Dirk Müller: Ja gesagt zum Ausschluss von Wolfgang Clement hatte auch Ralf Stegner, SPD Partei- und Fraktionschef in Schleswig-Holstein. Guten Morgen.
Ralf Stegner: Schönen guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Stegner, ist Wolfgang Clement ein politischer Prozess?
Stegner: Nein, überhaupt nicht. Und es geht in gar keiner Weise um Meinungsfreiheit. Also gerade die SPD hat ja immer leidenschaftlich für Meinungsfreiheit gekämpft, ob das beim Radikalenerlass war, damals hieß der Bundeskanzler Willy Brandt, oder auch als wir damals gegen Atomenergie angetreten sind mit der schleswig-holsteinischen SPD. Da hat es eine Weile gedauert, bis wir uns durchgesetzt haben. Und wir mussten das akzeptieren, dass die Mehrheit im Bund das anders gesehen hat. Wir wären aber nie auf die Idee gekommen, zu sagen, deswegen kann man nun die Bundes-SPD nicht wählen. Und Wolfgang Clement ist viel zu intelligent, um nicht zu wissen, dass es wirklich darum überhaupt gar nicht geht, sondern es geht einfach nur darum, dass man nun wirklich nicht zur Wahl einer konkurrierenden Partei aufrufen darf. Und gerade Clement, der ja nun als Bundesminister ganz viel an Disziplin immer abgefordert hat der Bundestagsfraktion und anderen, der weiß das ganz genau, und hier wird versucht, so ein bisschen eine Legende zu stricken, als ginge es eigentlich um den politischen Kurs, um den geht es nicht.
Müller: Nun hat es ja Signale aus Bochum gegeben, ja auch schriftlich, wonach die Politik, die Agenda 2010 von Wolfgang Clement und vor allem vom Bundeskanzler Gerhard Schröder damals zu verantworten menschenverachtend sei. Ist das nicht ein Hinweis darauf, dass es um mehr geht?
Stegner: Das muss man ja überhaupt nicht teilen. Die Grundweichenstellungen der Reformpolitik waren richtig. Manche der Inhalte waren, hatten soziale Unwuchten, die haben wir in Hamburg auf dem Parteitag korrigiert, übrigens mit großer Mehrheit der SPD, das heißt, es gibt bei uns keinen Streit darüber, das ist entschieden, und wir sollten auch nicht unseren Konkurrenten den Gefallen tun, darüber wieder zu streiten. Also die bayrische CSU freut sich darüber, wenn wir statt Landtagswahlkampf zu führen gegen die jetzt, uns innerparteilich wieder über die Agenda streiten. Das sollten wir nun wirklich vermeiden.
Also, darum geht es nicht, sondern es geht jetzt auch ein bisschen hier um Rechthaberei. Und ich finde übrigens, das Signal, das hier kommt von diesen Bochumer Parteigenossen zu sagen, "Lass uns doch darauf verständigen, dass er in der Partei bleiben kann, aber dass er jedenfalls sich nicht an Wahlaufrufen anderer beteiligt", das finde ich ganz großartig und das sollte man nicht arrogant zurückweisen, sondern das zeigt eben ganz genau, worum es geht. Man darf nicht der eigenen Partei schaden, das geht nicht. Und im Übrigen können wir gerne über die Inhalte streiten.
Und man darf bei uns wirklich jede Meinung haben. Wolfgang Clement kann auch seine Meinung zur Atomenergie behalten, auch wenn wenige in der Partei sie teilen, und auch wenn er ja im Augenblick eher an dem Energiekonzern RWE interessiert ist, als vielleicht an dem Wohl der SPD, was diesen Punkt angeht. Das darf er alles tun und sagen, aber was er eben nicht darf, ist, zur Wahl anderer Parteien aufrufen. Denn wenn wir dieses zuließen, dann kann eine Bundespartei einpacken.
Müller: Herr Stegner, das haben ja auch viele anders verstanden, ob das jetzt ein direkter Aufruf war oder ein indirekter Aufruf. Kann man das denn zumindest dann so festhalten: Unangenehme Wahrheiten, die gehören nicht zur Meinungsfreiheit in der SPD?
