Dirk Müller: "Stuttgart 21" hinterlässt offenbar Spuren, auch beim verantwortlichen Ministerpräsidenten Stefan Mappus. Der Christdemokrat hat gestern in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" in scharfer Form die Grünen aufs Korn genommen, darunter namentlich Cem Özdemir, aber auch Jürgen Trittin, dem er beispielsweise vorwirft, Ziehvater für Blockaden und für das Abschottern an Bahngleisen zu sein. Opportunistisch, immer da sein, wo es warm rauskommt, so die Vorwürfe von Stefan Mappus gegen die Grünen, direkte Angriffe auch auf Grünen-Chef Cem Özdemir, der jetzt bei uns am Telefon ist. Guten Morgen!
Cem Özdemir: Guten Morgen!
Müller: Herr Özdemir, sind Sie Populist?
Özdemir: Wir sind nicht populistischer wie alle anderen Parteien. Wir beschäftigen uns mit den Themen, mit denen sich die Menschen beschäftigen. Nur was wir machen im Gegensatz zu Herrn Mappus und zu seiner Union, die sich jetzt ja auf ihrem Parteitag versammeln, ist: Wir versuchen, mit den Menschen zu reden, wir versuchen, nicht über die Menschen hinweg Politik zu machen, vor allem glauben wir nicht, dass Polizeiknüppel und dass Wasserwerfer gute Argumente sind, wenn die Politik das Gespräch mit den Bürgern nicht mehr sucht.
Müller: Herr Mappus sagt, Sie warten ab, wohin der Hase läuft, und dann sind Sie dabei.
Özdemir: Das fällt, glaube ich, auf ihn selber zurück. Herr Mappus weiß es doch selber besser, auch die Argumente, die er nennt in seinem Interview. Wir sind für das Pumpspeicherkraftwerk in Baden-Württemberg, der Landesverband, der Bundesverband, die Europafraktion, wir sind für den Ausbau der Netze. Wenn es vor Ort Widerstand gibt von Naturschützern, dann ist das verständlich, dann muss man mit ihnen reden. Aber wir sagen denen sehr klar: Wenn man 100 Prozent Erneuerbare will wie wir und nicht zurück ins Atomzeitalter wie Herr Mappus, dann braucht man die Stromnetze und man braucht natürlich auch ein Pumpspeicherkraftwerk. Insofern stimmt es nicht, was Herr Mappus sagt, das fällt auf ihn selber zurück. Ich fordere Herrn Mappus und die Union stattdessen auf, mal klar zu sagen, ob sie sich eigentlich noch zum Demonstrationsrecht bekennen, ob sie jetzt künftig Gebühren dafür wollen, ob sie künftig wie in Russland die Demonstranten außerhalb der Stadt verlagern möchten. Ich fordere die Union dazu auf, sich klar zu bekennen zum Demonstrationsrecht. Das gehört zur Demokratie in Deutschland dazu.
Müller: Demonstrieren, Herr Özdemir, hat den Grünen ja auch immer viel Spaß gemacht, als die Grünen in der Regierung waren dann so ein bisschen weniger. Können Sie sich denn auch noch daran erinnern, dass Jürgen Trittin vor fünf Jahren die Castortransporte verteidigt hat?
Özdemir: Ich kann mich nicht nur daran erinnern, sondern Jürgen Trittin, aber auch ich sagen sehr klar, wir beteiligen uns an einer ergebnisoffenen Standortsuche, also das Gegenteil von dem, was diese Regierung macht. Diese Regierung hat mit dem Finger auf die Karte gezeigt, als es die Mauer noch gab, und hat gesagt, Gorleben, ach das ist sehr schön, das ist dünn besiedelt, da wohnen wenig Menschen, die können sich nicht wehren und auf drei Seiten ist der Eiserne Vorhang. Das ist keine wissenschaftlich fundierte, ergebnisoffene Suche. Herr Mappus will die Laufzeit für Atomkraftwerke, die ja in Baden-Württemberg und Bayern sind, verlängern, also er will noch mehr Müll produzieren von einem Müll, für den wir heute bereits keine Lösung haben, und dann sagt er nach dem Sankt Florians-Prinzip, bitte schön nach Niedersachsen ins Wendland. Sankt Florian ist Mitglied der CDU/CSU, bei den Grünen kommt er nicht rein.
Müller: Wie war das denn jetzt vor fünf Jahren? Hat Jürgen Trittin gesagt, Castortransporte sind in Ordnung, jetzt nicht mehr?
