Hans-Joachim Wiese: Die Spannung steigt. In knapp einer Woche, am kommenden Mittwoch, soll die Räumung der 21 jüdischen Siedlungen im Gazastreifen begonnen werden. Die diversen Versuche radikaler jüdischer Siedler und ihrer Sympathisanten in den Gazastreifen einzudringen und die Räumung im letzten Moment doch noch zu verhindern, haben nicht gefruchtet, bislang jedenfalls. Sie wollen ihren Kampf aber nicht aufgeben, haben sie angekündigt, weshalb die israelischen Sicherheitskräfte aufs Höchste alarmiert sind. Und nicht nur die israelischen, sondern auch die palästinensischen. Am Telefon in Gaza-Stadt begrüße ich jetzt Abdallah Frangi, er ist der Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde in Deutschland und Chef der Fatah-Organisation im Gaza-Streifen. Schönen guten Morgen!
Abdallah Frangi: Guten Morgen, Herr Wiese.
Wiese: Herr Frangi, gestern wollten sich die Chefs der palästinensischen und der israelischen Polizei erstmals, seit Ausbruch der Intifada vor fünf Jahren, treffen, um die Sicherheitsmaßnahmen während des Abzugs zu koordinieren. Haben sie sich getroffen? Und was haben sie beschlossen?
Frangi: Wir haben ab und zu mal Meetings zwischen uns und den Israelis. Aber bis jetzt haben die Israelis einseitig gehandelt und einseitig jede Bewegung von denen bestimmt und durchgeführt. Und das ist eben das Problem für uns. Wir haben versucht jetzt die ganze Zeit mit den Israelis zu koordinieren. Diese Koordination hat nicht so gut funktioniert, bis jetzt. Und diese Organisation muss leider jetzt noch mal wiederholt werden, damit wir nicht konfrontiert sind mit einem riesengroßen Durcheinander jetzt, wenn die Israelis sich zurückziehen ohne das mit den Palästinensern koordiniert zu haben.
Wiese: Also zu diesem geplanten Treffen zwischen den beiden Polizeichefs ist es nicht gekommen?
Frangi: Die Kontakte sind vorhanden. Aber sie laufen nicht so, dass man das Gefühl hat, jetzt sitzen sie zusammen, sie haben Pläne zusammen, sie sprechen das alles zusammen ab. Sehr oft werden Vereinbarungen in letzter Minute von den Israelis nicht eingehalten, und sehr oft haben wir auch diese Erfahrung gemacht. Und trotzdem gibt es jetzt auf internationaler Ebene mehr Druck auf Israel, damit sie die Palästinenser einbeziehen, oder die PNA, das heißt die palästinensische Regierung, einbeziehen in die Verhandlungen oder in dem Vorhaben dieser einseitigen Räumung der Siedlung in dem palästinensischen Gebiet.
Wiese: Herr Frangi, wie schätzen Sie denn die Sicherheitslage derzeit ein? Sie sind ja vor Ort. Werden die radikalen Elemente auf beiden Seiten stillhalten? Oder werden sie versuchen den Rückzug auch mit Gewalt zu stören?
Frangi: Ich glaube von unserer Seite wird man keine Gewalt anwenden. Wir haben jetzt Kontakt mit allen Organisationen, wir haben auch gestern ein Gespräch mit Hamas geführt. Und in diesem Gespräch haben wir vereinbart, dass wir gemeinsam diesen Rückzug -, dass wir gemeinsam darauf reagieren, und dass wir jede Konfrontation mit den Israelis vermeiden. Und ich glaube das wird von unserer Seite sehr gut laufen. Die israelische Regierung hat auch kein Interesse daran, dass Konfrontationen stattfinden. Aber natürlich - wie Sie vorhin gesagt haben - die israelischen Siedler sind auch weiterhin ein Problem für die Israelis, aber auch für die Palästinenser.
Wiese: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Bevölkerung gestern zu Ruhe und Ordnung während des Rückzugs aufgefordert, dazu muss er ja einen Anlass haben. Also ist die Lage doch nicht ganz so geklärt, wie Sie das gerade dargestellt haben?
