Sandra Schulz: Das Umweltrecht war bisher eine Materie für Genießer. Seit dem Wochenende nun beschäftigt sich die Republik mit diesem Rechtsgebiet, denn das Scheitern des geplanten Umweltgesetzbuches ist eine Chiffre für den jüngsten Krach der Großen Koalition. Vorgestern erklärte Umweltminister Gabriel (SPD) das Vorhaben der Großen Koalition für gescheitert – das Vorhaben, verabredet im Koalitionsvertrag, das Umweltrecht in einem einheitlichen Umweltgesetzbuch zusammenzufassen. Seitdem gehen die Schuldzuweisungen hin und her und das Umweltgesetzbuch ist beileibe nicht das einzige Thema.
Mit dem Generalsekretär der CSU bin ich nun telefonisch verbunden. Guten Morgen, Karl-Theodor zu Guttenberg.
Karl-Theodor zu Guttenberg: Guten Morgen, Frau Schulz.
Schulz: Herr zu Guttenberg, aus der Union ist ja der Vorwurf laut geworden, dass Bundesumweltminister Gabriel die Verhandlungen verfrüht abgebrochen habe. Daraus schließe ich, dass Sie noch ein Angebot machen wollen. Um es mit Schiller zu sagen: "Wir hören mit Tausend Ohren".
zu Guttenberg: Wir hören nicht mit Tausend Ohren, sondern es geht uns jetzt darum, hier tatsächlich eine Lösung zu finden. Für uns ist das ein durchsichtig und doch auch intellektuell überschaubar kalkulierter Konflikt, der vom Zaun gebrochen wurde, der von der SPD vom Zaun gebrochen wurde. Wenn es ihr um die Sache ginge, wäre das Gesetz auf der Tagesordnung des nächsten Koalitionsausschusses. Dort gehört es hin, wenn man Dissense hat, wenn man sich nicht einig wird. Wir sind weiter verhandlungsbereit, aber für diese Verhandlungsbereitschaft muss auch die Ernsthaftigkeit von Umweltminister Gabriel erkennbar sein und das sehe ich derzeit nicht.
Schulz: Und wie lautet Ihr Angebot, nach dem ich gefragt hatte?
zu Guttenberg: Das Angebot ist folgendes, wenn man es mal mit einem einfachen Spruch sagen sollte: Wir sind umweltfreundlich, aber nicht pflegeleicht. Umweltfreundlich dahingehend, als wir sagen, wir sind für einheitliche Umweltstandards in Deutschland. Deswegen können die Bücher II bis V des Umweltgesetzbuches auch sofort mit uns verabschiedet werden. Wo wir ein Problem haben ist bei der Umweltbürokratie, also im so genannten Buch I. Da hat Gabriel selbst einen Vorschlag unterbreitet, von dem er heute nichts mehr wissen will, und das ist im Grunde ganz, ganz schlechter Stil und hier sollten die Verhandlungen ansetzen. Das können wir machen. Auf der anderen Seite aber sollten wir uns nicht auf jede Spielerei einlassen.
Schulz: Was ist an dem Vorwurf denn sachlich, wenn Sie die Sachlichkeit der CSU betonen, dass Gabriel an einer Monsterbürokratie interessiert sei?
zu Guttenberg: Nachdem wir festgestellt haben, dass etwa nach dem Buch I, über das es jetzt geht und das jetzt auch umstritten ist und der einzig umstrittene Fall ist, wir feststellen dürfen, dass etwa zehnmal mehr Genehmigungen notwendig wären als heute. Um Ihnen mal ein ganz absurdes Beispiel zu geben: Ein Deichbau würde dann wie ein Tennisplatzneubau behandelt und dann auf Lärmschutz überprüft werden. Das ist mit der Begrifflichkeit "abstrus" noch milde umschrieben. Das kann in der heutigen Krisenzeit, wo wir Bürokratie mehr denn je vermeiden statt vermehren wollen, hier nicht der Ansatz sein.
