Ferdos Fourdastan: Jetzt mal scharf überlegen. Welche namhaften deutschen Intellektuellen haben sich eigentlich in der letzten Zeit zu Europa geäußert? Jürgen Habermas, Hans-Magnus Enzensberger, Ulrich Beck. Und sonst? Das Feld der Diskussion über Europa gehört bisher weitestgehend den Politikern und den Ökonomen. Dagegen sind Philosphen, Schriftsteller oder Künstler kaum zu hören und das ruft wiederum Kritiker auf den Plan: die Schriftsteller Hans-Christoph Buch und Peter Schneider, zum Beispiel, oder den Sozialpsychologen Harald Welzer.
Wolf Lepenies ist emeritierter Professor für Soziologie an der Freien Universität Berlin und ehemaliger langjähriger Rektor des Berliner Wissenschaftskollegs.
Herr Lepenies, stimmt das, mischen sich die deutschen Intellektuellen zu wenig in die Debatte um Europa und seine Krise ein?
Wolf Lepenies: Also sie haben ja bereits, wenn ich richtig zähle, zehn deutsche Intellektuelle genannt, die sich eingemischt haben oder jedenfalls beklagt haben, dass sich andere nicht einmischen. Also, in dieser Zuspitzung kann ich das nicht teilen. Ich würde auch sagen, dass im Moment das was wir nötig haben, überzeugungsfähige Experten sind und viel weniger die Intellektuellen.
Fourdastan: Aber schließt sich das denn aus? Denn Experten in Gestalt von Ökonomen und Politikern, die können und müssen sich natürlich auch äußern, aber es geht doch auch um sehr grundsätzliche Fragen: Darum, was wollen wir eigentlich von und mit diesem Kontinent. Wie stellen wir uns unsere Zukunft in Europa mit Europa vor und da ist tatsächlich relativ wenig von Leuten zu hören, die sich früher zu anderen grundsätzlichen Fragen auch darauf eingelassen haben.
Lepenies: Das mag sein. Vielleicht ist auch das Problem zu komplex und vielleicht sollte man es auch als positiv werten, wenn Leute sich zu Dingen nicht äußern, zu denen sie nicht glauben etwas zu sagen zu haben. Auf der anderen Seite – ich spreche jetzt ein bisschen pro domo, was vielleicht nicht ganz angemessen ist – man kann natürlich sich mit Europa beschäftigen in einer Weise, die vielleicht nicht publik ist, aber vielleicht doch Wirkung erzielen kann. Ich könnte Ihnen dafür Beispiele nennen.
Fourdastan: Ja, tun Sie das.
Lepenies: Also, das eine ist, ich propagiere seit einiger Zeit einen Marshallplan für das Mittelmeer, weil ich so entsetzt bin über das Scheitern der Mittelmeerunion. Und das tue ich mit den bescheidenen Mitteln, die einem bleiben: Man schreibt Artikel darüber, man versucht Politiker zu interessieren. Und man treibt beispielsweise, was nicht ganz unwichtig ist, Geld auf. Ich habe mit Elias Khoury, dem großartigen libanesischen Schriftsteller, eine Task Force von arabischen Intellektuellen ins Leben gerufen, die den Arabischen Frühling begleitet, dokumentiert und hoffentlich dem auch ein bisschen hilft. Ich bitte jetzt nicht missverstanden zu werden, ich spiele mich jetzt nicht auf als jemand, der das richtig macht. Nur man kann manchmal wichtige Dinge tun, die nicht so an die ganz große Glocke kommen.
Das vollständige Gespräch mit Wolf Lepenies können Sie bis zum 26. Mai 2012 in unserem Audio-on-Demand-Angebot als Interview mit Wolf Lepenies (MP3-Audio) MP3-Audio hören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Herr Lepenies, stimmt das, mischen sich die deutschen Intellektuellen zu wenig in die Debatte um Europa und seine Krise ein?
Wolf Lepenies: Also sie haben ja bereits, wenn ich richtig zähle, zehn deutsche Intellektuelle genannt, die sich eingemischt haben oder jedenfalls beklagt haben, dass sich andere nicht einmischen. Also, in dieser Zuspitzung kann ich das nicht teilen. Ich würde auch sagen, dass im Moment das was wir nötig haben, überzeugungsfähige Experten sind und viel weniger die Intellektuellen.
Fourdastan: Aber schließt sich das denn aus? Denn Experten in Gestalt von Ökonomen und Politikern, die können und müssen sich natürlich auch äußern, aber es geht doch auch um sehr grundsätzliche Fragen: Darum, was wollen wir eigentlich von und mit diesem Kontinent. Wie stellen wir uns unsere Zukunft in Europa mit Europa vor und da ist tatsächlich relativ wenig von Leuten zu hören, die sich früher zu anderen grundsätzlichen Fragen auch darauf eingelassen haben.
Lepenies: Das mag sein. Vielleicht ist auch das Problem zu komplex und vielleicht sollte man es auch als positiv werten, wenn Leute sich zu Dingen nicht äußern, zu denen sie nicht glauben etwas zu sagen zu haben. Auf der anderen Seite – ich spreche jetzt ein bisschen pro domo, was vielleicht nicht ganz angemessen ist – man kann natürlich sich mit Europa beschäftigen in einer Weise, die vielleicht nicht publik ist, aber vielleicht doch Wirkung erzielen kann. Ich könnte Ihnen dafür Beispiele nennen.
Fourdastan: Ja, tun Sie das.
Lepenies: Also, das eine ist, ich propagiere seit einiger Zeit einen Marshallplan für das Mittelmeer, weil ich so entsetzt bin über das Scheitern der Mittelmeerunion. Und das tue ich mit den bescheidenen Mitteln, die einem bleiben: Man schreibt Artikel darüber, man versucht Politiker zu interessieren. Und man treibt beispielsweise, was nicht ganz unwichtig ist, Geld auf. Ich habe mit Elias Khoury, dem großartigen libanesischen Schriftsteller, eine Task Force von arabischen Intellektuellen ins Leben gerufen, die den Arabischen Frühling begleitet, dokumentiert und hoffentlich dem auch ein bisschen hilft. Ich bitte jetzt nicht missverstanden zu werden, ich spiele mich jetzt nicht auf als jemand, der das richtig macht. Nur man kann manchmal wichtige Dinge tun, die nicht so an die ganz große Glocke kommen.
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