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Zu schade für die Tonne

Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen allein in Deutschland jährlich auf dem Müll - zwei Drittel davon stammen aus Privathaushalten. Während die Politik das Thema erst frisch auf die Agenda gesetzt hat, kämpfen private Initiativen schon länger gegen die Verschwendung an.

Von Verena Kemna | 01.06.2013
    Neugierig beäugen Oskar, Emilie, Natalie, Baba und René einen gelben Doppeldeckerbus, der mitten auf ihrem Schulhof parkt. "Kimba Mobil" lesen die Neunjährigen an der Bustür. In der Berliner Judith-Kerr-Grundschule steht an diesem Vormittag "selber kochen" auf dem Stundenplan. Die Schüler sind aufgeregt, freuen sich auf ihren Kochkurs in dem umgebauten Bus der Berliner Verkehrsgesellschaft, BVG.

    "Leider bin ich nicht so ein guter Kocher, deswegen kann ich nur Spaghetti oder Spiegeleier. Ich mach´ Kuchen mit meiner Mutter oder Suppe, ich habe immer mit meinem Vater Kartoffelbrei gemacht. Meine Oma und mein Opa sind da, und mit denen backen wir ganz viel. Ich schneide immer Kartoffeln."

    Seit drei Jahren fährt der gelbe Doppeldeckerbus als mobiles Kochstudio die Schulen der Hauptstadt an. Das Projekt der Berliner Tafel hat einen klaren Auftrag: Für einen Euro können Kinder und Jugendliche lernen, was es heißt, sich gesund und ausgewogen zu ernähren. Sie sollen aber auch erfahren, dass Lebensmittel etwas wert sind. Im Schnitt wirft jeder Bundesbürger jährlich etwa achtzig Kilogramm Essen in den Müll. Auch Oskar, neun Jahre alt, erzählt freimütig, dass er ab und zu sein Pausenbrot in die Tonne wirft.

    "Mein Vater packt das nicht in Plastiktüten, und das Brot mischt sich dann mit dem Apfel, ist also in dem Apfel drin, weil sich immer alles schüttelt. Das schmeiß ich in den Müll!"

    Im mobilen Kochstudio schnippeln Natalie, Emilie und Viktoria derweil Lauchstangen, Paprika und Möhren. Die beiden Jungs zählen die Eier im Karton, daneben stehen Tüten mit Milch und Mehl. Es gibt Pfannkuchen mit Gemüsefüllung.

    "Wir machen jetzt den Eierkuchenteig. Hier ist der Topf, hier machen wir den Teig drin, hier haben wir Eier, fangt erst mal an, die Eier hier rein zu schlagen. Das sind zehn Stück jetzt."

    Anfassen, schmecken, riechen und selber machen, das ist wichtig, damit die Schüler ein besseres Gefühl bekommen für das, was sie essen, meint Timo Schmitt. Der studierte Ernährungswissenschaftler begleitet die Kochkurse regelmäßig. Als Mitarbeiter der Tafel erlebt er immer wieder, dass die meisten Kinder und Jugendlichen zwar einiges über Lebensmittel wissen, aber nur selten, wie sie mit diesen umgehen können.

    "Ein gutes Beispiel sind die Möhren mit den schwarzen Flecken. Da denkt jeder gleich, das ist Schimmel, das ist ungesund, das kann ich nicht essen, ich schmeiß die ganze Möhre weg. Da muss man nur ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten, schäl´ dir die Möhre ab und iss sie!"

    Aufklärung ist entscheidend, sagt auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner. Die CSU-Politikerin hat vor gut einem Jahr eine Kampagne unter dem Motto "Zu gut für die Tonne" gestartet - und das Thema Lebensmittelverschwendung zu ihrer persönlichen Chefsache erklärt. Eine Studie der Universität Stuttgart vom März 2012 über Lebensmittelabfälle in Deutschland hat ergeben, dass Industrie, Handel, Großverbraucher und vor allem Privathaushalte jährlich fast elf Millionen Tonnen Lebensmittel als Abfall entsorgen.

