Alltagstratsch in Trobriand, einer Insel in Melanesien. Hier spricht man Kilivila, eine von über 100 Sprachen, die es in diesem Inselreich gibt. Die meisten gehören zur austronesischen Sprachfamilie. Sie sind alle eng miteinander verwandt. In Motu und Samoa heißt Hand zum Beispiel "ima", auf Gelea "lima". Hier ist es für die Linguisten kein Problem, aus der Verwandtschaft der Worte auf die Verwandtschaft der Sprachen und damit auf die Verwandtschaft der Stämme zu schließen. Zwischen den vielen austronesischen Völkern leben aber auch vereinzelt Papua-Stämme, und die geben den Linguisten Rätsel auf.
Die traurige Geschichte zweier Mädchen, die von den Eltern verstoßen werden. Sie sterben und ihr Blut färbt die Blätter eines Baumes rot. Fast ein Grimmsches-Märchen, erzählt in Rotokas, einer Papua-Sprache der Insel Bougainville. Obwohl alle melanesischen Völker einen recht einheitlichen Lebensstil haben, sind die Papua - sprachlich gesehen - eine ausgesprochen heterogene Gruppe. Die Hand bezeichnen sie nicht als "ima" sondern als: "ngase", "obi", "tau vegome" oder "kakau". Eine Vielfalt der Worte, die die Linguisten bislang nicht vernünftig ordnen konnten. Dr. Michael Dunn vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen hat sich deshalb nicht mit dem Wortschatz, sondern mit der Grammatik der Papua-Sprachen beschäftigt.
"In Melanesien interessieren sich die Leute für Schweine. Sie sagen, der "Mann sieht das Schwein". In den austronesischen Sprachen ist das Verb genau wie im Englischen in der Mitte. Aber in den Papua-Sprachen sagt man: Mann Schwein sieht. Wir haben uns viel Arbeit gemacht und eine große Tabelle erstellt, in der fast 200 solche grammatischen Feinheiten für jede dieser Sprachen verzeichnet sind."
Nicht nur die Verbstellung ist verzeichnet, sondern beispielsweise auch, ob es "im Haus" oder "Haus im" heißt, der grammatische Umgang mit dem Geschlecht oder die Verwendung von "R" und "L" Lauten. Eine linguistische Fleißarbeit, deren Datenwust für Michael Dunn zunächst nicht zu interpretieren war. Deshalb hat er sich mit Biologen aus Cambridge zusammen getan.
"Wir sind Linguisten und die Leute aus Cambridge sind Evolutionsbiologen. Als sie unsere Daten sahen, meinten sie, dass sie sich mit ihren Werkzeugen analysieren lassen. Parsimony nennt sich die Methode, Sparsamkeit. Sie versucht, den "billigsten" Stammbaum zu errechnen. Wenn zwei Sprachen dieselbe grammatische Form verwenden, ist es billiger, davon auszugehen, dass sie eine gemeinsame Vorläuferform hatten, als davon, dass sie diese Form unabhängig voneinander entwickelt haben."
Normalerweise vergleichen die Evolutionsbiologen anatomische Ähnlichkeiten. Nun arbeitete sich ihr Computer an grammatischen Formen ab. Er musste lange rechnen, aber am Ende druckte er etwas ganz Neues aus: einen Sprachstammbaum Melanesiens. Für die austronesischen Sprachen gleicht er den Stammbäumen, die schon früher aufgrund der Ähnlichkeit der Worte erstellt wurden. Das zeigt, die grammatische Methode funktioniert. Ganz neu ist jetzt der Stammbaum der Papua-Sprachen.
"Wir nehmen an, dass die meisten Papuasprachen jeweils am engsten verwandt sind mit Sprachen, die auch geographisch in ihrer Nähe liegen. Das ist nun der Normalfall, aber bei den Inseln Melanesiens ist es eine Überraschung, denn hier liegen die Sprachen weit auseinander. Die Archäologen sagen uns, dass die Papua-Völker die Inseln vor 30.000 Jahren besiedelt haben. Vor 3.000 Jahren wurden sie dann von den austronesischen Stämmen überrannt. Seitdem leben die Papua-Sprecher isoliert, getrennt von vielen austronesischen Völkern. Unser Stammbaum zeigt die alte Verwandtschaft, er ist plausibel. "
Länger als in den Worten sind die Spuren der Vergangenheit in der Grammatik zu erkennen. Michael Dunn glaubt, dass dieser Ansatz schon bald in weiteren Sprachfamilien erprobt werden wird. Seine Kollegen gehen sogar einen Schritt weiter. Sie haben begonnen, Einzelheiten der Kunst und Lebensweise der verschiedenen melanesischen Völker, etwa die Gestaltung ihrer Schmuckreifen, in Tabellen zu erfassen. Mit der Methode der Sparsamkeit wollen sie einen Stammbaum der Kulturen errechnen und ihn mit dem Stammbaum der Sprachen vergleichen.
