Tobias Armbrüster: Live am Telefon begrüße ich jetzt einen Mann, der das ganze möglicherweise etwas anders sieht: Rainer Arnold. Er ist der SPD-Obmann im Kundus-Untersuchungsausschuss. Schönen guten Morgen, Herr Arnold.
Rainer Arnold: Schönen guten Morgen, Herr Armbrüster.
Armbrüster: Hat Verteidigungsminister zu Guttenberg gelogen, als er gesagt hat, seine beiden Spitzenmänner hätten ihn nicht ordentlich informiert?
Arnold: Er hat bisher seine These, er wäre falsch oder schlecht informiert worden, in keiner Weise fundiert, und insofern ist es schon so: beide Zeugen gestern haben mit einer außerordentlichen Glaubwürdigkeit dargelegt, dass sie dem Minister alles gegeben haben, was wichtig ist. Und wir können uns ja selbst ein eigenes Bild machen als Ausschussmitglieder. Die angeblich vorenthaltenen Akten – das ist ein schwerer Vorwurf -, die enthalten wirklich nichts Neues, was über den ISAF-Abschlussbericht hinausgeht, keine neuen Fakten, die zu einer veränderten Bewertung führen. Es bleibt also der Eindruck noch stärker, Minister zu Guttenberg hat eine Fehlbewertung vorgenommen, musste sie dann korrigieren und hat dann schnell einen Sündenbock gesucht, auf wen kann er die Verantwortung abwälzen. Dies ist unser Eindruck, und bisher hat zu Guttenberg den in keiner Weise widerlegen können.
Armbrüster: Aber wenn wir die Einschätzung von Herrn Königshaus gehört haben, dann könnte das alles auch etwas anders ausgesehen haben, dass zu Guttenberg einfach einige Informationen mehr haben wollte, oder sich mehr versprochen hätte, mehr einfach was über die Akten hinausgeht.
Arnold: Auch da ist ja dann interessant nachzufragen, wie oft hat er eigentlich den Rat gesucht seiner beiden Spitzenleute im Ministerium. Der Generalinspekteur ist ja immer für gute Informationen gut. Wir als Parlamentarier haben die über viele Jahre lang genutzt. Hier kommt ein Minister neu ins Amt und nach der Schilderung des Generalinspekteurs ist Minister zu Guttenberg kein einziges Mal zusätzlich auf ihn zugekommen und hat gesagt, Mensch, Generalinspekteur, sagen sie mir doch mal, was war dort wirklich los. Er hat also dieses Gespräch und die Expertise des GI’s nicht mal gesucht. Das halte ich für einen neuen Minister sowieso jenseits des aktuellen Vorgangs für fatal und für einen gravierenden Fehler.
Armbrüster: Aber ist er, wenn das so sein sollte, dann tatsächlich als Minister noch haltbar?
Arnold: Natürlich muss man ihn jetzt auch hören. Aber eines ist klar: ein Minister, der für 255.000 Soldaten die Verantwortung trägt, Soldaten, die in sensiblen Einsätzen sind, ein schwierig zu führender Personalkörper, der darauf basiert, dass sie Vertrauen in ihre militärische und politische Führung haben, hat eine ganz besondere Verantwortung, und wenn sichtbar wird, dass die Tugenden, die ein politischer Führer eben auch braucht, nämlich redlich mit seinen Untergebenen umzugehen, wenn daran Zweifel bestehen, kann er sein Amt sicherlich nicht mehr ausführen.
Armbrüster: Es wird jetzt, Herr Arnold, viel über den Fluss von Informationen geredet. Verlieren wir dabei nicht aus den Augen, worum es in dem Ausschuss eigentlich gehen sollte, nämlich aufzuklären, ob es militärisch richtig war, in jener Nacht diese beiden Tanklaster anzugreifen?
