Christian erzählt: "Im Endeffekt habe ich dann in 30 Minuten, in einer Stunde, in einer Nacht, als es mir auch nicht so gut ging, als ich sehr viel Langeweile hatte und dann irgendwie wieder die Sucht eingesetzt hat, den Kick gesucht habe, alles auf den Kopf gehauen."
Christian, der eigentlich anders heißt, ist Anfang zwanzig, als er einsam am Computer, im Blackjack-Rausch, das Erbe seines Großvaters verspielt.
In den Monaten zuvor hatte er viel Glück gehabt und sein Vermögen bei Online-Sportwetten und in Online-Casinos sogar verdoppelt.
Das Gefühl für Geld und Summen hat er dabei verloren: "Da auch die Einzahlungsmöglichkeiten so extrem vereinfacht sind, Sofort-Überweisung oder mit der Kreditkarte, kann man beim Verlust dann auch wieder binnen Sekunden neues Geld einzahlen."
Da liegt seiner Meinung nach der Knackpunkt: "Dass man sich dann in so einen Rausch spielt und bei weiteren Verlusten schnell nachlegt und versucht, diese Verluste wieder wettzumachen."
Zocken, verlieren, lügen
Christian gelangt schnell an den Punkt, an dem kleine Summen für den Rausch nicht mehr ausreichen. Auf der Suche nach dem größeren Kick gerät er in die Abhängigkeit: "Je süchtiger ich geworden bin, je mehr ich da reingerutscht bin, desto weniger habe ich natürlich dann jetzt auch preisgegeben", erzählt er.
"Man schämt sich dann natürlich auch für die großen Verluste und die Gewinne hat man dann auch irgendwann für sich behalten. Das ist natürlich auch sehr gefährlich, wenn man auch gar nichts mehr nach außen preisgibt und sich in diese ganzen Lügen-Konstrukte verwickelt."
Als Christian merkt, dass er sein Spielverhalten nicht mehr im Griff hat, versucht er die Online-Casinos zu meiden. Aber jedes Mal, wenn er längere Zeit nicht mehr gespielt hat, überweisen ihm die virtuellen Spielhöllen Geld und locken ihn zurück an den Online-Spieltisch.
Die Betreiber der Casinos, mit denen Christian zu tun hat, sitzen außerhalb Deutschlands, viele auf Malta. Auf der Mittelmeer-Insel südlich von Sizilien hat das Wort der Katholischen Kirche noch großes Gewicht. Da ist es etwas Besonderes, wenn der Erzbischof die Branche der Onlinespiele und -Wetten anprangert, wie vor ein paar Wochen geschehen.
Und auch Daniel Darmanin, der Präsident der Justiz- und Friedenskommission der Erzdiözese, schlägt in diese Kerbe: "Die Wirtschaft, unsere Art, Geld zu verdienen, sollte zunächst einmal den Menschen dienen. Man sollte nicht mit den Schwächen von Menschen Geld verdienen", so Darmanin.
"Wir sagen: Lasst uns darüber nachdenken, wie wir unser Geld verdienen. Was steckt hinter dem Geld, das wir verdienen?"
"Illegale Beihilfen"
Zig Unternehmen aus der Wettbranche haben sich auf der Insel niedergelassen. Kein Zufall, sagt der grüne Europa-Abgeordnete, Sven Giegold: "Malta hat eine effektive Besteuerung von Gewinnen aus Glücksspielen von fünf Prozent und darunter."
Malta verfährt mit den Anbietern von Sportwetten und Online-Casinos also ähnlich wie es Luxemburg, die Niederlande und Irland mit großen, multinationalen Konzernen getan haben, als sie Unternehmen wie Ikea, Starbucks oder Apple durch extrem niedrige Steuersätze anlockten.
In all diesen Fällen ist Brüssel mittlerweile aktiv geworden, hat Verfahren eingeleitet wegen Wettbewerbsverzerrung. Irland sah sich zum Beispiel gezwungen, 13 Milliarden Euro Steuern von Apple nachzufordern. Aber im Falle Maltas hat die EU-Kommission bislang nichts unternommen.
Und das müsse sich ändern, verlangt Giegold im Gespräch mit dem Deutschlandfunk: "Ich fordere die Europäische Kommission auf, eine eigene Untersuchung für den Bereich des Online-Glücksspiels zu machen, weil ich davon ausgehe, dass es sich zumindest zum Teil um illegale Beihilfen Maltas im steuerlichen Sinne handelt."
