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Wunsch nach Bürgernähe und Bürgerbeteiligung

Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, das wird von Politikern aller Parteien gern betont. Doch was die Parteien wirklich für diese Klientel tun, erfährt man vor Ort: ein Besuch bei einem schwäbischen Handwerksbetrieb in Hayingen.

Von Uschi Götz |
    "Die Häuser sind heute so dicht, dass eigentlich keine Luft mehr nachströmt, also müssen wir extern dafür sorgen, dass die Feuerstelle genügend Sauerstoff kriegt."

    Norbert Arnold ist ein typisch schwäbischer Mittelständler. Allerdings wirkt Arnold auf den ersten Blick eher wie ein Marathonläufer: Groß und schlank ist der 52-Jährige. Kondition hat er schon bewiesen: Den kleinen Betrieb seiner Vorfahren hat er zu einem florierenden Unternehmen entwickelt. Heute ist er Chef eines Fliesenleger-, Ofen- und Luftheizungsbaubetriebs in Hayingen auf der Schwäbischen Alb.

    In einem noblen Schauraum erklärt er an diesem Morgen Kunden, wie Öfen heutzutage funktionieren. Auch seine Frau, Hildegard Arnold, führt Interessierte durch die Ausstellung:

    Das Geschäft läuft gut, sagt Hildegard Arnold. Bislang hat Frau Arnold, wie viele Handwerkerfrauen, fast alles gemacht - von der Buchhaltung bis zum Marketing.

    "Wir haben eine Größe erreicht, jetzt ist Zeit zum Aufteilen."

    Also Zeit, um Aufgaben zu delegieren. Personell wird weiter aufgestockt, um Frau Arnold zu entlasten. Vor 30 Jahren ist sie in den Betrieb eingestiegen. Von Stuttgart bis zum Bodensee reicht mittlerweile die Kundschaft. Elf festangestellte Mitarbeiter und sechs Teilzeitkräfte gehören zur Stammbelegschaft. Die Wirtschaftskrise traf 2009 auch die Ofensetzer-Branche, doch die Arnolds bissen sich durch:

    Norbert Arnold:
    "Mit viel Arbeit und etwas Einschränkungen."

    Hildegard Arnold:
    "Wir haben unsere Urlaube dann etwas günstiger gestaltet. Schon immer ist unser Traum, dass wir mal ein eigenes Haus haben, dass wir selber ein Eigenheim haben. Und die Investition haben wir hintangestellt."

    Für Schwaben nicht gerade typisch. Doch die Arnolds haben statt in den Hausbau in ihr Unternehmen investiert. Zwei Töchter studieren und dem Sohn, der nach Abitur und Ausbildung im Betrieb mitarbeitet, soll weiter eine solide und tragfähige Basis geschaffen werden. Man möchte sich nicht auf viele, erst recht nicht auf Banken verlassen.

    Hildegard Arnold:
    "Immer wenn die großen Firmen aus der Großindustrie Probleme hatten, und es stehen Tausende Personalstellen zum Abbau an, überall her wurden die forciert und unterstützt vom Staat oder von den Ländern, aber wenn ein Handwerksbetrieb in die Bredouille kommt…"

    …gibt es keine Unterstützung, sagt Frau Arnold. Besonders schlimm: Egal wie es läuft, den Banken gegenüber müsse man sich sowieso immer erklären:

    "Die entscheiden dann letztendlich quasi: Bleibst du noch bestehen oder kannst du gehen."

    Diese Frage stellten sich Arnolds nie. Auch nicht ihrer Bank. Doch sie bleiben vorsichtig. Der Politik trauen sie nur bedingt. Norbert Arnold hat manchmal den Eindruck, dass die Einzelfeuerstelle, also das Kamin- und Ofenfeuer, gar nicht mehr gewollt ist:

    Norbert Arnold
    "Da haben wir mächtige Gegner, möchte ich sagen: die einfach ihre Energie verkaufen möchten."

    Mächtige Gegner. Stromkonzerne, die eine gezielte Lobbyarbeit bei den Politikern betreiben.

    Seit März 2010 gilt das neue Bundesimmissionsschutzgesetz. "Da steht viel Gutes drin", meint Norbert Arnold, aber einiges stört ihn auch gewaltig:

    Norbert Arnold:
    "Negativ sind zum Beispiel so Dinge wie Abstandsregelungen. Im Umkreis von 15 Metern muss der Schornstein höher sein – um einen Meter, als die höchste Lüftungsöffnung vom Nachbarn."

    Abstandsregelungen für Schornsteine, dass der Nachbar nicht gestört wird.

    "Grundsätzlich ist diese Regelung natürlich sinnvoll"

    Sagt der Fachmann. Aber manchmal lässt es sich einfach nicht machen. Dann, wenn alte Öfen durch neue ersetzt werden müssen und die Auflage nicht zu erfüllen ist. Der Kunde bekommt dann eben keinen Ofen.

    Gesetze hin oder her, die Stimmung ist zurzeit gut. Es werde gebaut, berichtet der Mittelständler. Allerdings trauen viele seiner Kunden dem Euro nicht mehr. Das kommt aber den Arnolds zugute.

    ""Die Kunden setzen auf Steinaktien."

    Erzählt Norbert Arnold und schaut zufrieden auf die vielen Öfen in seinem Ausstellungsraum.

    Norbert Arnold
    "Viele legen Geld in Sachanlage an, machen lieber einen neuen Ofen oder ein neues Bad. Denn man weiß ja nicht, was mit dem Geld noch alles passiert."

    Politisch, glauben die Arnolds, wird sich nicht viel verändern, egal wer regiert. Doch alle gehen sie wählen, auch der 31-jährige Sohn. Welche Partei verrät keiner der Familie. Nur so viel:

    Norbert Arnold:
    "Es gibt ja auch manchmal so Chaoten-Parteien, möchte ich sagen, und wenn man den anderen seine Stimme gibt, dann sind die schon einmal Außen vor."

    Der mittelständische Unternehmer wünscht sich von einer künftigen Bundesregierung mehr Bürgernähe und Bürgerbeteiligung. Den eingeschlagenen Kurs bei diesen Punkten findet er an der Politik der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg lobenswert. Von einer neuen Bundesregierung wünscht er sich, dass die Schwarzarbeit eingedämmt wird. Am Ende sagt der Mittelständler:

    Norbert Arnold:
    "Wichtig ist, dass die Konjunktur läuft, dass alle Leute etwas zum Schaffen haben, dann läuft unser Job automatisch."

    Egal wie es kommt, für Familie Arnold wird sich nicht viel verändern. Hauptsache die Menschen haben Arbeit, dann schafft der Betrieb leise, still und erfolgreich weiter.