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Wunden in der Seele

Das Kriegsende im Mai 1945 führte die Balten nahtlos in die stalinistische Sowjet-Diktatur, Mord und Vertreibung nahmen kein Ende. In den Wäldern kämpften Partisanen noch bis 1956 gegen Moskaus Truppen. Die Einladung zu den Feierlichkeiten am 9. Mai 2005 in Moskau sorgt deshalb in den baltischen Staaten für viel Diskussion. Nach Moskau zu fahren, hieße zu Kreuze zu kriechen, sagen viele.

Von Alexander Budde | 18.04.2005
    Mit dem Aufmarsch mächtiger Chöre begann gegen Ende der achtziger Jahre im Baltikum die ”Singende Revolution”, die schließlich auch die Litauer aus der unfreiwilligen Umarmung der Sowjetunion befreite. Nicht das Kriegsende vor 60 Jahren, sondern die Wiedererlangung ihrer staatlichen Unabhängigkeit im Herbst 1991 markiert für viele Litauer das Ende eines traumatischen Leidensweges und den Neubeginn in Freiheit.

    In den geheimen Protokollen des so genannten Hitler-Stalin-Paktes von 1939 hatten der sowjetische und der deutsche Despot Ost-Mitteleuropa unter sich aufgeteilt und damit auch das Schicksal der unabhängigen Baltischen Republiken besiegelt. Bereits nach der ersten Besatzung der drei kleinen Länder durch die Rote Armee im Sommer 1940 wurden Zehntausende Esten, Letten und Litauer aus dem Haus geprügelt und in sibirische Straflager verschleppt: in erster Linie die Intelligenz, aber auch Unternehmer und Grundbesitzer.

    Das Kriegsende im Mai 1945 führte die Balten nahtlos hinüber in die stalinistische Sowjet-Diktatur , Mord und Vertreibung nahmen kein Ende. In den Wäldern kämpften Partisanen noch bis 1956 gegen Moskaus Truppen.

    Litauens Staatspräsident Valdas Adamkus hatte sich als junger Mann während des Zweiten Weltkrieges einer Untergrundbewegung für die Unabhängigkeit Litauens angeschlossen. 1944 floh die Familie vor der Roten Armee nach Westen, zunächst nach Deutschland, dann weiter in die USA, wo der Litauer den größten Teil seines Lebens verbrachte. Erst 1997 kehrte er in die litauische Heimat zurück.

    Heute aber steht Adamkus vor der Frage: Wie könnte er, das litauische Staatsoberhaupt, am 9. Mai 2005, in Moskau neben Wladimir Putin sitzen und auf den sowjetischen Sieg im "Großen Vaterländischen Krieg" vor 60 Jahren anstoßen?

    "Okkupation, Deportation und Verhaftungen, die entsetzliche Tragödie des Holocaust,Konzentrationslager, erzwungene Emigration – das waren die Folgen zweier totalitärer Regime für die litauische Nation. 350 000 Litauer wurden ermordet, verhaftet oder in Straflager verschleppt. Und als der grausamste Krieg in der Geschichte offiziell vorbei war, gingen die Verbrechen in Litauen weiter. Es gibt keine einzige Familie, die nicht Verluste und Terror erlitten hat. "

    Von ”Befreiung” könne keine Rede sein, so begründet der litauische Präsident seine Weigerung, bei der Siegesfeier am 9. Mai in Moskau dabei zu sein. Ein Affront gegen den russischen Gastgeber, zumal der estnische Amtskollege Arnold Rüütel mit einer fast gleich lautenden Erklärung für einen weiteren Paukenschlag in Richtung Russland sorgte. Doch Valdas Adamkus steht zu seinem Wort:

    "Die Entscheidung liegt nahe, wenn man sich überlegt, was da eigentlich gefeiert werden soll: Ich denke, dass dieser 9. Mai in Moskau eine Feier für die Russen ist, das Ende des Krieges für sie. Die Freude darüber ist sicher angemessen, aber für Litauen liegen die Dinge anders: Wir mussten 50 weitere Jahre für unsere Freiheit und Unabhängigkeit kämpfen. Wir wollen sehr wohl der Opfer des Krieges gedenken, aber für uns gibt es nichts zu feiern an diesem Tag. "

