Gerd Breker: Er kam spät ins Amt, startete senkrecht in der Beliebtheitsskala und begann ordnungspolitisch gegen seine Überzeugung. Zu Beginn der Amtszeit von CSU-Politiker zu Guttenberg standen Verstaatlichung und wettbewerbsverzerrende staatliche Industriehilfen. Die Unionswelt war durcheinander geraten. Das kann so nicht bleiben, dachte sich Karl-Theodor zu Guttenberg, und kündigte ein industriepolitisches Konzept an und verwirrte damit Freund und Feind. Kaum wurde eine neoliberale Ideensammlung seines Hauses bekannt, wurde sie auch schon als veraltet und komplett verworfen. Die Kanzlerin will nichts in Auftrag gegeben haben und der Generalsekretär der CDU will das Wahlprogramm weder ändern noch ergänzen. Also alles nur so eine Idee des Jungstars.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Gustav Adolf Horn, er ist Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunktur in Düsseldorf, einem Wirtschaftsinstitut, das als gewerkschaftsnah gilt. Guten Tag, Herr Horn.
Gustav Adolf Horn: Guten Tag!
Breker: Die Rezession ist gestoppt, die Talsohle erreicht, es kann wieder aufwärts gehen, aber die Krise ist beileibe noch nicht überstanden.
Horn: So ist es. Wir haben tatsächlich die Talsohle erreicht nach einer sehr harten Landung, nach einer dramatischen Schrumpfung der Wirtschaft im ersten Quartal diesen Jahres. Jetzt haben wir ein ganz zögerliches Wachstum gesehen, aber das ist natürlich noch kein Aufschwung und das heißt, die Krise am Arbeitsmarkt steht im Wesentlichen noch bevor, denn es ist zu befürchten, dass im Laufe der Zeit die Zahl der Arbeitslosen noch deutlich steigt.
Breker: Haben Sie da eine Zahl im Sinn, Herr Horn?
Horn: Nach unseren Berechnungen dürften wir Ende nächsten Jahres etwa 4,7 Millionen Arbeitslose sehen. Das ist eine Steigerung um über eine Million im Vergleich zu heute und das ist nun wahrlich keine gute Aussicht.
Breker: Im Moment ist das Krisenbewusstsein bei den Menschen ja noch gar nicht so richtig angekommen. Ist da nicht ein bisschen auch die Gewerkschaft und die SPD verantwortlich, die einen, die also den Kündigungsschutz für betriebsbedingte Kündigungen bis aufs nächste Jahr verlagert haben, und die anderen, die versuchen, mit Kurzarbeitergeld die Zeit zu überbrücken?
Horn: Dass das Krisenbewusstsein noch nicht so in der Bevölkerung angekommen ist, ist teilweise ein Erfolg der Politik, denn es ist im Wesentlichen das Ergebnis der Kurzarbeit. Das heißt, viele Stellen konnten bisher gehalten werden, die normalerweise sofort gekündigt worden wären, und das heißt, die Menschen wären arbeitslos geworden. Insofern ist das natürlich schon sehr wertvoll, dass wir das verhindert haben. Das hat aber natürlich die Folge, dass die Menschen sagen, so schlimm kann es doch nicht sein, aber da soll man sich nicht täuschen.
Breker: Und es hat die Folge, dass die Unternehmen mit Hilfe des Kurzarbeitergeldes einfach mal in ihren Unternehmen nachschauen können, wo kann man denn noch optimieren, wo kann man gegebenenfalls Personal einsparen, und zwar Personal von der Stammbelegschaft.
Horn: Das ist richtig, aber natürlich wird jeder Kurzarbeiterantrag von der Bundesagentur für Arbeit geprüft, ob er wirklich berechtigt ist, oder ob es übliche Einsparpolitiken der Unternehmen sind, und ich denke schon, dass da die schwärzesten Schafe zumindest rausgefischt werden. Aber wie gesagt: die Alternative wäre gewesen, dass diese Menschen arbeitslos werden würden, und diese Alternative ist nicht besonders verlockend.
Breker: Wir werden in diesem Jahr vielleicht nicht allzu viele Arbeitslose haben, Herr Horn, aber die Wirtschaft, sie wird in diesem Jahr, wenn auch nicht ganz so schlimm, sie wird schrumpfen. Um wie viel Prozent?