Özdemir: Die Castortransporte werden auch dann wieder in Ordnung sein, wenn wir den Atomausstieg haben, denn dann werden sie ja irgendwo hinkommen müssen. Denn unsere Position ist, der Atommüll muss in Deutschland entsorgt werden, nicht in Sibirien, wie ja jetzt aktuell auch von der Union diskutiert wird, sondern wir wollen, dass dieser Müll in Deutschland entsorgt wird, und es muss eine ergebnisoffene Standortsuche geben. Spannend ist doch, dass unser Nachbarland die Schweiz das Gesetz, das Jürgen Trittin eingebracht hat, quasi 1 zu 1 umgesetzt hat und auf dieser Grundlage mit einer großen Bürgerbeteiligung versucht, gegenwärtig einen Standort zu finden. Ich rate Herrn Mappus, mal in die Schweiz zu reisen, sich das anzuschauen, wie man eine bürgerfreundliche Politik macht, die nicht gegen die Bürger, sondern mit den Bürgern arbeitet. Interessant ist doch dann: die Bürger reagieren dann nicht so, wie Herr Mappus unterstellt, dass sie gegen alles sind, sondern ganz im Gegenteil, sie lassen sich überzeugen. Ich glaube, die Schwaben und die Badener sind da nicht weniger offen wie ihre Nachbarn in der Schweiz.
Müller: Jetzt ist die Frage, Herr Özdemir, ob die Schwaben und die Badener auch offen sind gegenüber der kleinen Geschichte, die Stefan Mappus ja auch gestern in dem Interview gesagt hat. Sind Sie mit einem Hubschrauber sieben Kilometer über die Stadt Stuttgart geflogen?
Özdemir: Er sagt ja und wiederholt das regelmäßig, dass ich zu einer "Stuttgart 21"-Demonstration geflogen worden bin. Das wird durchs Wiederholen nicht wahrer, sondern ich bin zu einem Streitgespräch bei einem Fernsehsender in Baden-Württemberg mit Herrn Schuster, dem Bürgermeister der CDU, in Baden-Württemberg geflogen. Das hat der Fernsehsender organisiert und das hat mit der "Stuttgart 21"-Demonstration nichts zu tun, sondern ich habe das gemacht, was Herr Mappus auch tun sollte, ich habe das Gespräch mit dem politischen Gegner gesucht, weil ich finde, man unterhält sich besser, als dass man übereinander spricht.
Müller: Aber seit wann fliegen Grüne sieben Kilometer mit dem Hubschrauber?
Özdemir: Grüne organisieren keine Hubschrauber, aber wenn der Fernsehsender das organisiert, damit der Termin erreichbar ist, damit Schuster sich mit mir streiten kann – ich erinnere daran, dass Herr Schuster bisher nicht sich beteiligt hat an Streitgesprächen dieser Art -, dann nehme ich das billigend in kauf, denn es geht mir darum, dass man den Dialog mit den Gegnern sucht. Und Herrn Mappus lade ich ein, dass er auch in Baden-Württemberg gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln überall sich mit uns streiten kann. Man sollte nicht übereinander reden, sondern miteinander reden.
Müller: Herr Özdemir, ist das trotzdem angemessen für einen Chef der Grünen, sieben Kilometer über Stuttgart mit dem Hubschrauber?
Özdemir: Wie gesagt, ich habe das nicht organisiert, sondern der Fernsehsender hat den Hubschrauberflug organisiert, und Herr Mappus erweckt den Eindruck, als ob wir den Hubschrauber organisiert hätten, und erweckt vor allem den Eindruck, fälschlicherweise, dass es um eine "Stuttgart 21"-Demonstration gegangen sei. Das zeigt so ein bisschen, wie der Wahlkampf geführt werden wird in Baden-Württemberg. Er hat sich ja den Berater von Herrn Koch zugelegt, und wenn man jetzt sieht, wie bei den Demonstrationen gegen "Stuttgart 21" vorgegangen wird, die Bilder, die da benutzt werden, wo es auch zutiefst ins Sexistische geht, wo auch vor rassistischen Argumenten nicht haltgemacht wird, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie der Wahlkampf in Baden-Württemberg werden wird. Wir werden uns daran nicht beteiligen, wir sind eine werteorientierte Partei. Das C, das bei der CDU im Namen steht, zumindest was das Prinzip des Umgangs mit dem politischen Gegner angeht, ist bei uns offensichtlich besser zu Hause.