    Viele, aber nicht alle Litauer teilen das Geschichtsbild ihres Präsidenten: Nach Moskau zu fahren, hieße zu Kreuze zu kriechen, sagen nicht wenige von ihnen:

    "Freiheit ist ein schönes Wort! Leider haben die Russen vergessen, wieder abzuziehen. Meinen Vater haben sie nach Sibirien deportiert. Er ist dann irgendwann zurückgekommen, aber lange gelebt hat er nicht mehr. Und genauso erging es der Tante von meiner Freundin hier - die ist auch deportiert worden."

    "Ich denke, der 9. Mai geht uns alle an. Nicht wegen Putin sollten wir in Moskau dabei sein, sondern um die Opfer zu ehren, die im Krieg gefallen sind. Die Leute haben doch ihr Leben für die Freiheit gegeben!"

    "Gar nichts halte ich von Putin! Von Demokratie will der nichts wissen. Der will doch bloß dem Stalin ein Denkmal setzen mit dieser Feier."

    Die lettische Präsidentin Vaira Vike-Freiberga hat als einzige der drei baltischen Staatsoberhäupter die Einladung nach Moskau angenommen. Die streitbare Psychologieprofessorin, die selbst Jahrzehnte im kanadischen Exil verbracht hat, sieht die Teilnahme an der Siegesfeier pragmatischer als ihre Amtskollegen. Die sei nämlich eine gute Gelegenheit, der Welt die Wahrheit zu sagen, und Russland aufzufordern, die Annexion der baltischen Staaten als das anzuerkennen, was sie war: eine gewaltsame und widerrechtliche Aneignung.

    "Sie ist mutig, in die Höhle des Löwen zu reisen", schmunzelt der Politikwissenschaftler Vytautas Radzvilas: Fraglich sei nämlich, ob man ihr auch zuhören werde. Denn bis heute habe sich Moskau nicht für die Verbrechen an den baltischen Völkern entschuldigt.

    "Formell hat Russland mit dem Kommunismus Schluss gemacht. Aber in Moskau sind heute Leute an der Macht, die den Ideen der imperialistischen Epoche treu geblieben sind. Wenn die Russen genauso wie die Deutschen die unter Stalin begangenen Verbrechen anerkennen und verurteilen würden, nur dann hätte diese Veranstaltung einen Sinn. Alles, was wir von den Russen hören, zeugt aber davon, dass es in die entgegengesetzte Richtung geht - nicht Verurteilung, sondern Verehrung. "

    Solche Töne, solche Ansichten, das weiß Radzvilas, werden nicht nur in Moskau als Provokation empfunden. Zum großen Versöhnungsgipfel werden auch Präsident Bush und Kanzler Schröder erwartet - und so gelten die trotzigen Balten auch im Westen mal wieder als Störenfriede. Wie schon einmal, als sie lieber ihre Unabhängigkeit erklärten, als dem Reformer im Kreml, Michail Garbatschow, beizustehen.

    Und kritische Geister mögen einwerfen: Was ist mit den ungezählten litauischen Kollaborateuren auf beiden Seiten? Und gab es nicht eine Menge Litauer, die an der Seite der nationalsozialistischen deutschen Besatzer ihre jüdischen Landsleute verfolgten? Wollen sie womöglich nur von ihrer tatkräftigen Beteiligung am Holocaust ablenken?

