Freitag, 19. April 2024

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Bundessprecher der Uni-Kanzler verteidigt Befristungen

Die Kanzler deutscher Hochschulen verteidigen Befristungen im Wissenschaftsbetrieb. Ihr Bundessprecher Dieter Kaufmann sagte im Dlf, das System sei auf temporäre Qualifizierung ausgelegt, nicht dafür, dass nach dem Studium alle dauerhaft an der Universität bleiben könnten.

Dieter Kaufmann im Gespräch mit Benedikt Schulz | 10.10.2019
Studenten der Wirtschaftswissenschaften sitzen im Großen Hörsaal vom Auditorium maximum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU)bei einer Vorlesung von Dr. Matthias Georg Will, aufgenommen am 25.04.2017. Rund 19.500 Studenten, davon 1700 Studierende aus dem Ausland, sind gegenwärtig an neun Fakultäten der MLU immatrikuliert. Die Universität begeht in diesem Jahr ihr 200- jähriges Jubiläum (21.Juni) der Vereinigung der Universitäten von Halle und Wittenberg. Foto: Waltraud Grubitzsch | Verwendung weltweit
Viele junge Akademiker hangeln sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag, ohne Planungssicherheit. Die Kanzler deutscher Unis haben dieses System jetzt verteidigt. (picture alliance / dpa / Waltraud Grubitzsch)
Deutschlands Universitätskanzler haben sich vergangene Woche in einer gemeinsamen Erklärung dafür eingesetzt, Befristung im deutschen Wissenschaftsbetrieb zu erhalten. Das sorgte für Diskussionen und viel Kritik. Die Gewerkschaft GEW etwa findet die Position der Kanzler "anachronistisch".
Dieter Kaufmann, Kanzler der Uni Ulm und Bundessprecher der Kanzlerinnen und Kanzler, hat den Vorstoß seiner Vereinigung im Dlf verteidigt. "Es ist nicht so, dass wir im Kern darauf ausgerichtet sind, dass wir die Mitarbeiter, die wir unmittelbar nach dem Studium einstellen, auch bis zum Ende ihres beruflichen Lebens hier an der Universität sehen", sagte Kaufmann. "Wenn Stellen dauerhaft besetzt sind, können wir diese auf die nächsten 20, 30 Jahre nicht noch mal besetzen."
"Befristungen auch Drittmittel-Finanzierung geschuldet"
Er sieht die Unis in erster Linie als Qualifizierungssystem. Es sei dafür ausgelegt, junge Menschen für eine begrenzte Zeit für Wirtschaft oder Wissenschaftsbetrieb zu qualifizieren - nicht dafür, dass alle über Studium hinaus dort Beschäftigung finden. Kaufmann verwies auf "die sonstigen Beschäftigungssysteme der Gesellschaft", die es außer dem akademischen Betrieb noch gebe, etwa die Industrie.
Wer weniger Befristung im Wissenschaftsbetrieb wolle, müsse auch "beantworten, wie will ich die Qualifizierungsansprüche der nächsten Studierendengeneration hier befriedigen? Wir haben ja in den letzten Jahren eine Vielzahl von Studienplätzen aufgebaut."
Viele Befristungen seien auch der wachsenden Finanzierung durch Drittmittel oder befristete Förderungen geschuldet. Befristet eingeworbene Gelder führten zu befristeten Jobs. Gäbe es mehr dauerhafte Unterstützung von den Ländern, "würde man diese Diskussion vielleicht anders führen", sagte Kaufmann im Dlf.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.