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Witten/Herdecke
Anleihe für das Studieren

Die Universität Witten/Herdecke will völlig ungewohnte Wege zur Finanzierung des Studiums gehen: Sie wird eine Finanzanleihe auflegen. Die Uni will dadurch bis zu 7,5 Mio Euro für geplante Erweiterungen des Hochschulbetriebs von privaten Anlegern aufnehmen. Da bekommt der Begriff Studienkredit eine ganz neue Bedeutung.

Von Kai Rüsberg |
    Das Ortsschild von Witten
    Die Universität Witten/Herdecke will sich Geld von privaten Anlegern leihen. (dpa / Franz-Peter Tschauner)
    Als privat geführte Universität ist man in Witten/Herdecke schon seit dem Start darauf angewiesen, innovative Wege zu gehen, um das Studium zu finanzieren. Einer davon ist die Gründung einer Studierenden-Gesellschaft - einem Verein von Studierenden und Ehemaligen, der für einen Großteil der Finanzierung sorgt. Der 30-jährige Klaas Becker ist als Vorstand einer der Initiatoren des Anlagemodells.
    "Wir sind darauf gekommen, weil wir oft gefragt wurden, ob man sich am Solidarmodell beteiligen kann. Von Studierenden für Studierende erdacht. Wir sind uns sicher, dass wir in wenigen Wochen 7,5 Mio erreichen werden."
    Das Geld soll vor allem von privaten Anlegern aufgebracht werden. Sie sollen einen Zins von 3,6 Prozent erhalten. Die Anleihe soll Ersatz für Kredite sein, die die Uni zur Finanzierung sonst hätte aufnehmen müssen. Denn die Refinanzierung basiert auf Studiengebühren, die auf Wunsch erst nach dem Studium gezahlt werden, sobald die Absolventen ihr erstes Geld verdienen.
    "Wir haben ein Späterzahler-Modell. Darin ist ein variabler Zinssatz enthalten. Wir machen keinen Gewinn, der geht in die Bildung junger Leute."
    Abgesichert werden die Einlagen durch die künftigen Beitragszahlungen. Denn jeder Studierende verpflichtet sich mit einem Generationenvertrag, seine Studienkosten zurück zu zahlen, falls er zu Studienbeginn nicht ausreichend Geld hat. Die Einnahmen aus der Anleihe sollen direkt dem Unibetrieb zu Gute kommen, verspricht Klaas Becker von der Studierenden-Gesellschaft.
    "Die Universität wächst. In den letzten Jahren hat sich die Zahl verdoppelt. Im Moment sind wir 2.000."
    "Wir werden nicht mit dem Geld abhauen. Sie leihen das Geld nicht mir, sondern dem gemeinnützigen Verein."
    Alles ohne Bank
    Die zehnjährige Anleihe soll auch an der Börse gehandelt werden und wird ab dem 17. November ausgegeben. Olaf Lampson studiert in Witten Ökonomie und hat inzwischen viel Erfahrungen als Vorstand für Finanzen in dem Verein gesammelt. Es war aber nicht leicht, sich in der Finanzwelt durchzusetzen:
    "Die unterschätzen uns und wundern sich, was ein 22-Jähriger da vom Kapitalmarkt erzählt. Wenn man ins Gespräch kommt, dann merken die, dass man seit 1,5 Jahren dabei ist und kann schnell überzeugen."
    Die Studenten wollen ihre Anleihe ohne Unterstützung einer Bank aufziehen. An der Hochschule sei die anfängliche Skepsis inzwischen verflogen:
    "Gerade dass so eine Geschichte von Studenten kommt, das kommt super an. Aus den anderen Fakultäten, die sind erst mal verblüfft. Aber das können wir schnell erklären und die sind dann begeistert mit dabei."
    Die Anleihe wird Kredite ersetzen, die bislang u.a. von der Bochumer GLS Bank kamen. Sprecher Christoph Lützel meint, die Bank war trotzdem sofort überzeugt von dem Finanzierungsmodell:
    "Ich denke, diese Anlage ist ein sinnvolles Projekt. Es wird Menschen ermöglicht, dort zu studieren, die sich das sonst nicht erlauben könnten. Die älteren sind vielleicht solche, die die Anlage zeichnen und Studium ermöglichen, die neu an die Uni kommen."
    Die GLS Bank hat sich daher die Hälfte der Zeichnungs-Summe gesichert, um sie ihren Kunden anzubieten. Sorge darum, dass das Geld nicht zurück kommt, hat Christof Lützel nicht.
    "Die GLS Bank hat seit 40 Jahren Investitionen im Bildungsbereich gemacht. Sehr erfolgreich. Wir haben insgesamt kaum Ausfälle. Da braucht man sich keine Sorgen zu machen."
    Die Studierenden-Gesellschaft ist daher auch sehr zuversichtlich, die Anlage in kurzer Zeit vollständig am Markt zu platzieren.