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Wo Mama ihren Job vorstellt

Die Eltern des Meerbusch Gymnasiums betätigen sich für ihre Kinder als Berufsberater in den Jobs, in denen sie sich bestens auskennen: ihren eigenen. Auch ehemalige Schüler stellen ihre Berufe vor und bieten Hilfe und Kontakte an.

Von Andrea Lueg | 16.11.2010
    Montag Abend 19 Uhr im Städtischen Meerbusch Gymnasium. In Raum 105 wird das Fach Jura vorgestellt, und das gleich von einem Trio von Fachleuten, die alle irgendwie mit dem Gymnasium verbunden sind. Jens Heinich hat hier 2002 sein Abitur gemacht, dann in Hamburg Jura studiert und ist jetzt Referendar. Holger Wagner hat sein Abi 1983 in Meerbusch bestanden und ist heute Rechtsanwalt. Und Michael Gossmann, Leiter des Rechtsamtes der Stadt Düsseldorf, ist zwar nicht selbst hier zur Schule gegangen, aber seine Kinder sind inzwischen in der Oberstufe.

    Vor knapp 20 andächtigen Schülern erklären sie, wie viel und was man lernen muss, wie lange es dauert und dass viele Studenten durch die eine oder andere Prüfung fallen. Dann geht es um die Problematik Bachelor/Master bei den Juristen und um die Berufsaussichten. Unter Jura können sich die meisten Schüler wenig vorstellen, schließlich ist es ein Fach, das in der Schule nicht vorkommt. Für Ronja Holte-Wisseler und Alexander Holler eine gute Gelegenheit, Konkretes über ein mögliches Studienfach zu erfahren.

    Alexander Holler:
    "Hat gut gefallen, wir haben einen guten Überblick bekommen, denke ich."

    Ronja Holte-Wisseler:
    "Ich hatte noch gar keine Vorkenntnisse, aber fand den Vortrag auch interessant. Einen guten Einblick bekommen. Ich hab noch gar keine Idee, ich kuck jetzt noch in verschiedene Bereiche rein und überleg mir dann was."

    An vier Abenden im November findet die Berufsberatung durch Eltern und ehemalige Schüler statt, um die 40 Berufe werden vorgestellt. Und auch wenn dabei herauskommt, dass ein bestimmtes Fach eben nicht das richtige ist, ist das ein gutes Ergebnis. Alexander Holler jedenfalls muss noch einmal nachdenken:

    "Ich war entschlossen, aber jetzt hab ich den Vortrag gehört, muss mal schauen, was sich ergibt, dann werden wir mal sehen, was die Noten sagen."

    Für die Schüler sei die Hemmschwelle geringer, wenn sie in der vertrauten Schulumgebung erstmal einen Vortrag anhören könnten, statt wie bei einer Beratung im Arbeitsamt gleich konkrete Fragen stellen zu müssen, meint Barbara Meyer. Sie ist eine der Mütter, die die Berufsberatungstage mit ins Leben gerufen hat. Inzwischen läuft das Projekt:

    "Sensationell. Also am Anfang war es etwas schwierig, weil die Schüler verpflichtet waren, hinzukommen, und dann hat's auch nicht funktioniert."

    Die meisten gehen freiwillig aber zu mehreren Vorträgen. Manche der Referenten kennen die Schüler als Mutter oder Vater von Schulkameraden, erklärt Ronja Holte-Wisseler:

    "Ich kannte die von dem Vortrag jetzt nicht, aber zum Beispiel meine Mutter macht ein anderes Thema, duales Studium."

    Seit 13 Jahren gibt es das Projekt jetzt, mit wachsendem Erfolg, erzählt Schulleiter Ulrich Keusen:

    "Wir haben im Laufe der Schullaufbahn eine Menge Informationen, unter anderem auch übers Internet, Besuche beim Berufsinformationszentrum und natürlich diese Veranstaltung, die bei uns allerdings zentral ist. Also ich empfehle Schülern immer wieder dahin zu gehen, vor allen Dingen nicht nur, um den Beruf kennenzulernen sondern auch um Kontakte zu schließen mit den Leuten, die da referieren, an die man sich dann unter Umständen später nochmal wenden kann."

    Im Fall von Jens Heinich, der das Jurastudium vorgestellt hat, funktionierte das prima. Nach der Promotion macht er sein Referendariat bei Holger Wagner, dem Rechtsanwalt und anderen Referenten. Kennengelernt hat er ihn bei den Berufsberatungstagen am Gymnasium vor einigen Jahren. Über Mangel an Referenten können sich die Organisatoren übrigens nicht beklagen, zum Teil können sie gar nicht alle Angebote annehmen. Für die meisten Ehrenamtlichen dürfte die Motivation ähnlich sein, wie bei Rechtsanwalt Wagner:

    "Das ist einfach mein Beitrag, an der Schule meiner Tochter hier ein bisschen mitzumachen."

    Und sicher schwingt bei vielen auch ein bisschen Stolz auf den eigenen Werdegang mit.

    "Tja, dann wünschen wir Ihnen viel Glück bei der Berufswahl, nehmen Sie das Richtige."