    ”Alles Unsinn”, sagt Vytautas Landsbergis, der heute noch von vielen als Litauens Freiheitsheld verehrt wird. Der Musikprofessor, der sein Land vor 14 Jahren in die Unabhängigkeit führte, sitzt heute für die Konservativen im Europaparlament. Wenn die Russen mit Inbrunst über die angeblich so Hitler-treuen Litauer klagten, ärgert sich Landsbergis, dann sei das allenfalls die halbe Wahrheit: Der Zwei-Fronten-Krieg gegen zwei übermächtige Feinde habe viele Balten gezwungen, sich für eine von zwei Seiten zu entscheiden:

    "Die Rote Armee hat schon bei ihrem ersten Einmarsch in Litauen ganze Dörfer ausgelöscht. Ich lebte damals in Kaunas und erinnere mich sehr gut an diese Dinge. Bei uns im Haus wurden Leute versteckt, die auf der Deportationsliste nach Sibirien standen. Viele Freunde sind als Partisanen in die Wälder gegangen – und wir sind stolz auf sie. Aber es gab auch Litauer, die mit den Russen gegen ihr eigenes Volk paktierten. Und solche, die sich auf Seiten der Nazis an der Ermordung der litauischen Juden beteiligten. "

    Die jüdische Straße im Herzen der barocken Altstadt von Vilnius gibt es noch – und noch eine einzige von über einhundert Synagogen vor dem Zweiten Weltkrieg. Nur hier und da ein Gedenkstein, eine Tafel, ein Türschild künden vom einstigen Glanz des alten "Vilne". So nannten die jüdischen Bürger im früheren Großfürstentum Litauen ihre Stadt. 1897 war fast jeder zweite Bewohner jüdischen Glaubens. Die Hauptstadt Litauens war ein Zentrum jüdischer Kultur, das es so in Nordeuropa kein zweites Mal gab.

    Theater, Verlage, Orchester, Schulen – Ende der 30er Jahre erschienen sechs jüdische Zeitungen in jiddischer und hebräischer Sprache. In kleinen "Shtetls" auf dem Lande blühten 200 jüdische Gemeinden.

    Nur einige wenige der 250.000 litauischen Juden haben die Mordaktionen der Nazis und ihrer litauischen Helfer überlebt.

    Die Beschäftigung mit der eigenen Schuld, mit den Pogromen der Litauer an ihren jüdischen Nachbarn, bevor die Wehrmacht einmarschierte, ist alles andere als selbstverständlich. Ein kleines Museum in Vilnius zeugt von dem, was die Stadt, was Litauen verloren hat.

    Hier wird von Jascha Haifetz erzählt, einem der größten Geigenvirtuosen des 20. Jahrhunderts, von Ludwik Zamenhof, dem Erfinder des Esperanto und den vielen Unbekannten, die einen Teil des so genannten "litauischen Jerusalem" ausmachten.

    In Sowjet-Litauen war der Holocaust als Thema tabu. Und bis heute sehen sich viele nicht-jüdische Litauer in erster Linie als Opfer der deutschen und sowjetischen Besatzung. Zwar gibt es Pläne, einen Teil des alten Vilne wieder aufzubauen, und seit 1995 wird jüdisches Eigentum zurückgegeben. Doch das stößt bei der armen Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Die arbeitslose Schneiderin Irena schimpft sofort los:

    "Schauen Sie mal hier: dieser Bescheid zwingt uns aus der Wohnung raus, weil die vor dem Krieg jemand anders gehört hat. Nun stehen wir mit fünf Leuten auf der Straße und die Entschädigung reicht vorne und hinten nicht. Es ist ein Skandal, wie man in diesem Land mit den Menschen umgeht!"

    Der Gediminas Prospekt am Morgen: Elegante Damen stöckeln über das Pflaster dieser Einkaufsmeile von Vilnius. In ihren windschiefen Holzbuden preisen Händler der vorbeihastenden Kundschaft Wollsocken und Strickjacken für ein paar Senti an.
    In den Gassen und Winkeln der barocken Altstadt tun sich Baugruben auf, es wird gebaut, renoviert und restauriert. Doch vom vordergründig sichtbaren Aufschwung kommt bei den einfachen Leuten so gut wie nichts an.

    Die politische Klasse Litauens hat es sich mit ihren Bürgern gründlich verdorben. Im Frühjahr letzten Jahres wurde der damalige litauische Präsident Rolandas Paksas vom Parlament aus dem Amt gejagt. Verfassungsbruch, Vetternwirtschaft, Korruption, Affären und Skandale haben das Vertrauen in die politische Elite untergraben und die Litauer zermürbt. Es genügt, das Wort "Politiker" auszusprechen, und schon bricht die 62-jährige Rentnerin Alma in wütende Tiraden aus:

    "Die nehmen keine Rücksicht auf die alten Leute. Meine Schwester ist arbeitslos und dazu noch krank. Und ich bekomme umgerechnet knapp 100 Euro Rente - das reicht nur für die Wohnung aus. Schlimm ist so ein Leben!"