Stegner: Überhaupt nicht. Man kann Meinungen vertreten. Und gerade die SPD hat das in ihrer langen Geschichte auch immer gehabt. Wir haben Leute wie Wolfgang Clement, wir haben diesen Hamburger Bundestagsabgeordneten, der in den Medien ganz oft andere beschimpft in der Partei und so. Wir halten ganz viel an Meinungsvielfalt in unserer Partei aus. Aber wir sind eine demokratische Partei. Wir entscheiden mit Mehrheit über unseren Kurs und wir ziehen in Wahlkämpfe, nicht gegen innerparteiliche Konkurrenten, sondern gegen Gegner anderer Parteien. Und man kann nicht eine Woche vor der Wahl dazu aufrufen, und das hat übrigens jeder so verstanden, dass das ein Aufruf war, er hat das ja im Fernsehen wiederholt. Und ich darf mal daran erinnern: Dieser hessische Wahlkampf war ja nun einer, wo ausgerechnet Herr Koch einen ganz miesen Antiausländer-Wahlkampf gegen die hessische SPD dort geführt hat und just diesen Herrn Koch, den wir als notorischen Lügner auch aus anderen Dingen kennen, noch zu unterstützen in der Schlussphase eines Wahlkampfes, wo sie sogar ganz knapp davor waren, stärkste Partei zu werden, das war wirklich eine ziemlich unangenehme Angelegenheit und das kann man nicht bagatellisieren.
Müller: Und wenn, Herr Stegner, sich Wolfgang Clement tatsächlich ernsthafte Sorgen darum gemacht hat, dass bei einer Politik von Andrea Ypsilanti in einigen Jahren dann tatsächlich kein Strom mehr aus der Steckdose kommt?
Stegner: Also, dass sich Wolfgang Clement, der im Augenblick in Aufsichtsgremien arbeitet für RWE, durchaus auch andere Gedanken macht, das kann ich ja nachvollziehen, aber würden Sie einer Partei angehören wollen, weiterhin angehören wollen, zu deren Wahl Sie nicht mehr aufrufen, sondern sagen "Wählt dann doch lieber jemand anders"? Ausgerechnet diesen Herrn Koch. Und das hat nun wirklich jeder so verstehen müssen.
Es geht hier nicht um den Streit um die Energiepolitik, den sollten wir in der Tat führen, aber da sage ich Ihnen auch, da sind die Mehrheiten in der SPD, was Atomenergie angeht, ganz glasklar. Atomenergie ist gefährlich, wir wollen sie nicht haben, verdienen tun daran nur die Atomkonzerne, und man konnte gestern im Fernsehen ja sehen mit dem peinlichen Auftritt von Herrn Huber, die sind ja für mehr Atomenergie, aber sind nicht dafür, Endlager in Bayern zu machen, dass wir diese Auseinandersetzung mit den anderen Parteien führen sollten.
Müller: Hat Wolfgang Clement nicht so bestritten. Es ging ja auch um die Kohlekraft.
Stegner: Die Kohlekraftwerke, die haben wir ja auch. Und kein Mensch sagt, wir sollen sofort aus der Kohle rausgehen. Das hat die Partei auch nicht beschlossen. Man muss also auch solche Positionen nicht karikieren. …
Müller: Hat Andrea Ypsilanti also nur indirekt gemeint, nicht direkt?
Stegner: Also, der Punkt ist doch der: Ein paar Tage vor der Wahl haben das nicht nur die hessischen Genossen, sondern wir hatten ja auch durchaus auch bei uns Kommunalwahlkampf. Und es gab kaum eine Veranstaltung, wo die Leute gesagt haben; "Was ist das denn für eine Schweinerei, wenn da einer der Partei so in den Rücken fällt", der im Übrigen ja ganz lange die Solidarität der Partei auch bekommen hat als Bundesminister, und auch verdient hat. Das ist dann so, wer selber für Disziplin immer eintritt, und das hat er sehr oft getan, ich habe das ein paar Mal auch selbst gehört, der kann nun nicht hingehen und kurz vor Toresschluss der eigenen Partei in den Rücken fallen. Das geht nicht. Ansonsten, die Meinungsfreiheit, und das lassen wir uns auch nicht hier andrehen, also wollten wir den Kurs zurückdrehen. Wir haben in Hamburg klare Beschlüsse gefasst. Und ich sage Ihnen, jeder, der versucht, das zurückzudrehen, der wird scheitern. Und das ist übrigens auch ein Verdienst von Kurt Beck, dass wir das, was sozial ungerecht war, korrigiert haben, dass wir die Unwuchten korrigiert haben und dass wir nach vorne gehen wollen und Gerechtigkeit stärker in den Mittelpunkt stellen. Das wird die SPD tun und das wird niemand korrigieren.