Horn: Die neuesten Berechnungen auf der Basis der jetzt etwas günstigeren Zahlen gehen zumindest von einer Schrumpfung zwischen 5,5 und 6 Prozent aus. Das ist immer noch ein Wert, den wir in der Nachkriegszeit nie auch nur annähernd hatten.
Breker: Herr Horn, man fragt sich ja, was haben wir eigentlich aus dieser Wirtschaftskrise gelernt. Die Exportabhängigkeit verurteilt uns dazu zu warten, bis dass es den anderen besser geht, damit sie dann bei uns einkaufen können. Aber der Exportweltmeister will irgendwie seinen Titel behalten.
Horn: Das ist in der Tat eine berechtigte Frage und mein Eindruck ist, dass noch zu wenig aus dieser Krise gelernt wurde - sowohl von Politik als auch von der Wissenschaft. Wir müssen doch endlich zu dem Gedanken kommen, dass nur ein balanciertes Wachstum ein nachhaltiges Wachstum ist, das heißt ein Wachstum, das sowohl im Ausland wie im Inland stattfindet. Wir können nicht darauf vertrauen, dass wir auf Dauer mittels Exportüberschüssen unser Wachstum gestalten. Deshalb brauchen wir jetzt eine stärkere Binnennachfrage in der Zukunft, um tatsächlich auf zwei Beinen zu stehen und nicht nur auf einem.
Breker: Aber Faktum ist, wenn man die jetzige Situation sich anschaut - die Abwrackprämie, sie hat gewirkt; die Konsumfreude der Verbraucher, sie hat bislang zumindest gewirkt, das kann sich dann im nächsten Jahr ändern, aber dennoch: In der Politik diskutiert niemand die Stärkung der Binnennachfrage.
Horn: In dem Deutschlandplan von Herrn Steinmeier wird auf den hinteren Seiten zugegebenermaßen etwas von balanciertem Wachstum geschrieben, und das halte ich für einen sehr wertvollen Punkt, über den man diskutieren müsste, denn nur dann werden wir es schaffen, in Zukunft etwas krisenunabhängiger zu sein. Das zeigt ja gerade dieses Jahr, wo die Binnennachfrage uns sozusagen über die Zeit rettet.
Breker: Wenn wir nun mal das Ideenpapier, was ja angeblich komplett abgelehnt wird, aus dem Wirtschaftsministerium uns anschauen, das sind doch genau die neoliberalen Thesen, die uns eigentlich erst in die Krise geführt haben.
Horn: Ich kann mir nur denken, dass dieses Papier noch irgendwie übrig geblieben ist aus altem Material. Das sind jedenfalls Gedanken, die nicht in die Zeit während und nach der Krise passen. Das ist wirklich ein überholtes Denken und dieses Papier bedarf dringend der Revision.
Breker: Und Sie sind zuversichtlich, dass es ein altes Papier ist?
Horn: Ich nehme mal die Aussagen des Bundeswirtschaftsministers und der Bundeskanzlerin als wahr an, dass es eine vielleicht etwas verstaubte Stoffsammlung ist.
Breker: Faktum ist ja, Herr Horn, die Bundesregierung hat Milliarden ausgegeben, um Banken zu retten, sie hat Milliarden ausgegeben, um Industrieunternehmen zu retten, und Faktum ist auch, sie ist hoch verschuldet. Wo soll das Geld wieder reinkommen?
Horn: Das ist richtig! Das war aber notwendig, denn sonst hätte diese Krise noch dramatisch schlimmere Auswirkungen gehabt. Vor allen Dingen hätten wir jetzt nicht die besseren Wachstumszahlen, denn so allmählich beginnt ja auch das Konjunkturpaket II zu greifen. Deshalb gab es keine Alternative zu dieser Verschuldung. Die Verschuldung muss abgebaut werden, wenn die Wirtschaft wieder Tritt gefasst hat. Das heißt, die Diskussionen um Steuersenkungen sind von etwas theoretischer Natur in diesem Umfeld. Wir werden die Steuermehreinnahmen brauchen, um die Schulden wieder zurückzuführen.
