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Wirtschaft in Großbritannien
Der Brexit bremst

Die Angst vor einem chaotischen Brexit lähmt die britische Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt ist zwischen April und Juni überraschend geschrumpft, das erste Mal seit Ende 2012. Der drohende harte Brexit und die globale Konjunkturabkühlung werfen ihre Schatten voraus.

Von Korbinian Frenzel | 09.08.2019
Blick auf den Finanzbezirk der City of London sowie Wohn- und Geschäftshäuser an der Themse
Der Brexit bedroht die britische Wirtschaftskraft (picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB)
Es kommt schlechter als erwartet. Ökonomen waren im Vorfeld von einer Null ausgegangen beim britischen Wachstum - nach 0,5 Prozent Plus im ersten Quartal. Jetzt ist es im zweiten sogar ein Minus.
Die Wirtschaft Großbritanniens schrumpft - und ein Wort macht die Runde, das diesen Rückgang zu erklären versucht: Unsicherheit. Global verursacht von Donald Trump, verschärft durch die hausgemachte Brexit-Krise, so die Analyse des amerikanischen Wirtschaftsnobelpreis-Trägers Joseph Stieglietz am Morgen in der BBC:
"Diese Unsicherheit wird Investitionen vor allem im Vereinigten Königreich bremsen. Und ganz unabhängig davon, wie die Sache ausgeht: diese Unsicherheit wird lange bestehen bleiben. Die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass es nicht einfach ist, die vielschichtigen Probleme des Brexit zu lösen."
Lager wurden wieder geleert
Das ursprüngliche Brexit-Datum Ende März könnte Teil der Erklärung für den Rückgang der Wirtschaftsleistung sein. Viele Unternehmen hatten zu Jahresbeginn Lagerbestände aufgefüllt, die dann im zweiten Quartal wieder abgebaut wurden.
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Bei Analysten und Ökonomen sorgt vor allem eine Zahl für Besorgnis: die Produktion im verarbeitenden Gewerbe verzeichnet ein Minus von 2,3 Prozent. Das ist der stärkste Rückgang seit der Finanzkrise 2009.
Zwei Minus-Quartale würden Rezession bedeuten
Schlittert Großbritannien in eine Rezession? Diese Frage steht im Raum - vor allem vor dem Hintergrund des neuen Brexit-Kurses von Premierminister Boris Johnson - der Austritt "ohne Wenn und Aber", ohne Abkommen, zum 31. Oktober.
"Ein No-Deal-Brexit könnte in Großbritannien dafür sorgen, dass wir einige Quartale mit Negativwachstum haben werden", warnte der Ökonom und ehemalige Berater der "Bank of England" Andrew Sentance. "Deshalb müssen wir den No-Deal verhindern."
No-Deal-Brexit wäre Schock für die Wirtschaft
Politisch läuft aber im Moment alles genau darauf hinaus. Der 31. Oktober könnte deshalb, so die Befürchtung Sentances, ähnliche Folgen haben wie die Finanzkrise 2008/2009:
"Wenn es zum No-Deal-Brexit kommt, wird das ganz sicher ein Schock für die britische Wirtschaft. Es wird schwer werden, uns da heraus zu navigieren."
Ein Szenario, das der britischen Regierung offenbar nicht fern liegt. Sie denkt darüber nach, den 31. Oktober zum "bank holiday" zu machen. Michael Gove, Johnsons Minister für den No-Deal, will mit dem Feiertag dafür sorgen, dass die Banken geschlossen bleiben.