Zagatta: Herr Resch, was passieret denn nun ab dem 1. Januar? Können Sie denn ganz sicher sein, dass das Dosenpfand tatsächlich eingeführt wird?
Resch: Ja. Am 1. Januar, oder wenn sich dann jeder Bundesbürger von den Feierlichkeiten erholt hat am 2. Januar, wird man in den Geschäften in Deutschland, sehr viel weniger Einweggetränke vorfinden als heute noch und für die Getränke, die in Dosen oder Einwegflaschen verkauft werden, wird man feststellen, dass plötzlich ein Pfand von 25 Cent erhoben wird und die bekommt man, wenn man dieses Getränk zurückbringt - allerdings nur in einer Übergangszeit - in dem Laden, in dem es gekauft wurde, diesen Betrag zurück.
Zagatta: Nun haben die Gegner dieses Dosenpfands noch einmal einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt. Besteht die Gefahr, dass Karlsruhe das alles noch stoppt?
Resch: Theoretisch natürlich ja. Sie müssen nur sehen, dass das Bundesverfassungsgericht sich bereits vor einem halben Jahr mit dem Fall beschäftigt und den Antrag seinerzeit zurückgewiesen hat. Insgesamt kann man sagen, dass es wohl kaum eine Entscheidung in Deutschland gibt, die durch so viele Gerichtsentscheide bis jetzt bestätigt wurde wie das Dosenpfand. Wenn ich das runterrechne auf Einzelkläger, da waren es etwa 105 Verfahren mit über 10.000 Beteiligten. Alle Klagen sind zugunsten der Bundesregierung ausgegangen und die setzt im Übrigen ja nur eine Verordnung aus dem Jahr 1991 um, die noch Helmut Kohl und Klaus Töpfer verabschiedet haben.
Zagatta: Also darf man davon ausgehen, dass das Dosenpfand tatsächlich kommt.
Resch: Es kommt so sicher wie das Amen in der Kirche und Herr Pellengahr, der Sprecher des HDE, hat gestern zum allerersten mal seine Handelsunternehmen aufgefordert, immerhin zwei Wochen vor dem Termin, unbedingt das Pfand zu erheben. Ansonsten drohen hohe Strafen und die lauten dann halt bis zu 50.000 Euro im Bereich des Ordnungsrechts und sie können 250.000 Euro erreichen im Bereich des Wettbewerbsrechts.
Zagatta: Aber Herr Pellengahr hat gestern ja auch darauf hingewiesen, dass es kein einheitliches Rücknahmesystem gibt. Man hört, dass viele Geschäfte überhaupt nicht vorbereitet sind. Herrscht dann ab Januar heilloses Durcheinander oder auf was müssen wir uns da einstellen?
Resch: Nein, ich verspreche Ihnen und den Hörern, dass es überhaupt kein Durcheinander geben wird. Man wird ganz normal seine Getränke zu kaufen bekommen und die Durchführung dieses Pfandes wird auch in der Übergangszeit sehr einfach gestaltet sein. Das ist eben das Zugeständnis jetzt an den Handel, dass beispielsweise durch eine entsprechende Ausweisung auf dem Kassenbon, da steht dann zum Beispiel drauf: sechs mal Einwegpfand à 25 Cent, wird dem Kunden ermöglicht den Bon mit irgendwelchen Dosen, in der Regel mit den gekauften, mit ins Geschäft zurückzubringen und er bekommt seinen Pfandbetrag ausgestellt. Was Herr Pellengahr gestern beklagt hat, fällt auf ihn selbst zurück. Er hat mit seinem Wirtschaftsunternehmen des Handels neun Monate lang nichts unternommen, um ein einheitliches Pfandsystem aufzubauen und hat alle überrascht, dass er letzte Woche plötzlich ein System aus der Taufe gehoben hat, das relativ unausgegoren war und das dann auf einige Kritik beim Bundeskartellamt und anderen Marktbeteiligten gestoßen ist. Dies hat dazu geführt, dass das Bundeskartellamt offensichtlich einen Brief geschrieben hat und gesagt: Lieber Einzelhandel, wir wollen euch nur darauf hinweisen, ihr müsst die Wettbewerbsrechte auch hier berücksichtigen und uns ein Konzept vorlegen, das den Gesetzen entspricht. Man hat hier seitens des Einzelhandelverbandes mal wieder versucht, in Richtung Ministererlaubnis zu gehen und eine kartellrechtliche Freistellung zu erzwingen und ein neues Monopol aufzubauen.
Zagatta: Machen denn die großen Handelsketten jetzt mit? Sie stehen ja in Gesprächen mit diesen Handelsketten, die hatten eigentlich Widerstand angekündigt oder halten sich ganz zurück. Was geht da jetzt ab?