    Auch gut ausgebildete junge Leute brauchen zwei oder drei Jobs und schuften sieben Tage die Woche, um halbwegs über die Runden zu kommen. Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen, sich engagieren – dafür bleibt wenig Zeit. Und es ist auch nicht besonders populär. 50 Jahre Sowjetmacht haben in der jungen Republik mit ihren 3-einhalb Millionen Bewohnern tiefe Spuren hinterlassen. Auch in der Mentalität. Umfragen zeigen, dass Demokratie für ein Drittel der Befragten ein inhaltsloser Begriff ist. Populisten haben Konjunktur, sagt der Kulturphilosoph Bronislovas Genzelis:

    "Immer noch sehnen sich viele Leute nach den alten Zeiten zurück. In der Sowjetzeit konnte man als einfacher Bürger seine Vorgesetzten missachten, im Bett liegen und nicht zur Arbeit gehen – da passierte nichts und trotzdem war man gut versorgt. Andere Leute trafen die Entscheidungen, man brauchte sich selbst um nichts zu kümmern. Die Leute wollen Helden, die ihnen alles abnehmen und alles richten. "

    Helden wie Viktoras Uspaskikh, in Russland als Sohn eines Waldarbeiters geboren, mehrfacher Millionär und Vorsitzender der neu gegründeten ”Arbeitspartei”. - Der 46-jährige Geschäftsmann kam 1985 als Schweißer aus dem sibirischen Archangelsk nach Litauen. Uspaskikh baute über die Jahre ein Firmenimperium auf, das Öl-, Gas- und Metallhandel bis hin zum Gemüseanbau in sich vereinigt. Der litauische Olligarch gilt heute als reichster Mann des Landes, der in seinen Betrieben rund 4.000 Mitarbeiter beschäftigt.

    Mit seinen markigen Worten wirkt Uspaskikh wie ein Wiedergänger des vor gar nicht so langer Zeit aus seinem Amt gejagten Präsidenten Paksas. Auch Uspaskikh schimpft gern über die Bürokraten in Brüssel, im Wahlkampf geißelte er die vermeintliche Raffgier der regierenden Sozialdemokraten und distanziert sich publikumswirksam umgehend von allem, was mit Korruption zu tun haben könnte. Dass aber auch bei ihm private und politische Interessen fließend ineinander übergehen, gibt er gleichwohl zu:

    "Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass alle die gleichen Rechte und Chancen haben. Litauen ist ein postsowjetisches Land und 50 Prozent der Leute haben keine Ahnung vom Kapitalismus. Wir müssen ihnen zeigen, was sie mit ihrem Geld anfangen können und wovon sie besser die Finger lassen sollten. Nur weil wir reiche Unternehmer in unseren Reihen haben, heißt das nicht, dass wir für alle Probleme verantwortlich sind. Das ist eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft. "

    Auch bei Uspaskikh taucht immer wieder einmal öffentlich die Frage auf, wie dieser als ”Gurkenkönig” verspottete Geschäftsmann eigentlich zu seinem Vermögen gekommen ist. Geschadet hat es ihm bislang nicht. Seine Arbeitspartei ging als klare Siegerin aus den Parlamentswahlen im vergangenen Oktober hervor. Bei den anschließenden Stichwahlen verfehlte sie allerdings die erhoffte Mehrheit im 141 Sitze zählenden Parlament, dem Sejmas.

    Dazu dürfte übrigens die Intervention des Staatspräsidenten Valdas Adamkus beigetragen haben. Der über siebzigjährige Staatschef, der bereits zum zweiten Mal amtiert, gilt vor allem im Ausland als Garant für Ordnung und Stabilität und für die solide Westbindung der kleinen Baltenrepublik.