Schulz: Aber gerade darüber gibt es ja einen Dissens, und zwar auch unionsintern. Wir haben gestern in den "Informationen am Mittag" hier im Deutschlandfunk mit Tanja Gönner gesprochen, der Umweltministerin Baden-Württembergs aus der CDU, und das hat sie uns gesagt:
O-Ton Tanja Gönner: Wir kommen deswegen zum Ergebnis, weil wir sehr frühzeitig Planspiele gemacht haben, und deswegen wissen wir und sind der festen Überzeugung, dass es gerade zu einer deutlichen Entbürokratisierung kommt, statt dass es ein Bürokratiemonster ist. Ich weiß nicht, wie der Kollege in Bayern zu diesem Ergebnis kommt.
Schulz: Habe ich Sie richtig verstanden, dass auch Sie Ihrer Schwesterpartei den Vorwurf der Bürokratie machen?
zu Guttenberg: Wir sehen das anders als Tanja Gönner. Deswegen nicht der Schwesterpartei, sondern einer Landesumweltministerin aus Baden-Württemberg. Von daher ist da möglicherweise auch ein Dissens. Das kann aber gelöst werden, indem man mit so genannten Länderöffnungsklauseln vorgeht. Das ist übrigens lustigerweise ein Vorschlag, den Umweltminister Gabriel selbst gemacht hat, von dem er aber jetzt nichts mehr wissen will, nachdem er sich offensichtlich in seiner eigenen Partei nicht durchsetzen konnte. Das ist das, was ich mit schlechtem Stil kritisiere und wo wir in meinen Augen durchaus eine Lösungsmöglichkeit sehen. Wenn wir uns in diesem Punkt auf die Zuständigkeit der Länder einigen, kann man das ganze große Umweltpaket als solches auch verabschieden, an dem wir alle ein Interesse haben.
Schulz: Und wie weit müssten die Ausnahmen für Bayern reichen?
zu Guttenberg: Indem man eben gerade diesen Ansatz der integrierten Vorhabengenehmigung herunterbricht auf die Länder.
Schulz: Aber der integrierte Vorhabensbegriff ist doch das Zentralstück sozusagen dieser Konzentrationswirkung.
zu Guttenberg: Das ist das Zentralstück, das letztlich die Bürokratie bei uns auslöst und nach unseren Berechnungen entsprechend das Übermaß an Bürokratie auslöst und das man flexibel herunterbrechen sollte auf die Länderzuständigkeiten. Wenn es daran scheitern sollte, dann haben wir wirklich eine rein parteitaktisch motivierte Situation. Es wäre schade darum, weil die Wichtigkeit der Umweltgesetzgebung unbestritten ist.
Schulz: Ja. – Erklären Sie uns noch mal, was daran bürokratischer ist, wenn Unternehmen künftig nur noch einen Ansprechpartner haben und nicht von Behörde zu Behörde laufen müssen?
zu Guttenberg: Es geht ja nicht nur um den Ansprechpartner als solchen; es geht ja auch um die Fragestellung, was letztlich einem Vorhaben unterzogen wird und in welcher Form man letztlich Vorhaben unterzogen wird. Und da ist in unseren Augen ein komplexerer Ansatz gesucht worden als einer, der eine Vereinfachung darstellen könnte, und das ist genau der Streitpunkt für uns. Der Streitpunkt ist noch mal nicht derjenige, was das materielle Umweltrecht anbelangt. Hier müssen wir zu Potte kommen. Ich darf das noch mal wiederholen: Wenn es dem Umweltminister so ernst wäre, dann würde er jetzt nicht in Nordafrika herumspringen, sondern die Verhandlungen wieder aufnehmen.
