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Zukunftsdeutung
Bilanz der astrologischen Vorhersagen für 2020

Jahr für Jahr sehen Astrologen Weltuntergänge, Katastrophen-Szenarien und Beziehungsschmerz vorher - in den meisten Fällen liegen sie falsch. Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften wollte nun wissen, wie oft die Astrologen 2020 ins Schwarze getroffen haben.

Von Guido Meyer | 30.12.2020
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Halbedelsteine, Pendelanhänger und eine Kristallkugel auf einem Horoskopkreis (imago images / Westend61)
"Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur 'Tagesschau'. Der Konflikt zwischen den USA und dem Irak hat sich weiter verschärft."

Die Nachrichten vom 1. Januar 2020: nichts aufregendes Neues in der Welt. Wie jedes Jahr haben Astrologen Krisen, Kriege und Katastrophen vorhergesagt, überall auf dem Globus, ziemlich wahllos, und damit – natürlich – Recht behalten.
"Die meisten dieser Prognosen sind sehr schwammig. Oder sie sind so, dass man einen Treffer eigentlich haben muss. Es gibt eine amerikanische Wahrsagerin, die sagt Erdbeben so ziemlich in jedem amerikanischen Bundesstaat voraus, und das jedes Jahr. Und – da wird sie natürlich irgendwann mal einen Treffer haben."
Der Mainzer Mathematiker Michael Kunkel wertet seit 19 Jahren Prognosen aus, und zwar im Auftrag der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Nur wenige Wochen nach dem 1. Januar wurden die Astrologen so ziemlich vor die "Herausforderung des Jahres" gestellt.
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2020 war ein schlechtes Jahr für Astrologen
"Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur Tagesschau. Das neue Coronavirus, das sich in China rasant ausbreitet, ist nun auch in Deutschland angekommen."
"Es war für die Hellseher, Astrologen ein sehr schlechtes Jahr, weil sie das wichtigste Ereignis im Jahr nicht vorhergesehen haben",
so Michael Kunkel über ausgebliebene Vorhersagen zu Corona. Dass Begriffe wie "Virus" oder "Pandemie" in keiner Prognose aufgetaucht seien, gibt auch Klaus Ludwig zu, der Vorsitzende des deutschen Astrologenverbandes.

"Gut, in dem Maße nicht. Es hat einen Schweizer Kollegen gegeben, Beat Kofmehl, den Namen erwähne ich hier sehr gerne, weil er einfach eine geniale Vorhersage im November 2019 getätigt hat, dass er eine große Seuche vorhergesagt hat.
Aber selbst diese Vorhersage findet nicht das Wohlgefallen des geübten Prognosenkritikers Michael Kunkel.
"Große Seuche‘ ist aber auch wieder sehr schwammig. Auch Seuchen werden immer wieder vorhergesagt. Man müsste dann auch sehen: Wie oft wurde diese Vorhersage von diesem Menschen schon gemacht? Das ist wie bei der Börse. Es gibt an der Börse die sogenannten Crashpropheten. Die haben jeden Crash der letzten 20 Jahre schon einmal vorhergesagt, weil sie immer einen Börsencrash vorhersagen. Wenn ich jeden Tag für morgen Regen voraussage, habe ich öfter einmal Recht."
Bei der Entwicklung des DAX lagen Astrologen richtig
Diese Kritik lässt Astrologenchef Klaus Ludwig nicht auf sich sitzen. Er betont seine Vorgehensweise bei Prognosen.
"Als seriöser Astrologe verstehe ich nicht darunter, konkrete Ereignisse vorherzusagen, sondern dass ich vorhersage, welche Energie herrscht, ob es eher eine entspanntere Zeit ist, ob es eine spannungsgeladene Zeit ist. Von daher bin ich jetzt auch nicht frustriert, dass wir nicht Corona in dem Sinne vorhergesagt haben, aber ich glaube, was das Umfeld angeht, da lagen wir mit ‚extremen Maßnahmen‘ und ‚extremen Einschränkungen‘ doch sehr richtig."

Genauso richtig lag Ludwig bei der Vorhersage des Deutschen Aktienindex. Er hatte seinen Fall bis auf 8500 Punkte vorhergesagt – was 2020 in der Tat eintrat.

"Damit hatte er Recht, und das muss man auch ihm anrechnen."
Verantwortlich für den Sturz des DAX sei aber nicht Corona gewesen, so Michael Kunkel, sondern die Bahnen der Planeten im Sonnensystem.

"Es geht um den Lauf des Jupiters in den Zeichen. Und da sind bestimmte Zyklen, die sehr darauf hingedeutet haben, dass es einen Rückgang des DAXes geben wird."

Vorhersage mit Kleinplaneten, die es gar nicht gibt

Spätestens hier jedoch geraten die Astrologen in Konflikt mit den Astronomen. Im Gegensatz zu Wahrsagern, die aus Karten oder in Glaskugeln lesen, basieren Astrologen ihre Vorhersagen auf dem Lauf der Planeten im Gang eines Jahres durch die Tierkreiszeichen hindurch. Einige Astrologen störe es dabei nicht, dass es manche dieser angeblichen Planeten gar nicht gebe, echauffiert sich Michael Kunkel von der GWUP.
"Es gibt zum Beispiel eine ganz bekannte astrologische Schule, die Hamburger Schule, die verwenden acht Planeten, die es gar nicht gibt, die sogenannten Transneptune."
Doch, Transneptune, die gibt es, könnten jetzt Astronomen zur Verteidigung der Astrologen anführen. Das sind die Zwerg- und Kleinplaneten, die jenseits des äußersten Planeten Neptun die Sonne umkreisen.

"Die acht von der Hamburger Schule, die gibt es nicht. Die heißen Kronos, Admetos und so. Zwei Hamburger Astrologen haben die um die 20er-Jahre herum erpendelt. Die hätten übrigens eine kreisrunde Bahn um die Sonne. Das wäre auch sehr außergewöhnlich."
Bleibt der Blick nach vorne. Was wird 2021 bringen, Klaus Ludwig?
"Das große Thema wird sein: die Auseinandersetzung zwischen neu und alt, einmal so ganz simpel gesagt. Da kann man natürlich sagen, 'das gibt es immer', aber das wird jetzt im Jahr 2021 viel schärfer, viel extremer und viel kontroverser sein."