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Wird Milbradt der neue Ministerpräsident von Sachsen?

    Capellan: Von wegen Causa finita. Da mochte König Kurt gestern noch so sehr beteuern, dass er nicht mehr nachkarten und nicht noch einmal begründen wolle, warum er vor ziemlich genau einem Jahr seinen ja auch bundesweit anerkannten Finanzminister Georg Milbradt vor die Tür setzte. Genau das allerdings, das Nachkarten, das tat er dann gestern doch, Kurt Biedenkopf, als er seinen Rücktritt als sächsischer Ministerpräsident ankündigte. Zitat Biedenkopf: "Besonders danke ich für die Loyalität und Solidarität, mit der mich die Fraktion während der Auseinandersetzungen und Anfeindungen im vergangen Jahr ausgezeichnet hat. Für die neue Führung der Partei und für einen Teil ihrer Funktionsträger gilt dies nicht in gleicher Weise." Scharfe Vorwürfe in Richtung von Georg Milbradt, dem neuen CDU-Chef in Sachsen. Intrigen in der eigenen Partei seien es am Ende gewesen, die ihn zum vorzeitigen Rücktritt gezwungen hätten, so Biedenkopf. Wie geht es nun weiter in Sachsen? Am 18. April soll die Fraktion in Dresden einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Georg Milbradt, der geschasste Minister und Biedenkopf-Intimfeind, gilt in der Partei als erfolgreichster Kandidat. Ob das aber auch in der Fraktion so sein wird, die muss ihn ja immerhin wählen, das ist so klar nicht. Und wie die Stimmung in der Landtagsfraktion ist, das hoffen wir nun von Steffen Flath zu erfahren. Er ist sächsischer Umweltminister. Herr Flath, dass wir gerade mit Ihnen sprechen wollten, das lag auf der Hand. Sie waren im September bei der Wahl des Parteivorsitzes gegen Georg Milbradt unterlegen. Sie galten bis dahin als Wunschkandidat Biedenkopfs. Diese Wahl war ja damals sicherlich eine Vorentscheidung für die Biedenkopf-Nachfolge. Wird Milbradt der neue Regierungschef in Sachsen sein?

    Flath: Das waren jetzt direkt mehrere Fragen auf einmal. Sie haben völlig Recht, es hat im letzten Jahr eine Auseinandersetzung gegeben um den Landesvorsitz. Diese Auseinandersetzung hat Georg Milbradt in einem fairen Wettbewerb gewonnen, und er hat damit natürlich jetzt die beste Ausgangsposition für die Wahl des Ministerpräsidenten am 18. April.

    Capellan: Sie haben also keine Ambitionen mehr, gegen ihn anzutreten?

    Flath: Wir hatten im letzten Jahr verabredet, dass der Unterlegene den anderen unterstützt, und ich halte es für einen guten Stil in der Politik, dass man sich an solche Abmachungen auch hält.

    Capellan: Wird das denn von der Fraktion auch so gesehen, dass Milbradt der Favorit ist?

    Flath: Man muss ganz einfach mal sehen, dass in der Fraktion jetzt natürlich allerhand Nervosität und Aufregung herrscht. Das ist doch ganz normal, wenn eine solch erfolgreiche Zeit von immerhin über elf Jahren zu Ende geht. Wir wissen jetzt genau das Rücktrittsdatum 18. April, und wir haben ein Vierteljahr Zeit, in der Partei Schritt für Schritt diese Nachfolge zu klären.

    Capellan: Wenn Georg Milbradt tatsächlich neuer Ministerpräsident in Sachsen werden sollte, dann dürfte Kurt Biedenkopf wohl kaum als Wahlkampfhelfer bei den Landtagswahlen im Jahr 2004 zur Verfügung stehen. Das hat er gestern bereits angedeutet. Wäre Biedenkopf in der Tat verzichtbar für die CDU in Sachsen?

    Flath: Also ich sehe es so, dass wir auf Biedenkopfs Einfluss und Wissen der letzten elf Jahre nicht einfach verzichten sollten. Ich denke, wir sind gut beraten, wenn wir, nach dem wir in einem Vierteljahr einen neuen Ministerpräsidenten gewählt haben, weiter auf Kurt Biedenkopf zurück greifen können. Denn ich glaube, was in den letzten elf Jahren an Investitionen nach Sachsen geholt wurde, das kann sich sehr gut sehen lassen.

    Capellan: Sie glauben trotz aller Streitigkeiten also immer noch, dass Biedenkopf und Milbradt zusammen arbeiten könnten?

    Flath: Das warten wir ganz einfach mal ab. Ich halte nicht soviel davon, jetzt zu Beginn eines solch schwierigen Verfahrens - man muss sich mal überlegen, eine sehr sehr erfolgreiche Partei muss nun die Führungsperson ersetzen - und da sollte man einen solchen Prozess nicht damit beginnen, dass wir nun überall den Teufel an die Wand malen und aufzählen, was alles schief gehen kann. Das liegt doch auf der Hand, nicht selten sind solche Prozesse in der Geschichte schief gegangen. Wir sollten uns deshalb den Sven Hannawald zum Vorbild nehmen, der ja zufällig auch aus dem Erzgebirge kommt, dass man sich immer auf den nächsten Sprung konzentriert. Und der nächste Sprung für die Partei ist ganz einfach die Einberufung eines Sonderparteitags, eine Meinungsbildung. Professor Milbradt hat sich gestern beworben. Wir müssen jetzt die nächsten Wochen abwarten, ob es weitere Bewerbungen gibt. Ich meine auch, dass es nicht richtig ist, wenn wir jetzt andere Bewerbungen behindern, das kann nicht der Weg sein. Wir haben uns für ein demokratisches Verfahren entschieden, und so würde ich das mal ganz gelassen angehen.