    Adamkus erinnerte damals die politikmüden Litauer an die desaströsen Folgen der
    Paksas-Affäre und stellte noch am Wahltag eindeutig klar: Unter keinen Umständen werde er den umstrittenen Aufsteiger Uspaskikh mit der Regierungsbildung beauftragen.

    Wieder einmal schlug die Stunde des gewieften Taktikers Algirdas Brazauskas.
    Der heute 73-jährige gelernte Ingenieur ist ein Urgestein in der politischen Szene Litauens: Noch als Parteichef der damaligen KP Litauens schlug er sich auf die Seite der bürgerlichen Oppositionsbewegung Sajudis, unterzeichnete die Unabhängigkeitserklärung seines Landes und gab sich von je her geschickt als fürsorgender Landesvater, der sich zum Wohle der Litauer nach allen Seiten offen zeigt.

    Zwar wurde Brazauskas´ Mitte-Rechts-Bündnis ”Wir arbeiten für Litauen” von den Wählern abgestraft. Doch im Bunde mit Uspaskikh, der jetzt als Wirtschaftsminister mit am Kabinettstisch sitzt, kann der zupackende Sozialdemokrat als Regierungschef weitermachen – allen Skandalen und heimlichen Absprachen der letzten Jahre zum Trotz.

    Erstmals seit der Unabhängigkeit 1991 wird Litauen von einer Koalition regiert, die bis zum äußersten linken Parteienspektrum reicht. Denn auch die Bauernpartei der früheren Ministerpräsidentin Kazimiera Prunskjene ist an die Schalthebel der Macht zurückgekehrt. Wie Uspaskikh wendet sich Prunskiene an all jene, die beim Sprung des ”baltischen Tigers”, wie das wirtschaftlich erfolgreiche Litauen manchmal genannt wird, zurückgeblieben sind: Also an die Rentner, die Dorfbewohner, die Kleinbauern.
    Auch Prunskiene ist nicht ganz frei von populistischen Neigungen, doch sie bekennt sich klar zur europäischen Integration. Und dass sie gute Beziehungen zu Russland anstrebt, kann ihr kein vernünftiger Bürger verargen: Denn das machen inzwischen alle litauischen Politiker:

    "Ich meine, vielleicht sollte unser Präsident nicht nur die historische Gerechtigkeit unterstreichen, sondern diese historische Gerechtigkeit mit unseren heutigen und künftigen Interessen verknüpfen. Auch zusammen mit den europäischen Staaten und Völkern, die neue Wege zur Partnerschaft, zur Zusammenarbeit in Europa unterstützen. Es ist so vereinfacht, dass manche nach Osten, andere nach Westen orientiert sind. Das ist eine primitive Position meines Erachtens. "

    Die Geschäftswelt Litauens hat mit der Linken bislang gute Erfahrungen gemacht: Die Wirtschaft boomt wie in keinem anderen Land der früheren Sowjetunion.

    Doch Litauens konservative Opposition verbreitet Untergangsstimmung:
    Die Ex-Kommunisten Brazauskas und Prunskiene sowie der gewiefte Unternehmer Uspaskikh seien soeben dabei, das Land wieder in die Abhängigkeit von Moskau zu führen. Dazu der Politologe Vytautas Radzvilas:

    "Ich wage zu behaupten, dass in Litauen, genauso wie in vielen anderen osteuropäischen Reformländern, die alte Nomenklatura wieder fest im Sattel sitzt. Windige Unternehmer nutzen das Geld der Steuerzahler für fragwürdige Geschäfte und zweigen einen Teil der Gewinne für die Politiker ab, als Gegenleistung für Protektion. Und doch ist Litauen längst im Westen angekommen. Die litauischen Patrioten werden niemals zulassen, dass die politische Elite das Land an die Russen verkauft. "

    ”Machen Sie sich um uns mal keine Sorgen”, meint am Ende Radzvilas mit einem spöttischen Lächeln: ”Bei uns” – so sagt er – ” geht es drunter und drüber. Doch am Ende bleibt alles, wie es immer war!”