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Wissenschaftler befürchten Gesundheitsrisiken bei Nanotechnologie

Unvorstellbar kleine Nanoteilchen können in vielen Anwendungen das Leben leichter machen. Erste Beispiele haben schon Einzug in unseren Alltag gehalten, für den einzelnen ist das kaum bemerkbar. Doch manchen Wissenschaftler bereiten die kleinen Teile große Probleme - über die Risiken für Umwelt und Gesundheit weiß man noch sehr wenig.

Von Anna Florenske | 31.01.2007
    " Haben Sie schon mal etwas von Nano-Technologie gehört? - Nee, ich weiß gar nicht, was es ist. - Also Nano bedeutet klein, soviel weiß ich" - Ich weiß was Nano bedeutet. Das sind 10 hoch minus 3 - 10 hoch minus 9. Aber mehr weiß ich auch nicht davon."

    Für die Verbraucher ist die Sache mit der neuen Nano-Technologie ziemlich verwirrend. Nur wenige haben eine ungefähre Vorstellung davon, wofür dieser Begriff steht.

    " Das sind diese Miniteilchen, diese ganz winzigen Teilchen, die in Werkstoffen drin sind, in Lebensmitteln drin sind, Zahnpasta, glaub ich."
    In vielen Produkten, mit denen wir im Alltag oder im Beruf umgehen, stecken bereits Nano-Teilchen, erklärt Nano-Forscher Harald Krug.

    " Am häufigsten steckt Nano im landläufigen Sinne in unseren Autoreifen. Und die nächste größere Fraktion sind eigentlich Kosmetika, also Sonnenschutzcremes. Und dann kommt eine ganze Reihe von Materialien, Farben, Lacke, Kleber, wo Nano mit drin ist."

    Nano-Teilchen sind kleinste Partikel von bekannten Stoffen wie Metalloxiden oder Kohlenstoff. Die Industrie macht sich es zu Nutze, dass diese durch eine immense Verkleinerung ganz neue Eigenschaften entwickeln: In Anstrichen oder Beschichtungen von Stoffen bewirken Nano-Teilchen zum Beispiel, dass Schmutz abperlt und in Cremes schützen sie vor gefährlichen UV-Strahlen. Auch im Umweltbereich bringen Nano-Materialien viele Verbesserungen - sie bewirken zum Beispiel, dass Katalysatoren und Solaranlagen wirksamer arbeiten. Trotzdem ist Patricia Cameron vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) skeptisch. Denn: über die Risiken der neuen Technologie ist noch wenig bekannt.

    " Das bedeutet, dass wir im Grunde genommen eine Technologie breit anwenden - und diese Partikel in die Umwelt frei entlassen und auch in enger Beziehung zum Konsumenten und Endverbraucher anwenden - von der wir im Grunde genommen überhaupt gar nicht wissen, ob sie nicht möglicherweise auch schädlich sein kann. "

    Die Forschung zu den Risiken der Nano-Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Im Moment gibt es erst wenige Untersuchungen an Tieren, die belegen, dass von Nano-Teilchen Risiken ausgehen. Das bestätigten auch die Wissenschaftler, die seit einem knappen Jahr für das Forschungsprojekt Nano-Care arbeiten. Sie untersuchen dabei, welche Gefahren von Nano-Teilchen für Mensch und Umwelt ausgehen - finanziert vom Bundesforschungsministerium und von der Industrie. Harald Krug, der Leiter des Projekts am Forschungszentrum in Karlsruhe, fasst den aktuellen Stand der Risikoforschung zusammen:

    " Wirklich Probleme machen uns Partikel, die haltbar sind, die nicht abbaubar sind. Und das besondere natürlich an Nano-Partikeln ist, dass sie so klein sind, sie werden von bestimmten Abwehrmechanismen im Körper nicht erkannt, sie können relativ leicht - im Gegensatz zu größeren Partikeln über Zellbarrieren wandern und können damit leichter in den Körper gelangen. Und wenn sie dann eben stabil bleiben und sich im Körper in bestimmten Regionen akkumulieren, dann kriegen wir über eine längere Zeit natürlich Probleme."

    Nano-Teilchen, die sich im Körper anreichern - welche gesundheitlichen Folgen das im Einzelnen haben könnte, ist noch nicht genau geklärt. Doch wie gelangen die Nano-Teilchen überhaupt in den Körper? Die Wahrscheinlichkeit, dass sie zum Beispiel durch Abrieb aus Oberflächen entweichen können oder aus Lebensmitteln in den Körper gelangen, hält der Toxikologe Harald Krug für unwahrscheinlich. Auch Cremes und Sonnenmilch mit Nano-Teilchen gelten in Fachkreisen als sicher - wenn sie auf gesunde Haut aufgetragen werden.

    " Ich gehe eher davon aus, dass wir ein Problem haben bei Verwendungen, wo freie Partikel eingeatmet werden können. Das sind die Probleme, denen wir uns sehr intensiv widmen."

    Daher glauben Wissenschaftler, dass besonders fein zerstäubende Nano-Sprays gefährlich sind. Auf dem Markt sind zum Beispiel Sprays, mit denen man im Bad auf Fliesen oder Glas oder auf Schuhen eine hauchdünne, Wasser abweisende Oberfläche sprühen kann. Auch Nano-Partikel in Stäuben, zum Beispiel in Zubereitungen für Farben, halten Wissenschaftler für bedenklich.

    Allerdings können Verbraucher derzeit wenig tun, um sich vor diesen Risiken zu schützen. Denn: Nano-Produkte müssen nicht gekennzeichnet werden. Verbraucher- und Umweltschützer fordern deshalb, dass Hersteller verbindlich angeben müssen, ob sie Nano-Teilchen verwendet haben. Und sie wünschen sich noch etwas anderes: Ausbau der Risikoforschung - besonders, was die Forschung zu den Risiken für die Umwelt angeht. Denn die steckt noch in den allerersten Anfängen. Experten sagen beispielsweise, dass manche Nano-Partikel Bakterien abtöten - allein durch diese Eigenschaft könnten sie ein Ökosystem empfindlich stören.