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Zugang zum Atommüll als Ausschlusskriterium

Nach und nach werden die Atomkraftwerke abgeschaltet. Aber der Müll bleibt. Als Endlager ist der Salzstock in Gorleben im Gespräch, doch Niedersachsens Ministerpräsident zweifelt an der Tauglichkeit. Die dauerhafte Rückholbarkeit des Atommülls spreche gegen Gorleben, sagt Landeskorrespondentin Sabine Schrammar.

Susanne Schrammar im Gespräch mit Georg Ehring |
    Georg Ehring: Wird der radioaktive Atommüll aus Deutschland sein Endlager in Gorleben finden? Die niedersächsische Landesregierung war bisher dafür durchaus zu haben, der Salzstock wird ja bereits heute als Zwischenlager genutzt. Umso mehr sorgt die Hannoversche Allgemeine heute für Aufsehen, sie berichtet von einem Brief des Ministerpräsidenten David McAllister an Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Darin werde betont, dass die Rückholbarkeit des Atommülls ein wichtiges Kriterium für den Standort des Endlagers sei. Für einen Salzstock wie Gorleben könnte das aber ein K.-o.-Kriterium sein. Rückholbar wäre also vielleicht die bisherige Unterstützung Niedersachsens für ein Endlager in diesem Bundesland. – Susanne Schrammar, unsere Landeskorrespondentin in Hannover: Frau Schrammar, strebt McAllister das Aus für Gorleben an?

    Susanne Schrammar: Ja. So klang zumindest die Deutung in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und auch bei anderen Medien, die schon von einer Offensive McAllisters gesprochen haben, denn das Kriterium Rückholbarkeit, das spricht möglicherweise tatsächlich gegen den Salzstock Gorleben, denn mit den Jahren ist es so, dass das Salz dann wächst an den Stollenwänden, also es wächst dann zu, und möglicherweise wird dann so der Zugang zum Atommüll verschlossen. Alternative wären Ton- oder Granitgesteine, da die sich kaum verformen, aber ich habe heute Vormittag mit David McAllister gesprochen und der Ministerpräsident, der zeigte sich ziemlich erstaunt, dass dieser Brief, den er Röttgen schon vor vier Wochen geschrieben hat, der aber erst gestern Abend an die Öffentlichkeit gelangt ist, jetzt mit einer solchen Brisanz interpretiert wird. Das sei lediglich eine Anregung an den Bundesumweltminister für die Erstellung des Endlagersuchgesetzes, was ja im Moment im Entstehen ist, so David McAllister, und er sagte, er wolle in der Sache vorankommen und deshalb eben auch dieser Brief. Und in diesem Endlagersuchgesetz, das bis Ende des Jahres stehen soll und bei dem es auch um mögliche alternative Standorte zu Gorleben gehen soll, sollte nach Ansicht der niedersächsischen Landesregierung eben auch das Kriterium der Rückholbarkeit eine wichtige Rolle spielen.

    "David McAllister:"Das sind Fragen, die der Bund zu entscheiden hat, ob die Rückholbarkeit ein entscheidendes Kriterium sein soll oder nicht. Aber es gibt halt ernst zu nehmende Stimmen, die sagen, auch die Rückholbarkeit muss ein Kriterium sein, zumindest die Rückholbarkeit für einen längeren Zeitraum. Wer weiß denn aufgrund der technischen Entwicklung, was in einigen hundert Jahren möglich sein könnte?""

    Schrammar: Und um eine klare Antwort auf die Frage, ob denn dieses Kriterium für ihn gegen Gorleben sprechen würde, da hat sich der niedersächsische Ministerpräsident so ein bisschen herumgedrückt. Er hat keine Einschätzung gegeben, ob man den Atommüll seiner Meinung nach wieder aus Gorleben rausholen könnte, sondern er hat erneut bekräftigt, dass der Salzstock zunächst wie geplant zu Ende erkundet werden müsse.

    Ehring: Klare Antworten gibt es aber doch bestimmt von der rot-grünen Opposition in Hannover?

    Schrammar: Ja! Es gab sogar so eine Art Beifall von der SPD. McAllister hätte die schon so lange währende Forderung der Opposition aufgegriffen, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Detlef Tanke, und Detlef Tanke sieht das auch so, dass durch diesen Brief McAllister jetzt unter Zugzwang steht, seine Punkte auch in diesen Gesetzesentwurf der Bundesregierung wiederfinden zu müssen, und damit sei Gorleben faktisch tot, so Tanke, McAllister wollte das nur noch nicht so deutlich sagen.
    Die Bürgerinitiative in Gorleben hingegen, die bleibt sehr skeptisch. Die von McAllister empfohlene Rückholbarkeit sei keineswegs ein Ausschlusskriterium für eine Einlagerung in Gorleben, sagte ein Sprecher der Bürgerinitiative, denn zur Not lasse sich der Atommüll wohl auch aus Salzgestein heraus bergen, meint die Bürgerinitiative.
    Die Grünen im niedersächsischen Landtag, die sehen im bekannt werden dieses Briefes auch eher so eine Art PR-Aktion, um eben von den Problemen abzulenken, die derzeit im Zwischenlager in Gorleben herrschen. Dort findet man es auch sehr außergewöhnlich, dass ausgerechnet heute, wo im Landtag über das Zwischenlager in Gorleben debattiert wird, solche Schlagzeilen kommen, und die Grünen vermuten da so eine Art Ablenkungsmanöver.

    Ehring: Im Zwischenlager ist ja die Strahlung höher als erwartet. Wie geht das Land damit um?

    Schrammar: Ja! Die Strahlenmesswerte sind dort höher als erwartet, und möglicherweise geht es darum, ob der nächste Castortransport abgesagt werden muss, weil dann eben die nächsten elf Castoren, wenn die dort eingelagert würden, den Strahlenmesswert noch nach oben tragen würden. Die Opposition im Landtag hat klar gefordert, dass die niedersächsische Landesregierung den nächsten Castortransport absagen soll, aber das niedersächsische Umweltministerium hat dem Betreiber des Zwischenlagers noch eine Frist bis Ende des Monats eingeräumt, die Strahlenmesswerte in den Griff zu bekommen, zum Beispiel indem dort die Behälter umgelagert werden, oder indem Strahlenschutzmaßnahmen ergriffen werden. Da müssen wir erst mal abwarten, wie das bis Ende des Monats aussieht. Noch gibt es da keine Entscheidung, ob der Castortransport abgesagt wird.

    Ehring: Wie geeignet ist der Standort Gorleben für ein Atommüll-Endlager? Die Antworten auf diese Frage kamen von unserer Landeskorrespondentin Susanne Schrammar. Herzlichen Dank.