Breker: Zwei Dinge sind es, die die Staatseinnahmen befördern können. Das eine ist Ausgabensenkungen, das andere ist eine Erhöhung der Steuern. Was ist wahrscheinlicher?
Horn: Zunächst einmal werden die Steuereinnahmen von alleine steigen in einem Konjunkturaufschwung. Das haben wir ja schon im letzten Aufschwung gesehen, wie schnell das dann geht und wie schnell dann die öffentlichen Kassen sich füllen. Diese Steuereinnahmen müssen eben auch zur Tilgung von Schulden eingesetzt werden.
Das zweite ist: Wenn das nicht reichen sollte, dann muss man natürlich über Steuererhöhungen nachdenken und über Ausgabensenkungen, dort wo sicherlich in der Tat Ausgaben überflüssig sind, und da lohnt sich immer wieder eine Überprüfung.
Breker: Steuererhöhungen - was sagen Sie zur Mehrwertsteuer? Ist die wirklich so unsozial?
Horn: Die Mehrwertsteuer ist in der Tat unsozial. Man kann es plastisch so formulieren: Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer würde sozusagen auch den Hartz-IV-Empfänger für die Eskapaden des Bankensektors zahlen lassen, und das kann nicht sozial sein. Ich denke hier eher an Bereiche, dass wir eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer brauchen - die wäre ja ursachengerecht in dem Fall -, oder aber auch bei der Vermögenssteuer tatsächlich unsere bisherige Position überdenken müssten, dass wir tatsächlich eine brauchen, um tatsächlich auch die Staatsschulden und die Staatsaufgaben finanzieren zu können.
Breker: Und wenn wir noch einen kurzen Blick auf die Ausgabenseite werfen, Herr Horn, welche Staatsausgaben halten Sie eigentlich für verzichtbar?
Horn: Man wird immer die eine oder andere Position finden, die verzichtbar ist. Das ist auch ein ständiger Prozess, der überprüft werden muss, ob die Subvention hier in der Landwirtschaft oder dort noch sinnvoll ist. Mein Eindruck ist nur, dass sich die Gesamtsumme dieser Subventionen, die man streichen kann, in engen Grenzen hält, jedenfalls nicht die Summen zu Stande kommen, die man benötigt. Deshalb sehe ich bei Ausgabenstreichungen eigentlich nur wenig Potenzial, darüber die Konsolidierung zu gestalten.
Breker: Im Deutschlandfunk war das die Meinung von Gustav Adolf Horn, er ist Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunktur in Düsseldorf.
Am Telefon bin ich nun verbunden mit Gustav Adolf Horn, er ist Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunktur in Düsseldorf, einem Wirtschaftsinstitut, das als gewerkschaftsnah gilt. Guten Tag, Herr Horn.
Gustav Adolf Horn: Guten Tag!
Breker: Die Rezession ist gestoppt, die Talsohle erreicht, es kann wieder aufwärts gehen, aber die Krise ist beileibe noch nicht überstanden.
Horn: So ist es. Wir haben tatsächlich die Talsohle erreicht nach einer sehr harten Landung, nach einer dramatischen Schrumpfung der Wirtschaft im ersten Quartal diesen Jahres. Jetzt haben wir ein ganz zögerliches Wachstum gesehen, aber das ist natürlich noch kein Aufschwung und das heißt, die Krise am Arbeitsmarkt steht im Wesentlichen noch bevor, denn es ist zu befürchten, dass im Laufe der Zeit die Zahl der Arbeitslosen noch deutlich steigt.
Breker: Haben Sie da eine Zahl im Sinn, Herr Horn?
Horn: Nach unseren Berechnungen dürften wir Ende nächsten Jahres etwa 4,7 Millionen Arbeitslose sehen. Das ist eine Steigerung um über eine Million im Vergleich zu heute und das ist nun wahrlich keine gute Aussicht.
Breker: Im Moment ist das Krisenbewusstsein bei den Menschen ja noch gar nicht so richtig angekommen. Ist da nicht ein bisschen auch die Gewerkschaft und die SPD verantwortlich, die einen, die also den Kündigungsschutz für betriebsbedingte Kündigungen bis aufs nächste Jahr verlagert haben, und die anderen, die versuchen, mit Kurzarbeitergeld die Zeit zu überbrücken?
