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Wissen auf dem Weg zur Wirtschaft

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist es wichtig, neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wünscht mehr Kooperation zwischen Unternehmer und Wissenschaftler und hat ein spezielles Förderprogramm aufgelegt.

Von André Hatting | 25.06.2008
    Ein Elektromotor unter einer Plexiglashaube treibt eine kleine Spule an. Dieses Wälzlager steht im Zentrum des Forschungsprojektes der Böhlener Firma Schwingungs Diagnoseservice GmbH. Johannes Köllner, Leiter der Entwicklungsabteilung, deutet auf einen kleinen Laptop, der mit Kabeln an das Wälzlager angeschlossen ist:

    "Wir horchen in die Maschine rein und die Signale, die die Maschine emittiert, die akustischen Signale, die werden hier analysiert, gefiltert, integriert, also mathematisch nachbearbeitet, so dass wir in der Lage sind, aus diesen Bewegungssignalen schadhafte Frequenzen heraus zu filtern. Das gelingt hier über das Modell sehr gut und soll später auch bei großen Maschinen funktionieren."

    Dieses elektronische Stethoskop für Wälzlager entwickelt die Firma aus Sachsen gemeinsam mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Eine Kooperationen, wie sie sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wünscht. Und deshalb im Rahmen seines Förderprogramms für Innovationen unterstützt hat. Für Johannes Köllner diese staatliche Unterstützung aber eher zweitrangig. Entscheidend sei die Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig:

    "Wir als Industrieunternehmen haben natürlich nicht die Forschungsmöglichkeiten, die Laborbedingungen wie das eine Universität zum Beispiel hat. Wir haben logischerweise keine Studenten, die langwierige Prüfungen durchführen können. All so was hat eine Universität, das Know-How hat die Universität und somit ergänzen wir uns natürlich sehr gut."

    Die Leipziger Studenten erhalten durch das Forschungsprojekt nicht nur wertvolle Erfahrungen aus der Praxis. Die Kontakte zur mittelständischen Firma erhöhen auch die Chance, nach dem Studium übernommen zu werden.

    "Wir profitieren auch in der Form, dass wir immer wieder Leute rekrutieren, die bei uns ihre Diplomarbeiten durchführen und am Ende auch weiterbeschäftigt werden. Denn wenn sie ihre Stärken in diesem Thema entdecken, dann ist die Firma Schwingungs Diagnoseservice GmbH auch eine mögliche Alternative als Arbeitgeber."

    Es geht aber auch umgekehrt. Jürgen Weinert war einmal Student an der Hochschule für Kunst und Design in Halle. Jetzt ist er Geschäftsführer der VR-Fabrik. Das Unternehmen ist auf die dreidimensionale Computer-Darstellung von Produkten spezialisiert. Weinert arbeitet eng mit seiner ehemaligen Hochschule zusammen.

    "Wir sind jetzt im Rahmen von diesem Forschungsprogramm die Firma, die ihr Personal an die Hochschule transferiert mit dem Hintergedanken, dass da natürlich Erfahrung, Kompetenzen ins Unternehmen zurück fließen, die sich dann wahrscheinlich mal in einem Produkt werden zusammenfassen lassen."

    Zum Beispiel der c-Cells-Technologie, die die VR Fabrik gemeinsam mit dem Masterstudiengang Multimedia/VR-Konzeption an der Burg Giebichenstein entwickelt. Geleitet wird das Projekt von Professor Peter Kolbe, bei dem Jürgen Weinert einst als Student gelernt hat. c-Cells-Technologie simuliert beliebige dreidimensionale Räume: Egal ob Blutkörperchen oder Sonnensystem. Gleichzeitig erlaubt es dem Nutzer, sich in diese Welten einzuschalten, erklärt Peter Kolbe:

    "Ich könnte auch in die Schraube eines Mercedes rein springen. Dort bin ich dann wie ein 'Nanobot'. Ich könnte auch in die Adern rein fliegen. Das ist dasselbe in Grün. Ich baue virtuell immer gleich große Modelle, und die werden entsprechend skaliert und angepasst und dort wird die lokale Umgebung aufgebaut."

    Für einen Besprechungstermin in Professor Peter Kolbes Arbeitszimmer auf der Burg Giebichenstein brauchen die Besucher zukünftig nicht mehr nach Halle zu fahren. Es genügt der Laptop zu Hause.