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Zum 50. Todestag des Schauspielers Fernandel
Ein Grinsen, das Filmgeschichte schrieb

Fernandels Markenzeichen war ein breites Grinsen – er selbst sprach von seinem "Pferdegebiss". Die Rolle des Dorfpfarrers Don Camillo machte den französischen Schauspieler und Komiker weltbekannt. Als er am 26. Februar 1971 starb, hatte er mit weit mehr als hundert Rollen Filmgeschichte geschrieben.

Von Björn Stüben | 26.02.2021
    Ein schwarz-weißes Foto zeigt den Schauspieler und Komiker Fernandel in schwarzem Jackett, weißem Hemd und Krawatte breit in die Kamera grinsend
    "Ich habe einen sehr großen Mund und ein Pferdegebiss. Das förderte meiner Karriere als Schauspieler": Fernandel - hier um 1934. (picture alliance / arkivi )
    "Peppone ist ein Esel", murmelt Don Camillo in seiner Kirche leise schmunzelnd vor sich hin. Die Worte hat er in seinem Dorf auf eine Wandzeitung gekritzelt, um dem kommunistischen Bürgermeister Peppone einen Streich zu spielen. Er fühlt sich unentdeckt. Aber plötzlich ermahnt ihn die Stimme des gekreuzigten Christi über dem Altar, der ihm ins Gewissen redet.
    In der berühmten Filmszene aus dem Jahr 1952 spielte Fernandel erstmals den italienischen Dorfpfarrer Don Camillo. Es folgten fünf weitere Episoden, in denen er sich an der Figur des Peppone und dessen politischer Ideologie reiben sollte. Fernandel ließ seinen Don Camillo dabei als schlitzohrig und verschmitzt erscheinen. Er liebte diese Rolle und besonders das Drehbuch."Wer habe schon das Glück, Jesus Christus als Filmpartner zu haben, das passiere nur einmal im Leben, ließ Fernandel an einem Theaterabend das begeisterte Publikum wissen."
    Der französische Schauspieler in seiner Glanzrolle als katholischer Priester in dem Film "Don Camillo und Peppone". Fernandel, eigentlich Fernand Joseph Desire Contandin, wurde am 8. Mai 1903 in Marseille geboren und ist am 26. Februar 1971 in Paris gestorben.
    Ein göttliches Grinsen: Fernandel in seiner Glanzrolle als katholischer Priester in der Filmreihe "Don Camillo und Peppone" (picture alliance / dpa)

    Brot-Job Bankangestellter

    1903 als Fernand Contandin in Marseille geboren, trat er bereits im Kindesalter neben seinem Vater in Konzertcafés auf. Bei seinen ersten Bühnenauftritten wuchs er, oft als Soldat kostümiert, in die Rolle des Komikers hinein, der ein wenig anspruchsvolles Publikum mit deftigen Sketchen unterhielt. Seinen Lebensunterhalt bestritt er zwar als Bankangestellter, Hafenarbeiter oder Verkäufer, doch in den Music-Halls von Marseille, Nizza und Toulon feierte er erste Erfolge als Sänger mit Texten, in denen er seine Landsleute aufs Korn nahm.
    1928 entdeckte Fernandel die Filmbranche in Paris, die ihm damals aber nur kleine Nebenrollen in Stummfilmen anbot. 1932 bekam er seine erste Hauptrolle in Le rosier de Madame Husson nach der Novelle von Guy de Maupassant. Er spielte den für seine Tugendhaftigkeit gekürten Dorftrottel Isidore, der sein Preisgeld und auch seine Unschuld später in einem Pariser Bordell verlor. In der Rolle des kauzigen Außenseiters machte er von nun an Karriere. Immer blieb er dabei Komiker, betonte er einmal:
    "Das erlernt man nicht, man wird so geboren. Als ich mich das erste Mal auf der Leinwand sah, habe ich verstanden, warum alle immer über mich lachten, schon in der Schule und selbst in der Kirche. Es liegt an meinem etwas bizarren Aussehen, ich habe einen sehr großen Mund und ein Pferdegebiss. Das förderte meiner Karriere als Schauspieler. Für die Leute bin ich der Fernandel mit dem Pferdelachen."
    Szene aus einem "Don Camillo und Peppone"-Film: Luigi Cervi (r.) Rolle als kommunistischer Bürgermeister mit Fernand Joseph Desire Contandin als Pfarrer.
    Italien heute:- Ciao, Don Camillo
    "Don Camillo und Peppone", der Dorfpfarrer und der kommunistische Bürgermeister, sind Kult. Brescello, wo ihre Geschichte spielt, ist eine Pilgerstätte. Denn verglichen mit den heutigen politischen Verhältnissen sehen die alten Machtkämpfe idyllisch aus.
    1934 drehte er erstmals mit Marcel Pagnol. In Angèle spielte er den naiven, aber gutmütigen Stallknecht Saturnin. Im Film Le Schpountz von 1937, der zu einem seiner größten Erfolge werden sollte, schlüpfte er in die Rolle des Hilfsarbeiters Irénée Fabre. Dieser träumte von einer Karriere als Schauspieler, da er davon überzeugt war, er habe "ein gut verstecktes Talent, womit er Millionen verdienen werde."

    Ein Fernandel-Film ohne Grinsen geriet zum Flop

    1948 stellte sich Fernandel einem filmischen, von schwarzem Humor durchzogenen Experiment unter der Regie Carlo Rims. Als Alfred Puc fahndete er in L’armoire volant nach den sterblichen Überresten einer extravaganten Tante. Über die Zusammenarbeit sagte Carlo Rim:
    "Fernandel war mit einem Drehbuch konfrontiert, das so gar nicht zu seinem üblichen Repertoire passte. Er akzeptierte, dass er nicht ein einziges Mal sein breites Lachen zeigen sollte. Tatsächlich legte er Dramatik in sein Spiel, und ich war sehr zufrieden mit dem Film. Doch das Publikum war enorm enttäuscht. Die Leute wollten ihren gewohnten Fernandel sehen, aber dieser lachte für sie nicht ein einziges Mal. Der Film wurde ein Flop."

    Von der Kritik verlacht, vom Publikum verehrt

    1950 erschien Fernandel im Film neben der jungen Jeanne Moreau und später an der Seite Zsa Zsa Gabors in New York. Aber die Kritiker, die jetzt eher den Filmen der Nouvelle Vague huldigten, verrissen Fernandel. Doch die Don Camillo-Filmreihe, die in Frankreich Kultstatus erreichte, machte ihn auch international bekannt. Bei den Dreharbeiten zur sechsten Episode erkrankte er schwer und starb am 26. Februar 1971 in Paris. Vom großen Erfolg bei einem breiten Publikum getragen, hatte Fernandel in fast 150 Filmen gespielt – und als Komiker die französische Filmgeschichte entscheidend geprägt.