Müller: Jetzt könnte man sagen, Ralf Stegner, deswegen ist die SPD jetzt auch inzwischen bei 25 Prozent angelangt. Aber wenn wir noch einmal auf Wolfgang Clement zurückkommen. Wenn es denn ein großer Fehler war, wenn es unsolidarisch war, alles das, wie Sie hier heute im Deutschlandfunk auch argumentiert haben, kann man ihn doch trotzdem in der Partei lassen.
Stegner: Es entscheidet darüber bei uns immer unabhängige Schiedskommission. Ich habe überhaupt gar keinen Jagdehrgeiz, mir ist es nicht wichtig, ob Wolfgang Clement nun in der Partei bleibt, oder nicht. Das entscheiden bei uns unabhängige Kommissionen, die sollen das auch tun. Wir veranstalten hier keine Hexenjagden. Und ich will auch noch mal sagen, Wolfgang Clement ist ja auch nicht mehr wichtig für die aktuelle Politik. Er ist im Ruhestand und es geht nicht darum, jetzt über ihn zu streiten. Wenn wir das tun, nutzen wir nur unseren politischen Gegnern, sondern das soll die Kommission entscheiden, …
Müller: Die Partei ist gespalten darüber.
Stegner: Nein, die Partei, ja gut, das, aber das entscheiden bei uns eben laut Satzung unabhängige Kommissionen. Das ist nicht das Entscheidende. Wichtig ist, dass wir es nicht einreißen lassen, dass Meinungsfreiheit so interpretiert wird, dass man nicht in der Sache eine eigene Meinung haben kann, sondern dass man kurz vor Wahlen zur Wahl von konkurrierenden Parteien aufrufen kann. Das darf niemand von uns. Herr von Larcher übrigens, der das getan hat, einer vom anderen Parteiflügel in Niedersachsen, ist sang und klanglos aus der Partei ausgeschlossen worden. So was geht auch nicht, das können wir uns nicht leisten und das sollten wir auch nicht anfangen. Dafür hat übrigens auch kein Parteimitglied Verständnis, egal wo er nun in der inhaltlichen Frage steht, ob bei Wolfgang Clement oder bei jemand anderem.
Müller: Herr Stegner, jetzt haben viele darüber geschlafen in den vergangenen Tagen, darüber noch einmal nachgedacht. Deswegen möchte ich Ihnen auch noch mal die Frage stellen: Wolfgang Clement, heute zu beantworten, ja auch heute in der SPD zu beantworten, Gnadenschuss oder Gnade?
Stegner: Also, ich bin überhaupt nicht dafür, hier jetzt eine Hetzjagd zu arrangieren. Im Übrigen nützt diese Debatte der SPD in gar keiner Weise, insofern sollten wir sie auch nicht verlängern, sondern jetzt wirklich beenden. Ich finde, das, was die Bochumer Ortsvereine angeboten haben, hervorragend. Das ist wirklich ein guter Schritt auf ihn zu. Den sollte er jetzt annehmen. Jeder macht mal einen Fehler, und da muss man nicht arrogant und rechthaberisch sagen "Ich will aber weiterhin sagen dürfen, was ich will". In der Sache darf er das, aber er darf auch weiterhin nicht aufrufen für Wahl anderer Parteien. So klug und intelligent ist Wolfgang Clement. Er hat ja auch seine Verdienste, dass er das verstehen sollte und dann wäre die Sache ganz schnell geklärt.
Müller: Also Gnade.
Stegner: Ich nenne das nicht Gnade, sondern ich nenne das Vernunft. Und auf Vernunft sollten sich beide Seiten verständigen.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk Ralf Stegner, SPD Partei- und Fraktionschef in Schleswig-Holstein. Vielen Dank für das Gespräch, auf Wiederhören und Ihnen einen schönen Urlaub.
