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"Wir kommen unserer Verpflichtung nach"

Der Sparkassen- und Giroverband will einen eigenen Fonds für die Vergabe von Krediten gründen. Verbandspräsident Heinrich Haasis sagte, es gehe um eine Größenordnung von etwa fünf Milliarden Euro. Der Fonds solle mittelständischen Unternehmern zugutekommen.

Heinrich Haasis im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Sandra Schulz: Das Wachstum will die schwarz-gelbe Bundesregierung ankurbeln. Milliarden will sie dafür in die Hand nehmen. Und gerade weil die geplanten steuerlichen Entlastungen so teuer werden, dürfen sie nicht zum Misserfolg geraten. Darum wächst die Sorge, die erhofften Impulse könnten gedämpft werden, oder gar wirkungslos verpuffen, weil es für viele Unternehmen immer schwieriger wird, an frisches Geld zu kommen. Um über die Gefahr einer solchen Kreditklemme zu beraten, natürlich auch, um sich dagegen zu stemmen, hat die Kanzlerin für heute Spitzenmanager, Banken und Wissenschaft zu einem Gipfel nach Berlin geladen.

    Wir wollen über die Kreditklemme und mögliche Auswege sprechen mit einem der Teilnehmer des heutigen Gipfels. Telefonisch zugeschaltet ist mir der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Guten Morgen, Heinrich Haasis.

    Heinrich Haasis: Guten Morgen.

    Schulz: Who pays the Check, wer zahlt die Rechnung, um bei der Frage von Peer Steinbrück zu bleiben? Ist für die Banken schon mal klar, dass sie es nicht sein wollen?

    Haasis: Herr Steinbrück hat, sagen wir, diejenigen gemeint, so denke ich jetzt, die direkte Staatshilfe erhalten haben in dieser Rettungsaktion. Da gehören die Sparkassen Gott sei Dank nicht dazu. Sie leben ja aus eigener Kraft und sie haben auch kein Geld vom Steuerzahler gebraucht, sondern leben mit ihren Kunden, sammeln bei ihnen Einlagen ein und geben dort auch Kredite.

    Schulz: Warum leihen die Banken Unternehmen denn so ungern Geld?

    Haasis: Das kann ich nicht bestätigen. Die Sparkassen haben in diesem Jahr nochmals mehr Kredit gegeben als im letzten Jahr – nicht nur bei den Privatpersonen, vor allem auch bezogen bei den Unternehmen. Wir haben nochmals vier Prozent mehr Kredite ausgegeben, als das im Jahr zuvor der Fall gewesen ist, obwohl wir letztes Jahr ja bis zum Sommer ein Boomjahr hatten. Dieses Jahr haben wir ja eine tiefe wirtschaftliche Krise, wie es sie noch nie gab in der Nachkriegszeit. Da wird auch weniger Geld nachgefragt. Von den Unternehmen wird bei Weitem nicht so viel investiert.

    Richtig ist, dass sich insbesondere Auslandsbanken aus dem deutschen Markt zurückgezogen haben. Das haben wir ja teilweise aufgefangen, aber vielleicht nicht ganz. Aber wir kommen unserer Verpflichtung schon nach, schon im eigenen Interesse.

    Schulz: Angela Merkel spricht trotzdem von einer kritischen Kreditlage. Werden Sie ihr denn heute auf dem Gipfel erklären, dass sie irrt?

    Haasis: Ja. Wir werden schon noch mal von den Sparkassen sagen – und das sind klare Zahlen, die auch die Bundesbank bestätigt -, dass wir mehr Kredite ausgeliehen haben. Was sie sicher umtreibt, ist die Sorge im Frühjahr, wenn die Wirtschaft wieder anzieht. Durch die schlechtere Situation verbrauchen im Moment viele Mittelständler ihr Eigenkapital und wenn es dann im Frühjahr wieder losgehen könnte, dann fehlt ihnen natürlich Eigenkapital. Sie haben ein schlechtes Rating und bekommen dann schlechter Kredit. Diese Sorge ist nicht unberechtigt. Deshalb werden wir heute vorschlagen, ein Zusatzprogramm zu machen für Kreditaufnahmen über einen Fonds. Deutschlandweit wollen die Sparkassen zusätzliches Geld bereitstellen. Und vor allem gilt es zu überlegen, inwieweit man gerade Mittelständlern Eigenkapitalersatz geben kann, das sie natürlich in den nächsten Jahren zurückbezahlen. Dann steht ihr Rating, dann können sie auch wieder Kredit bekommen. Ich denke, das ist im Moment die wichtigere Aufgabe. Dadurch kommt es, glaube ich, zu einer Kreditklemme.

    Schulz: Um wie viel Geld soll es da gehen?

    Haasis: Was andere Bankengruppen machen, weiß ich nicht, aber wir sind schon am überlegen, dass wir schon so eine Größenordnung an die fünf Milliarden Euro haben könnten. Das wird aber ein laufender Versuch werden, wenn das heute auch Konsens sein wird. Man wird also sehen, was die Wirtschaft tatsächlich im Frühjahr benötigt.

    Schulz: Der Chef der Mittelstandsunion von der CSU, Michelbach, sagt, drei von vier Unternehmen hätten jetzt schon Probleme bei der Kreditvergabe. Wie passt dazu das positive Bild, das Sie zeichnen?