Schulz: Aber wenn Sie gerade diesen Integrationsteil, also das Herzstück des neuen Umweltgesetzbuches, nicht wollen, verstehe ich Sie dann richtig, dass es Ihnen eigentlich am liebsten wäre, wenn das Umweltgesetzbuch in Bayern gar nicht gelten würde?
zu Guttenberg: Nein. Das Umweltgesetzbuch in seinem materiellen Teil, in den inhaltlichen Teilen, in solchen, die ja letztlich den ganz großen Umfang dessen auch ausmachen, ist für uns von der Wichtigkeit, dass wir sagen, es sollte bundesweit gelten. Umweltgesetzbuch bundesweit, ganz ohne Frage. In dem Punkt, wo wir den Dissens haben, wo es um die rein genehmigungsrechtlichen Ansätze geht, dort glauben wir können wir das heruntergebrochen auf die Länder besser lösen als in den Punkten, die jetzt vorliegen. Wir haben eine andere Auffassung, auch als vielleicht die eine oder andere Landesministerin aus der Schwesterpartei, und glauben, dass wir es besser lösen könnten, wenn wir diesen Ansatz auf Länderebene hätten. Der Vorschlag – noch einmal -, der wurde ja nicht von der CSU gemacht, sondern der wurde von der SPD vorgelegt, vom Bundesumweltminister selbst, auch schriftlich. Davon will er heute nichts mehr wissen.
Schulz: Herr zu Guttenberg, das haben Sie jetzt schon mal gesagt. Wir können das jetzt im Moment nicht klären, weil Herr Gabriel an diesem Gespräch nicht teilnimmt. Wir haben gestern mit ihm gesprochen.
zu Guttenberg: Er will nicht!
Schulz: Deswegen der Blick vielleicht in die Zukunft. Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft kritisiert das Scheitern des Umweltgesetzbuches als vertane Chance. Verstehe ich Sie richtig, dass die CSU die Stimmen des Mittelstandes nicht braucht?
zu Guttenberg: Ich habe am Anfang betont, dass wir weiterhin verhandlungsbereit sind. Wenn es zum Scheitern kommen sollte, ist das nicht allein an uns gelegen, sondern wir wünschen uns ein Umweltgesetzbuch und wir wünschen uns eine Situation, die nicht rein wahltaktisch geprägt ist.
Schulz: Wird das denn jetzt die Regierungsarbeit der Großen Koalition kennzeichnen, dass sich zwei Koalitionspartner, nämlich SPD und CDU, auf ein Vorhaben einigen und es dann nicht kommt, weil die CSU es nicht will?
zu Guttenberg: Nein. Das kann und darf nicht der Standard für den Rest des Jahres sein. Dafür sind die Zeiten als solche auch zu krisengeschüttelt. Das darf aber nicht außer Acht lassen, dass wir weiterhin, wenn es Argumente gibt, auch um Lösungen ringen. Ein Ringen kann letztlich dann auch nicht dadurch gekennzeichnet sein, dass sich ein Koalitionspartner schlicht aus den Verhandlungen ausklinkt und die Instrumente nicht benutzt, die wir haben, etwa den Koalitionsausschuss. Und das ist unser Aufruf, den wir geben. Wenn es der SPD ernst ist in dieser Sache, sollte sie zurückkehren in den Koalitionsausschuss. Dann können wir über diese Dinge auch entsprechend argumentieren und auch verhandeln.
Schulz: Die Zeiten sind ja auch krisengeschüttelt für die CSU, wenn man auf die vergangene Landtagswahl im Herbst blickt. Wie viel Wahlkampf steckt dann in Ihrer harten Haltung in diesen Auseinandersetzungen?
zu Guttenberg: Wir haben eine sehr reibungslos funktionierende Koalition in München - das ist etwas, was sehr positiv zu konstatieren ist – und können nur sagen, dass wir uns auch als Partei in vielerlei Hinsicht sehr konsolidiert haben, erstmalig seit Jahrzehnten etwas vorgenommen haben, was im Grunde auch in der Parteienlandschaft eher selten ist, eine Analyse des schlechten Wahlergebnisses, und versuchen, sehr sachorientiert zu arbeiten und nicht jedes Thema nur aus dem Himmel zu greifen, um letztlich dann schon wieder sich in den Wahlkampf zu begeben. In diesen Zeiten muss man in vielerlei Hinsicht zusammenstehen, aber man muss auch Lösungen entsprechend mit Argumenten unterlegen und nicht nur mit Schlagworten, und darum geht es uns auch beim Umweltgesetzbuch.