Stegner: Ja, danke. Tschüss.
Müller: Tschüss.
Ralf Stegner: Schönen guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Stegner, ist Wolfgang Clement ein politischer Prozess?
Stegner: Nein, überhaupt nicht. Und es geht in gar keiner Weise um Meinungsfreiheit. Also gerade die SPD hat ja immer leidenschaftlich für Meinungsfreiheit gekämpft, ob das beim Radikalenerlass war, damals hieß der Bundeskanzler Willy Brandt, oder auch als wir damals gegen Atomenergie angetreten sind mit der schleswig-holsteinischen SPD. Da hat es eine Weile gedauert, bis wir uns durchgesetzt haben. Und wir mussten das akzeptieren, dass die Mehrheit im Bund das anders gesehen hat. Wir wären aber nie auf die Idee gekommen, zu sagen, deswegen kann man nun die Bundes-SPD nicht wählen. Und Wolfgang Clement ist viel zu intelligent, um nicht zu wissen, dass es wirklich darum überhaupt gar nicht geht, sondern es geht einfach nur darum, dass man nun wirklich nicht zur Wahl einer konkurrierenden Partei aufrufen darf. Und gerade Clement, der ja nun als Bundesminister ganz viel an Disziplin immer abgefordert hat der Bundestagsfraktion und anderen, der weiß das ganz genau, und hier wird versucht, so ein bisschen eine Legende zu stricken, als ginge es eigentlich um den politischen Kurs, um den geht es nicht.
Müller: Nun hat es ja Signale aus Bochum gegeben, ja auch schriftlich, wonach die Politik, die Agenda 2010 von Wolfgang Clement und vor allem vom Bundeskanzler Gerhard Schröder damals zu verantworten menschenverachtend sei. Ist das nicht ein Hinweis darauf, dass es um mehr geht?
Stegner: Das muss man ja überhaupt nicht teilen. Die Grundweichenstellungen der Reformpolitik waren richtig. Manche der Inhalte waren, hatten soziale Unwuchten, die haben wir in Hamburg auf dem Parteitag korrigiert, übrigens mit großer Mehrheit der SPD, das heißt, es gibt bei uns keinen Streit darüber, das ist entschieden, und wir sollten auch nicht unseren Konkurrenten den Gefallen tun, darüber wieder zu streiten. Also die bayrische CSU freut sich darüber, wenn wir statt Landtagswahlkampf zu führen gegen die jetzt, uns innerparteilich wieder über die Agenda streiten. Das sollten wir nun wirklich vermeiden.
Also, darum geht es nicht, sondern es geht jetzt auch ein bisschen hier um Rechthaberei. Und ich finde übrigens, das Signal, das hier kommt von diesen Bochumer Parteigenossen zu sagen, "Lass uns doch darauf verständigen, dass er in der Partei bleiben kann, aber dass er jedenfalls sich nicht an Wahlaufrufen anderer beteiligt", das finde ich ganz großartig und das sollte man nicht arrogant zurückweisen, sondern das zeigt eben ganz genau, worum es geht. Man darf nicht der eigenen Partei schaden, das geht nicht. Und im Übrigen können wir gerne über die Inhalte streiten.
Und man darf bei uns wirklich jede Meinung haben. Wolfgang Clement kann auch seine Meinung zur Atomenergie behalten, auch wenn wenige in der Partei sie teilen, und auch wenn er ja im Augenblick eher an dem Energiekonzern RWE interessiert ist, als vielleicht an dem Wohl der SPD, was diesen Punkt angeht. Das darf er alles tun und sagen, aber was er eben nicht darf, ist, zur Wahl anderer Parteien aufrufen. Denn wenn wir dieses zuließen, dann kann eine Bundespartei einpacken.
Müller: Herr Stegner, das haben ja auch viele anders verstanden, ob das jetzt ein direkter Aufruf war oder ein indirekter Aufruf. Kann man das denn zumindest dann so festhalten: Unangenehme Wahrheiten, die gehören nicht zur Meinungsfreiheit in der SPD?
