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"Wir müssen das anpacken"

Der Abgeordnete der liberal-konservativen Partei Nea Dimokratia im griechischen Parlament, Evangelos Antonaros, fordert einen Mentalitätswandel in der griechischen Gesellschaft. Griechenland müsse wieder wettbewerbsfähig gemacht werden. Der Durchschnittsverdiener müsse einsehen, dass ein Teil seines Einkommens in der nächsten Zeit wegfallen wird.

Evangelos Antonaros im Gespräch mit Friedbert Meurer | 29.04.2010
    Friedbert Meurer: In Griechenland ist natürlich im Moment die Sorge groß, was wird alles noch kommen. Ich begrüße am Telefon den griechischen Parlamentsabgeordneten Evangelos Antonaros. Er war Staatssekretär und Regierungssprecher der letzten konservativen Regierung. Guten Morgen, Herr Antonaros.

    Evangelos Antonaros: Guten Morgen, Herr Meurer. Ich habe mit großem Interesse zugehört.

    Meurer: Und auch zustimmend zugehört?

    Antonaros: Ich stimme dem, was Herr Friedrich gerade gesagt hat, zu Ihnen gesagt hat, ich würde sagen, fast hundertprozentig zu. Für die Griechen kann diese Krise eine ganz große Chance sein, und zwar insofern: Man kann das Land, man kann auch die Mentalität der Leute umkrempeln. Wir müssen das alle hier in Griechenland anpacken, um Griechenland wieder wettbewerbsfähig zu machen, was auch Herr Friedrich vorhin gesagt hat.

    Meurer: Da gibt es hier in Deutschland große Zweifel, dass die Mentalität in Griechenland umgekrempelt werden kann.

    Antonaros: Wissen Sie, das weiß ich auch. Ich habe lange in Deutschland gelebt und ich kenne auch die deutsche Mentalität und diese Skepsis, diese Zurückhaltung ist einigermaßen, wenn ich das so sagen darf, gerechtfertigt. Auf der anderen Seite begrüßen wir hier in Griechenland die Bereitschaft der Bundesregierung Deutschlands, Griechenland jetzt unter die Schulter zu greifen in dieser schwierigen Stunde.

    Und wir hier in Griechenland sind zurzeit dabei, sozusagen die bittere Pille zu schlucken. Das ist eine sehr bittere Pille, für die Bevölkerung, für den Durchschnittsverdiener vor allem, der umdenken muss, der einsehen muss, dass ein Teil seines Einkommens in der nächsten Zeit, in den nächsten Jahren wegfallen muss.

    Meurer: Das wird ja von der Kanzlerin als Bedingung genannt. Sie sagten eben, mit etwas waren Sie doch unzufrieden, was der CSU-Landesgruppenchef Friedrich gesagt hat.

    Antonaros: Nein, nein! So habe ich das nicht gemeint. Ich habe seinen Darlegungen mit großem Interesse zugehört, denn er war gestern bei diesem Krisentreffen dabei und er hat sozusagen auch darüber berichtet jetzt vor einigen Minuten beim Gespräch mit Ihnen. Das finde ich sehr interessant.

    Wie Sie wissen, das Team des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank befindet sich seit einiger Zeit hier in Athen, führt Gespräche mit der griechischen Regierung und das wird alles ganz genau verfolgt. Bis vor wenigen Tagen noch gab es eine gewisse Verunsicherung, ob, in welcher Form, wie schnell Deutschland dabei sein würde. Aber ich glaube, jetzt dieses Krisentreffen, das was gestern Frau Merkel gesagt hat, öffentlich gesagt hat, hat diese Bedenken aus der Welt geschaffen.

    Meurer: Wird Griechenland zum Fass ohne Boden?

    Antonaros: Ich glaube nicht. Griechenland hat große Möglichkeiten in vielen Bereichen. Es stimmt auf der anderen Seite, dass viele Griechen - das Land möglicherweise auch - über seine Verhältnisse gelebt hat, aber vergessen Sie bitte nicht: Das, was wir hier in Griechenland zurzeit erleben, das ist größtenteils die Folge der internationalen Weltwirtschaftskrise. Die werden auch in anderen europäischen Ländern erlebt. Griechenland und andere europäische Länder sind möglicherweise nicht so gewappnet gewesen wie andere hochindustrialisierte Länder, wie zum Beispiel Deutschland.

    Auf der anderen Seite gibt es hier in Griechenland seit langer Zeit einen Reformstau. Die Regierung, der ich angehört habe, sechs Jahre lang, hat versucht, einige von diesen Reformen voranzutreiben, und ich bin zuversichtlich, dass auch die neue Regierung daran knüpfen wird. Vergessen wir nicht, dass Griechenland - das hat auch Herr Friedrich vorhin gesagt - diese Kredite auch zurückzahlen muss.

    Meurer: Wir hoffen auf die Zukunft in Griechenland. Das war Evangelos Antonaros, Abgeordneter im nationalen Parlament in Athen für die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia. Herr Antonaros, danke schön nach Athen und auf Wiederhören!

    Antonaros: Ich danke Ihnen auch.