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Zukunft der Pflege
Soziale Pflege-Roboter setzen sich nur langsam durch

Soziale Roboter werden in der Seniorenbetreuung schon länger erprobt. Die Interaktion Mensch-Maschine scheint gute Ergebnisse zu bringen. Dennoch ist der Schritt vom Pilotprojekt zum flächendeckenden Einsatz noch nicht gemacht.

Von Nele Rößler | 18.02.2019
    Eine Pflegekraft reicht der dementen Eleonore Mayer einen Roboter in einem Robbenfell.
    Ein Roboter im Robbenfell gibt Geräusche von sich, kann sich bewegen und soll die emotionale Ebene von Demenzkranken erreichen (picture alliance / dpa)
    "Ja, du bist mein Mädchen…" Die 83-jährige Irmgard Dollinger aus einem Seniorenzentrum in Köln hat Rosie auf dem Schoß. "Für alte Leute ist es mal ganz gut."
    Rosie ist eine weiße Roboter-Robbe, das Modell ist erhältlich in den Farben braun, rosa und grau. Sie ist zirka einen halben Meter lang und wiegt fast drei Kilogramm. Es handelt sich um einen therapeutischen Roboter des Modells Paro: Paro verfügt über Sensoren und künstliche Intelligenz, um ein lebendiges Robbenbaby zu simulieren.
    Laut des Entwicklers Takanori Shibata ist Paro eine medikamentenfreie Alternative, um die Stimmung von Patienten zu verbessern. Er reduziere Angstzustände und Schmerzen, verbessere die Schlafqualität und verringere das Gefühl von Einsamkeit. "Manchmal bin ich schon ein bisschen traurig. Aber wenn ich sie hier sehe, dann vergeht das."
    Paro gilt als Vorreiter auf dem Gebiet der sozialen Roboter. Seit 1993 wird an ihm geforscht. Mittlerweile sind weltweit über 4.000 Paro-Robben in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im Einsatz. In mehr als 30 Ländern wird er in der Palliativbetreuung von Krebspatienten oder bei Kindern mit Autismus eingesetzt - vor allem aber bei demenzkranken Menschen und Senioren.
    Das Einsatzfeld ähnelt jenem von Tiertherapien, nur dass lebendige Tiere eben oft nicht dorthin dürfen, wo Paro mit seinem speziellen antibakteriellen Fell den Hygienestandards genügt. "Wir haben im Haus auch Hunde, aber das ist mir zu gefährlich", sagt Irmgard Dollinger.
    Starke Reaktion auch bei nicht dementen Menschen
    Die Kosten pro Robbe liegen bei zirka 5.000 Euro. In Deutschland nutzen über 40 Pflegeeinrichtungen Paro, unter anderem das Seniorenzentrum Arnold-Overzier-Haus in Köln, wo der Roboter Rosie heißt. Die Leiterin der Einrichtung, Elisabeth Römisch:
    "Das ist wirklich erstaunlich, dass sowohl demente wie auch nicht demente Bewohner ganz stark reagieren. Auch Männer, da würde man ja denken, die reagieren da schlecht drauf. Aber es gibt auch viele Männer, die reagieren total auf Rosie. Und es gibt einzelne Bewohner, die mögen das nicht. Aber insgesamt würde ich sagen, Rosie hat eine Erfolgsgeschichte."
    Als "soziale Roboter", im Englischen "social robot", werden Maschinen bezeichnet, die mit Menschen interagieren, indem sie die Regeln sozialer Kommunikation befolgen. Soziale Roboter sind außerdem in der Lage zu lernen: Sie schauen sich Verhaltensmuster ab und erkennen Stimmen nach einiger Zeit.
    Professor Jens Lüssem vom Fachbereich angewandte Informatik der Fachhochschule Kiel erklärt: "Ich muss Kommunikationsmöglichkeiten anbieten und die eben so anbieten, dass ein menschlicher Interaktionspartner auch in der Lage ist, einem Roboter dann entsprechende Befehle zu erteilen und Fragen zu stellen".
    Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in sozialen Robotern bereits Helfer vor allem in der Seniorenbetreuung erkannt – und fördert Pilotprojekte in diesem Bereich momentan mit fast zehn Millionen Euro. Unter anderem während des "Wissenschaftsjahres 2019", das unter dem Motto "Künstliche Intelligenz" steht - und im Wissenschaftsjahr 2018, das "Arbeitswelten der Zukunft" hieß.
    Von der Haushaltshilfe zur Seniorenbetreuung
    In dessen Rahmen tourte Robbie im vergangenen Jahr durch Deutschland. Er ist 1,20 Meter groß und mit weißem Plastik verkleidet. Seine Erscheinung ist der eines Menschen nachgeahmt, damit ist er ein humanoider Roboter.