Arnold: Auslöser des Untersuchungsausschusses war nicht die Bewertung dieser Nacht, sondern Auslöser war die eher schleppende, zögerliche Informationspolitik und war auch, dass Minister Jung ein paar Tage zu lang an falschen Versionen dieser Nacht festgehalten hat, und natürlich interessierten uns dann auch die präzisen Abläufe in dieser Nacht und insofern gehört das schon zusammen. Aber der Auslöser war das katastrophale Informationsmanagement. Minister Jung hat die Verantwortung übernommen. Es wurde jetzt auch deutlich in den letzten Wochen unserer Untersuchung, dass die Verantwortung dafür weit oben zu suchen und anzusiedeln ist. Und dann geht es letztlich um die Frage, war dieser Bombenabwurf angemessen und korrekt. Hier habe ich von Anfang an eine andere Position vertreten. Ich war schon zu Beginn der Auffassung, dass eine Bombe auf eine große Menschenansammlung generell zu gefährlich ist, weil das Risiko latent ist, dass Zivilisten zu Schaden kommen, und es wurden ja auch erhebliche Regelverletzungen von Oberst Klein vorgenommen. Auf der anderen Seite habe ich natürlich auch Verständnis, dass der oberste Soldat und auch der Staatssekretär sich zunächst mal vor die Soldaten schützend stellt. Da gibt es eine besondere Fürsorgepflicht. Ich als Politiker habe aber den Auftrag, den Vorgang eben auch aus politischer, nicht nur aus militärisch-operativer Sicht zu bewerten, und aus politischer Sicht gibt es eben auch ethische und strategische Fragen. Deshalb komme ich zum Urteil: dieser Abwurf war ein gravierender Fehler.
Armbrüster: Geht es Ihrer Partei, der SPD, denn möglicherweise auch darum, einen der beliebtesten Politiker der Regierung in Misskredit zu bringen?
Arnold: Sicherlich ist nicht unsere Aufgabe, einen Regierungspolitiker von morgens bis abends zu loben. Aber Herr zu Guttenberg bringt sich ja nun wirklich selbst in Misskredit. Er produziert nach außen das Bild des Strahlemannes und in Wirklichkeit, immer wenn die Dinge konkret, ernst und schwierig werden, kneift er und macht gravierende Fehler. Das geht ja noch weiter. Es ist ja nicht nur eine Frage, wer lügt, sondern es ist auch eine Frage, wie geht ein Minister mit seinen Untergebenen um, die zweifellos herausragende Verdienste haben. Da muss ich sagen, auch die Art und Weise, wie es zu dieser Entlassung gekommen ist, wie er mit den beiden gesprochen hat, das ist wirklich stil- und würdelos und ist nicht akzeptabel.
Armbrüster: Aber viele Leute sagen jetzt wahrscheinlich, wann wer was gesagt hat ist doch eigentlich ziemlich egal. Wenn der Verteidigungsminister seinen Spitzenleuten ganz einfach nicht mehr vertraut, dann müssen sie eben gehen. So ist das in jedem Ministerium und wahrscheinlich auch in jedem Unternehmen.
Arnold: Ja, das ist in der Tat so. Wenn der Verteidigungsminister sagt, ich will die Spitze meines Hauses neu organisieren, ist das sein gutes Recht. Wenn er aber selbst Bewertungsfehler macht und die dann seinen Untergebenen mit, wie ich meine, haltlosen Argumenten in die Schuhe schiebt, dann hat das eine ganz, ganz andere Dimension. Personalfürsorge gilt natürlich auch für Spitzenbeamte, und dass die beiden sich in ihrer Ehre tief verletzt fühlen, kann ich verstehen, weil ich schon den Eindruck hatte, bei beiden, die entlassen wurden, sie sind in ihrer Art und Weise seriös und glaubwürdig und der Minister hat einen großen Fehler gemacht, dass er deren Seriosität in Frage stellt. Dies schlägt auf ihn zurück. Die Frage stellt sich jetzt an ihn, wie gründlich und seriös er als Minister Verantwortung trägt.