Frangi: Nein, ich meine, wir haben die Gespräche jetzt geführt. Aber wir haben in der Tat viele Probleme innerhalb der Bevölkerung. Wir haben es immer noch nicht geschafft, dass alles unter Kontrolle läuft in den palästinensischen Gebieten. Es gibt hier und dort Gruppen und Gruppierungen, die sich nicht an die Vereinbarungen halten, aber das ist nicht die Regel inzwischen. Wir versuchen auf jeden Fall die Probleme auf unserer Seite so zu regeln, damit wir keine Unruhe und damit wir auch kein Durcheinander erleben, weil wir damit vermitteln wollen, die Fähigkeit der Palästinenser die Übernahme so ordnungsgemäß zu übernehmen, damit man später mal seinen Anspruch auf Westbank deutlicher gegenüber der Welt macht. Und damit man die Sympathie der Welt weiterhin behält. Hier und dort gibt es gewisse Probleme, aber ich glaube wir sind soweit jetzt, dass man sagen kann von unserer Seite wird alles so gut laufen, dass es kein großes Durcheinander stattfinden wird.
Wiese: Palästinenserpräsident Abbas hat gestern auch angekündigt, die eigentlich für Mitte Juli schon geplanten Parlamentswahlen auf Anfang nächsten Jahres zu verschieben. Warum diese Verschiebung?
Frangi: Diese Verschiebung war notwendig, weil wir in den letzten Monaten und in dem letzten Jahr so viele Wahlen durchgeführt haben in den palästinensischen Gebieten. Die Demokratie bei uns Palästinensern ist eine neue Sache. Und wir waren damit sehr belastet. Und wir konnten die Wahlen auch nicht im Juli durchführen, weil die Israelis auch den Rückzug angekündigt haben für August. Das heißt sie können nicht auf der einen Seite Wahlen durchführen und auf der anderen Seite die Vorbereitungen für den Rückzug der Israelis durchführen. Das ist eben ein Problem. Wir sind nicht so weit, dass man sagen kann, wir können die Wahlen ohne weiteres machen. Und ich glaube, das war notwendig, weil wir mit Hamas ein großes Durcheinander haben, und wir haben eine Konfrontation, eine militärische Konfrontation mit Hamas und daher kann man unter dieser Spannung nicht die Wahlen führen, wenn wir sozusagen auch die Waffen tragen oder wenn eine Organisation die Waffen trägt auf der Straße und gegen die Regierung kämpft. Und deswegen glaube ich, war das eine weise Entscheidung, das war eine richtige Entscheidung, dass man die Wahlen nach hinten verschoben hat, damit wir die Probleme zwischen uns und Hamas erstmal regeln können. Und diese Probleme sind nicht so, dass man sagen kann, wir können diese Probleme einfach ignorieren und dann zu den Wahlen gehen.
Wiese: Herr Frangi, gehen wir einmal vom besten Fall aus, dass der israelische Rückzug aus dem Gazastreifen ruhig verläuft. Dann haben die Palästinenser ihren Staat im Gazastreifen, aber nicht auf der Westbank! Oder glauben Sie ernsthaft, dass Ministerpräsident Sharon auch die Siedlung im Westjordanland irgendwann mal räumen lässt?
Frangi: Ich meine, wissen Sie, ich will nicht den Eindruck vermitteln, dass wir immer jammern, als Palästinenser, aber der Rückzug der Israelis aus dem Gazastreifen hat erstmal nicht im Rahmen der Roadmap stattgefunden, und der ist immer noch einseitig. Und ich glaube der Scharon hat sich damit entlastet in der Westbank, damit er dort seine Politik, seine eigennützige Politik fortsetzt und fortführt, das heißt er baut weiter die Siedlungen in der Westbank, er baut weiter die Mauer in den palästinensischen Gebieten, er judaisiert auch die Stadtteile von Jerusalem, wo die Araber allein und die Palästinenser dort leben und wohnen. Das heißt seine Politik ist wahrscheinlich: Er entlastet sich in dem Gazastreifen und versucht dort so viel Land von den Palästinenser zu anektieren, wie es möglich sein kann. Und ich glaube diese Politik, wenn sie nicht von der Weltgemeinschaft begegnet wird, dann werden wir mit den Israelis nicht, sagen wir, zu einem richtigen Frieden kommen, wo man sagen kann, die Palästinenser haben ihren Staat und die Israelis haben ihren Staat und sie leben in guter Nachbarschaft.
