamas-Chef Meschal auf dem Podium sitzen, als dort die Versöhnung vorgestellt wurde. Da stellt sich doch die Frage: Wie tragfähig ist eigentlich diese Verbrüderung?

    Frangi: Diese Verbrüderung ist eine sehr gute Chance eigentlich für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, und dass Präsident Abbas nicht neben Khaled Meschal sitzt, dem Vorsitzenden vom dem Politbüro von Hamas, ist nicht, weil er jetzt politisch mit ihm nichts haben will, oder weil er gegen dieses Abkommen ist, sondern er hat darauf bestanden, neben Präsident Abbas zu sitzen, und das bedeutet, wir haben zwei Präsidenten, und wir haben ja dieses Abkommen, damit wir einen Präsidenten haben, eine Regierung haben, eine Politik betreiben, und das war der Grund.

    Kapern: Zeigt aber doch auch, dass es da noch viele Unstimmigkeiten gibt.

    Frangi: Diese Unstimmigkeiten sind bekannt, auch für uns, und wir haben seit vielen Jahren daran gearbeitet, mit Hilfe der Ägypter früher. Und heute hat Ägypten das gesamte Gewicht reingelegt und sie helfen, dass wir diese Probleme einfach im Griff haben. Ich möchte hier noch betonen, dieses Abkommen bedeutet, dass wir eine Regierung bekommen, die weder von Hamas noch von al Fatah entstehen soll. Die Mitglieder dieser neuen Regierung, die sollen einfach palästinensische Technokraten sein, Palästinenser, die in der Lage sind, eine Regierung zu führen, und sie werden die Arbeit von Ministerpräsident Salam Fayyad fortführen. Das heißt, es besteht auch die Möglichkeit, wenn man sich einigt, dass Salam Fayyad wahrscheinlich diese Regierung auch inne hat. Wir wissen, wie sensibel die Entwicklung auf internationaler Ebene ist, und wir wissen auch, wie die Europäer und die Amerikaner sehr sich darum kümmern, um die Sicherheit des Staates Israel oder Israel in sicheren Grenzen. Nur hier auch in diesem Punkt möchte ich gerne all die Leute, die das sagen, bitten, dass sie Israel auffordern, die Grenzen festzulegen von Israel. Seit 1948 hat Israel die Grenzen nicht festgelegt. Im Gegenteil: Die Grenzen werden ausgedehnt, je nachdem wie die Sicherheit bestimmt wird oder gesehen wird seitens der Israelis. Und ich glaube, wir sind alle - und das sage ich und darum betone ich das - froh darüber, dass wir diesen Versöhnungsprozess hatten. Wir gehen jetzt zur UNO mit einer Stimme, und die Hamas wird sich dem politischen Prozess von der Gesamtheit der Palästinenser anschließen müssen.

    Kapern: Die Hamas hat aber, Herr Frangi, bislang noch nicht das Existenzrecht Israels offiziell anerkannt, hat noch nicht auf die Gewalt offiziell verzichtet, hat noch nicht gesagt, dass sie alle bisher geschlossenen Verträge auch unterstützen wird. Muss Hamas da nicht noch liefern, Herr Frangi?

    Frangi: Wissen Sie, die Hamas hat jetzt in der letzten Zeit alle Abmachungen mit den Israelis indirekt gemacht, dass keine Rakete auf Israel geschossen wird, und sie haben dafür gesorgt, dass keine Organisation, keine Splittergruppe in der Lage war, eine Rakete Richtung Israel zu schicken, und wenn, dann haben sie die Leute verhaftet.

    Kapern: Aber dieses indirekte Agieren, das kann doch nicht reichen!

    Frangi: Wissen Sie, dazu darf ich vielleicht noch einen Satz sagen. Man kann nicht von heute auf morgen alles verlangen. Ich würde es so sagen: Wir auch innerhalb von al Fatah haben Israel als Organisation nicht anerkannt, aber wir haben Israel anerkannt im Rahmen der PLO. Und wenn alle Organisationen im Rahmen der PLO kommen und Israel anerkennen, dann gilt das auch für Hamas. Wenn Hamas das nicht haben will, oder al Fatah, oder irgendeine andere Organisation, das ist nicht maßgebend. Maßgebend ist, dass diese Abmachung, dieses Abkommen zwischen uns und den Israelis gemacht worden ist 1993 zwischen der PLO als der einzigen legitimen Vertretung Palästinas und der israelischen Regierung. Und Rabin hat das akzeptiert, wir haben das akzeptiert, Arafat hat das akzeptiert. Und wir sind der Meinung, in diesem Punkt soll man die Regierung fragen, ob sie Israel anerkennen will oder nicht, oder ob diese Regierung Frieden mit Israel und die Zwei-Staaten-Lösung haben möchte oder nicht.

    Kapern: Herr Frangi, wir haben eben in dem Beitrag meines Kollegen gehört, wie skeptisch die Bundesregierung auf diese Versöhnung von Hamas und Fatah reagiert. Was erwarten Sie von der deutschen Regierung?

    Fatah: Wissen Sie, alle - ich habe mit vielen deutschen Politikern gesprochen -, alle haben uns aufgefordert, die Einheit für diesen Versöhnungsprozess anzustreben, alle ohne Ausnahme, und alle haben uns gesagt, ihr könnt nicht zu der UNO gehen mit zwei Staaten, ihr könnt nicht mit zwei Stimmen dort hingehen. Und jetzt haben wir versucht, mit einer Stimme zu reden, und es war nicht leicht und ohne die Hilfe Ägyptens und die Unterstützung Ägyptens und die neue Entwicklung, die in Ägypten stattgefunden hat, die das erleichtert hat, hätten wir nicht das geschafft. Und ich finde, es ist sehr gut. Man muss einfach diese Dynamik unterstützen, und Präsident Abbas hat bis jetzt auch eine politische Linie vertreten, die glaubwürdig ist, und er ist intern und extern akzeptiert mit dieser Politik. Und ich glaube, er wird die Verantwortung für diesen politischen Prozess so lange haben, bis wir Klarheiten mit den Israelis und bis wir ein Abkommen haben mit den Israelis. Wir haben einen Vertrag mit denen gemacht seit 1993 und bis jetzt verweigerte Israel, einen Punkt in diesem Vertrag umzusetzen. Bis jetzt sind wir besetzt und bis jetzt haben die Israelis das Sagen in unseren Gebieten. Sie bestimmen, wie wir in der Westbank uns bewegen, wann wir uns bewegen, und sie bestimmen, ob die Siedlungspolitik fortgesetzt wird oder nicht.

    Kapern: Abdallah Frangi war das, der außenpolitische Sprecher der Fatah. Vielen Dank für das Gespräch, danke nach Ramallah.

    Frangi: Danke auch.