    Haasis: Dass sie Probleme haben, heißt ja nicht, dass sie keinen Kredit bekommen, sondern die Unternehmer sagen, es ist schwieriger geworden, an Kredite zu kommen. Da kann man wahrscheinlich auch gar nicht widersprechen, denn natürlich fragen die Sparkassen und die Banken mehr nach, wenn jemand Kredit will. Das ist ganz normal so. Es muss ja jemand auch die Aussicht geben, den Kredit zurückzubezahlen. Das gehört dazu. Wir verwalten ja das Geld anderer Leute und in der Krise ist klar, ist man kritischer, fragt mehr Unterlagen nach, fragt mehr nach der Zukunft des Unternehmens, nach den Aussichten. Aber das ist nicht gleichzusetzen, dass die alle keinen Kredit bekämen.

    Schulz: Schwieriger geworden kann man auch gleichsetzen mit teuerer geworden. Der EZB-Zinssatz liegt derzeit bei einem Prozent. Warum müssen Unternehmen inzwischen acht bis zehn Prozent Zinsen zahlen?

    Haasis: Bei einem normalen Kredit, der gut abgesichert ist, ist der Zinssatz niedriger. Je höher das Risiko, je höher der Zins. Da sind wir übrigens auch gesetzlich dazu verpflichtet. Es gibt neue Vorschriften, nach denen haben wir nicht gerufen, die gelten seit 1. Januar 2008 und danach sollen die Banken den Kredit künftig nach der Bonität bepreisen. Je besser die Bonität, je geringer der Zins, je schwieriger die Bonität, je höher das Risiko, je höher der Zins. Da ist man etwas von dem Solidarprinzip weggegangen, das früher gegolten hat, aber das ist eine Vorgabe, die wir über die Vorschriften erhalten haben.

    Schulz: Wäre es aus Ihrer Sicht denn ein Erfolg, wenn die Banken vom Bund erneut Risiken in Milliardenhöhe abgenommen bekämen? Das ist so ja im Gespräch.

    Haasis: Die privaten Banken haben angeregt, dass eine sogenannte Verbriefungsaktion gestartet wird, bei der der Staat eine gewisse Absicherung gibt. Hier sind wir sehr kritisch und auch vorsichtig, denn mit diesen Verbriefungen hat ja die Finanzmarktkrise begonnen, dass Kredite verkauft worden sind, dass Risiko getrennt worden ist vom Kreditgeber. Das ist nicht unsere Linie.

    Schulz: Das heißt also, den Eindruck, den so mancher Steuerzahler hat, die Banken seien ein Fass ohne Boden, den würden Sie bestätigen?

    Haasis: Nein, den kann ich so nicht bestätigen. Wie gesagt, wir leben mit unseren Kunden. Das Geld, das wir als Einlagen bekommen, verzinsen wir und damit geben wir auch wieder Kredite aus. Da hat sich bei uns im Sparkassenlager wirklich nichts geändert. Im Gegenteil: Wir haben das in diesem Jahr noch mal verstärkt. Wir leben ja davon, Kredite auszugeben. Das Geld im Keller zu bunkern, ist keine Alternative für uns.

    Schulz: Aber wenn die Banken kein Fass ohne Boden wären, was Sie gerade gesagt haben, was spricht denn dann gegen die Pläne, da noch mal zehn Milliarden reinzustecken?

    Haasis: Ich weiß jetzt nicht, welche zehn Milliarden Sie meinen.

    Schulz: Die Übernahme der Risiken.

    Haasis: Das, was die Banken vom Bund gewollt haben. – Wir glauben, dass das die Banken selber stemmen können. Im Zweifel verleitet ja die staatliche Risikoübernahme nur dazu, dass man leichter Risiken eingeht, und ein Teil der Krise ist ja auch dadurch verursacht worden, dass man Risiken vorher nicht genau geprüft hat. Also es muss schon dabei bleiben, dass jemand kreditwürdig ist, dass er Aussicht gibt, den Kredit zurückbezahlen zu können. Das ist Voraussetzung beim Kredit.

    Schulz: Gerne würde ich kurz noch mit Ihnen den Blick auf einen weiteren Plan werfen. Ein Kreditmediator soll eingesetzt werden. Ist das nicht für die Banken das Eingeständnis eines Scheiterns, wenn sie sich mit ihren Kunden nicht mehr selbst auseinandersetzen können?

    Haasis: Ja, doch. Das tun wir natürlich. Das ist nicht unsere Idee. In der Koalitionsvereinbarung steht, dass ein freier Kreditmediator eingesetzt werden soll. Ich bin mal gespannt, was der für Kompetenzen haben soll, was er machen soll. Wir hoffen nur, dass das nicht eine übertriebene Bürokratie erzeugt, die zusätzlich aufzusetzen ist. Wirtschaftsminister Brüderle hat ja angekündigt, dass das eine Stelle sein soll, an die sich die Unternehmen wenden können. Ich habe das bis jetzt nicht so verstanden, dass das eine bundesweit flächendeckende Organisation werden soll - das wäre ja überhaupt nicht zu bewältigen -, sondern in erster Linie ist natürlich immer Gesprächspartner die Sparkasse, die Bank selber mit dem Kunden. Ich denke, das wird auf Ausnahmefälle beschränkt sein.

    Schulz: Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Heinrich Haasis, heute Morgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Danke schön!

    Haasis: Danke.