Stegner: Überhaupt nicht. Man kann Meinungen vertreten. Und gerade die SPD hat das in ihrer langen Geschichte auch immer gehabt. Wir haben Leute wie Wolfgang Clement, wir haben diesen Hamburger Bundestagsabgeordneten, der in den Medien ganz oft andere beschimpft in der Partei und so. Wir halten ganz viel an Meinungsvielfalt in unserer Partei aus. Aber wir sind eine demokratische Partei. Wir entscheiden mit Mehrheit über unseren Kurs und wir ziehen in Wahlkämpfe, nicht gegen innerparteiliche Konkurrenten, sondern gegen Gegner anderer Parteien. Und man kann nicht eine Woche vor der Wahl dazu aufrufen, und das hat übrigens jeder so verstanden, dass das ein Aufruf war, er hat das ja im Fernsehen wiederholt. Und ich darf mal daran erinnern: Dieser hessische Wahlkampf war ja nun einer, wo ausgerechnet Herr Koch einen ganz miesen Antiausländer-Wahlkampf gegen die hessische SPD dort geführt hat und just diesen Herrn Koch, den wir als notorischen Lügner auch aus anderen Dingen kennen, noch zu unterstützen in der Schlussphase eines Wahlkampfes, wo sie sogar ganz knapp davor waren, stärkste Partei zu werden, das war wirklich eine ziemlich unangenehme Angelegenheit und das kann man nicht bagatellisieren.
Müller: Und wenn, Herr Stegner, sich Wolfgang Clement tatsächlich ernsthafte Sorgen darum gemacht hat, dass bei einer Politik von Andrea Ypsilanti in einigen Jahren dann tatsächlich kein Strom mehr aus der Steckdose kommt?
Stegner: Also, dass sich Wolfgang Clement, der im Augenblick in Aufsichtsgremien arbeitet für RWE, durchaus auch andere Gedanken macht, das kann ich ja nachvollziehen, aber würden Sie einer Partei angehören wollen, weiterhin angehören wollen, zu deren Wahl Sie nicht mehr aufrufen, sondern sagen "Wählt dann doch lieber jemand anders"? Ausgerechnet diesen Herrn Koch. Und das hat nun wirklich jeder so verstehen müssen.
Es geht hier nicht um den Streit um die Energiepolitik, den sollten wir in der Tat führen, aber da sage ich Ihnen auch, da sind die Mehrheiten in der SPD, was Atomenergie angeht, ganz glasklar. Atomenergie ist gefährlich, wir wollen sie nicht haben, verdienen tun daran nur die Atomkonzerne, und man konnte gestern im Fernsehen ja sehen mit dem peinlichen Auftritt von Herrn Huber, die sind ja für mehr Atomenergie, aber sind nicht dafür, Endlager in Bayern zu machen, dass wir diese Auseinandersetzung mit den anderen Parteien führen sollten.
Müller: Hat Wolfgang Clement nicht so bestritten. Es ging ja auch um die Kohlekraft.
Stegner: Die Kohlekraftwerke, die haben wir ja auch. Und kein Mensch sagt, wir sollen sofort aus der Kohle rausgehen. Das hat die Partei auch nicht beschlossen. Man muss also auch solche Positionen nicht karikieren. …
Müller: Hat Andrea Ypsilanti also nur indirekt gemeint, nicht direkt?
Stegner: Also, der Punkt ist doch der: Ein paar Tage vor der Wahl haben das nicht nur die hessischen Genossen, sondern wir hatten ja auch durchaus auch bei uns Kommunalwahlkampf. Und es gab kaum eine Veranstaltung, wo die Leute gesagt haben; "Was ist das denn für eine Schweinerei, wenn da einer der Partei so in den Rücken fällt", der im Übrigen ja ganz lange die Solidarität der Partei auch bekommen hat als Bundesminister, und auch verdient hat. Das ist dann so, wer selber für Disziplin immer eintritt, und das hat er sehr oft getan, ich habe das ein paar Mal auch selbst gehört, der kann nun nicht hingehen und kurz vor Toresschluss der eigenen Partei in den Rücken fallen. Das geht nicht. Ansonsten, die Meinungsfreiheit, und das lassen wir uns auch nicht hier andrehen, also wollten wir den Kurs zurückdrehen. Wir haben in Hamburg klare Beschlüsse gefasst. Und ich sage Ihnen, jeder, der versucht, das zurückzudrehen, der wird scheitern. Und das ist übrigens auch ein Verdienst von Kurt Beck, dass wir das, was sozial ungerecht war, korrigiert haben, dass wir die Unwuchten korrigiert haben und dass wir nach vorne gehen wollen und Gerechtigkeit stärker in den Mittelpunkt stellen. Das wird die SPD tun und das wird niemand korrigieren.