    "Ich kann mich ganz gut bewegen, kann hören, sehen, sprechen und sogar Emotionen erkennen. Im letzten Jahr habe ich zusammen mit den Pflegern und Senioren bereits einiges gelernt. Zum Beispiel Thai-Chi und Memory spielen, Fragen beantworten, singen, tanzen, Witze erzählen - und so vielleicht Menschen etwas Freude und Anregung bringen."
    Robbie basiert auf dem Modell Pepper des japanischen Konzerns Softbank. Im Juni 2015 kam der Roboter in Japan auf den Markt, Kosten: 1.650 Dollar. Ursprünglich war er als eine Art Haushaltshilfe gedacht. Hotelketten nutzen ihn im Empfang. Schulen haben Interesse angemeldet. Nach Europa hat Softbank mittlerweile rund 12.000 Pepper-Roboter verkauft.
    Zwei menschenähnliche Roboter stehen mit bunten T-Shirts zwischen älteren Menschen im Altenpflegeheim
    Soziale Pflegeroboter übernehmen eine ähnliche Funktion wie in der Tiertherapie, halten dabei aber die Hygienestandards ein (picture alliance / Boris Roessler / dpa)
    Im Gegensatz zu der Robbe Paro - die nach einer gewissen Anwendungszeit zum Beispiel Stimmen erkennt, aber an sich so eingesetzt werden kann, wie sie geliefert wird - muss Peppers Software an das jeweilige Einsatzgebiet angepasst werden.
    Ein Team aus Wissenschaftlern der Universität Siegen und der Fachhochschule Kiel hat Pepper für die Seniorenbetreuung programmiert. So ist das Roboter-Modell Pepper zu dem individuellen Roboter Robbie geworden.
    Vom Bildschirm, der auf seiner Brust hängt, können Senioren Lieder auswählen, die sie mit Robbie singen wollen.
    "Es dient der Aktivierung, also es ist schon eine Form der Beschäftigung, aber Aktivierung ist ja auch gleichzeitig Prävention, und so ist es indirekt auch ein Stück weit Therapie", erklärt Professor Rainer Wieching, Präventionsforscher an der Universität Siegen. Er stellte Robbie, der im Hintergrund lacht, auf einer Veranstaltung der Barmer-Pflege- und Krankenkasse Ende vergangenen Jahres vor. Das Thema: "Zukunft Pflege - Maschine statt Mensch".
    Dort anwesend war auch der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Pflege, Andreas Westerfellhaus von der CDU:
    "Wir müssen erst mal in der Politik öffentlich ganz klar darstellen, wenn wir über Digitalisierung und Robotik denn dann in der Pflege reden, was meinen wir damit? Nämlich Unterstützung: Werkzeuge, die die Arbeit für pflegende Angehörige und für Pflegende denn dann erleichtern, aber niemals ersetzen, weil Pflege ist Kommunikation, ist soziale Kommunikation, ist beobachtungsgeprägt, kann nur von Mensch zu Mensch dann auch umgesetzt werden."
    Ergänzung zum menschlichen Kontakt
    Die Angst, dass soziale Roboter Pflegekräfte ersetzen könnten, dass maschinelle Interaktion demnächst menschliche Zuwendung verdrängen werde, war bis zur Einführung von "Rosie" beziehungsweise Paro auch im Arnold-Overzier-Haus in Köln zu spüren, erzählt die Leiterin Elisabeth Römisch.
    "Ein Roboter in der Pflege - und da werden Arbeitsplätze abgebaut..., da mussten wir richtig Überzeugungsarbeit leisten."
    Sie sieht Paro aber nur als Ergänzung zum menschlichen Kontakt. Ersetzen solle und könne Paro niemanden. Katharina Schenk, die Leiterin der "Tagesgestaltung" des Seniorenheims, sagt, dass bei ihnen gar keine Arbeitsplätze wegen Paro abgebaut werden könnten.
    "Wir müssen das betreuen, und wir betreuen das, wenn da irgendwas hoch kommt bei dem Bewohner, wenn da irgendwas auftritt, wir müssen da sein, um das zu begleiten. Ich glaube auch, gerade dementiell veränderte Bewohner, die das vielleicht auch wirklich als lebendes Wesen sehen, die wären völlig überfordert, wenn wir sie damit alleine lassen."
