Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Außenhandel
Gejammer trotz Rekordzahlen

Für die deutsche Wirtschaft geht es 2019 bislang nach oben - schon wieder, denn 2018 war bereits das fünfte Rekordjahr in Folge für Exporteure in der Bundesrepublik. Statt sich zu freuen, verweisen sie aber auf die schwächere Weltwirtschaft und fordern von der Politik Investitionen.

Von Günter Hetzke | 09.08.2019
Ein Containerschiff nimmt Ladung auf im Containerhafen in Hamburg
Das Niveau für die deutsche Wirtschaft ist schon 2018 hoch gewesen. 2019 hat man bisher sogar noch draufsatteln können. (imago/Winfried Rothermel)
Das Statistische Bundesamt hat neue Zahlen zum deutschen Außenhandel veröffentlicht. Was sagen diese?
Waren im Wert von 106 Milliarden Euro wurden im Juni exportiert. Das ist gegenüber dem Vormonat ein leichter Rückgang um 0,1 Prozent, aber im Jahresvergleich, also im Vergleich zu Juni 2018, ist das ein deutlicher Rückgang um acht Prozent. Vor allem die Lieferungen in die Länder der EU haben zu diesem Rückgang im Jahresvergleich beigetragen mit einem Minus um etwas mehr als sechs Prozent.
Die Zahlen umfassen nun den Zeitraum Januar bis Juni, das bedeutet Halbjahresbilanz – wie fällt die aus?
Fassen wir alles zusammen, dann ergibt sich ein Warenwert in Höhe von 666 Milliarden Euro, der von Januar bis Juni ausgeführt wurde. Das heißt, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steht die deutsche Exportwirtschaft derzeit im ersten Halbjahr minimal besser da als 2018. Denn da lag der Wert der Ausfuhren bei 662,5 Milliarden.
Was sagen uns diese Zahlen zum Zustand der deutschen Wirtschaft?
Man darf nicht vergessen, das vergangene Jahr war das fünfte Rekordjahr in Folge für die deutschen Exporteure. Das Niveau ist hoch gewesen und da hat man bisher sogar noch draufsatteln können. Das ist ja eigentlich schon mal eine Leistung. Trotzdem wird auf jeden Fall weiter gejammert, auf die schwächere Weltwirtschaft verwiesen, auf die globalen Handelsstreitigkeiten, die das Geschäft erschweren, auf den Brexit. Der Verweis auf die Unsicherheit, das ist die derzeit gängige Argumentation. Die Frage ist allerdings, ob das auch alles so stimmt, ob das der alleinige Grund ist. Denn wenn wir nur mal zurückschauen auf den Tag gestern: Da gab es neue Exportzahlen aus China für den Juli, das Land, das ja nun wirklich direkt betroffen ist vom Handelsstreit mit den USA. Und siehe da, die Ausfuhren konnten gesteigert werden, sogar deutlich. Das heißt doch, hat man gute preiswerte Produkte, werden die auch in Zeiten von globaler Konjunkturabkühlung und internationaler Handelskonflikte gekauft. Und insofern stellt sich schon die Frage, ob es nicht auch andere Gründe gibt für die Zurückhaltung bei Waren "Made in Germany" – vielleicht sind sie zu teuer, vielleicht technisch nicht mehr raffiniert genug oder sie treffen nicht mehr den Geschmack oder vielleicht leidet auch einfach der Ruf, weil beim Verkauf von Autos betrogen wurde, weil Deutschland nicht einmal einen Flughafen bauen kann, so etwas spricht sich ja auch rum. Aber der Verweis auf die äußeren Umstände ist natürlich immer einfacher, leichter – und ermöglicht dann ja auch die Mahnung an die Politik, die Unternehmen zu entlasten.
Welche Forderungen werden an die Politik laut?
Das ist ein breites Spektrum an Forderungen. Da gibt es zum Beispiel die Forderung, dass der Solidaritätszuschlag vollständig abgeschafft werden soll – es sollen also vor allem die Reichen wieder profitieren. Dann wird eine Umstellung der Arbeitszeit gefordert, von täglicher auf wöchentlicher Höchstarbeitszeit – also der Mitarbeiter soll wieder mehr als bisher Manövriermasse werden. Und dann natürlich aus weiten Teilen der Wirtschaft die gewohnte Forderung nach Investitionen in Bildung, Innovation und Infrastruktur – wobei wir hier ja wissen, es fehlt in vielen Fällen gar nicht an Geld, sondern an Manpower, also an Menschen, die die ganzen Pläne umsetzten. Den Boden aber für den Ruf nach staatlicher Hilfe oder Unterstützung, den können Branchenvertreter nur bereiten, wenn sie immer und immer wieder auf eine angespannte Lage hinweisen.