    Mit einem Anteil von fast sieben Millionen Tonnen sind die Verbraucher mit über sechzig Prozent an der gigantischen Lebensmittelverschwendung beteiligt. Obst und Gemüse werden dabei besonders oft weggeworfen. Die Gründe sind einfach, heißt es in den Verbraucherinformationen des Bundesministeriums. Da steht, dass die Deutschen oft zu viel und ungeplant einkaufen, ihre Lebensmittel falsch lagern, mehr kochen als sie dann essen und aus dem, was übrig bleibt, nicht wissen, was sie damit machen können. Viele Tipps etwa zu Lagerung, Kühlung und Einkaufslogistik finden sich auf der Internet-Plattform des Ministeriums. Ilse Aigner ist mit der Resonanz zufrieden.

    "Also die ist sehr, sehr positiv, hier haben wir 50 Prozent der Bevölkerung, die von der Kampagne erfahren haben und sie auch positiv finden, und von diesen haben wiederum 25 Prozent nach einer ersten Erhebung gesagt, sie haben auch ihre persönlichen Gewohnheiten umgestellt, und ich finde, das ist schon ein großer Erfolg."

    Immer mehr Partner engagieren sich bei dem bundesweiten Bündnis gegen Lebensmittelverschwendung, sagt Aigner und nennt Städte und Kommunen, Gastronomie, die ehrenamtlichen "Tafeln", den Verein "Slowfood", der sich weltweit für eine Kultur des Essens stark macht. Die Wertschätzung von Nahrungsmitteln hat bei "Slowfood" Priorität, ganz im Sinne der Bundesministerin.

    "Das geht von den Kirchen über die Schulen bis zum Großverbraucher, die sich das auf die eigene Fahne schreiben und bis zu jedem einzelnen Verbraucher. Alleine die Reste-App von uns wurde 380.000 Mal abgerufen. Ich finde, das ist schon ein großes Zeichen, dass die Menschen sich mit dem Thema beschäftigen."

    Zwar verschwenden Handel und Industrie gerade einmal ein Drittel dessen, was in Privathaushalten auf dem Müll landet. Doch die CSU-Politikerin Ilse Aigner fordert, dass auch der Handel mehr tut, um die Verbraucher in den Supermärkten besser zu informieren. Die Verbraucherzentralen haben im vergangenen Jahr in elf Supermärkten untersucht, wie Produkte kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums in den Regalen präsentiert werden. Das Ergebnis – bedenklich: Lediglich der Handelskette Rewe bescheinigten die Verbraucherzentralen eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung.

    Mit rotem Aufkleber und dem Verweis auf die kurze Haltbarkeit werden dort Produkte vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums angeboten. Den meisten Handelsketten bescheinigen die Verbraucherzentralen allerdings nur mittelmäßiges bis sehr geringes Engagement. Da helfen auch die Informationsflyer nicht, die das Bundesverbraucherministerium anbietet und die auch in den Supermärkten ausliegen sollten, kritisiert Timo Schmitt von der Berliner Tafel.

    "Ich erlebe es ja selber, wenn ich in die Supermärkte gehe, wo stehen die Flyer vom Ministerium? Das heißt, ich kenne diese Flyer, ich hatte die schon in der Hand, aber ich merke, bei ganz vielen Leuten, mit denen ich spreche, die wissen gar nichts von dieser Kampagne."

    Die in deutschen Supermärkten üblichen Rabattschlachten, das Verramschen von Lebensmitteln zu Billigpreisen und nicht zuletzt die von der EU vorgeschriebenen Vermarktungsnormen sind dem 29-Jährigen ein Gräuel, weil dadurch viel zu viele gute Lebensmittel gar nicht erst auf die Ladentheke gelangen. Zwar gelten nur noch zehn der ehemals 36 Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse, krumme Gurken und knorrige Karotten dürften längst in Supermärkten verkauft werden, doch die Realität sieht anders aus, erzählt Timo Schmitt.

    "Bestes Beispiel, ich stand gestern bei uns in der Tafel, und wir hatten wirklich so unglaublich viele, so richtige Schlangengurken, die letztendlich nicht in den Handel gelangt sind. Man hört immer wieder von den zu kleinen Kartoffeln, den zu kleinen Äpfeln, und ich habe mit Landwirten gesprochen, die sagen, sie kriegen diese kleinen Sachen nicht los, die bleiben auf dem Acker liegen, es kauft sie keiner."