Schulz: Herr zu Guttenberg, wir haben ja ein ähnliches Schema gesehen in der Debatte um das Konjunkturpaket II. Da war die CSU mit der Forderung nach Steuersenkungen in die Verhandlungen gegangen, anders als die Schwesterpartei CDU und auch die SPD. Die CSU hat sich durchgesetzt. Welchen Kompromiss bietet denn die CSU an für die kommenden Projekte der Großen Koalition?
zu Guttenberg: Immer jeden, den wir für sinnvoll erachten. Die Steuersenkung, die Sie als Beispiel genannt haben, ist ja nun etwas, was auch – und das freut uns ja sehr – von der Schwesterpartei für richtig erachtet wird und wo sich eine gewisse Hartnäckigkeit auch ausgezahlt hat. Wir halten den Ansatz der Entlastungen weiterhin für richtig und mussten dort liebevoll hartnäckig bleiben, um zum Ziel zu kommen. Das ist gelegentlich notwendig. Das diente nicht der Profilierung, sondern das diente in unseren Augen eines richtigen gesetzgeberischen Schrittes, der für uns künftig auch wichtig sein wird, weil wir etwa den Aspekt der Steuersenkung und auch einer Strukturänderung im Steuerrecht nach den nächsten Wahlen weiterhin auf der Agenda behalten wollen.
Schulz: Immer die Kompromisse, die sinnvoll sind. Sie haben ja gerade gesagt, das Umweltgesetzbuch will die CSU auch. Also machen Sie einen Schritt auf die SPD zu?
zu Guttenberg: Ja. Unser Schritt ist der, den wir angeboten haben, dass wir gesagt haben, lassen sie uns noch mal über den Koalitionsausschuss sprechen, lassen sie uns noch mal gerade über das Buch I sprechen. Mit Buch II bis V sind wir einverstanden. Das ist ein Schritt. Jetzt hoffen wir auf den Schritt der SPD.
Schulz: Der Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), heute Morgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Danke schön!
zu Guttenberg: Danke Ihnen.
Mit dem Generalsekretär der CSU bin ich nun telefonisch verbunden. Guten Morgen, Karl-Theodor zu Guttenberg.
Karl-Theodor zu Guttenberg: Guten Morgen, Frau Schulz.
Schulz: Herr zu Guttenberg, aus der Union ist ja der Vorwurf laut geworden, dass Bundesumweltminister Gabriel die Verhandlungen verfrüht abgebrochen habe. Daraus schließe ich, dass Sie noch ein Angebot machen wollen. Um es mit Schiller zu sagen: "Wir hören mit Tausend Ohren".
zu Guttenberg: Wir hören nicht mit Tausend Ohren, sondern es geht uns jetzt darum, hier tatsächlich eine Lösung zu finden. Für uns ist das ein durchsichtig und doch auch intellektuell überschaubar kalkulierter Konflikt, der vom Zaun gebrochen wurde, der von der SPD vom Zaun gebrochen wurde. Wenn es ihr um die Sache ginge, wäre das Gesetz auf der Tagesordnung des nächsten Koalitionsausschusses. Dort gehört es hin, wenn man Dissense hat, wenn man sich nicht einig wird. Wir sind weiter verhandlungsbereit, aber für diese Verhandlungsbereitschaft muss auch die Ernsthaftigkeit von Umweltminister Gabriel erkennbar sein und das sehe ich derzeit nicht.