    Ähnlich wie Hunde in einer Tiertherapie übernimmt Paro keine Aufgaben, die sonst Menschen ausführen würden. Anders ist das bei dem humanoiden Roboter Pepper. Er unterhält Senioren, in dem er mit ihnen singt oder Spiele spielt. Aber auch diese Art von Robotern funktioniere nicht so, dass wirklich Personal eingespart werden könne, sagt Johanna Knüppel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe.
    "Ich habe kürzlich einen mal live erlebt, im Einsatz. Ich muss persönlich sagen, ich war schon einigermaßen ernüchtert. Mein Eindruck ist, dass dieser Hype um den Einsatz von Robotern, gerade in der Pflege, womöglich deutlich überschätzt wird."
    Pflegekräfte sehen soziale Roboter skeptisch
    Der von Knüppel beobachtete Roboter sollte nachts zum Beispiel demenzkranke Patienten davon abhalten, die Pflegeeinrichtung zu verlassen - das habe überhaupt nicht funktioniert. Geld gespart werde mit Pepper und Paro definitiv nicht. Nicht nur die Anschaffung, auch Wartung und Reparaturen seien teuer, sagt Knüppel. Zudem fehlten durch Anschaffungen dieser Art die Mittel, um mehr Pflegekräfte einzustellen oder sie besser zu bezahlen.
    "Wenn also dieses Geld, was für Robotik ausgebeben wird, was nur ein sehr begrenztes Einsatzspektrum hat, an anderer Stelle fehlt, wo es dringend gebraucht wird - dann ist das sehr kritisch zu bewerten."
    Pflegekräfte seien sozialen Robotern gegenüber generell skeptisch. "Weil sie den Verlust menschlicher Wärme und psychischer und physischer Zuwendung befürchten", sagt Kirsten Thommes von der Universität Paderborn, die die Akzeptanz von sozialen Robotern untersucht.
    "Ältere Bürger und deren Angehörige legen Wert darauf, dass sie die Wahl haben für und gegen den Einsatz von Robotern. Die Wahlfreiheit reicht für sie aus, dass sie auch den Einsatz von sozialen Robotern akzeptieren würden."
    Roboter-Entwicklern fehlt der soziale Hintergrund
    Auch in Japan, wo Roboter wesentlich unkritischer gesehen werden als in Deutschland, haben sie sich bisher nicht so stark durchgesetzt wie erwartet. Ein Grund: Oft säßen Techniker an der Entwicklung, die von Pflege wenig verstünden, erklärt Professorin Wendy Moyle von der Brisbane University.
    "Da ist viel Interesse, weil sie die älteste Bevölkerung der Welt haben und die geringste Anzahl an Menschen, die sich um die Senioren kümmern können. Aber die Japaner sind nicht wirklich gut darin, Ingenieure in den Prozess zu integrieren."
    Aber Fachleute, die die Software der Roboter an den Pflegebereich anpassen können, fehlen hier wie dort, sagt Jens Lüssem von der Fachhochschule Kiel.
    "Da sind auch erst Ansätze vorhanden, das ist noch nicht soweit gegeben, dass man sagen könnte: Da gibt es sowas wie einen App-Store, wo man ganz viele Angebote bekommt für den Kontext Pflege."
    In allen Bereichen seien Informatiker gefragt, erklärt Lüssem. Und in anderen Branchen werde eben besser bezahlt als in der Pflege. Nicht zuletzt sei so ein Roboter eben nicht ganz billig, auch wenn die Preise bereits gefallen seien.
    "Man muss ja in irgendeiner Form sehen, dass eine Einrichtung auch die Anschaffung eines Roboters in irgendeiner Form bezahlt bekommen muss. Da muss es Möglichkeiten geben, wie man das tut."
    Krankenkasse zahlt in Deutschland nicht
    Seit 2009 ist Paro in Deutschland auf dem Markt. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen in Einzelfällen die Kosten für die Robbe, weil sie soziale Roboter über das Präventionsgesetz finanzieren können. Aber der bürokratische Aufwand scheint Einrichtungen oft von der Beantragung abzuhalten.
    Den Paro des Seniorenzentrums Arnold-Overzier-Haus in Köln hat der Förderverein der Einrichtung bezahlt. Dass die Kassen den einzelnen Versicherten eine Roboter-Robbe bezahlten, fände die Leiterin der Einrichtung Elisabeth Römisch nicht gut.
    "Wenn die Krankenkasse das übernehmen würde, dann wäre das ja eine Einzelfallsache, dann kann ja nur der Bewohner von der Robbe profitieren, das wäre ja für uns viel zu kompliziert."
    In den USA wird die Behandlung mit Paro von den Kassen erstattet, so der Entwickler von Paro, Takanori Shibata.