    Die großen Supermarktketten allerdings wollen sich öffentlich nicht zum Thema äußern – und lehnen Interviewanfragen ab. Viele verweisen stattdessen darauf, dass sie durchaus mit den bundesweit rund 900 Tafeln kooperieren. Da ist die Bio Company eine Ausnahme. Die Geschäftsleitung beteiligt sich aktiv daran, die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen. Die Supermarktkette betreibt 25 Filialen in Berlin sowie einzelne Filialen in Potsdam, Dresden und Hamburg. Alexander Thal ist Assistent der Marktleitung in der größten Filiale in Berlin Zehlendorf. Er steht vor der Obst- und Gemüsetheke, drückt mit dem Daumen Rote-Beete-Kugeln und weiße Rübchen, prüft, ob die grünen Kohlrabiblätter knackig und frisch sind.

    "Sollte das dann aufgrund der Kühlprozesse in dieser Abteilung ein bisschen welker aussehen, wird es schwierig, diese wirklich qualitativ sehr gute Ware zu verkaufen. Auch ganz klassisch, ähnlich wie der Kohlrabi, Bundmöhren. Da schaut man dann auch, was sagt das Grün, obwohl die Möhre noch hervorragende Qualität hat."

    Was nicht mehr zum Ladenpreis angeboten wird, können die Kunden zum Angebotspreis kaufen. In einem Einkaufskorb liegen schon verschiedene Gemüse in Plastiktüten, darauf kleben rote Schilder, die Ware ist um zwanzig Prozent reduziert. Alexander Thal hält eine Blumenkohlvariante in die Höhe und blickt auf die türmchenförmigen Röschen:

    "Also wir haben jetzt hier einen Romanesco, wo man sieht, dass das Grün drum herum schon ein bisschen welker ist, die Blüte an sich aber noch Festigkeit hat oder die Artischocke, die jetzt oben schon anfängt ein bisschen welk zu werden, die ist oben etwas braun, aber definitiv noch zu verbrauchen ist."

    Die Idee kommt bei den Kunden an: Meistens ist der Korb mit den Angeboten am Abend leer. Wenn nicht, prüfen die Angestellten noch einmal die Qualität der reduzierten Lebensmittel und bieten die Ware dann zum halben Preis an. Was nicht mehr verkauft werden kann, können sich die Mitarbeiter danach mitnehmen. Prüfen, sortieren, nicht immer alle Artikel von allen Herstellern im Regal haben, so beschreibt Alexander Thal die Logistik, damit möglichst wenig in der Tonne landet. Zudem unterstützt die Geschäftsleitung das Internetportal foodsharing. Die private Initiative wendet sich bundesweit an Verbraucher, aber auch an Handel und Gastronomie. Die Idee: Wer Lebensmittel übrig hat, kann sie durch das Internet weiter schenken.

    In Berlin haben engagierte Mitglieder von foodsharing mit der Supermarktkette Bio Company eine besondere Abmachung ausgehandelt. Die "Lebensmittelretter", wie sie sich nennen, kommen aus allen Teilen der Gesellschaft: Sie sind Umweltaktivisten, Familienmütter, Senioren, Studenten. Sie kommen jeden Tag zu den Filialen und holen ab, was übrig bleibt. So landen die Reste eben nicht in der Tonne, sondern doch noch auf dem Teller. Alexander Thal, Assistent der Marktleitung in der Hauptfiliale der Bio Company, freut sich über das Engagement der Geschäftsleitung. Er steht etwas abseits der Verkaufsfläche in einer Kühlschleuse. Dort lagern die Molkereiprodukte für die Selbstabholer. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nur ein Richtwert, erklärt er. Wichtig ist vor allem, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird.

    "Da ist ein kleines Tragekörbchen, da haben wir jetzt dreimal frischen Strudelteig drinne, zwei Gläser Joghurt mild, eine Packungen Falafel, zwei Salate, zwei mal Frischkäse und zwei mal Butter."

    Die gekühlte Ware und einen mehr oder weniger vollen Einkaufswagen mit Obst und Gemüse holen die "Lebensmittelretter" meistens gegen Mittag. Die Suche nach ihnen führt direkt in die Wohnung des Umweltaktivisten Raphael Fellmer.

