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Wohneigentum
Bauindustrie will Wohnraum schaffen

Mehr Menschen sollen künftig in den eigenen vier Wänden wohnen: Pro Jahr 60.000 Wohnungen in Deutschland zusätzlich schaffen, das ist das Ziel des Verbändebündnisses "Wohn-Perspektive Eigentum". Sechs Verbände der Architekten, Bau- und Immobilienbranche haben dazu beim Pestel-Institut in Hannover die Machbarkeit in Auftrag gegeben.

Von Philip Banse | 21.11.2016
    Ein Haus steht auf Geldscheinen. Symbolbild für Haus und seine Kosten
    Wohneigentum ist nicht immer eine sichere Altersvorsorge. (dpa /Revierfoto)
    Es gibt zu wenig Wohnraum in Deutschland und die Bauindustrie will diese Lücke schließen, indem der Staat den Erwerb von Eigentumswohnungen subventioniert. Eine Studie, die zahlreiche Lobbyverbände der Bauindustrie bestellt haben, kommt zu dem Ergebnis, dass durch bessere Förderung von Eigentumswohnungen pro Jahr 60.000 zusätzliche Wohnungen geschaffen werden könnten:
    "Das Ergebnis ist, dass die Wohneigentumsbildung helfen kann. Wir müssen dann aber auch die unteren und mittleren Eigentumsgruppen erreichen, sonst haben wir keine Chance, wirklich etwas zu bewegen. Das heißt, wir müssen an Einkommensgruppen ran mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.300 bis 2.600 Euro und das wird ohne öffentliche Förderung nicht funktionieren."
    Sagt der Autor der Studie Matthias Günther, Vorstand des Pestel Instituts in Hannover. Es sollen also Menschen sich eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus leisten können, die sich das bisher nicht leisten können. 340.000 Menschen in Deutschland zahlten heute so viel Miete, dass sie sich im Prinzip auch eine Eigentumswohnung leisten könnten. Beispiel in einem Mittelzentrum wie Bad Kreuznach
    "Dann haben wir Mietkosten im Neubau in der Regel irgendwo zwischen acht und neun Euro. Und mit solchen Mietkosten, die ja die Kapitalkosten im Grund widerspiegeln als Kaltmiete, können sie eine solche Wohnung auch finanzieren im Neubau."
    Eigenkapital ist nötig
    Doch obwohl sehr viele Menschen gern Wohneigentum erwerben würden, können sie es heute nicht, klagt Corinna Merzyn vom Verband Privater Bauherren:
    "Entscheidend ist, dass immer weniger Menschen in der entscheidende Altersgruppe beispielsweise das nötige Eigenkapital rechtzeitig zusammen zu sparen."
    Denn um Eigentum sicher finanzieren zu können, sagt Jörg Sahr, der Bau-Experte der Stiftung Warentest, müssen hohe Hürden genommen werden: Wohnungskäufer brauchten mindestens 20 besser 30 Prozent des Kaufpreises als angespartes Eigenkapital:
    "Dann kommen in Ballungsgebieten schnell Summen von 50.000 oder 100.000 Euro heraus und das ist für viele Menschen eine große, oft zu große Hürde."
    Kaufnebenkosten senken - eine Forderung der Bauindustrie
    Die Studie im Auftrag der Bauindustrie fordert daher auch, die Kaufnebenkosten zu senken, etwa indem die Bundesländer die Grunderwerbssteuer reduzieren, sagt Studien-Autor Matthias Günther. Damit Menschen mit 1.300 netto im Monat sich eine Wohnung kaufen können, ohne sich zu überschulden, müsste der Staat subventionierte Kredite anzubieten:
    "Das kann eigentlich nur funktionieren, indem man langfristige Kredite gewährt, die eben nach 25 oder 30 Jahren auch vollständig getilgt sind, wo aber die Zinsbindung aber auch über die vollen 25 oder 30 Jahre Laufzeit da ist, damit die Menschen eben die Sicherheit haben, dass sie kein Zinsänderungsrisiko haben, was man eben hätte, wenn man eine Zinsbindung auf 10 Jahre hätte und kein Mensch weiß, wie die Zinsen nach 10 Jahren sind. Das würde im Grunde die fast unweigerliche Insolvenz solcher Haushalte bedeuten. Das heißt, es muss durchfinanziert werden bis zum Ende. Und geht eigentlich nur, wenn der Staat entsprechend eingreift."
    Niedrigere Grunderwerbssteuern würden sicher etwas helfen, sagt Jörg Sahr von Finanztest. Doch günstige Kredite mit 25 Jahren Laufzeit gebe es heute schon von der staatlichen KfW-Bank:
    "Jeder kann bei der KfW, wenn er Wohneigentum zur Selbstnutzung erwirbt, ein Kredit aus dem Wohneigentumsprogramm bekommen über eine ganz normale Bank, und da gibt es Laufzeiten jetzt bis zu 25 Jahren."
    Doch auch dafür brauchen Menschen 20 Prozent Eigenkapital und das haben viele Menschen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1300 Euro eben nicht. Die Studie der Bauwirtschaft preist das Wohneigentum auch als sichere Altersvorsorge. Auch das will Bau-Experte Jörg Sahr nicht so uneingeschränkt stehen lassen – nicht nur, weil im Alter zwar keine Miete mehr anfällt, wohl aber Kosten für Nebenkosten, Instandhaltung und Reparaturen.
    "Denn bei Immobilienpreisen geht es ja auch nicht immer nur nach oben und es gibt auch aus der Vergangenheit viele Beispiele, wo die Menschen mit dem Erwerb von Wohneigentum, wenn sie es vorschnell gemacht haben oder wenn sie es auf Dauer nicht finanzieren konnten, auch herbe Verluste eingefahren haben. Das muss man sich also schon sehr sorgfältig überlegen."