Wiese: Dankeschön! Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der Palästinenservertreter in Deutschland Abdalla Frangi.
Frangi: Schönen Tag noch!
Abdallah Frangi: Guten Morgen, Herr Wiese.
Wiese: Herr Frangi, gestern wollten sich die Chefs der palästinensischen und der israelischen Polizei erstmals, seit Ausbruch der Intifada vor fünf Jahren, treffen, um die Sicherheitsmaßnahmen während des Abzugs zu koordinieren. Haben sie sich getroffen? Und was haben sie beschlossen?
Frangi: Wir haben ab und zu mal Meetings zwischen uns und den Israelis. Aber bis jetzt haben die Israelis einseitig gehandelt und einseitig jede Bewegung von denen bestimmt und durchgeführt. Und das ist eben das Problem für uns. Wir haben versucht jetzt die ganze Zeit mit den Israelis zu koordinieren. Diese Koordination hat nicht so gut funktioniert, bis jetzt. Und diese Organisation muss leider jetzt noch mal wiederholt werden, damit wir nicht konfrontiert sind mit einem riesengroßen Durcheinander jetzt, wenn die Israelis sich zurückziehen ohne das mit den Palästinensern koordiniert zu haben.
Wiese: Also zu diesem geplanten Treffen zwischen den beiden Polizeichefs ist es nicht gekommen?
Frangi: Die Kontakte sind vorhanden. Aber sie laufen nicht so, dass man das Gefühl hat, jetzt sitzen sie zusammen, sie haben Pläne zusammen, sie sprechen das alles zusammen ab. Sehr oft werden Vereinbarungen in letzter Minute von den Israelis nicht eingehalten, und sehr oft haben wir auch diese Erfahrung gemacht. Und trotzdem gibt es jetzt auf internationaler Ebene mehr Druck auf Israel, damit sie die Palästinenser einbeziehen, oder die PNA, das heißt die palästinensische Regierung, einbeziehen in die Verhandlungen oder in dem Vorhaben dieser einseitigen Räumung der Siedlung in dem palästinensischen Gebiet.
Wiese: Herr Frangi, wie schätzen Sie denn die Sicherheitslage derzeit ein? Sie sind ja vor Ort. Werden die radikalen Elemente auf beiden Seiten stillhalten? Oder werden sie versuchen den Rückzug auch mit Gewalt zu stören?
Frangi: Ich glaube von unserer Seite wird man keine Gewalt anwenden. Wir haben jetzt Kontakt mit allen Organisationen, wir haben auch gestern ein Gespräch mit Hamas geführt. Und in diesem Gespräch haben wir vereinbart, dass wir gemeinsam diesen Rückzug -, dass wir gemeinsam darauf reagieren, und dass wir jede Konfrontation mit den Israelis vermeiden. Und ich glaube das wird von unserer Seite sehr gut laufen. Die israelische Regierung hat auch kein Interesse daran, dass Konfrontationen stattfinden. Aber natürlich - wie Sie vorhin gesagt haben - die israelischen Siedler sind auch weiterhin ein Problem für die Israelis, aber auch für die Palästinenser.
Wiese: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Bevölkerung gestern zu Ruhe und Ordnung während des Rückzugs aufgefordert, dazu muss er ja einen Anlass haben. Also ist die Lage doch nicht ganz so geklärt, wie Sie das gerade dargestellt haben?