    Der 29-Jährige sitzt in seinem Arbeitszimmer. Die Wohnung, in einem Haus der evangelischen Gemeinde im gutbürgerlichen Berlin-Dahlem, ist so etwas wie seine Schaltzentrale. Von hier aus koordiniert der Umweltaktivist bundesweit das Netzwerk der selbst ernannten Lebensmittelretter. In der Szene ist der Familienvater längst bekannt. Seit Jahren lebt er mit seiner Familie fast ohne Geld, auch die Wohnung ist ein Tauschgeschäft. Hausmeisterarbeiten wie Rasenmähen, Bäume schneiden und Reparaturen gegen freie Logis. Fellmer nippt an einem Becher Tee, fixiert den Computerbildschirm. Seit gerade einmal einem halben Jahr ist das Internetportal foodsharing geschaltet, dass Interessierte bundesweit vernetzen soll: Fast 20.000 Nutzer sind schon dabei, erzählt Fellmer. Wer sich auf der Seite einloggt, kann Lebensmittel anbieten oder sich welche aussuchen. Dabei gilt ein Ehrenkodex: Jeder sollte nur das anbieten, was er selber noch essen würde, betont Raphael Fellmer und blickt auf die geöffnete Website und liest vor, was in Deutschland gerade umsonst im Angebot ist.

    "Babynahrung, Backwaren, Obstkuchen, Aktiva Joghurt, Feldsalat, Fenchel, Brokkoli, Alete Anfangsmilch, Kartoffeln und Schokolade, Käse in fast allen Sorten, saure Sahne, man merkt wirklich, durch die Bank, es gibt alles. Woran wir noch arbeiten ist, dass es das überall gibt."

    Er lehnt sich zurück, schwärmt für die Idee, dass schon bald jeder in der eigenen Nachbarschaft mindestens einen Lebensmittelretter kennen könnte, bei dem man Essen abholen oder abgeben kann. In der Ecke liegt eine Plastiktüte, gefüllt mit übriggebliebenen Backwaren. Die hat Fellmer am Vorabend beim Bäcker um die Ecke abgeholt und bei foodsharing ins Internet gestellt. Nun wartet er auf Alwina, die die Brötchen abholen möchte. Beide haben hin und her gepostet, kennen sich aber nicht persönlich. Hoffentlich ist sie pünktlich, sagt Raphael. Dann steht Alwina mit ihren drei Kindern im Treppenhaus.

    "Hallo, ich bin der Raphael, schön, dass du da bist und so pünktlich! Ja, Brötchen werden immer gebraucht und gern gegessen, und von daher habe ich das mit einem schönen Spaziergang verbunden und ja, passt ja."

    Die junge Frau mit den schulterlangen braunen Haaren versteht ihr Engagement gegen Lebensmittelverschwendung als Protest gegen die Wegwerfmentalität einer Konsumgesellschaft, sagt sie und öffnet einen großen schwarzen Rucksack. Die beiden Jungs packen Laugenstangen, Croissants und Brötchen ein, während ihre Mutter erzählt, dass sie selber regelmäßig Lebensmittel anbietet, um Geld zu sparen, aber vor allem aus Überzeugung.

    "Wenn Käse gekauft wurde, der nicht gegessen wird, so Sachen halt. Bevor wir sie in die Tonne schmeißen, weil sie keiner isst, kann man sie einfach abholen."

    Raphael Fellmer sieht auf die Uhr. Er hat es eilig. Sein nächster Termin ist die Bio Company. Auf den Deal mit der Supermarktkette ist er besonders stolz. Jeden Tag kann er dort ganz legal übrig gebliebene Ware abholen. Raphael nimmt das Fahrrad, zwanzig Minuten später ist er am Ziel.

    "Da ist er ja!"

    Margarete und Johanna warten schon. Sie sind seit einigen Monaten bei foodsharing dabei und engagieren sich dort in ihrer Freizeit, sie sortieren Lebensmittel und verteilen sie. An diesem Tag ist der Einkaufswagen besonders voll. Da liegen pralle, rote Paprika, Petersilienwurzeln, Tomaten, Avocados. Raphael Fellmer lacht, hält eine Tüte mit duftenden Miniorangen in der Hand. Margarete hockt derweil vor einem Karton, packt rote Beete und Orangen ein. Sie hat das Projekt durch ihren Sohn kennengelernt und ist seit Monaten dabei. Mehrmals in der Woche hilft sie mit und versorgt zudem Freunde und Nachbarn mit dem, was sonst auf dem Müll landen würde. Geldsorgen hat sie nicht, sie wehrt sich gegen die Dekadenz der Wegwerfgesellschaft.