Müller: Jetzt könnte man sagen, Ralf Stegner, deswegen ist die SPD jetzt auch inzwischen bei 25 Prozent angelangt. Aber wenn wir noch einmal auf Wolfgang Clement zurückkommen. Wenn es denn ein großer Fehler war, wenn es unsolidarisch war, alles das, wie Sie hier heute im Deutschlandfunk auch argumentiert haben, kann man ihn doch trotzdem in der Partei lassen.
Stegner: Es entscheidet darüber bei uns immer unabhängige Schiedskommission. Ich habe überhaupt gar keinen Jagdehrgeiz, mir ist es nicht wichtig, ob Wolfgang Clement nun in der Partei bleibt, oder nicht. Das entscheiden bei uns unabhängige Kommissionen, die sollen das auch tun. Wir veranstalten hier keine Hexenjagden. Und ich will auch noch mal sagen, Wolfgang Clement ist ja auch nicht mehr wichtig für die aktuelle Politik. Er ist im Ruhestand und es geht nicht darum, jetzt über ihn zu streiten. Wenn wir das tun, nutzen wir nur unseren politischen Gegnern, sondern das soll die Kommission entscheiden, …
Müller: Die Partei ist gespalten darüber.
Stegner: Nein, die Partei, ja gut, das, aber das entscheiden bei uns eben laut Satzung unabhängige Kommissionen. Das ist nicht das Entscheidende. Wichtig ist, dass wir es nicht einreißen lassen, dass Meinungsfreiheit so interpretiert wird, dass man nicht in der Sache eine eigene Meinung haben kann, sondern dass man kurz vor Wahlen zur Wahl von konkurrierenden Parteien aufrufen kann. Das darf niemand von uns. Herr von Larcher übrigens, der das getan hat, einer vom anderen Parteiflügel in Niedersachsen, ist sang und klanglos aus der Partei ausgeschlossen worden. So was geht auch nicht, das können wir uns nicht leisten und das sollten wir auch nicht anfangen. Dafür hat übrigens auch kein Parteimitglied Verständnis, egal wo er nun in der inhaltlichen Frage steht, ob bei Wolfgang Clement oder bei jemand anderem.
Müller: Herr Stegner, jetzt haben viele darüber geschlafen in den vergangenen Tagen, darüber noch einmal nachgedacht. Deswegen möchte ich Ihnen auch noch mal die Frage stellen: Wolfgang Clement, heute zu beantworten, ja auch heute in der SPD zu beantworten, Gnadenschuss oder Gnade?
Stegner: Also, ich bin überhaupt nicht dafür, hier jetzt eine Hetzjagd zu arrangieren. Im Übrigen nützt diese Debatte der SPD in gar keiner Weise, insofern sollten wir sie auch nicht verlängern, sondern jetzt wirklich beenden. Ich finde, das, was die Bochumer Ortsvereine angeboten haben, hervorragend. Das ist wirklich ein guter Schritt auf ihn zu. Den sollte er jetzt annehmen. Jeder macht mal einen Fehler, und da muss man nicht arrogant und rechthaberisch sagen "Ich will aber weiterhin sagen dürfen, was ich will". In der Sache darf er das, aber er darf auch weiterhin nicht aufrufen für Wahl anderer Parteien. So klug und intelligent ist Wolfgang Clement. Er hat ja auch seine Verdienste, dass er das verstehen sollte und dann wäre die Sache ganz schnell geklärt.
Müller: Also Gnade.
Stegner: Ich nenne das nicht Gnade, sondern ich nenne das Vernunft. Und auf Vernunft sollten sich beide Seiten verständigen.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk Ralf Stegner, SPD Partei- und Fraktionschef in Schleswig-Holstein. Vielen Dank für das Gespräch, auf Wiederhören und Ihnen einen schönen Urlaub.
Stegner: Ja, danke. Tschüss.
Müller: Tschüss.