
"Wir waren alle dagegen. Es ist unmöglich. Es ist unmöglich, dass sie in diesem Ort die Bank zumachen. Wir haben ein neues Baugebiet jetzt erschlossen."
"Die machen wir mal alle platt hier, die interessieren uns nicht mehr. Das ist ja so, weil wenn sie, wenn man Interesse an uns hätte, dann hätte man ja vielleicht sich das nicht ganz so einfach gemacht."
"Ich finde das nicht in Ordnung, nein. Man kann ja nichts machen. Die haben ja hier das Sagen."
"Ich wünsche der Sparkasse, der das gehört hier, dass sie das nachher für ein Ei und ein Butterbrot verkaufen müssen. Wir sind alle so sauer hier in Wewelsfleth, das glauben sie nicht. Da können sie reden, mit wem sie wollen."
"Als Sparkasse habe ich natürlich einen Wettbewerbsvorteil, das ist die Nähe zum Kunden. Auf der anderen Seite ist aber auch gerade das ein sehr großer Kostennachteil."

"Die Aufsichtsbehörden wollen viel stärker informiert werden über das Geschäft der einzelnen Banken und auch über die Risiken, die dieses Geschäft mit sich bringt. Das heißt also, die Banken müssen monatlich bestimmte Kennzahlen berichten, sie müssen aber auch Details berichten zu ihrem Geschäft. Das Ganze bindet sehr viel einmal personelle Kapazitäten, aber es kostet auch sehr viel im Bereich der IT", erklärt Bankenprofessor Martin Faust. Auch kleine Sparkassen müssen zunehmend Spezialisten anstellen, die sich mit Regulierungsfragen auskennen.
"Es sieht so aus, als würde diese Initiative tatsächlich fruchten. Das heißt nicht nur die Bundesbank, auch die europäische Zentralbank, die Bankenaufsicht haben signalisiert, dass sie dem zustimmen könnten. Kleinere Institute würde von diesen Meldepflichten entsprechend entlastet."
Es gibt gute Gründe dafür, dass die deutsche Politik sich für die Sparkassen einsetzt. Schließlich haben sie eine öffentliche Aufgabe. Doch Kritiker meinen, dass die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser dieser Aufgabe nicht mehr ausreichend nachkommen.
Delf Boltens Büro liegt im Obergeschoss einer Mehrzweckhalle. Durch das Fenster blickt man auf ein Fußballfeld, am Horizont drehen sich Windräder. Seit viereinhalb Jahren ist Bolten ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Wewelsfleth.
"In dieser wunderschönen Gemeinde, die ja bisher noch alles hatte, was man sich vorstellen kann. Also, mit Sparkasse, Schuster, Einkaufsmöglichkeiten, Friseur - alles ist am Ort und das macht mich natürlich sehr stolz oder hat uns sehr stolz gemacht immer. Und jetzt kommt eben der Einschnitt mit der Sparkasse, dass die uns hier nicht mehr bedienen will."
"Es sind ja auch einige Menschen hier im Ort, die nicht mehr so mobil sind. Heißt: die sind mit ihrem Rollator zur Sparkasse gelaufen und haben sich da Informationen geholt oder auch Bargeld geholt. Und das fällt jetzt weg."
Delf Bolten hätte bei der Entscheidung gerne ein Wörtchen mitgesprochen. Doch sein Protest habe die Sparkasse Westholstein kaum interessiert:
"Und das hat bei uns natürlich noch mehr Frust hervorgerufen. Sodass sich dann praktisch zehn Bürgermeister zusammengeschlossen haben und dem Herrn Dr. Mecklenburg das Mandat erteilt haben, uns zu vertreten."
Doch der Anwalt scheiterte. Die Sparkasse muss die Schließungen laut ihrer Satzung nur vom Verwaltungsrat absegnen lassen – die betroffenen Bürgermeister haben kein direktes Mitspracherecht. Und auch die Wewelsflether Bürger, die Unterschriften sammelten und vor der Filiale protestierten, konnten die Entscheidung nicht beeinflussen.