Malta lockt mit einer guten Infrastruktur und mit einer recht liberalen Regulierung des Marktes, die es erlaubt - Zitat: "einfach und unkompliziert ein globales Geschäft erfolgreich aufzuziehen." So steht es auf der Internetseite gamingmalta.org, die von einer Institution betrieben wird, hinter der die Regierung und die Spielaufsichtsbehörde stehen.
Wachsende Branche in Malta
Mit dem Abbau bürokratischer Hürden wolle man Unternehmen in das kleinste EU-Land holen, sagt Silvio Schembri, beigeordneter Minister für Finanzdienstleistungen und Digitalwirtschaft am Amtssitz des Premierministers: "Online-Spiele sind eine der Hauptsäulen der maltesischen Wirtschaft", so Schembri.
"Der Bereich macht rund 11 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes aus, hat etwa 8.000 Beschäftigte", sagt der maltesische Politiker. "Aber das ist nicht alles: Das ist Teil eines Ökosystems für die Digitalwirtschaft. Mit einer starken Spielwirtschaft, einer starken IT- und Kommunikationsinfrastruktur und einer starken Finanzwirtschaft haben wir alles, was wir brauchen, damit die Digitalwirtschaft in Malta weiter wächst."
Doch nicht immer wächst die Branche der Online-Spiele in die richtige Richtung, denn sie zieht auch Kriminelle an. Längst hat die italienische Mafia entdeckt, dass man via Malta gute Geschäfte machen und Geld waschen kann.
Vor wenigen Monaten erst machte der Rückzug von fünf Online-Wett-Anbietern aus Malta Schlagzeilen, weil sie im Rahmen italienischer Antimafia-Ermittlungen in den Fokus geraten waren.
Im vergangenen Jahr hatten Staatsanwälte in Palermo die Absicht einiger Clans aufgedeckt, massiv in die maltesische Online-Spiel-Wirtschaft zu investieren. Die Operation hatte den passenden Titel "Game over", gegen 30 Personen wurde ermittelt.
Rechtliche Grauzone
Auffällig ist, dass die maltesischen Behörden solche Verbindungen meist erst abstreiten und oft erst dann einschreiten, wenn die Beweise aus dem Ausland, zum Beispiel aus Italien, erdrückend sind.
Anders sieht es James Scicluna. Der Rechtsanwalt macht seine Geschäfte vor allem in der Onlinespiel- und –wettbranche: "Diese Industrie hat, wie viele andere, einige unerwünschte Personen angezogen. Das kann ich nicht ausschließen. Aber wenn man das in Malta in den Fokus rückt, ist man auf dem Holzweg", so der Anwalt Scicluna.
"Es gibt immer Spielraum für Verbesserungen. Aber wenn man sich die maltesische Spielaufsichtsbehörde anschaut, und wie sie im Verhältnis zu anderen Regulierungsbehörden aufgestellt ist, mit ihren Möglichkeiten sich durchzusetzen und ihrem tatsächlichen Eingreifen in den Markt, dann schneidet sie sehr gut ab."
Anders sieht es James Scicluna. Der Rechtsanwalt macht seine Geschäfte vor allem in der Onlinespiel- und –wettbranche: "Diese Industrie hat, wie viele andere, einige unerwünschte Personen angezogen. Das kann ich nicht ausschließen. Aber wenn man das in Malta in den Fokus rückt, ist man auf dem Holzweg", so der Anwalt Scicluna.
"Es gibt immer Spielraum für Verbesserungen. Aber wenn man sich die maltesische Spielaufsichtsbehörde anschaut, und wie sie im Verhältnis zu anderen Regulierungsbehörden aufgestellt ist, mit ihren Möglichkeiten sich durchzusetzen und ihrem tatsächlichen Eingreifen in den Markt, dann schneidet sie sehr gut ab."
Das Geschäftsmodell, auf das Malta und Steueroasen wie Gibraltar setzen, funktioniert vor allem, weil die Welt der Online-Wetten eine Grauzone ist.
Schauplatz Bundesrepublik. Private Spielhallen, Spielautomaten und das Internet-Glückspiel haben das Zeitalter der repräsentativen Spielbanken in mondänen Kurhäusern zunehmend abgelöst, so Ingo Fiedler, Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Hamburg: "Ja, wir dürfen uns nichts vormachen. Das staatliche Spielcasino, das sind noch fünf Prozent vom Gesamtmarkt. Das ist völlig unbedeutend. Gar nicht so sehr wegen des Online-Glücksspiels. Auch, aber im Wesentlichen wegen der privaten Spielhallen", erklärt Fiedler.