Müller: Aber Sie könnten jetzt auch in dem Fall sagen, na ja, war nicht so überlegt, war nicht in Ordnung?
Özdemir: Also mit Sicherheit nicht aus Reaktion auf Herrn Mappus. Herr Mappus ist, glaube ich, der Letzte, der ...
Müller: Aber ich frage Sie das ja jetzt.
Özdemir: Ich sage es nochmals: Ich würde für ein Streitgespräch mit Herrn Schuster, auch mit Herrn Mappus, wenn es anders nicht geht, so anreisen, wie es notwendig ist. Aber im Regelfall, glaube ich, kann sich meine Ökobilanz sicherlich mehr sehen lassen als die von Herrn Mappus. Ich reise im Regelfall mit dem Zug an, auch von Berlin nach Stuttgart, um zu zeigen, dass das durchaus geht. Aber für einen Spitzenpolitiker geht es leider nicht immer. Manchmal muss der Spitzenpolitiker leider auch fliegen, das gehört auch zur Funktion dazu.
Müller: Wie groß, Herr Özdemir, ist die Gefahr, dass diese großen Umfragewerte, die hohen Umfragewerte, über 20 Prozent, 23, 24 Prozent, tatsächlich dann zur Gefahr werden für die Grünen?
Özdemir: Erst mal wollten wir das ja immer. Wir wollten, dass wir mehr Anerkennung, mehr Zustimmung bekommen. Insofern werden wir jetzt nicht in Sack und Asche laufen und davonrennen, sondern wir stellen uns der Verantwortung. Die Bürger trauen uns mehr zu, das nehmen wir voller Demut an. Wir wissen aber auch, das kann flüchtig sein wie hochprozentiger Schnaps und da muss man was dafür tun. Darum werden wir im Gegensatz zur Union uns nicht vor allem auf das Feld Attacke verlagern und um uns rumschlagen, sondern wir werden uns mit den Inhalten beschäftigen. Auf dem Bundesparteitag der Grünen geht es um Gesundheit, geht es um den katastrophalen Zustand der Kommunen, der auch viel mit der Sparpolitik von Schwarz-Gelb zu tun hat, es geht um Integrationskonzepte, es geht um das Thema Energiepolitik, es geht um Nahost. Mit all diesen Themen werden wir uns beschäftigen, denn wir wissen, die Leute wollen von uns Inhalte, sie wollen von uns wissen, wie wir vorhaben, das Land zu regieren, und nicht so sehr Streit.
Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Grünenchef Cem Özdemir. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Özdemir: Danke Ihnen.
Cem Özdemir: Guten Morgen!
Müller: Herr Özdemir, sind Sie Populist?
Özdemir: Wir sind nicht populistischer wie alle anderen Parteien. Wir beschäftigen uns mit den Themen, mit denen sich die Menschen beschäftigen. Nur was wir machen im Gegensatz zu Herrn Mappus und zu seiner Union, die sich jetzt ja auf ihrem Parteitag versammeln, ist: Wir versuchen, mit den Menschen zu reden, wir versuchen, nicht über die Menschen hinweg Politik zu machen, vor allem glauben wir nicht, dass Polizeiknüppel und dass Wasserwerfer gute Argumente sind, wenn die Politik das Gespräch mit den Bürgern nicht mehr sucht.
Müller: Herr Mappus sagt, Sie warten ab, wohin der Hase läuft, und dann sind Sie dabei.
Özdemir: Das fällt, glaube ich, auf ihn selber zurück. Herr Mappus weiß es doch selber besser, auch die Argumente, die er nennt in seinem Interview. Wir sind für das Pumpspeicherkraftwerk in Baden-Württemberg, der Landesverband, der Bundesverband, die Europafraktion, wir sind für den Ausbau der Netze. Wenn es vor Ort Widerstand gibt von Naturschützern, dann ist das verständlich, dann muss man mit ihnen reden. Aber wir sagen denen sehr klar: Wenn man 100 Prozent Erneuerbare will wie wir und nicht zurück ins Atomzeitalter wie Herr Mappus, dann braucht man die Stromnetze und man braucht natürlich auch ein Pumpspeicherkraftwerk. Insofern stimmt es nicht, was Herr Mappus sagt, das fällt auf ihn selber zurück. Ich fordere Herrn Mappus und die Union stattdessen auf, mal klar zu sagen, ob sie sich eigentlich noch zum Demonstrationsrecht bekennen, ob sie jetzt künftig Gebühren dafür wollen, ob sie künftig wie in Russland die Demonstranten außerhalb der Stadt verlagern möchten. Ich fordere die Union dazu auf, sich klar zu bekennen zum Demonstrationsrecht. Das gehört zur Demokratie in Deutschland dazu.