"Und auch die Gemeinden, die nicht betroffen waren, die haben auch gesagt: Nein, so kann man nicht mit uns umgehen, immer vor dem Hintergrund, dass wir die Gewährsträger sind. Deshalb waren auch alle und wir auch total enttäuscht, dass man uns einfach so vor vollendete Tatsachen gestellt hat."
Die Sparkasse, findet der Bürgermeister, vernachlässige ihren Versorgungsauftrag. Achim Thöle, der Vorstandschef der Sparkasse Westholstein, widerspricht dem energisch.
"Wir sind doch gar nicht weg. Wir sind doch da, jeden Tag. Die Mitarbeiter, die Kunden beraten, die werden ja nicht weniger. Wir haben sie nur auf andere Standorte zusammengezogen, die wir jetzt zu Kompetenz-Centern ausgebaut haben. Aber wir betreuen unsere Kunden genauso wie vorher."
Vor der Entscheidung seien alle Filialen nach denselben Kriterien überprüft worden. Dabei habe die Sparkasse auch soziale Aspekte berücksichtigt, so Thöle:
"Wie die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr ist. Denn wir haben dabei auch daran gedacht, dass ein Kunde, wenn er kein eigenes Auto hat, mit öffentlichen Verkehrsmitteln die nächstgelegene Filiale unter zumutbaren Umständen erreichen kann, also auch zeitlich."
Der Sparkassen-Chef sagt, er könne die Kritik ja verstehen. Nur lasse sich der Konflikt mit den Bürgermeistern nicht auflösen. Die Interessen der Sparkassen, der Mitarbeiter, der Kunden und der Bürgermeister seien nur bedingt miteinander vereinbar:
"Und aufgrund dieser Vielzahl der unterschiedlichen und divergierenden Interessenlagen ist es schwierig, da es jedem recht zu machen. Das ist die Krux, die wir da haben."
Am Ende hat die Sparkasse Westholstein, wie viele andere zuvor, eine betriebswirtschaftliche Entscheidung getroffen. Durch die Filialschließungen spart sie sehr viel Geld:
"In Summe sind das Beträge pro Jahr von deutlich über einer Million."
Mehr als eine Million Euro pro Jahr, die die Sparkasse zum Beispiel in ihre digitale Zukunft investieren kann.
Bernd Wittkamp steht in ausgebeultem Pullover und Turnschuhen vor dem Kaffeeautomaten:
"Ein weiteres Klischee, was wir hier auch bedienen können, ist der Kaffeekonsum. Wir schieben hier aber bei 25 Leuten 200 Tassen am Tag durch."
Den S-Hub führt Bernd Wittkamp seit der Gründung vor einem Jahr wie ein Startup, mit flachen Hierarchien und lockerem Umgangston. Am Anfang stand eine einfache, aber folgenreiche Erkenntnis, erzählt der Geschäftsführer:
"Dass wir festgestellt haben, dass es da draußen Menschen und Unternehmen gibt, sogenannte Fintechs, die wir als wertvolle Kooperationspartner für uns sehen, um den Sparkassenkunden bessere, intelligentere Produkte in Kooperation anbieten zu können."
Der S-Hub ist also in erster Linie eine Anlaufstelle für Finanz-Startups, die mit der Sparkasse kooperieren wollen. Hat eine Idee Potenzial, entwickelt der S-Hub die Idee zusammen mit dem Fintech weiter und versucht sie möglichst gut an die Bedürfnisse der Sparkassen-Kunden anzupassen. Beispiel: Aboalarm.
"Aboalarm ist ein Produkt, wo der Kunde es diesem Dienst erlaubt, einmal über seine Umsätze drüber zu gucken und Aboalarm feststellt, was für Abbuchungen von dem Konto regelmäßig stattfinden."
Das können Versicherungen sein oder Verträge mit dem Fitnessstudio. Jeder regelmäßige Umsatz wird von dem Dienst aufgelistet:
"Der Kunde kann dann auf diesen Umsatz tippen und sagen: "Ich möchte Aboalarm die Erlaubnis erteilen, dass es in meinem Namen diesen Dienst kündigt."
Bald soll Aboalarm den Sparkassenkunden im Internet und in der App zur Verfügung stehen. Das Fintech erhielte dann für seine Dienste eine Gebühr von den Kunden – die Sparkassen könnten womöglich mehr Finanzprodukte verkaufen:
"Der Kunde hätte dann beispielsweise übers Jahr gerechnet 360 Euro, die er sparen könnte. Und die er vielleicht dann auch in eine Altersvorsorge oder dergleichen investieren möchte."
Digitale Ideen für das Bankgeschäft der Zukunft – daran arbeiten heute viele Mitarbeiter in der Sparkassen-Organisation. Es gibt zum Beispiel eine Firma, die sich zentral um die IT kümmert. Eine andere entwickelt Standards und Software für die aufwendigen Berichte an die Aufsichtsbehörden. Dabei betont Alexander von Schmettow vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband:
"Wir machen Digitalisierung ja nicht als Selbstzweck, weil wir allen Kunden beweisen wollen, was technisch alles möglich ist, sondern wir bieten das an, was die Kunden verlangen. Und wenn die Kunden eines Tages verlangen sollten, dass sie jetzt gar nicht mehr in die Filiale wollen, sondern sie wollen alles nur noch mit dem Smartphone erledigen, dann werden wir das eben auch anbieten müssen."

"Wir haben in einer Region zum Beispiel ein Modell implementiert mit Gutscheinen. Das heißt die älteren Menschen können einen Fahrtgutschein bei ihrem Nachbarn, der ein Auto hat, abgeben, der sie mitnimmt bei seiner nächsten Berufsfahrt in die nächste Kreisstadt oder einer Einkaufsfahrt. Und Sie geben dann als Senior ihren Gutschein ab bei der betreffenden Person und der kann die bei der Sparkasse gegen Bares oder bei der Tankstelle gegen Sprit einlösen."
Oder die Sparkasse schickt regelmäßig den "Zasterlaster" vorbei: mit einem Mitarbeiter, der Bargeld ausgibt, Sparbücher umträgt und Fragen beantwortet, um klar zu machen: "Wir sind weiter für euch da".
Auch in Wewelsfleth im hohen Norden haben sich schließlich Alternativen aufgetan. Die Sparkasse Westholstein hat Online-Banking-Schulungen angeboten. Sie verschickt Bargeld per Post, allerdings nur gegen Gebühr. Und seit kurzem gibt es im Dorfladen "Cash back". Die Kunden können an der Kasse Geld abheben.
"Leider müssen die Leute dann für 20 Euro einkaufen, Minimum 20 Euro. Ich hätte das gerne anders gehabt, für die Älteren einen geringeren Betrag, aber wegen Geldwäsche bekommen wir das nicht durch."
Die Wewelsflether werden wohl noch eine Weile brauchen, um mit der Filialschließung ihren Frieden zu machen. Die Sparkassen wiederum werden den eingeschlagenen Weg weitergehen. Die große Herausforderung wird dabei sein:

Die Sparkassen versichern, dass sie genau das tun – nur eben mit weniger Filialen als früher. An diesem Versprechen müssen sie sich messen lassen. Und an ihrem öffentlichen Auftrag.