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Wohnungsnot in Hessen
Kaum bezahlbarer Wohnraum für Studierende in Frankfurt

In Frankfurt am Main fehlen rund 30.000 Wohnungen. Besonders hart trifft das aktuell die Studierenden. Viele finden keine WG-Zimmer, wohnen übergangsweise in Kellern oder auf Dachböden. Abhilfe soll der sogenannte Kulturcampus Bockenheim schaffen. Doch auch mit dem ehemaligen Unigelände gibt es Probleme.

Von Ludger Fittkau | 20.08.2018
    Die Skyline von Frankfurt am Main.
    Der AStA der Goethe-Universität in Frankfurt schlägt Alarm: Viele Erstsemester finden keinen bezahlbaren Wohnraum (imago/Westend61)
    Felix Sauer ist 27 Jahre alt und studiert Soziologie und Humangeografie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Im AStA arbeitet er auf der Projektstelle zum Thema Wohnraumfragen. Bereits zwei Monate vor Semesterbeginn macht sich Felix Sauer sorgenvolle Gedanken darüber, wie viele Erstsemester auch in diesem Herbst zunächst ohne Bleibe in den Räumen des AStA stranden könnten:
    "Zum Wintersemester machen wir ein Camp. Das machen wir eine Woche lang im Studierendenhaus in Frankfurt. Wir haben ja als AStA ein eigenes Haus und da melden sich die Leute an, die keine Wohnung finden. Und da könnte man jetzt denken, es sind vielleicht zwei, fünf oder zehn – es sind aber jedes Jahr bis zu 70 Leute. Und das sind Leute, die im ersten Semester sind, die sich orientieren müssen und die kommen neu in Frankfurt an und die sind vollkommen aufgeschmissen. Die haben dann fünf oder sechs WG-Castings am Tag oder in der Woche."
    Nicht nur Studierende von Wohnungsnot betroffen
    Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) weiß seit langem, dass es viel zu wenig geeignete Wohnungen für Studierenden-WGs in der Stadt gibt. Doch die Studienanfänger sind nicht die einzigen, die am Mangel an bezahlbaren Wohnungen in der Mainmetropole leiden:
    "Erst einmal ist festzustellen, dass in Frankfurt Wohnungen fehlen. Und zwar 30.000. Das ist richtig, richtig viel."
    Das Problem ist: Dem Studentenwerk und auch der städtischen Wohnungsbaugesellschaft AGB, die ebenfalls Wohnungen für Studierende bauen will, fehlen aktuell oft die Flächen, um den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.
    Kulturcampus Bockenheim soll Abhilfe schaffen
    Manuel Stock ist Vorsitzender der Fraktion der Grünen im Frankfurter Rathaus. Seine Partei war jahrelang in der lokalen Regierung für Stadtplanung zuständig. Stock kennt die Nöte der Studierenden. Doch er verweist darauf, dass man durchaus schon etwas bewegt habe - in der Stadt- sowie in der Landespolitik:
    "Ja, auf jeden Fall. Ich war jetzt gerade zu Beginn der Sommerpause mit dem Geschäftsführer des Frankfurter Studentenwerks unterwegs und habe mir neue Studentenwohnheime auch angeschaut. Da hat die Stadt Frankfurt ja unter dem grünen Planungsdezernenten ja extra einen Fonds für aufgelegt, eine Förderung von einer Million Euro im Jahr, weil es ein wirkliches Problem an der Stelle ist. Da hat jetzt auch die Landesregierung in der aktuellen Wahlperiode nachgelegt. Da kann jetzt das Studentenwerk mehr bauen, da gibt es auch Kooperationen mit den Wohnungsbaugesellschaften.
    Aber auch das ist ein Thema, wo man dran bleiben muss. Das sind eben auch Wohnungen, die langfristig bezahlbar sind, das ist auch ein Vorteil der Studentenwohnungen."
    Die Frankfurter Stadtpolitik will nun eine gerade frei werdende Fläche der Goethe-Universität für verstärkten Wohnungsbau nutzen. Es handelt sich um den alten Campus Bockenheim, den die Uni schrittweise räumt, um sich auf neue Areale im Westend und im Norden der Stadt zu konzentrieren. Doch die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG konkurriert mit ihren Wohnbau-Projekten mit einem Neubau der Frankfurter Musikhochschule und weiteren Kulturinstitutionen, die dort angesiedelt werden sollen.
    Die Lage spitzt sich zu
    Der Platz wird eng, schließlich sollen auf dem neuen "Kulturcampus Bockenheim" auch möglichst viele selbstverwaltete studentische Wohnprojekte eine Heimat finden. So will es die Stadtregierung, die sich aus einer Koalition aus SPD, CDU und Grünen zusammensetzt. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Manuel Stock:
    "Das Stichwort 'Kulturcampus' zeigt ja auch, wie schwierig auch Umnutzungen von Flächen sind. Es gibt auch viele Wohngruppen, gemeinschaftliche Wohnprojekte, die darauf warten, hinzukommen. Die sind aber extrem wichtig, weil die abseits der klassischen Sozialwohnungen oder denen für die untere Mittelschicht langfristig die Mieten auch wirklich unten halten. Frankfurt hinkt da noch ein bisschen hinterher. Und da gibt es eine Unruhe, die komplett berechtigt ist."
    Der AStA-Wohnraumbeauftragte Felix Sauer dringt nun darauf, dass auch gehandelt wird. Die Lage spitze sich immer weiter zu:
    "Die Leute wohnen unter dem Dachboden, die Leute wohnen im Keller. Vier Leute in einer Dreier-WG – es wird einfach immer schlimmer. Aus Studierenden-Sicht – die Stadt brennt!"