Schulz: Und wie lautet Ihr Angebot, nach dem ich gefragt hatte?
zu Guttenberg: Das Angebot ist folgendes, wenn man es mal mit einem einfachen Spruch sagen sollte: Wir sind umweltfreundlich, aber nicht pflegeleicht. Umweltfreundlich dahingehend, als wir sagen, wir sind für einheitliche Umweltstandards in Deutschland. Deswegen können die Bücher II bis V des Umweltgesetzbuches auch sofort mit uns verabschiedet werden. Wo wir ein Problem haben ist bei der Umweltbürokratie, also im so genannten Buch I. Da hat Gabriel selbst einen Vorschlag unterbreitet, von dem er heute nichts mehr wissen will, und das ist im Grunde ganz, ganz schlechter Stil und hier sollten die Verhandlungen ansetzen. Das können wir machen. Auf der anderen Seite aber sollten wir uns nicht auf jede Spielerei einlassen.
Schulz: Was ist an dem Vorwurf denn sachlich, wenn Sie die Sachlichkeit der CSU betonen, dass Gabriel an einer Monsterbürokratie interessiert sei?
zu Guttenberg: Nachdem wir festgestellt haben, dass etwa nach dem Buch I, über das es jetzt geht und das jetzt auch umstritten ist und der einzig umstrittene Fall ist, wir feststellen dürfen, dass etwa zehnmal mehr Genehmigungen notwendig wären als heute. Um Ihnen mal ein ganz absurdes Beispiel zu geben: Ein Deichbau würde dann wie ein Tennisplatzneubau behandelt und dann auf Lärmschutz überprüft werden. Das ist mit der Begrifflichkeit "abstrus" noch milde umschrieben. Das kann in der heutigen Krisenzeit, wo wir Bürokratie mehr denn je vermeiden statt vermehren wollen, hier nicht der Ansatz sein.
Schulz: Aber gerade darüber gibt es ja einen Dissens, und zwar auch unionsintern. Wir haben gestern in den "Informationen am Mittag" hier im Deutschlandfunk mit Tanja Gönner gesprochen, der Umweltministerin Baden-Württembergs aus der CDU, und das hat sie uns gesagt:
O-Ton Tanja Gönner: Wir kommen deswegen zum Ergebnis, weil wir sehr frühzeitig Planspiele gemacht haben, und deswegen wissen wir und sind der festen Überzeugung, dass es gerade zu einer deutlichen Entbürokratisierung kommt, statt dass es ein Bürokratiemonster ist. Ich weiß nicht, wie der Kollege in Bayern zu diesem Ergebnis kommt.
Schulz: Habe ich Sie richtig verstanden, dass auch Sie Ihrer Schwesterpartei den Vorwurf der Bürokratie machen?
zu Guttenberg: Wir sehen das anders als Tanja Gönner. Deswegen nicht der Schwesterpartei, sondern einer Landesumweltministerin aus Baden-Württemberg. Von daher ist da möglicherweise auch ein Dissens. Das kann aber gelöst werden, indem man mit so genannten Länderöffnungsklauseln vorgeht. Das ist übrigens lustigerweise ein Vorschlag, den Umweltminister Gabriel selbst gemacht hat, von dem er aber jetzt nichts mehr wissen will, nachdem er sich offensichtlich in seiner eigenen Partei nicht durchsetzen konnte. Das ist das, was ich mit schlechtem Stil kritisiere und wo wir in meinen Augen durchaus eine Lösungsmöglichkeit sehen. Wenn wir uns in diesem Punkt auf die Zuständigkeit der Länder einigen, kann man das ganze große Umweltpaket als solches auch verabschieden, an dem wir alle ein Interesse haben.
Schulz: Und wie weit müssten die Ausnahmen für Bayern reichen?
zu Guttenberg: Indem man eben gerade diesen Ansatz der integrierten Vorhabengenehmigung herunterbricht auf die Länder.