    "In den USA erstattet Medicare, die Krankenversicherung für Menschen über 65 Jahre, eine Therapie mit Paro für Schmerz- und Angstpatienten sowie Menschen mit Depressionen oder Verhaltensproblemen, Demenz, Traumata, Krebs und ähnlichen Krankheiten."
    Die US-amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde hat Paro 2009 als Medizinprodukt zertifiziert. In Deutschland ist das sogenannte Pflegehilfsmittel- und Hilfsmittelverzeichnis noch nicht auf Roboter als Hilfsmittel eingestellt - so müssten sie deklariert werden, damit die Kassen sie bezahlen.
    Aber der gemeinsame Bundesausschuss des Gesundheitswesens, der den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen mitbestimmt, hat sie auf der Agenda. Damit soziale Roboter zur Kassenleistung werden, müsse aber noch einiges passieren, sagt Heiner Beckmann, Landesgeschäftsführer der Kranken- und Pflegekasse Barmer Nordrhein-Westfalen.
    "Bis die Forschung so weit ist, dass Roboter in den Pflegealltag integriert werden können und Pflegende und pflegende Angehörige unterstützen, braucht es ganz klare gesetzlichen Regelungen der Politik in puncto Qualität, Haftung und Finanzierung."
    Solche kann es aber nur bei besserer Erkenntnislage geben, sagt Rainer Wieching von der Universität Siegen. Er hofft, dass die Pflegekassen Pepper zukünftig bezuschussen:

    "Dazu müssen wir aber Studien durchführen, dass wir diese Evidenz der Qualitätsverbesserung auch nachweisen können, dass sich vielleicht die Fähigkeiten länger stabilisieren der Bewohner, dass sie fitter sind, das müssen wir halt durch Studien nachweisen."
    Wieching möchte jetzt damit anfangen, Langzeitdaten zu sammeln. "Bis jetzt haben wir eigentlich nur die Akzeptanz im Kurzzeitkontakt exploriert, das hat ziemlich gut funktioniert."
    "Merkbare Auswirkungen auf Depressionen"
    Paros Entwickler Shibata sieht es als belegt an, dass durch Paro die Medikamenteneinnahmen von Patienten reduziert werden können. Dazu führt er eine Studie der US-amerikanischen Pflegewissenschaftlerin Sandra Petersen von der University of Texas an.
    "Da waren merkbare Auswirkungen auf Depressionen und Angstzustände. Außerdem haben wir gemerkt, dass weniger Medikamente gegen Schmerzen gegeben werden mussten. Genauso wie weniger psychoaktive Medikamente, die zur Verhaltenskontrolle gegeben werden. Und weniger Schmerzmittel sowie Medikamente gegen Schlafstörungen. Die Studienteilnehmer verringerten ihre Medikamenteneinnahmen um 33 Prozent."
    Momentan seien soziale Roboter als Therapiemöglichkeit aber noch nicht wirklich anerkannt. Ärzte verschrieben noch immer eher Medikamente, und Patienten würden dies auch erwarten, so Petersen.
    Um die Wirksamkeit wirklich belegen zu können, müssten aber noch mehr Studien mit mehr Teilnehmern und in unterschiedlichen Umgebungen gemacht werden, sagt Sandra Petersen.
    "Soziale Roboter geben Lebensqualität"
    Wendy Moyle vom Gesundheitsinstitut der Brisbane University sieht das ähnlich. Eine Übersichtsstudie zum Einfluss von sozialen Robotern auf die Gesundheit von Senioren habe ein gemischtes Bild ergeben, sagt Moyle. Sicher ist sie sich aber darin:
    "Es lohnt sich bestimmt, sich mehr mit sozialen Robotern zu beschäftigen. Sie haben sicherlich einige Auswirkungen und unterstützen Menschen dabei, am Leben teilzunehmen, sie geben Lebensqualität und helfen, sich besser zu fühlen mit sich selbst und der Umgebung."
    Moyle konnte zwar keine Medikamentenreduktion bei den Patienten feststellen, aber ...
    "Das liegt nicht daran, dass es den Menschen nicht besser geht. Es liegt an den medizinischen Abläufen: Ärzte untersuchen die Patienten nicht so oft und man denkt nicht daran, ihnen weniger Medikamente zu geben."

    Wendy Moyle hat mit Pharmakonzernen zusammen gearbeitet, die ihre Meinung zu nicht-pharmakologischen Therapiemöglichkeiten wie sozialen Robotern stark geändert hätten. Die Namen der Unternehmen möchte sie aber nicht nennen.
