Donnerstag, 25. April 2024

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'Wir haben Herta Däubler-Gmelin korrekt zitiert'

Breker: "Bush will von seinen innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken, das ist eine beliebte Methode, das hat auch Hitler schon gemacht", schreibt das Schwäbische Tagblatt, dies habe Herta Däubler-Gmelin gesagt. "Ich habe das nicht gesagt, ganz einfach", sagt die Bundesjustizministerin. Was denn nun? Ein Ohrenzeuge, Bernd Melchert, Betriebsrat der Walter AG Tübingen, sozusagen der Veranstalter, erinnert sich: Sie hat es dann auch erläutert und hat auch gesagt, dass die Frau Thatcher ja so etwas auch mal gemacht hat, und das hätte leider eine lange Tradition, der Hitler hätte so etwas auch gemacht. Sie hat aber dann gleich zweimal danach wiederholt, um Gottes Willen wollte sie nicht Bush mit Hitler vergleichen und das liege ihr weit entfernt. Bernd Melchert war das. Und am Telefon begrüße ich Christoph Müller, Chefredakteur des Schwäbischen Tagblatts, der Zeitung also, die den umstrittenen Bericht veröffentlicht hat. Guten Tag, Herr Müller!

20.09.2002
    Müller: Guten Tag!

    Breker: Herr Müller, Sie waren selber persönlich nicht dabei, aber Ihr Autor. Und der bleibt bei seiner Version?

    Müller: Ja, wir haben auch allen Grund. Wir sehen uns, ehrlich gesagt, in der Rolle von David. Der hat aber gewonnen gegen Goliath, weil jetzt alle Medien sie zitiert haben, und uns als Verleumder und Lügner darstellen, als hätten wir es erfunden. Dies geht etwas zu weit. Es ist ja einfach so. Die drei Sätze, die gerade zitiert wurden, sind von ihr so autorisiert. Sie hat zweimal eingegriffen. Einmal hat sie eine Redakteurin gerufen über den Gewerkschafter. Die hatten ein schlechtes Gewissen, so dass sie zu uns kamen und wir sie gefragt haben, ob sie bestätigten, dass das so gefallen ist. Sie bestätigten das alle oder haben es jedenfalls nicht dementiert. Und dann hat sie gemerkt, was passiert ist, und hat gleich gesagt, sie wusste gar nicht, dass Presse da ist. Wir waren aber offiziell eingeladen, schriftlich von der Gewerkschaft. Und sie sagte dann auch, off records: "Ja wenn ich gewusst hätte, dass Presse da ist, hätte ich das natürlich nicht gesagt." Sehr merkwürdiges Verständnis. Aber dann hat der, der das geschrieben hat, der Herr Hahn, dann gesagt: "Ja, wie möchten Sie denn, dass Sie es gesagt haben? Ich notiere!" Und dann hat sie genau, wohl abgewogen, diese drei Sätze so gesagt. Er hat gesagt: "Ich lese es jetzt Ihnen noch einmal vor." Er hat es ihr vorgelesen, sie hat zugestimmt. Dann kam sie eine Stunde später in die Redaktion zu mir, zum Chef und wollte fragen, ob es nicht geht, dass man es alles weglässt. Da war aber natürlich mit uns nichts zu machen, das ist nicht unsere Aufgabe. Und dann hat sie gesagt: "Ja, im Übrigen lasse ich alles dementieren. Was immer Sie schreiben!" Und so ging es aus, und das ist, was dann passiert ist.

    Breker: Herr Müller, nun haben wir gerade vom Betriebsrat Bernd Melchert gehört, dass sie im Anschluss sehr deutlich gemacht habe, dass sie nicht den amerikanischen Präsidenten mit Hitler vergleichen wolle.

    Müller: Das haben wir aber genauso deutlich gemacht. Wir haben nie schreiben wollen, haben es auch nicht geschrieben, dass sie die verglichen hat, sondern die Methoden verglichen hat. Das war so. Sie hat in etwa gesagt: "Ja, und der Adolf, ich meine den Hitler, der hat das auch schon so gemacht." Grummel, grummel, Unruhe bei ihren Zuhörern. Dann merkte sie: Oh Gott, was habe ich denn da gesagt. Und sie hat dann gesagt, und das haben wir auch geschrieben: "Ja, nicht dass ihr meint, ich würde die Personen vergleichen, nur die Methode." Und das haben wir berichtet. Das ist jetzt eine semantische Frage, ob das nicht genauso schlimm ist. Ich bin der Meinung ja. Aber wir haben nie etwas anderes berichtet. Imitiert hat sich nur, was gar nicht geschrieben wurde. Und ich weise auf die zwei anderen Stellen hin, dass das ein lausiges Rechtssystem sei in Amerika und dass der Bush eigentlich ins Gefängnis gehört. Die hat nicht mal andeutungsweise, die hat niemand dementiert bis jetzt.

    Breker: Und diese Veranstaltung war keine vertrauliche Veranstaltung, zu der die Presse eigentlich gar nicht sollte. Sie haben eine schriftliche Einladung.

    Müller: Wir haben eine schriftliche Einladung. Aber ich glaube ja absolut, dass sie nicht gewusst hat, dass Presse da war.

    Breker: Der Kollege Michael Hahn, der Autor dieses Berichts, ist das ein junger unerfahrener Kollege?

    Müller: Nein, der ist, glaube ich, schon sechs Jahre bei uns. Sein Thema sind Gewerkschaften, da ist er kundig. Er kannte die auch alle, hat deshalb auch keine Mühe gehabt, danach gleich vier anzurufen, weil ich sofort geahnt habe, dass da was Schlimmes drin steckt. Ich habe gesagt: "Da möchte ich aber die Versicherung, dass die das auch so gehört haben wie du." Das hat er auch gemacht.

    Breker: Das heißt, es gibt mehrere Zeugen, die das bestätigen.

    Müller: Was Herr Melchert gesagt hat, würde niemand anders sagen. Es ist überhaupt keine Frage, dass Bush und Hitler in einem Zusammenhang gefallen sind, und auch an der Version, wie sie bei uns ist, da gibt es keinen Zweifel dran. So sollen Politiker sein, wenn sie wieder gewählt werden wollen. Sie dementiert ja schlichtweg alles und bezichtigt uns auch, uns, eine ihr deutlich nahe stehende Zeitung, uns bezichtigt sie auch noch des üblen Wahlmanövers. Das ist schon ziemlich peinlich.

    Breker: Was sagt Ihr Bauch? Muss Sie Konsequenzen ziehen?

    Müller: Sie wird, wie die Wahl auch immer ausgeht, nicht mehr Justizministerin werden. Vorher wird nichts passieren.

    Breker: Das war der Chefredakteur des Schwäbischen Tagblatts Christoph Müller in den Informationen am Mittag im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Herr Müller!

    Müller: Bitte!