Horn: Dass das Krisenbewusstsein noch nicht so in der Bevölkerung angekommen ist, ist teilweise ein Erfolg der Politik, denn es ist im Wesentlichen das Ergebnis der Kurzarbeit. Das heißt, viele Stellen konnten bisher gehalten werden, die normalerweise sofort gekündigt worden wären, und das heißt, die Menschen wären arbeitslos geworden. Insofern ist das natürlich schon sehr wertvoll, dass wir das verhindert haben. Das hat aber natürlich die Folge, dass die Menschen sagen, so schlimm kann es doch nicht sein, aber da soll man sich nicht täuschen.
Breker: Und es hat die Folge, dass die Unternehmen mit Hilfe des Kurzarbeitergeldes einfach mal in ihren Unternehmen nachschauen können, wo kann man denn noch optimieren, wo kann man gegebenenfalls Personal einsparen, und zwar Personal von der Stammbelegschaft.
Horn: Das ist richtig, aber natürlich wird jeder Kurzarbeiterantrag von der Bundesagentur für Arbeit geprüft, ob er wirklich berechtigt ist, oder ob es übliche Einsparpolitiken der Unternehmen sind, und ich denke schon, dass da die schwärzesten Schafe zumindest rausgefischt werden. Aber wie gesagt: die Alternative wäre gewesen, dass diese Menschen arbeitslos werden würden, und diese Alternative ist nicht besonders verlockend.
Breker: Wir werden in diesem Jahr vielleicht nicht allzu viele Arbeitslose haben, Herr Horn, aber die Wirtschaft, sie wird in diesem Jahr, wenn auch nicht ganz so schlimm, sie wird schrumpfen. Um wie viel Prozent?
Horn: Die neuesten Berechnungen auf der Basis der jetzt etwas günstigeren Zahlen gehen zumindest von einer Schrumpfung zwischen 5,5 und 6 Prozent aus. Das ist immer noch ein Wert, den wir in der Nachkriegszeit nie auch nur annähernd hatten.
Breker: Herr Horn, man fragt sich ja, was haben wir eigentlich aus dieser Wirtschaftskrise gelernt. Die Exportabhängigkeit verurteilt uns dazu zu warten, bis dass es den anderen besser geht, damit sie dann bei uns einkaufen können. Aber der Exportweltmeister will irgendwie seinen Titel behalten.
Horn: Das ist in der Tat eine berechtigte Frage und mein Eindruck ist, dass noch zu wenig aus dieser Krise gelernt wurde - sowohl von Politik als auch von der Wissenschaft. Wir müssen doch endlich zu dem Gedanken kommen, dass nur ein balanciertes Wachstum ein nachhaltiges Wachstum ist, das heißt ein Wachstum, das sowohl im Ausland wie im Inland stattfindet. Wir können nicht darauf vertrauen, dass wir auf Dauer mittels Exportüberschüssen unser Wachstum gestalten. Deshalb brauchen wir jetzt eine stärkere Binnennachfrage in der Zukunft, um tatsächlich auf zwei Beinen zu stehen und nicht nur auf einem.
Breker: Aber Faktum ist, wenn man die jetzige Situation sich anschaut - die Abwrackprämie, sie hat gewirkt; die Konsumfreude der Verbraucher, sie hat bislang zumindest gewirkt, das kann sich dann im nächsten Jahr ändern, aber dennoch: In der Politik diskutiert niemand die Stärkung der Binnennachfrage.
Horn: In dem Deutschlandplan von Herrn Steinmeier wird auf den hinteren Seiten zugegebenermaßen etwas von balanciertem Wachstum geschrieben, und das halte ich für einen sehr wertvollen Punkt, über den man diskutieren müsste, denn nur dann werden wir es schaffen, in Zukunft etwas krisenunabhängiger zu sein. Das zeigt ja gerade dieses Jahr, wo die Binnennachfrage uns sozusagen über die Zeit rettet.
Breker: Wenn wir nun mal das Ideenpapier, was ja angeblich komplett abgelehnt wird, aus dem Wirtschaftsministerium uns anschauen, das sind doch genau die neoliberalen Thesen, die uns eigentlich erst in die Krise geführt haben.