Müller: Demonstrieren, Herr Özdemir, hat den Grünen ja auch immer viel Spaß gemacht, als die Grünen in der Regierung waren dann so ein bisschen weniger. Können Sie sich denn auch noch daran erinnern, dass Jürgen Trittin vor fünf Jahren die Castortransporte verteidigt hat?
Özdemir: Ich kann mich nicht nur daran erinnern, sondern Jürgen Trittin, aber auch ich sagen sehr klar, wir beteiligen uns an einer ergebnisoffenen Standortsuche, also das Gegenteil von dem, was diese Regierung macht. Diese Regierung hat mit dem Finger auf die Karte gezeigt, als es die Mauer noch gab, und hat gesagt, Gorleben, ach das ist sehr schön, das ist dünn besiedelt, da wohnen wenig Menschen, die können sich nicht wehren und auf drei Seiten ist der Eiserne Vorhang. Das ist keine wissenschaftlich fundierte, ergebnisoffene Suche. Herr Mappus will die Laufzeit für Atomkraftwerke, die ja in Baden-Württemberg und Bayern sind, verlängern, also er will noch mehr Müll produzieren von einem Müll, für den wir heute bereits keine Lösung haben, und dann sagt er nach dem Sankt Florians-Prinzip, bitte schön nach Niedersachsen ins Wendland. Sankt Florian ist Mitglied der CDU/CSU, bei den Grünen kommt er nicht rein.
Müller: Wie war das denn jetzt vor fünf Jahren? Hat Jürgen Trittin gesagt, Castortransporte sind in Ordnung, jetzt nicht mehr?
Özdemir: Die Castortransporte werden auch dann wieder in Ordnung sein, wenn wir den Atomausstieg haben, denn dann werden sie ja irgendwo hinkommen müssen. Denn unsere Position ist, der Atommüll muss in Deutschland entsorgt werden, nicht in Sibirien, wie ja jetzt aktuell auch von der Union diskutiert wird, sondern wir wollen, dass dieser Müll in Deutschland entsorgt wird, und es muss eine ergebnisoffene Standortsuche geben. Spannend ist doch, dass unser Nachbarland die Schweiz das Gesetz, das Jürgen Trittin eingebracht hat, quasi 1 zu 1 umgesetzt hat und auf dieser Grundlage mit einer großen Bürgerbeteiligung versucht, gegenwärtig einen Standort zu finden. Ich rate Herrn Mappus, mal in die Schweiz zu reisen, sich das anzuschauen, wie man eine bürgerfreundliche Politik macht, die nicht gegen die Bürger, sondern mit den Bürgern arbeitet. Interessant ist doch dann: die Bürger reagieren dann nicht so, wie Herr Mappus unterstellt, dass sie gegen alles sind, sondern ganz im Gegenteil, sie lassen sich überzeugen. Ich glaube, die Schwaben und die Badener sind da nicht weniger offen wie ihre Nachbarn in der Schweiz.
Müller: Jetzt ist die Frage, Herr Özdemir, ob die Schwaben und die Badener auch offen sind gegenüber der kleinen Geschichte, die Stefan Mappus ja auch gestern in dem Interview gesagt hat. Sind Sie mit einem Hubschrauber sieben Kilometer über die Stadt Stuttgart geflogen?
Özdemir: Er sagt ja und wiederholt das regelmäßig, dass ich zu einer "Stuttgart 21"-Demonstration geflogen worden bin. Das wird durchs Wiederholen nicht wahrer, sondern ich bin zu einem Streitgespräch bei einem Fernsehsender in Baden-Württemberg mit Herrn Schuster, dem Bürgermeister der CDU, in Baden-Württemberg geflogen. Das hat der Fernsehsender organisiert und das hat mit der "Stuttgart 21"-Demonstration nichts zu tun, sondern ich habe das gemacht, was Herr Mappus auch tun sollte, ich habe das Gespräch mit dem politischen Gegner gesucht, weil ich finde, man unterhält sich besser, als dass man übereinander spricht.
Müller: Aber seit wann fliegen Grüne sieben Kilometer mit dem Hubschrauber?
