Friedbert Meurer: Dieter Ondracek ist Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, die vor allem die Beamten in den Finanzämtern vertritt. Guten Tag, Herr Ondracek.
Dieter Ondracek: Guten Tag!
Meurer: Freuen Sie sich darüber?
Ondracek: Da kann ich mich nicht freuen, denn die Wirkung bei den Finanzämtern wird nicht groß durchschlagen, denn die Bürgerinnen und Bürger, die Geld zurückhaben wollen, die werden nicht zwei Jahre warten, sondern die werden trotzdem ihre Erklärung jährlich abgeben.
Meurer: Also wer möchte, darf weiterhin jährlich seine Erklärung abgeben?
Ondracek: Wer möchte, darf weiter abgeben. Wer das eben nicht möchte, kann zwei Jahre. Aber nachdem wir bei den Arbeitnehmern 20 Millionen Fälle haben, wo sicherlich 18 Millionen etwas zurückerstattet bekommen, werden also diese 18 Millionen nicht zwei Jahre warten, bis sie ihr Geld bekommen, sondern die wollen in aller Regel das Geld möglichst schnell haben und dann werden sie auch weiterhin ihre Jahressteuerklärung abgeben.
Meurer: Aber der Mensch ist ja auch bequem, Herr Ondracek, und sagt sich, na gut, auf ein paar Hundert Euro kann ich noch ein Jahr warten. Dann könnte doch der Effekt sein, dass das für Ihre Finanzbeamten deutlich weniger Arbeit bedeutet. Für Sie wäre es doch eine gute Nachricht, oder?
Ondracek: Für uns wäre es eine gute Nachricht, wenn es tatsächlich so kommen würde. Ich prophezeihe aber, dass es nicht so kommen wird, sondern dass die, die jährlich mit Erstattungen rechnen, diese Erstattung jährlich haben wollen. Bei jenen, die was nachzahlen müssen, sind wir dann sicherlich gehalten, wenn es um größere Summen geht, die Vorauszahlungen anzupassen. Das heißt also, dann haben wir in der Verwaltung nichts gewonnen, dann muss ich wegen Vorauszahlungsanpassung recherchieren. Dann ist es gleich besser, ich bekomme eine Steuererklärung, in der alles schön parat aufgelistet ist.
Meurer: Mit Vorauszahlungsanpassung meinen Sie zum Beispiel, wenn man das auf der Lohnsteuerkarte einträgt, oder?
Ondracek: Nein. Das ist jetzt bei denen, die selbständige Einkünfte und Ähnliches haben. Die müssen ja ihre Erklärungen auch abgeben. Und wenn die auch gemeint sein sollten, was noch nicht ganz klar ist, dass die alle zwei Jahre nur eine Erklärung abgeben müssten, dann wären zwischendurch die Vorauszahlungen anzupassen. Wenn Einnahmen steigen, wenn der Umsatz steigt, dann wird auch der Gewinn steigen. Das müsste dann beobachtet werden, dann müsste hier bei Vorauszahlungen nachgesteuert werden.
Meurer: Sind Sie der Spielverderber hierbei und sagen, jeder muss jetzt weiter jedes Jahr seine Steuererklärung abgeben?
Ondracek: Da bin ich nicht der Spielverderber. Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger müsste gar keine abgeben. Sie geben freiwillig eine ab – das sind die sogenannten Antragsveranlagungen -, weil sie Geld zurückhaben wollen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger auf diese Rückerstattungen verzichten, dann brauchen sie gar keine abgeben.
Meurer: Dass Sie so vorsichtig sind, hat das vielleicht auch den Grund, dass Sie da etwas die Gefahr wittern, dass mit dieser Maßnahme, nur noch alle zwei Jahre Steuerklärung abgeben, wer will, vielleicht irgendwann Personal in den Ämtern eingespart werden soll?
Ondracek: Diese Sorge habe ich nicht. Uns fehlen 15.000 Leute nach der amtlichen Personalbedarfsberechnung. Selbst wenn jetzt eine große Zahl der Bürgerinnen und Bürger die Zwei-Jahres-Regelung machen würde, dann würden allenfalls diese 15.000 Fehlstellen sich reduzieren vielleicht auf 10.000 oder auf 5.000 Fehlstellen. Aber Fehlstellen haben wir immer noch.
Meurer: Wie stehen Sie denn, Herr Ondracek, zu der Idee, einer zweiten Idee, die gedacht ist, das alles zu vereinfachen, nämlich: Steuererklärungen werden künftig immer im Internet abgegeben?