Armbrüster: Rainer Arnold, er sitzt als SPD-Obmann im Kundus-Untersuchungsausschuss. Vielen Dank für dieses Gespräch und einen schönen Tag noch, Herr Arnold.
Arnold: Danke auch.
Rainer Arnold: Schönen guten Morgen, Herr Armbrüster.
Armbrüster: Hat Verteidigungsminister zu Guttenberg gelogen, als er gesagt hat, seine beiden Spitzenmänner hätten ihn nicht ordentlich informiert?
Arnold: Er hat bisher seine These, er wäre falsch oder schlecht informiert worden, in keiner Weise fundiert, und insofern ist es schon so: beide Zeugen gestern haben mit einer außerordentlichen Glaubwürdigkeit dargelegt, dass sie dem Minister alles gegeben haben, was wichtig ist. Und wir können uns ja selbst ein eigenes Bild machen als Ausschussmitglieder. Die angeblich vorenthaltenen Akten – das ist ein schwerer Vorwurf -, die enthalten wirklich nichts Neues, was über den ISAF-Abschlussbericht hinausgeht, keine neuen Fakten, die zu einer veränderten Bewertung führen. Es bleibt also der Eindruck noch stärker, Minister zu Guttenberg hat eine Fehlbewertung vorgenommen, musste sie dann korrigieren und hat dann schnell einen Sündenbock gesucht, auf wen kann er die Verantwortung abwälzen. Dies ist unser Eindruck, und bisher hat zu Guttenberg den in keiner Weise widerlegen können.
Armbrüster: Aber wenn wir die Einschätzung von Herrn Königshaus gehört haben, dann könnte das alles auch etwas anders ausgesehen haben, dass zu Guttenberg einfach einige Informationen mehr haben wollte, oder sich mehr versprochen hätte, mehr einfach was über die Akten hinausgeht.
Arnold: Auch da ist ja dann interessant nachzufragen, wie oft hat er eigentlich den Rat gesucht seiner beiden Spitzenleute im Ministerium. Der Generalinspekteur ist ja immer für gute Informationen gut. Wir als Parlamentarier haben die über viele Jahre lang genutzt. Hier kommt ein Minister neu ins Amt und nach der Schilderung des Generalinspekteurs ist Minister zu Guttenberg kein einziges Mal zusätzlich auf ihn zugekommen und hat gesagt, Mensch, Generalinspekteur, sagen sie mir doch mal, was war dort wirklich los. Er hat also dieses Gespräch und die Expertise des GI’s nicht mal gesucht. Das halte ich für einen neuen Minister sowieso jenseits des aktuellen Vorgangs für fatal und für einen gravierenden Fehler.
Armbrüster: Aber ist er, wenn das so sein sollte, dann tatsächlich als Minister noch haltbar?
Arnold: Natürlich muss man ihn jetzt auch hören. Aber eines ist klar: ein Minister, der für 255.000 Soldaten die Verantwortung trägt, Soldaten, die in sensiblen Einsätzen sind, ein schwierig zu führender Personalkörper, der darauf basiert, dass sie Vertrauen in ihre militärische und politische Führung haben, hat eine ganz besondere Verantwortung, und wenn sichtbar wird, dass die Tugenden, die ein politischer Führer eben auch braucht, nämlich redlich mit seinen Untergebenen umzugehen, wenn daran Zweifel bestehen, kann er sein Amt sicherlich nicht mehr ausführen.
Armbrüster: Es wird jetzt, Herr Arnold, viel über den Fluss von Informationen geredet. Verlieren wir dabei nicht aus den Augen, worum es in dem Ausschuss eigentlich gehen sollte, nämlich aufzuklären, ob es militärisch richtig war, in jener Nacht diese beiden Tanklaster anzugreifen?