Schulz: Aber der integrierte Vorhabensbegriff ist doch das Zentralstück sozusagen dieser Konzentrationswirkung.
zu Guttenberg: Das ist das Zentralstück, das letztlich die Bürokratie bei uns auslöst und nach unseren Berechnungen entsprechend das Übermaß an Bürokratie auslöst und das man flexibel herunterbrechen sollte auf die Länderzuständigkeiten. Wenn es daran scheitern sollte, dann haben wir wirklich eine rein parteitaktisch motivierte Situation. Es wäre schade darum, weil die Wichtigkeit der Umweltgesetzgebung unbestritten ist.
Schulz: Ja. – Erklären Sie uns noch mal, was daran bürokratischer ist, wenn Unternehmen künftig nur noch einen Ansprechpartner haben und nicht von Behörde zu Behörde laufen müssen?
zu Guttenberg: Es geht ja nicht nur um den Ansprechpartner als solchen; es geht ja auch um die Fragestellung, was letztlich einem Vorhaben unterzogen wird und in welcher Form man letztlich Vorhaben unterzogen wird. Und da ist in unseren Augen ein komplexerer Ansatz gesucht worden als einer, der eine Vereinfachung darstellen könnte, und das ist genau der Streitpunkt für uns. Der Streitpunkt ist noch mal nicht derjenige, was das materielle Umweltrecht anbelangt. Hier müssen wir zu Potte kommen. Ich darf das noch mal wiederholen: Wenn es dem Umweltminister so ernst wäre, dann würde er jetzt nicht in Nordafrika herumspringen, sondern die Verhandlungen wieder aufnehmen.
Schulz: Aber wenn Sie gerade diesen Integrationsteil, also das Herzstück des neuen Umweltgesetzbuches, nicht wollen, verstehe ich Sie dann richtig, dass es Ihnen eigentlich am liebsten wäre, wenn das Umweltgesetzbuch in Bayern gar nicht gelten würde?
zu Guttenberg: Nein. Das Umweltgesetzbuch in seinem materiellen Teil, in den inhaltlichen Teilen, in solchen, die ja letztlich den ganz großen Umfang dessen auch ausmachen, ist für uns von der Wichtigkeit, dass wir sagen, es sollte bundesweit gelten. Umweltgesetzbuch bundesweit, ganz ohne Frage. In dem Punkt, wo wir den Dissens haben, wo es um die rein genehmigungsrechtlichen Ansätze geht, dort glauben wir können wir das heruntergebrochen auf die Länder besser lösen als in den Punkten, die jetzt vorliegen. Wir haben eine andere Auffassung, auch als vielleicht die eine oder andere Landesministerin aus der Schwesterpartei, und glauben, dass wir es besser lösen könnten, wenn wir diesen Ansatz auf Länderebene hätten. Der Vorschlag – noch einmal -, der wurde ja nicht von der CSU gemacht, sondern der wurde von der SPD vorgelegt, vom Bundesumweltminister selbst, auch schriftlich. Davon will er heute nichts mehr wissen.
Schulz: Herr zu Guttenberg, das haben Sie jetzt schon mal gesagt. Wir können das jetzt im Moment nicht klären, weil Herr Gabriel an diesem Gespräch nicht teilnimmt. Wir haben gestern mit ihm gesprochen.
zu Guttenberg: Er will nicht!
Schulz: Deswegen der Blick vielleicht in die Zukunft. Der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft kritisiert das Scheitern des Umweltgesetzbuches als vertane Chance. Verstehe ich Sie richtig, dass die CSU die Stimmen des Mittelstandes nicht braucht?
zu Guttenberg: Ich habe am Anfang betont, dass wir weiterhin verhandlungsbereit sind. Wenn es zum Scheitern kommen sollte, ist das nicht allein an uns gelegen, sondern wir wünschen uns ein Umweltgesetzbuch und wir wünschen uns eine Situation, die nicht rein wahltaktisch geprägt ist.