Ondracek: Das ist das Projekt "Elster", das ja läuft. Da ist die Elster-Beteiligungsquote noch sehr mäßig, je nach Land unterschiedlich, 20 bis 25 Prozent. Wenn alle mal über Elster die Steuererklärung elektronisch abgeben würden, dann hilft das der Steuerverwaltung in jedem Fall. Deswegen wird auch von der Steuerverwaltung regelmäßig Reklame für das Projekt Elster genommen. Der Gesetzgeber hat sich bisher nicht getraut, das obligatorisch per Gesetz vorzugeben.
Meurer: Wenn 75 Prozent nicht mitmachen, würden Sie dann sagen, das soll Pflicht werden?
Ondracek: Wenn ich sage, was der Verwaltung hilft, dann muss ich sagen, das soll Pflicht werden. Aber ich habe immer auch ein bisschen die Bürger im Auge. Das sollte die Politik vor allen Dingen haben, und wenn ich mir vorstelle, dass ich eben auch ältere Herrschaften, selbst wenn sie in der Volkshochschule Computerkurse besuchen, zwingen sollte, jetzt elektronisch eine Steuererklärung abgeben zu müssen, dann ist das auch nicht das richtige. Aber man kann mindestens so weit vorgehen, soweit steuerlich beraten ist, kann man die Leute dann zwingen, das elektronisch abzugeben, denn der Steuerberater hat das elektronisch und gibt aus welchen Gründen auch immer das heute noch Per Papier ab. Wenn man hier eine Verpflichtung einzieht, dass alle, die irgendwie beraten sind, das elektronisch abgeben müssen, das ist sicherlich sinnvoll.
Meurer: Gibt es die Möglichkeit, vielleicht jemanden einen Bonus zu geben, wer es online macht, kriegt fünf Prozent Rabatt von seiner Steuerschuld?
Ondracek: Es wäre ein Vorschlag, einen Anreiz so zu geben. Das kostet dann ein bisschen Geld, aber auf der anderen Seite hilft es der Verwaltung. Also ich hätte da nichts dagegen.
Meurer: Dieter Ondracek, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, zur Möglichkeit, dass man künftig nur noch alle zwei Jahre seine Steuererklärung abgeben muss. Danke, Herr Ondracek und auf Wiederhören.
Ondracek: Bitte schön! Auf Wiederhören.
Dieter Ondracek: Guten Tag!
Meurer: Freuen Sie sich darüber?
Ondracek: Da kann ich mich nicht freuen, denn die Wirkung bei den Finanzämtern wird nicht groß durchschlagen, denn die Bürgerinnen und Bürger, die Geld zurückhaben wollen, die werden nicht zwei Jahre warten, sondern die werden trotzdem ihre Erklärung jährlich abgeben.
Meurer: Also wer möchte, darf weiterhin jährlich seine Erklärung abgeben?
Ondracek: Wer möchte, darf weiter abgeben. Wer das eben nicht möchte, kann zwei Jahre. Aber nachdem wir bei den Arbeitnehmern 20 Millionen Fälle haben, wo sicherlich 18 Millionen etwas zurückerstattet bekommen, werden also diese 18 Millionen nicht zwei Jahre warten, bis sie ihr Geld bekommen, sondern die wollen in aller Regel das Geld möglichst schnell haben und dann werden sie auch weiterhin ihre Jahressteuerklärung abgeben.
Meurer: Aber der Mensch ist ja auch bequem, Herr Ondracek, und sagt sich, na gut, auf ein paar Hundert Euro kann ich noch ein Jahr warten. Dann könnte doch der Effekt sein, dass das für Ihre Finanzbeamten deutlich weniger Arbeit bedeutet. Für Sie wäre es doch eine gute Nachricht, oder?
Ondracek: Für uns wäre es eine gute Nachricht, wenn es tatsächlich so kommen würde. Ich prophezeihe aber, dass es nicht so kommen wird, sondern dass die, die jährlich mit Erstattungen rechnen, diese Erstattung jährlich haben wollen. Bei jenen, die was nachzahlen müssen, sind wir dann sicherlich gehalten, wenn es um größere Summen geht, die Vorauszahlungen anzupassen. Das heißt also, dann haben wir in der Verwaltung nichts gewonnen, dann muss ich wegen Vorauszahlungsanpassung recherchieren. Dann ist es gleich besser, ich bekomme eine Steuererklärung, in der alles schön parat aufgelistet ist.
Meurer: Mit Vorauszahlungsanpassung meinen Sie zum Beispiel, wenn man das auf der Lohnsteuerkarte einträgt, oder?