Frangi: Nein, ich meine, wir haben die Gespräche jetzt geführt. Aber wir haben in der Tat viele Probleme innerhalb der Bevölkerung. Wir haben es immer noch nicht geschafft, dass alles unter Kontrolle läuft in den palästinensischen Gebieten. Es gibt hier und dort Gruppen und Gruppierungen, die sich nicht an die Vereinbarungen halten, aber das ist nicht die Regel inzwischen. Wir versuchen auf jeden Fall die Probleme auf unserer Seite so zu regeln, damit wir keine Unruhe und damit wir auch kein Durcheinander erleben, weil wir damit vermitteln wollen, die Fähigkeit der Palästinenser die Übernahme so ordnungsgemäß zu übernehmen, damit man später mal seinen Anspruch auf Westbank deutlicher gegenüber der Welt macht. Und damit man die Sympathie der Welt weiterhin behält. Hier und dort gibt es gewisse Probleme, aber ich glaube wir sind soweit jetzt, dass man sagen kann von unserer Seite wird alles so gut laufen, dass es kein großes Durcheinander stattfinden wird.
Wiese: Palästinenserpräsident Abbas hat gestern auch angekündigt, die eigentlich für Mitte Juli schon geplanten Parlamentswahlen auf Anfang nächsten Jahres zu verschieben. Warum diese Verschiebung?
Frangi: Diese Verschiebung war notwendig, weil wir in den letzten Monaten und in dem letzten Jahr so viele Wahlen durchgeführt haben in den palästinensischen Gebieten. Die Demokratie bei uns Palästinensern ist eine neue Sache. Und wir waren damit sehr belastet. Und wir konnten die Wahlen auch nicht im Juli durchführen, weil die Israelis auch den Rückzug angekündigt haben für August. Das heißt sie können nicht auf der einen Seite Wahlen durchführen und auf der anderen Seite die Vorbereitungen für den Rückzug der Israelis durchführen. Das ist eben ein Problem. Wir sind nicht so weit, dass man sagen kann, wir können die Wahlen ohne weiteres machen. Und ich glaube, das war notwendig, weil wir mit Hamas ein großes Durcheinander haben, und wir haben eine Konfrontation, eine militärische Konfrontation mit Hamas und daher kann man unter dieser Spannung nicht die Wahlen führen, wenn wir sozusagen auch die Waffen tragen oder wenn eine Organisation die Waffen trägt auf der Straße und gegen die Regierung kämpft. Und deswegen glaube ich, war das eine weise Entscheidung, das war eine richtige Entscheidung, dass man die Wahlen nach hinten verschoben hat, damit wir die Probleme zwischen uns und Hamas erstmal regeln können. Und diese Probleme sind nicht so, dass man sagen kann, wir können diese Probleme einfach ignorieren und dann zu den Wahlen gehen.
Wiese: Herr Frangi, gehen wir einmal vom besten Fall aus, dass der israelische Rückzug aus dem Gazastreifen ruhig verläuft. Dann haben die Palästinenser ihren Staat im Gazastreifen, aber nicht auf der Westbank! Oder glauben Sie ernsthaft, dass Ministerpräsident Sharon auch die Siedlung im Westjordanland irgendwann mal räumen lässt?
Frangi: Ich meine, wissen Sie, ich will nicht den Eindruck vermitteln, dass wir immer jammern, als Palästinenser, aber der Rückzug der Israelis aus dem Gazastreifen hat erstmal nicht im Rahmen der Roadmap stattgefunden, und der ist immer noch einseitig. Und ich glaube der Scharon hat sich damit entlastet in der Westbank, damit er dort seine Politik, seine eigennützige Politik fortsetzt und fortführt, das heißt er baut weiter die Siedlungen in der Westbank, er baut weiter die Mauer in den palästinensischen Gebieten, er judaisiert auch die Stadtteile von Jerusalem, wo die Araber allein und die Palästinenser dort leben und wohnen. Das heißt seine Politik ist wahrscheinlich: Er entlastet sich in dem Gazastreifen und versucht dort so viel Land von den Palästinenser zu anektieren, wie es möglich sein kann. Und ich glaube diese Politik, wenn sie nicht von der Weltgemeinschaft begegnet wird, dann werden wir mit den Israelis nicht, sagen wir, zu einem richtigen Frieden kommen, wo man sagen kann, die Palästinenser haben ihren Staat und die Israelis haben ihren Staat und sie leben in guter Nachbarschaft.
Wiese: Dankeschön! Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der Palästinenservertreter in Deutschland Abdalla Frangi.
Frangi: Schönen Tag noch!