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Zurück in die Krise
Portugal sorgt sich um Großbank Espirito Santo

Portugal hat gerade erst den Rettungsschirm verlassen und schon hat das Land Angst vor der nächsten Krise. Die Muttergesellschaft der Großbank Espirito Santo soll laut Medienberichten über sieben Milliarden Schulden haben, die sie nicht komplett bedienen kann. Die portugiesische Notenbank versucht zu beschwichtigen.

Von Tilo Wagner | 11.07.2014
    Ein Mann läuft an einer Filiale der Bank Espirito Santo (BES) in Lissabon, Portugal.
    Ist die Großbank Espirito Santo in Schieflage? (picture alliance / dpa - Mario Cruz)
    Mit gemischten Gefühlen blicken Bankkunden in Portugal auf die Krise der größten Privatbank des Landes.
    "Nach den ganzen Skandalen habe ich nun weniger Vertrauen in die Banken", sagt diese Frau. Ein Mann sieht das differenzierter: "Es gibt kein Problem mit der Bank, sondern mit den Privatgeschäften der Familie. Ich vertraue meiner Bank voll und ganz."
    Ruinöse Immobiliengeschäfte der Holding
    Die Schwierigkeiten der Banco Espírito Santos sind der Öffentlichkeit in Portugal schon seit Wochen bekannt. Einer Holding der gleichnamigen Bankerfamilie, die rund 25 Prozent des Geldinstituts besitzt, sollen rund 1,2 Milliarden Euro fehlen. Insbesondere ruinöse Immobiliengeschäfte der Holding in der ehemaligen portugiesischen Kolonie Angola haben zu dem riesigen Finanzloch geführt.
    Das Bankhaus Espírito Santos ist mit einer Kapitalisierung von rund 5 Milliarden Euro Portugals größtes privates Geldinstitut. Während der Finanzkrise galt das Geldhaus als die solideste Privatbank Portugals. Sie engagiert sich stark im sozialen und kulturellen Bereich. Seit Jahren wirbt Portugals Fußballstar Ronaldo für das Geldinstitut.
    Doch die ruinösen Finanzgeschäfte der weitverzweigten Familie Espírito Santos bringt jetzt auch die Bank in Bedrängnis. Seit April hat sich der Aktienwert halbiert. Damit stieg auch der Druck auf andere portugiesische Großkonzerne: Das Telekommunikationsunternehmen Portugal Telecom, das zu 10 Prozent der Banco Espírito Santos gehört und über eine strategische Aktienpartnerschaft an die Bank gebunden ist, hat in den vergangenen zwei Wochen über ein Drittel seines Aktienwertes verloren.
    Angst vor einer neuen Bankenkrise in Europa
    Am gestrigen Donnerstag stürzte der portugiesische Aktienindex PSI-20 mit über 4 Prozent ab. Die Angst vor einer neuen Bankenkrise in Europa riss auch die internationalen Finanzmärkte in die roten Zahlen. Deshalb warben die Verantwortlichen aus der portugiesischen Politik und Finanzwelt heute um Vertrauen. Premierminister Passos Coelho:
    "Es gibt keinen Grund, warum der Staat jetzt eingreifen müsste. Auf der einen Seite gibt es die privaten Geschäfte der Familie Espírito Santos. Und auf der anderen Seite gibt es die Bank. Es ist sehr wichtig, dass die nationalen und internationalen Investoren diesen Unterschied machen und begreifen, dass sie sich hinsichtlich der Situation der Bank keine Sorgen machen müssen."
    Auch die portugiesische Zentralbank betonte noch einmal, dass das portugiesische Bankensystem stabil sei. Und die Banco Espírtio Santos verwies darauf, dass die Bank über ein Finanzpolster von über 2,1 Milliarden Euro verfüge, mit denen mögliche Konsequenzen aus dem Skandal der Familienholding gedeckelt werden könnten. Diese Aussagen zeigten zumindest teilweise Wirkungen auf dem Parkett: Die Lissabonner Börse konnte einen Teil ihrer gestrigen Verluste wieder wettmachen.
    Doch die Aktionäre der Banco Espírito Santos werden noch bis Ende des Monats warten müssen, bis eine neue Führung die Bank in ruhigere Fahrtwasser steuern soll. Vítor Bento, ein international anerkannter Unternehmer und Mitglied des portugiesischen Staatsrates, soll das Ruder im angeschlagenen Geldhaus übernehmen.