Ondracek: Nein. Das ist jetzt bei denen, die selbständige Einkünfte und Ähnliches haben. Die müssen ja ihre Erklärungen auch abgeben. Und wenn die auch gemeint sein sollten, was noch nicht ganz klar ist, dass die alle zwei Jahre nur eine Erklärung abgeben müssten, dann wären zwischendurch die Vorauszahlungen anzupassen. Wenn Einnahmen steigen, wenn der Umsatz steigt, dann wird auch der Gewinn steigen. Das müsste dann beobachtet werden, dann müsste hier bei Vorauszahlungen nachgesteuert werden.
Meurer: Sind Sie der Spielverderber hierbei und sagen, jeder muss jetzt weiter jedes Jahr seine Steuererklärung abgeben?
Ondracek: Da bin ich nicht der Spielverderber. Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger müsste gar keine abgeben. Sie geben freiwillig eine ab – das sind die sogenannten Antragsveranlagungen -, weil sie Geld zurückhaben wollen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger auf diese Rückerstattungen verzichten, dann brauchen sie gar keine abgeben.
Meurer: Dass Sie so vorsichtig sind, hat das vielleicht auch den Grund, dass Sie da etwas die Gefahr wittern, dass mit dieser Maßnahme, nur noch alle zwei Jahre Steuerklärung abgeben, wer will, vielleicht irgendwann Personal in den Ämtern eingespart werden soll?
Ondracek: Diese Sorge habe ich nicht. Uns fehlen 15.000 Leute nach der amtlichen Personalbedarfsberechnung. Selbst wenn jetzt eine große Zahl der Bürgerinnen und Bürger die Zwei-Jahres-Regelung machen würde, dann würden allenfalls diese 15.000 Fehlstellen sich reduzieren vielleicht auf 10.000 oder auf 5.000 Fehlstellen. Aber Fehlstellen haben wir immer noch.
Meurer: Wie stehen Sie denn, Herr Ondracek, zu der Idee, einer zweiten Idee, die gedacht ist, das alles zu vereinfachen, nämlich: Steuererklärungen werden künftig immer im Internet abgegeben?
Ondracek: Das ist das Projekt "Elster", das ja läuft. Da ist die Elster-Beteiligungsquote noch sehr mäßig, je nach Land unterschiedlich, 20 bis 25 Prozent. Wenn alle mal über Elster die Steuererklärung elektronisch abgeben würden, dann hilft das der Steuerverwaltung in jedem Fall. Deswegen wird auch von der Steuerverwaltung regelmäßig Reklame für das Projekt Elster genommen. Der Gesetzgeber hat sich bisher nicht getraut, das obligatorisch per Gesetz vorzugeben.
Meurer: Wenn 75 Prozent nicht mitmachen, würden Sie dann sagen, das soll Pflicht werden?
Ondracek: Wenn ich sage, was der Verwaltung hilft, dann muss ich sagen, das soll Pflicht werden. Aber ich habe immer auch ein bisschen die Bürger im Auge. Das sollte die Politik vor allen Dingen haben, und wenn ich mir vorstelle, dass ich eben auch ältere Herrschaften, selbst wenn sie in der Volkshochschule Computerkurse besuchen, zwingen sollte, jetzt elektronisch eine Steuererklärung abgeben zu müssen, dann ist das auch nicht das richtige. Aber man kann mindestens so weit vorgehen, soweit steuerlich beraten ist, kann man die Leute dann zwingen, das elektronisch abzugeben, denn der Steuerberater hat das elektronisch und gibt aus welchen Gründen auch immer das heute noch Per Papier ab. Wenn man hier eine Verpflichtung einzieht, dass alle, die irgendwie beraten sind, das elektronisch abgeben müssen, das ist sicherlich sinnvoll.
Meurer: Gibt es die Möglichkeit, vielleicht jemanden einen Bonus zu geben, wer es online macht, kriegt fünf Prozent Rabatt von seiner Steuerschuld?
Ondracek: Es wäre ein Vorschlag, einen Anreiz so zu geben. Das kostet dann ein bisschen Geld, aber auf der anderen Seite hilft es der Verwaltung. Also ich hätte da nichts dagegen.
Meurer: Dieter Ondracek, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, zur Möglichkeit, dass man künftig nur noch alle zwei Jahre seine Steuererklärung abgeben muss. Danke, Herr Ondracek und auf Wiederhören.
Ondracek: Bitte schön! Auf Wiederhören.