    "Seitdem Raphael das so wunderbar offiziell gemacht hat, kann man hier auf eine gute Art und Weise was abholen, ohne das Gefühl zu haben, man macht etwas Verbotenes oder man könnte erwischt werden. Es ist ganz offiziell, Bio Company stellt uns zur Verfügung, was sie nicht verkaufen können, und wir verwerten das weiter, und die letzte Station sind die Tiere."

    Johanna, eine junge Frau mit schulterlangen dunklen Haaren packt Salatblätter und überreife, etwas matschige Tomaten in eine Tüte. Sie sammelt für die Hühner auf einem nahe gelegenen Bauernhof. Karotten, Äpfel und Rote Beete bringt sie in einen Pferdestall.

    "Also, ich bin mit einem Garten aufgewachsen und weiß einfach, dass Gemüse lange viel Pflege braucht, bis es zu ernten und zu essen ist, und ich finde es wahnsinnig schade, wenn es bis in den Laden gekommen ist und dann am Ende nur noch weggeworfen wird."

    Raphael Fellmer öffnet eine Tüte Paprika.

    "Hier in der Plastiktüte ist eine schlecht, die anderen sechs Paprika sind noch gut. Am besten machen wir alles vor Ort, die schlechten raussortieren und die anderen, da nimmt sich dann jeder was mit, was er brauchen kann."

    Sein Kampf gegen Verschwendung ist längst zur Mission geworden. Der Familienvater hievt noch einen großen Plastiksack mit Brot und Brötchen auf den Gepäckträger, dann sind alle Lebensmittel verstaut, der Platz sieht wieder sauber aus. Wir müssen alles ordentlich hinterlassen, eine Bedingung der Supermarktkette, sagt Fellmer, schwingt sich auf sein Fahrrad und radelt nach Hause. Was er nicht selber braucht, wird er noch am gleichen Tag an Freunde und Nachbarn verschenken oder ins Internet stellen. Auch die etwa 900 Tafeln bundesweit unterstützen die Arbeit von foodsharing. Jochen Brühl, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands der Tafeln ist selber Mitglied bei der privaten Internetinitiative.

    "Ich glaube, das fördert auch die Sensibilität zum Thema, Lebensmittelachtsamkeit, da gut mit umzugehen, und ich glaube, das ist ein sehr interessantes Thema für Schulklassen, für Jugendliche, Kinder, zu erleben, wie Eltern und Familie damit umgehen. Wir geben jetzt die Tomate, die Milch in das System bevor wir wegfahren, und ich glaube, das ist eine sehr gute Idee. Das hilft glaube ich allen, aufmerksamer mit dieser Ressource Lebensmittel umzugehen."

    Die Viertklässler der Berliner Judith–Kerr-Grundschule haben inzwischen ihr selbst gekochtes Menü fertig. Sie haben geschnippelt, gequirlt, gemixt und gebraten. Nun trinken sie Fruchtsaftschorle, essen Pfannkuchen mit Gemüsefüllung und Quarkspeise. Die Schüler sind begeistert und werden zu Hause erzählen, was sie gekocht haben. Genau diese Art der Wertschätzung von Lebensmitteln will die Berliner Tafel mit ihrem Bildungsprojekt Schulen erreichen. Schließlich sind die Schüler von heute die Konsumenten von morgen.
    Die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), aufgenommen im Landwirtschaftsministerium in Berlin bei einem Pressestatement.
    "Aufklärung ist entscheidend", sagt Bundesverbraucher- ministerin Ilse Aigner (AP - Berthold Stadler)
    Ein Aktivist von foodsharing.de im Hinterhof eines Supermarktes. Essen aus Mülltonnen zu holen nennt man Containern.
    Ein Aktivist von foodsharing im Hinterhof eines Supermarktes. Essen aus Mülltonnen zu holen nennt man Containern. (Verena Kemna)