Und weiter: "Im Spielcasino werden 80 Prozent der Umsätze mit Automaten gemacht und da die Tischspiele natürlich deutlich kostenintensiver sind, fast der Großteil des gesamten Gewinns. Und die Automaten haben einfach große Konkurrenz in den privaten Spielhallen. Die privaten Spielhallen sind 55 Prozent des gesamten deutschen Glückspielmarktes. Dann haben wir noch einen sehr großen Bereich Lotterien. Und der Rest sind dann Sportwetten und Online-Glücksspiele, die Spielcasinos sind verschwindend unwichtig."
Konkurrenz für staatliche Lotterien
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 schränkte das bis dahin noch geltende staatliche Lotteriemonopol stark ein. Im anschließend von den Bundesländern verabschiedeten Glückspielstaatsvertrag wurden damit staatlichen Anbietern Sportwetten im Internet verboten.
Die in Deutschland nicht lizensierten Internet-Wettanbieter, die nun von Malta und Gibraltar aus den Sportwetten-Markt erobern, drängen so auch die staatlichen Lotterien zurück.
Während der staatliche Anbieter "Lotto Hessen" 20 Prozent seiner Gewinne für gemeinnützige Zwecke ausschüttet, müssten die Internet-Firmen mit Sitz im Ausland keine Abgaben zahlen, beklagt der hessische Finanzminister und Aufsichtsratsvorsitzende von "Lotto-Hessen", Thomas Schäfer von der CDU.
"Derjenige, der sich einer staatlichen Lizensierung unterzieht, der bestimmte Mindestbedingungen erfüllt, so wie wir das bei den Sportwetten-Regulierungsvorschlägen hatten, der auch bereit ist, seine Abgaben zu bezahlen, seinen steuerlichen Pflichten zu genügen, so dass es eine Wettbewerbsgleichheit gibt", sagt der CDU-Politiker. "Wir haben im Moment das große Problem, Abgaben zahlen die Wettbewerber nicht und gleichzeitig kann er (Lotto, Anmerk. d. Red) geringere Gewinnquoten als die Illegalen."
Ganz ähnlich sieht das Günter Rudolph. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der größten Oppositionsfraktion im hessischen Landtag, der SPD-Fraktion.
Ihm sind vor allem die Anbieter privater Sportwetten im Internet ein Dorn im Auge: "Wir erwarten, dass der Bereich der Sportwetten nicht weiter im Graubereich liegt. Das ist alles illegal, was Tipico, was Bet and Win durchführen. Wir wollen, dass, wenn diese Anbieter in Deutschland tätig sind, das nach klaren Regeln, nach Standards geht und dass diese Anbieter vor allem auch Steuern zahlen, so wie es Lotto und Toto macht."
Rudolph sagt: "Weil dieser graue Markt wächst und Toto und Lotto befürchtet zu Recht aus unserer Sicht, dass es starke Einbußen gibt. Und deswegen liegt die Hand des Handelns jetzt bei den Bundesländern und wir erwarten von Hessen endlich konstruktive Lösungen und keine Sonderwege. Hessen hat wie andere Bundesländer in dieser Frage nämlich vollständig versagt."
Wer am Online-Spiel verdient
Der Druck der Opposition scheint kaum nötig. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer verliert seinerseits die Geduld. Denn er sieht durch die privaten Wettanbieter auf Malta und in Gibraltar die 120 Millionen Euro in Gefahr, die die staatliche Gesellschaft "Lotto Hessen" bisher jährlich in die öffentlichen Kassen spülte.
"So und nun sehen wir, dass der Markt uns über das Ausland und das Internet langsam Lotto ausräubert. Und wenn die Bundesländer nicht langsam aus dem Quark kommen, gemeinschaftlich darauf zu reagieren, sind wir an der Stelle genauso wieder zu spät und zum Schluss wundern sich dann alle Beteiligten, dass die das, was sie gerne verteidigen wollten, schon längst verloren haben."
Glücksspielanbieter, gleich wo sie ihren Firmensitz haben, können auch für ihr Angebot im Netz werben, ohne dass deutsche Behörden regulierend eingreifen könnten. Ein "rechtsfreier Raum", sagt der hessische Finanzminister, es werde Zeit, die Anarchie zu beenden.
Eine Anarchie, an der die Finanzminister hierzulande jedoch unter Umständen mitverdienen. Einige ausländische Glückspielveranstalter, Anbieter von Online-Wetten, zahlen Umsatzsteuer an die Finanzämter - obwohl sie in einer rechtlichen Grauzone am Werk sind. Ob sie zur Zahlung verpflichtet sind, ist offen. In einem aktuellen Verfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht soll das geklärt werden.