Özdemir: Grüne organisieren keine Hubschrauber, aber wenn der Fernsehsender das organisiert, damit der Termin erreichbar ist, damit Schuster sich mit mir streiten kann – ich erinnere daran, dass Herr Schuster bisher nicht sich beteiligt hat an Streitgesprächen dieser Art -, dann nehme ich das billigend in kauf, denn es geht mir darum, dass man den Dialog mit den Gegnern sucht. Und Herrn Mappus lade ich ein, dass er auch in Baden-Württemberg gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln überall sich mit uns streiten kann. Man sollte nicht übereinander reden, sondern miteinander reden.
Müller: Herr Özdemir, ist das trotzdem angemessen für einen Chef der Grünen, sieben Kilometer über Stuttgart mit dem Hubschrauber?
Özdemir: Wie gesagt, ich habe das nicht organisiert, sondern der Fernsehsender hat den Hubschrauberflug organisiert, und Herr Mappus erweckt den Eindruck, als ob wir den Hubschrauber organisiert hätten, und erweckt vor allem den Eindruck, fälschlicherweise, dass es um eine "Stuttgart 21"-Demonstration gegangen sei. Das zeigt so ein bisschen, wie der Wahlkampf geführt werden wird in Baden-Württemberg. Er hat sich ja den Berater von Herrn Koch zugelegt, und wenn man jetzt sieht, wie bei den Demonstrationen gegen "Stuttgart 21" vorgegangen wird, die Bilder, die da benutzt werden, wo es auch zutiefst ins Sexistische geht, wo auch vor rassistischen Argumenten nicht haltgemacht wird, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie der Wahlkampf in Baden-Württemberg werden wird. Wir werden uns daran nicht beteiligen, wir sind eine werteorientierte Partei. Das C, das bei der CDU im Namen steht, zumindest was das Prinzip des Umgangs mit dem politischen Gegner angeht, ist bei uns offensichtlich besser zu Hause.
Müller: Aber Sie könnten jetzt auch in dem Fall sagen, na ja, war nicht so überlegt, war nicht in Ordnung?
Özdemir: Also mit Sicherheit nicht aus Reaktion auf Herrn Mappus. Herr Mappus ist, glaube ich, der Letzte, der ...
Müller: Aber ich frage Sie das ja jetzt.
Özdemir: Ich sage es nochmals: Ich würde für ein Streitgespräch mit Herrn Schuster, auch mit Herrn Mappus, wenn es anders nicht geht, so anreisen, wie es notwendig ist. Aber im Regelfall, glaube ich, kann sich meine Ökobilanz sicherlich mehr sehen lassen als die von Herrn Mappus. Ich reise im Regelfall mit dem Zug an, auch von Berlin nach Stuttgart, um zu zeigen, dass das durchaus geht. Aber für einen Spitzenpolitiker geht es leider nicht immer. Manchmal muss der Spitzenpolitiker leider auch fliegen, das gehört auch zur Funktion dazu.
Müller: Wie groß, Herr Özdemir, ist die Gefahr, dass diese großen Umfragewerte, die hohen Umfragewerte, über 20 Prozent, 23, 24 Prozent, tatsächlich dann zur Gefahr werden für die Grünen?
Özdemir: Erst mal wollten wir das ja immer. Wir wollten, dass wir mehr Anerkennung, mehr Zustimmung bekommen. Insofern werden wir jetzt nicht in Sack und Asche laufen und davonrennen, sondern wir stellen uns der Verantwortung. Die Bürger trauen uns mehr zu, das nehmen wir voller Demut an. Wir wissen aber auch, das kann flüchtig sein wie hochprozentiger Schnaps und da muss man was dafür tun. Darum werden wir im Gegensatz zur Union uns nicht vor allem auf das Feld Attacke verlagern und um uns rumschlagen, sondern wir werden uns mit den Inhalten beschäftigen. Auf dem Bundesparteitag der Grünen geht es um Gesundheit, geht es um den katastrophalen Zustand der Kommunen, der auch viel mit der Sparpolitik von Schwarz-Gelb zu tun hat, es geht um Integrationskonzepte, es geht um das Thema Energiepolitik, es geht um Nahost. Mit all diesen Themen werden wir uns beschäftigen, denn wir wissen, die Leute wollen von uns Inhalte, sie wollen von uns wissen, wie wir vorhaben, das Land zu regieren, und nicht so sehr Streit.
Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Grünenchef Cem Özdemir. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Özdemir: Danke Ihnen.