Arnold: Auslöser des Untersuchungsausschusses war nicht die Bewertung dieser Nacht, sondern Auslöser war die eher schleppende, zögerliche Informationspolitik und war auch, dass Minister Jung ein paar Tage zu lang an falschen Versionen dieser Nacht festgehalten hat, und natürlich interessierten uns dann auch die präzisen Abläufe in dieser Nacht und insofern gehört das schon zusammen. Aber der Auslöser war das katastrophale Informationsmanagement. Minister Jung hat die Verantwortung übernommen. Es wurde jetzt auch deutlich in den letzten Wochen unserer Untersuchung, dass die Verantwortung dafür weit oben zu suchen und anzusiedeln ist. Und dann geht es letztlich um die Frage, war dieser Bombenabwurf angemessen und korrekt. Hier habe ich von Anfang an eine andere Position vertreten. Ich war schon zu Beginn der Auffassung, dass eine Bombe auf eine große Menschenansammlung generell zu gefährlich ist, weil das Risiko latent ist, dass Zivilisten zu Schaden kommen, und es wurden ja auch erhebliche Regelverletzungen von Oberst Klein vorgenommen. Auf der anderen Seite habe ich natürlich auch Verständnis, dass der oberste Soldat und auch der Staatssekretär sich zunächst mal vor die Soldaten schützend stellt. Da gibt es eine besondere Fürsorgepflicht. Ich als Politiker habe aber den Auftrag, den Vorgang eben auch aus politischer, nicht nur aus militärisch-operativer Sicht zu bewerten, und aus politischer Sicht gibt es eben auch ethische und strategische Fragen. Deshalb komme ich zum Urteil: dieser Abwurf war ein gravierender Fehler.
Armbrüster: Geht es Ihrer Partei, der SPD, denn möglicherweise auch darum, einen der beliebtesten Politiker der Regierung in Misskredit zu bringen?
Arnold: Sicherlich ist nicht unsere Aufgabe, einen Regierungspolitiker von morgens bis abends zu loben. Aber Herr zu Guttenberg bringt sich ja nun wirklich selbst in Misskredit. Er produziert nach außen das Bild des Strahlemannes und in Wirklichkeit, immer wenn die Dinge konkret, ernst und schwierig werden, kneift er und macht gravierende Fehler. Das geht ja noch weiter. Es ist ja nicht nur eine Frage, wer lügt, sondern es ist auch eine Frage, wie geht ein Minister mit seinen Untergebenen um, die zweifellos herausragende Verdienste haben. Da muss ich sagen, auch die Art und Weise, wie es zu dieser Entlassung gekommen ist, wie er mit den beiden gesprochen hat, das ist wirklich stil- und würdelos und ist nicht akzeptabel.
Armbrüster: Aber viele Leute sagen jetzt wahrscheinlich, wann wer was gesagt hat ist doch eigentlich ziemlich egal. Wenn der Verteidigungsminister seinen Spitzenleuten ganz einfach nicht mehr vertraut, dann müssen sie eben gehen. So ist das in jedem Ministerium und wahrscheinlich auch in jedem Unternehmen.
Arnold: Ja, das ist in der Tat so. Wenn der Verteidigungsminister sagt, ich will die Spitze meines Hauses neu organisieren, ist das sein gutes Recht. Wenn er aber selbst Bewertungsfehler macht und die dann seinen Untergebenen mit, wie ich meine, haltlosen Argumenten in die Schuhe schiebt, dann hat das eine ganz, ganz andere Dimension. Personalfürsorge gilt natürlich auch für Spitzenbeamte, und dass die beiden sich in ihrer Ehre tief verletzt fühlen, kann ich verstehen, weil ich schon den Eindruck hatte, bei beiden, die entlassen wurden, sie sind in ihrer Art und Weise seriös und glaubwürdig und der Minister hat einen großen Fehler gemacht, dass er deren Seriosität in Frage stellt. Dies schlägt auf ihn zurück. Die Frage stellt sich jetzt an ihn, wie gründlich und seriös er als Minister Verantwortung trägt.
Armbrüster: Rainer Arnold, er sitzt als SPD-Obmann im Kundus-Untersuchungsausschuss. Vielen Dank für dieses Gespräch und einen schönen Tag noch, Herr Arnold.
Arnold: Danke auch.