Dass manche Unternehmen schon jetzt Steuern an den deutschen Fiskus abführen, sei eine Art vorbeugende Maßnahme, meint Ingo Fiedler, Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Hamburg.
Dahinter stecke Kalkül mit Blick auf die laufenden, politischen Beratungen rund um einen Glücksspiel-Staatsvertrag für Deutschland: "Der Gedanke dabei ist, Problemen bei der späteren Lizenzvergabe vorzubeugen". Nach dem Motto: Wer zahlt, kann bleiben und bekommt eine Lizenz.
Dass sich die deutschen Steuerbehörden darauf einlassen, dass sie an Online-Wetten "verdienen", für die es derzeit hierzulande keine Lizenzen gibt, löst beim grünen Europaabgeordneten Sven Giegold Kopfschütteln aus: "Das ist natürlich nicht ohne Ironie, dass der Staat sagt: Wenn etwas illegal ist, dann wollen wir wenigstens daran mitverdienen. Moralisch ist das natürlich nicht."
Und es ist nicht nur der deutsche Staat, der an der Anarchie im Online-Glücksspiel von ausländischen Standorten aus mitverdient.
Dass sich die deutschen Steuerbehörden darauf einlassen, dass sie an Online-Wetten "verdienen", für die es derzeit hierzulande keine Lizenzen gibt, löst beim grünen Europaabgeordneten Sven Giegold Kopfschütteln aus: "Das ist natürlich nicht ohne Ironie, dass der Staat sagt: Wenn etwas illegal ist, dann wollen wir wenigstens daran mitverdienen. Moralisch ist das natürlich nicht."
Und es ist nicht nur der deutsche Staat, der an der Anarchie im Online-Glücksspiel von ausländischen Standorten aus mitverdient.
Banken verdienen zweifach
Profiteure sind auch die Banken und Zahlungsdienstleister. Kreditkartenunternehmen etwa kassieren für alle Geldtransfers zwischen Online-Zockern in Deutschland und den Casinos beziehungsweise den Wettanbietern besonders hohe Gebühren.
Ingo Fiedler: "Zahlungsdienstleister staffeln ihre Vermittlungsgebühren nach dem Risikoprinzip. Bei Online-Glücksspielen werden die Risiken von Betrug sowie die rechtlichen Risiken der Transaktion von Geldern für ein potentiell illegales Angebot mit eingepreist."
Ingo Fiedler: "Zahlungsdienstleister staffeln ihre Vermittlungsgebühren nach dem Risikoprinzip. Bei Online-Glücksspielen werden die Risiken von Betrug sowie die rechtlichen Risiken der Transaktion von Geldern für ein potentiell illegales Angebot mit eingepreist."
Von 100 Euro, die ein Online-Spieler in Deutschland an ein Casino auf Malta überweist, kassieren die Dienstleister fünf bis sechs Euro Gebühren.
Die Unternehmen verdienen an der Spielsucht mit, und das gleich zweifach: Denn ein Teil der Glücksspieleinsätze wird wiederum als Gewinn an die Zocker in Deutschland zurücküberwiesen. Natürlich wieder unter Zuhilfenahme eines Zahlungsdienstleisters. Und jede Transaktion in diesem staatlich nicht regulierten Markt steigert die Umsätze der Finanzdienstleister.
Ingo Fiedler: "Da nicht alle eingezahlten Gelder komplett verspielt werden, sondern Gewinne auch ausgezahlt werden, bleibt am Ende des Tages ein sehr großes Stück vom Kuchen des Online-Glücksspielgeschäfts bei den Zahlungsanbietern hängen. Insgesamt schätze ich die Umsätze durch Zahlungsabwicklung mit nicht in Deutschland lizensierten Angeboten auf rund 350 Millionen Euro pro Jahr."
Sven Giegold, der grüne Europaabgeordnete, bringt die Sache so auf den Punkt: "Also, die Banken verdienen sich eine goldene Nase mit einem Geschäft, das illegal ist."
Solange der Markt in Deutschland nicht reguliert sei, meint Sven Giegold. Eine Möglichkeit könnte sein, Zahlungswege zu blockieren, sagt der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Ingo Fiedler. Allerdings habe auch das in den Ländern, die es versucht hätten, nicht wirklich funktioniert. Die Wege des Internets sind verschlungen.