Horn: Ich kann mir nur denken, dass dieses Papier noch irgendwie übrig geblieben ist aus altem Material. Das sind jedenfalls Gedanken, die nicht in die Zeit während und nach der Krise passen. Das ist wirklich ein überholtes Denken und dieses Papier bedarf dringend der Revision.
Breker: Und Sie sind zuversichtlich, dass es ein altes Papier ist?
Horn: Ich nehme mal die Aussagen des Bundeswirtschaftsministers und der Bundeskanzlerin als wahr an, dass es eine vielleicht etwas verstaubte Stoffsammlung ist.
Breker: Faktum ist ja, Herr Horn, die Bundesregierung hat Milliarden ausgegeben, um Banken zu retten, sie hat Milliarden ausgegeben, um Industrieunternehmen zu retten, und Faktum ist auch, sie ist hoch verschuldet. Wo soll das Geld wieder reinkommen?
Horn: Das ist richtig! Das war aber notwendig, denn sonst hätte diese Krise noch dramatisch schlimmere Auswirkungen gehabt. Vor allen Dingen hätten wir jetzt nicht die besseren Wachstumszahlen, denn so allmählich beginnt ja auch das Konjunkturpaket II zu greifen. Deshalb gab es keine Alternative zu dieser Verschuldung. Die Verschuldung muss abgebaut werden, wenn die Wirtschaft wieder Tritt gefasst hat. Das heißt, die Diskussionen um Steuersenkungen sind von etwas theoretischer Natur in diesem Umfeld. Wir werden die Steuermehreinnahmen brauchen, um die Schulden wieder zurückzuführen.
Breker: Zwei Dinge sind es, die die Staatseinnahmen befördern können. Das eine ist Ausgabensenkungen, das andere ist eine Erhöhung der Steuern. Was ist wahrscheinlicher?
Horn: Zunächst einmal werden die Steuereinnahmen von alleine steigen in einem Konjunkturaufschwung. Das haben wir ja schon im letzten Aufschwung gesehen, wie schnell das dann geht und wie schnell dann die öffentlichen Kassen sich füllen. Diese Steuereinnahmen müssen eben auch zur Tilgung von Schulden eingesetzt werden.
Das zweite ist: Wenn das nicht reichen sollte, dann muss man natürlich über Steuererhöhungen nachdenken und über Ausgabensenkungen, dort wo sicherlich in der Tat Ausgaben überflüssig sind, und da lohnt sich immer wieder eine Überprüfung.
Breker: Steuererhöhungen - was sagen Sie zur Mehrwertsteuer? Ist die wirklich so unsozial?
Horn: Die Mehrwertsteuer ist in der Tat unsozial. Man kann es plastisch so formulieren: Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer würde sozusagen auch den Hartz-IV-Empfänger für die Eskapaden des Bankensektors zahlen lassen, und das kann nicht sozial sein. Ich denke hier eher an Bereiche, dass wir eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer brauchen - die wäre ja ursachengerecht in dem Fall -, oder aber auch bei der Vermögenssteuer tatsächlich unsere bisherige Position überdenken müssten, dass wir tatsächlich eine brauchen, um tatsächlich auch die Staatsschulden und die Staatsaufgaben finanzieren zu können.
Breker: Und wenn wir noch einen kurzen Blick auf die Ausgabenseite werfen, Herr Horn, welche Staatsausgaben halten Sie eigentlich für verzichtbar?
Horn: Man wird immer die eine oder andere Position finden, die verzichtbar ist. Das ist auch ein ständiger Prozess, der überprüft werden muss, ob die Subvention hier in der Landwirtschaft oder dort noch sinnvoll ist. Mein Eindruck ist nur, dass sich die Gesamtsumme dieser Subventionen, die man streichen kann, in engen Grenzen hält, jedenfalls nicht die Summen zu Stande kommen, die man benötigt. Deshalb sehe ich bei Ausgabenstreichungen eigentlich nur wenig Potenzial, darüber die Konsolidierung zu gestalten.
Breker: Im Deutschlandfunk war das die Meinung von Gustav Adolf Horn, er ist Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunktur in Düsseldorf.