Resch: Wir hatten vor vier Wochen die Situation, dass praktisch alle großen Handelsketten angekündigt haben, ein Umweltgesetz zu boykottieren. Daraufhin haben wir beschlossen, 4.130 Geschäfte in Deutschland zu betesten, einen Testkauf zwischen dem 2. und 4. Januar durchzuführen und zwar speziell in diesen größeren Ketten. Nicht bei Tante Emma und im Nachbarschaftsladen, sondern in den großen Ketten.
Zagatta: Haben Sie so viele Kontrolleure?
Resch: Wir machen das ehrenamtlich. BUND und NABU sind hier die Hauptaktiven. Wir haben die Geschäfte alle angeschrieben, deswegen haben wir sehr viele Reaktionen bekommen, übrigens sehr viele positive, die bei uns nachgefragt haben, was sie denn tun können und müssen und dass sie es eigentlich gar nicht so schlecht finden, was jetzt kommt. Resultat ist, dass beispielsweise Edeka bundesweite letzte Woche schon angekündigt hat, nicht nur das Pfand umzusetzen sondern Einweg, zum Beispiel in Baden-Württemberg, komplett auszulisten. Gestern ist bekannt geworden, dass Aldi komplett Dosenbier in Nord und Süd auslisten wird und das ist natürlich auch eine ganz tolle Maßnahem für die kleinen und mittelständischen Händler, die jetzt eine Chance haben, ihre überwiegenden Mehrwegangebote den Kunden anzubieten, die bis jetzt vielleicht bei Aldi und zwar nicht in unerheblichen Mengen Dosenbier gekauft haben.
Zagatta: Das heißt, bei Aldi wird es in Zukunft kein Dosenbier mehr geben. Wird denn Bier dadurch teurer?
Resch: Nein, Sie müssen sehen, dass zukünftig Bier in der Dose teurer wird und bekannterweise haben dann auch die Abfüller angekündigt, die Niedrigstpolitik für Dosenbier zu beenden, das war ja eine Subventionierung, um das Mehrwegsystem zum Zusammenbruch zu bringen. Wir hatten im Herbst diesen Jahres bereits einen Zusammenbruch der Mehrwegquote auf 50 Prozent, die gesetzliche Schutzquote ist 72 Prozent.
Zagatta: Aber so billiges Bier wie bisher gibt es dann nicht mehr?
Resch: Es war bis jetzt auch so, dass Sie eigentlich Bier im Bereich der so genannten Handelsmarken und vom Preissegment auch im Getränkefachhandel gefunden haben. Sie werden auch weiterhin bei Mehrweg Angebote finden, die mit den günstigsten Dosenangeboten von früher konkurrieren können, nur zukünftig wird das Mehrwegpfandbier 8 Cent Pfand kosten und das Einwegpfand wird 25 Cent, also drei mal mehr, betragen, das heißt, das Bier im Mehrweg wird zukünftig billiger sein.
Zagatta: Herr Resch, Ihr Verband, die deutsche Umwelthilfe, hat nicht nur die Kontrollen angekündigt, über die wir gesprochen haben, sondern auch, bei diesen Kontrollen kreative Aktionen durchführen zu wollen. Was darf man sich darunter vorstellen?
Resch: Wir hatten den Unternehmen gesagt, dass sie nicht darauf setzen können, die Ordnungswidrigkeitsverfahren, die ja alle 16 Bundesländer angekündigt haben, dass sie diese Meldungen verfolgen werden müssen wegen der Rechtssicherheit. Wenn jetzt Unternehmen denken, sie können sich durch monatelange rechtliche Schritte davonmogeln, dann würden wir mit irgendwelchen Informationsblättern, die wir vor den Geschäften verteilen oder kreativen Demonstrationen auf diese Geschäfte aufmerksam machen und den örtliche Filialleiter davon überzeugen, dass er sich auch gesetzeskonform verhalten muss. Ich meine jetzt allerdings nach den Ankündigungen der letzten Tage, dass wir davon ausgehen können, dass sich in Deutschland praktisch alle verpackungsverordnungskonform verhalten werden, also auch zum Beispiel die Norma-Gruppe. Von der wissen wir, dass sie im gesamten Bundesgebiet ab Januar ihre Getränke bepfandet verkaufen wird, die co op in Schleswig-Holstein hat ein sehr intelligentes Bonsystem entwickelt, es sind viele regionale Ketten, die mitmachen werden und von den großen, von Wal-Mart oder von der Spar-Gruppe, von Lidl erwarten wir heute beziehungsweise morgen die Entscheidungen, die intern getroffen werden. Wir wissen, dass alle großen Ketten diese Pläne für den 2. Januar haben und es liegen auch mittlerweile viele Schreiben vor, in denen genau für diese Woche dies angekündigt wurde.
Zagatta: Also dann, sehen wir mit großer Spannung diesem 2. Januar entgegen. Das war Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der deutschen Umwelthilfe. Herr Resch, schönen Dank für das Gespräch.
Resch: Dankeschön!
Link: Interview als RealAudio