Maltas "Milchkuh"
Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn - kurz BaFin - erklärte dem Deutschlandfunk, dass sie zurzeit wenig Handhabe sehe, die Zahlungen zu stoppen. Sie sieht beim Internet-Glückspiel keine "strafbare Vortat", etwa den Tatbestand der Geldwäsche, der ein Einschreiten der Behörde erfordere.
Der Wirtschaftswissenschaftler Ingo Fiedler, stellt klar: "Das Glücksspielrecht ist nationalstaatliches Recht, während der Finanzmarkt europaweit, Binnenmarktrichtlinie ist. Wenn wir also die deutsche Aufsicht, die BaFin haben, die kann natürlich etwas zu den in Deutschland registrierten Zahlungsdienstleistern sagen, die eine sogenannte ZAG-Lizenz halten, die kann aber nichts zu denen sagen, die auf Zypern sitzen oder in Malta sitzen. Die haben wiederum eigene Behörden, die die Aufsicht machen. Und dort ist man sich sehr wohl bewusst, dass diese Industrie maßgeblich ist für das, in diesem Fall kleine Land Malta, und man den Teufel tun wird die Milchkuh zu schlachten."
Viele EU-Länder, so Fiedler, hätten sich entschieden, den Glücksspielmarkt zu legalisieren, um auf diese Weise Regeln durchzusetzen und damit auch Steuereinnahmen zu sichern, statt abseits zu stehen und dem Treiben eines - im nationalen Maßstab - unregulierten Marktes tatenlos zuzusehen. Länder wie Dänemark, Frankreich, Spanien und Italien seien diesen Weg gegangen.
Auch das Bundesland Hessen denkt in diese Richtung. Die schwarz-grüne Landesregierung in Wiesbaden legte bereits 2016 den Entwurf für einen neuen Länder-Glücksspiel-Staatsvertrag vor, der damals noch an Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen scheiterte. Wiesbaden will nun einen neuen Anlauf starten.
Forderung nach einer Kontrollbehörde
Peter Beuth, der hessische Innenminister von der CDU: "Wir müssen einfach zusehen, dass wir einen legalisierten Markt haben, der gewissen Regeln folgt. Übrigens, auch was die Einsätze angeht. Da bin ich auch der Auffassung, dass man unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes entsprechende Regelungen hinbekommen muss."
So denkt der hessische Innenminister Peter Beuth etwa bei Sportwetten im Internet über eine monatliche Verlustgrenze von 1000 Euro je Spieler nach.
Außerdem schlägt er eine neue, öffentlich-rechtliche Kontrollbehörde vor, die die bisherige Wiesbadener Glückspielgeschäftsstelle der Länder ersetzt, die aus seiner Sicht zu wenig Macht besitzt: "Wir haben eine Anstalt vorgeschlagen für die Organisation des Glückspielmarktes in Deutschland. Weil wir der Auffassung sind, dass wir eine Organisation brauchen, die aus einem Guss Glückspielrecht beaufsichtigt, genehmigt, konzessioniert und so weiter", so Beuth.
"Man muss da mit einer einheitlichen Philosophie dran gehen. So, wie wir das bisher machen, ist es so, dass das Land Hessen zwar die Geschäftsstelle hat, aber nicht für die Frage der Werbeauflagen im Glückspielrecht zuständig ist, nicht zuständig ist für die Blockade des Payment, der Bezahlvorgänge. Es wäre klug, wenn wir das in einer Organisation bündeln."
Die SPD-Opposition im hessischen Landtag wirft dem CDU-Innenminister Peter Beuth jedoch vor, das Thema zu zögerlich anzugehen.
Günter Rudolph, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion fordert mehr Tempo beim Versuch, die Anarchie vor allem bei den Internet-Sportwetten zu beenden, die von Malta oder Gibraltar aus angeboten werden: "Wenn die in Deutschland am Markt sind, dann müssen sie nach deutschen Regeln am Markt teilnehmen können und vor allem sie müssen auch Steuern zahlen. Denn das, was Toto/Lotto macht, nämlich Abgaben an den Staat und auch Sport und Kultur unterstützt, das erwarten wir von solchen Anbietern. Und die Politik in den Landeshauptstädten muss endlich reagieren. Und Hessen hat bisher versagt und deswegen fordern wir Schwarz-Grün auf, endlich tätig zu werden."
Die schwarz-grüne Landesregierung in Wiesbaden weist diese Kritik zurück. Sie sieht die Verantwortung vor allem bei SPD-geführten Bundesländern. Diese hätten sich lange pragmatischen Regeln für die privaten Wettanbieter im Internet verweigert, weil sie sich der Illusion hingegeben hätten, man könnte das staatliche Glückspielmonopol auch Online durchsetzen.