    "In der Vergangenheit haben sie nie wirklich über psycho-soziale oder nicht-pharmakologische Eingriffe irgendeiner Art nachgedacht. Jetzt merken sie, dass viele Medikamente schlimme Nebeneffekte haben, dass sie teuer sind und nicht alle Probleme beheben. Einige Pharmakonzerne schauen jetzt nach anderen Möglichkeiten wie Robotern, die zusätzlich zu Medikamenten eingesetzt werden können."
    Rainer Wieching von der Uni Siegen, der mit Pepper arbeitet, meint, soziale Roboter und die Pharmaindustrie hätten ohnehin nichts miteinander zu tun.
    "Es gibt halt die Roboterhersteller, die sind natürlich daran interessiert, das in die Praxis zu bekommen. Da reden wir nicht nur über die Altenpflege, da reden wir auch über Krankenpflege, da reden wir über Kinder- und Jugendliche, und dann gibts natürlich die Betreiber von Pflegeeinrichtungen, die haben ja massiven Fachkräftemangel, und die suchen natürlich nach Unterstützung und Alternativen, um auch einfach eine Entlastung gewährleisten zu können."
    Wieching schätzt, dass soziale Roboter bis 2025 flächendeckend in der Seniorenbetreuung eingesetzt werden - unter einer Bedingung: Dass Investitionen aus der Wirtschaft kommen.
    Ein Pflegeroboter für Schlaganfall-Patienten wird am 11.05.2016 in Erfurt (Thüringen) vorgestellt. Der Roboter soll helfen, wieder Laufen zu lernen. Er wurde im Rahmen eines Pilotprojektes in Ilmenau entwickelt. Die Gesamtkosten des Projektes belaufen sich den Angaben der Entwickler nach auf etwa 1,5 Millionen Euro. Foto: Martin Schutt/dpa | Verwendung weltweit
    Humanoide Roboter können Aufgaben übernehmen, die sonst Menschen ausführen würden - Personal wird aber nicht eingespart (dpa-Zentralbild / Martin Schutt)
    Hersteller und Einrichtung haften für Roboter
    Momentan ist dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller, dem mitgliederstärksten Verband der Branche, kein Unternehmen bekannt, das mit sozialen Robotern arbeitet oder an ihnen forscht. Auf Anfrage antwortet die Pressestelle aber:
    "Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller steht den Möglichkeiten, digitale Lösungen zum Wohle der Patienten zu nutzen, grundsätzlich offen gegenüber. Das gilt auch für mögliche künftige Anwendungen von Social Robots. Entscheidend ist dabei, dass jede digitale Lösung höchsten Ansprüchen bei Datenschutz und Sicherheit genügen muss – vor allem im sensiblen Gesundheitsbereich."
    Bis jetzt haften die Roboter-Hersteller sowie die Einrichtungen, die die Roboter nutzen, wenn etwas passiert. Wenn die sozialen Roboter intelligenter werden, müsse sich in der Gesetzgebung aber etwas ändern, sagt Alexander Duisberg, ein Rechtsanwalt, der auf digitale Themen spezialisiert ist.
    Das gleiche gilt für den Datenschutz, so der Informatiker Jens Lüssem von der Fachhochschule Kiel. Anders als in Ländern wie China oder den USA, wo der technische Fortschritt im Vordergrund stehe, sei man in Deutschland durch die Datenschutzgrundverordnung gut abgesichert. Zumindest so lange die sozialen Roboter auf ihrem jetzigen Fähigkeits-Stand bleiben.
    "Momentan ist es in Europa eben so, dass auf die Dinge stark geachtet wird, was meiner Ansicht nach ein Vorteil ist."
    "Die erkennt Ihre Stimme"
    Datenschutz ist auch in dem Seniorenheim Arnold-Overzier Haus in Köln ein Thema. Die Robbe Paro erkennt dort mittlerweile die Stimme der Bewohnerin Irmgard Dollinger.
    "Da sehen Sie, die reagiert auf Sie. / Ja, die kennt mich. / Die erkennt Ihre Stimme."
    Katharina Schenk, Leiterin der Tagesgestaltung: "Also es setzen nicht alle Mitarbeiter die Robbe ein, weil sie einfach Sorge haben, dadurch, dass die Robbe Sensoren hat, dass sie vielleicht gehört werden, abgehört werden."
    Momentan können soziale Roboter die Pflege nicht revolutionieren - schon aus technischen Gründen. Es ist, zumindest in Deutschland, auch nicht erwünscht. Paro, Pepper und Co. ersetzen keine Arbeitskräfte. Aber in Zukunft könnten Sie ein Bestandteil der Seniorenbetreuung werden - vorausgesetzt, es ist gewollt.