    Capellan: Sehen Sie denn da potentielle Kandidaten?

    Flath: Ich sehe da wie gesagt keine. Ich bekomme aber sehr wohl verschieden Diskussionen in der Landespartei mit. Und ich werde jeden darauf hinweisen, dass ein faires Verfahren auch bedeutet, dass man sich dann offen zeigt, dass man sich offen stellt. Und ich würde es nicht als Katastrophe ansehen, wenn es eine Gegenkandidaten gibt auf dem Parteitag. Ich würde das allemal für besser halten als eine Diskussion, die uns dann auf Monate lähmen und daran hindern würde, den erfolgreichen Kurs für Sachsen fort zu führen.

    Capellan: Nun ist ja in diesem Zusammenhang auch der Name von Angela Merkel gefallen. Da wurde gemutmaßt, dass dies ein Vorschlag aus dem Umfeld von Kurt Biedenkopf sein könnte. Ist das vollkommen abwegig?

    Flath: Also ich halte mich ja bekanntlich sehr viel im Umfeld von Kurt Biedenkopf auf, und ich habe da nie so etwa mitbekommen. Ich halte das auch heute noch für eine reine Spekulation. Also ich hatte nie ernsthafte Anzeichen dafür. Ich denke, Angela Merkel hatte eine viel zu wichtige Rolle in der Bundespolitik, als dass sie sich jetzt auf solche Spielchen einlassen würde.

    Capellan: Auf der anderen Seite ist ja die CDU mit ostdeutschen Spitzenpolitikerinnen nicht gerade gesegnet. Hätte sie also Chancen bei Ihnen?

    Flath: Wie meinen Sie das jetzt?

    Capellan: Hätte sie Chancen, im Land Sachsen gegen Milbradt anzutreten und dann möglicherweise auch die Wahl zu gewinnen?

    Flath: Ich habe bereits gesagt, dass Georg Milbradt, der noch im vergangenen Jahr zum Landesvorsitzenden gewählt worden ist, die beste Ausgangslage hat. Und er hat auch bisher wenig Fehler gemacht in der letzten Zeit. Ich sehe deshalb seine Chancen sehr gut. Aber ich wiederhole noch einmal: Wenn jemand in der sächsischen CDU Ambitionen verspürt, dann soll er sich melden, und dann wird das auf einem Parteitag, der in vier bis sechs Wochen stattfinden wird ausgestritten. Dann gibt es ein Votum und dann muss die Fraktion das im Landtag umsetzen.

    Capellan: Und wie sieht es mit Ihnen persönlich aus. Können Sie mit Georg Milbradt weiterhin zusammen arbeiten, obwohl Sie ja bei der Wahl zum Parteivorsitz gegen ihn unterlagen.

    Flath: Ich kenne Georg Milbradt seit 1991. Als er Finanzminister war ich zunächst im Landtag im Finanzausschuss tätig, später dann im Kabinett. Ich glaube, wir verstehen uns gut, und als stellvertretender Landesvorsitzender sehe ich mich auch in der Pflicht, in diesem Verfahren für Ruhe zu sorgen, dass alles korrekt abläuft. Natürlich werde ich ihn unterstützen.

    Capellan: Sie wollen also integrieren, so wie sie das damals auch schon angekündigt hatten als Sie sich zur Wahl stellten. Wollen Sie auch vermitteln, das Gespräch mit Kurt Biedenkopf suchen, damit es wohl möglicherweise doch wieder mal zu einer Einigung und zu einer Annäherung zwischen Biedenkopf und Milbradt kommen könnte?

    Flath: Ja, natürlich sehe ich da meine Aufgabe, weil ich denke, dass das auch die Partei von mir erwartet. Ich bin ja sehr überzeugend zum Stellvertreter gewählt worden, und ich denke, die Partei hat sich ja dabei was gedacht. Ich muss auch darauf hinweisen, dass es bis zum 18. April ja auch das Biedenkopf-Kabinett gibt und dort sehe ich meine Aufgabe. Diese Dinge, die bis dahin anstehen sind nicht weniger zu erledigen. Ich wiederhole nochmals: Ich denke, wir sind gut beraten, wenn wir auf Biedenkopfs Erfahrung nicht verzichten, und ich halte es durchaus für möglich, dass er uns dann nach dem 18. April, eher im Hintergrund als im Vordergrund, zur Verfügung steht. Ich glaube, er wird Sachsen sehr gerne unterstützen.

    Capellan: Sie würden gerne Minister bleiben?

    Flath: Bis zum 18. April werde ich meine Aufgaben ordentlich erfüllen und ich stehe natürlich auch für die Zeit nach dem 18. April gerne zur Verfügung.

    Capellan: Steffen Flath war das, sächsischer Umwelt- und Agrarminister in den Informationen am Morgen. Herr Flath, haben Sie vielen Dank. Auf Wiederhören.

    Flath: Auf Wiederhören.