Schulz: Wird das denn jetzt die Regierungsarbeit der Großen Koalition kennzeichnen, dass sich zwei Koalitionspartner, nämlich SPD und CDU, auf ein Vorhaben einigen und es dann nicht kommt, weil die CSU es nicht will?
zu Guttenberg: Nein. Das kann und darf nicht der Standard für den Rest des Jahres sein. Dafür sind die Zeiten als solche auch zu krisengeschüttelt. Das darf aber nicht außer Acht lassen, dass wir weiterhin, wenn es Argumente gibt, auch um Lösungen ringen. Ein Ringen kann letztlich dann auch nicht dadurch gekennzeichnet sein, dass sich ein Koalitionspartner schlicht aus den Verhandlungen ausklinkt und die Instrumente nicht benutzt, die wir haben, etwa den Koalitionsausschuss. Und das ist unser Aufruf, den wir geben. Wenn es der SPD ernst ist in dieser Sache, sollte sie zurückkehren in den Koalitionsausschuss. Dann können wir über diese Dinge auch entsprechend argumentieren und auch verhandeln.
Schulz: Die Zeiten sind ja auch krisengeschüttelt für die CSU, wenn man auf die vergangene Landtagswahl im Herbst blickt. Wie viel Wahlkampf steckt dann in Ihrer harten Haltung in diesen Auseinandersetzungen?
zu Guttenberg: Wir haben eine sehr reibungslos funktionierende Koalition in München - das ist etwas, was sehr positiv zu konstatieren ist – und können nur sagen, dass wir uns auch als Partei in vielerlei Hinsicht sehr konsolidiert haben, erstmalig seit Jahrzehnten etwas vorgenommen haben, was im Grunde auch in der Parteienlandschaft eher selten ist, eine Analyse des schlechten Wahlergebnisses, und versuchen, sehr sachorientiert zu arbeiten und nicht jedes Thema nur aus dem Himmel zu greifen, um letztlich dann schon wieder sich in den Wahlkampf zu begeben. In diesen Zeiten muss man in vielerlei Hinsicht zusammenstehen, aber man muss auch Lösungen entsprechend mit Argumenten unterlegen und nicht nur mit Schlagworten, und darum geht es uns auch beim Umweltgesetzbuch.
Schulz: Herr zu Guttenberg, wir haben ja ein ähnliches Schema gesehen in der Debatte um das Konjunkturpaket II. Da war die CSU mit der Forderung nach Steuersenkungen in die Verhandlungen gegangen, anders als die Schwesterpartei CDU und auch die SPD. Die CSU hat sich durchgesetzt. Welchen Kompromiss bietet denn die CSU an für die kommenden Projekte der Großen Koalition?
zu Guttenberg: Immer jeden, den wir für sinnvoll erachten. Die Steuersenkung, die Sie als Beispiel genannt haben, ist ja nun etwas, was auch – und das freut uns ja sehr – von der Schwesterpartei für richtig erachtet wird und wo sich eine gewisse Hartnäckigkeit auch ausgezahlt hat. Wir halten den Ansatz der Entlastungen weiterhin für richtig und mussten dort liebevoll hartnäckig bleiben, um zum Ziel zu kommen. Das ist gelegentlich notwendig. Das diente nicht der Profilierung, sondern das diente in unseren Augen eines richtigen gesetzgeberischen Schrittes, der für uns künftig auch wichtig sein wird, weil wir etwa den Aspekt der Steuersenkung und auch einer Strukturänderung im Steuerrecht nach den nächsten Wahlen weiterhin auf der Agenda behalten wollen.
Schulz: Immer die Kompromisse, die sinnvoll sind. Sie haben ja gerade gesagt, das Umweltgesetzbuch will die CSU auch. Also machen Sie einen Schritt auf die SPD zu?
zu Guttenberg: Ja. Unser Schritt ist der, den wir angeboten haben, dass wir gesagt haben, lassen sie uns noch mal über den Koalitionsausschuss sprechen, lassen sie uns noch mal gerade über das Buch I sprechen. Mit Buch II bis V sind wir einverstanden. Das ist ein Schritt. Jetzt hoffen wir auf den Schritt der SPD.
Schulz: Der Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), heute Morgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Danke schön!
zu Guttenberg: Danke Ihnen.