Die traurige Geschichte zweier Mädchen, die von den Eltern verstoßen werden. Sie sterben und ihr Blut färbt die Blätter eines Baumes rot. Fast ein Grimmsches-Märchen, erzählt in Rotokas, einer Papua-Sprache der Insel Bougainville. Obwohl alle melanesischen Völker einen recht einheitlichen Lebensstil haben, sind die Papua - sprachlich gesehen - eine ausgesprochen heterogene Gruppe. Die Hand bezeichnen sie nicht als "ima" sondern als: "ngase", "obi", "tau vegome" oder "kakau". Eine Vielfalt der Worte, die die Linguisten bislang nicht vernünftig ordnen konnten. Dr. Michael Dunn vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen hat sich deshalb nicht mit dem Wortschatz, sondern mit der Grammatik der Papua-Sprachen beschäftigt.
"In Melanesien interessieren sich die Leute für Schweine. Sie sagen, der "Mann sieht das Schwein". In den austronesischen Sprachen ist das Verb genau wie im Englischen in der Mitte. Aber in den Papua-Sprachen sagt man: Mann Schwein sieht. Wir haben uns viel Arbeit gemacht und eine große Tabelle erstellt, in der fast 200 solche grammatischen Feinheiten für jede dieser Sprachen verzeichnet sind."
Nicht nur die Verbstellung ist verzeichnet, sondern beispielsweise auch, ob es "im Haus" oder "Haus im" heißt, der grammatische Umgang mit dem Geschlecht oder die Verwendung von "R" und "L" Lauten. Eine linguistische Fleißarbeit, deren Datenwust für Michael Dunn zunächst nicht zu interpretieren war. Deshalb hat er sich mit Biologen aus Cambridge zusammen getan.
"Wir sind Linguisten und die Leute aus Cambridge sind Evolutionsbiologen. Als sie unsere Daten sahen, meinten sie, dass sie sich mit ihren Werkzeugen analysieren lassen. Parsimony nennt sich die Methode, Sparsamkeit. Sie versucht, den "billigsten" Stammbaum zu errechnen. Wenn zwei Sprachen dieselbe grammatische Form verwenden, ist es billiger, davon auszugehen, dass sie eine gemeinsame Vorläuferform hatten, als davon, dass sie diese Form unabhängig voneinander entwickelt haben."
Normalerweise vergleichen die Evolutionsbiologen anatomische Ähnlichkeiten. Nun arbeitete sich ihr Computer an grammatischen Formen ab. Er musste lange rechnen, aber am Ende druckte er etwas ganz Neues aus: einen Sprachstammbaum Melanesiens. Für die austronesischen Sprachen gleicht er den Stammbäumen, die schon früher aufgrund der Ähnlichkeit der Worte erstellt wurden. Das zeigt, die grammatische Methode funktioniert. Ganz neu ist jetzt der Stammbaum der Papua-Sprachen.
"Wir nehmen an, dass die meisten Papuasprachen jeweils am engsten verwandt sind mit Sprachen, die auch geographisch in ihrer Nähe liegen. Das ist nun der Normalfall, aber bei den Inseln Melanesiens ist es eine Überraschung, denn hier liegen die Sprachen weit auseinander. Die Archäologen sagen uns, dass die Papua-Völker die Inseln vor 30.000 Jahren besiedelt haben. Vor 3.000 Jahren wurden sie dann von den austronesischen Stämmen überrannt. Seitdem leben die Papua-Sprecher isoliert, getrennt von vielen austronesischen Völkern. Unser Stammbaum zeigt die alte Verwandtschaft, er ist plausibel. "
Länger als in den Worten sind die Spuren der Vergangenheit in der Grammatik zu erkennen. Michael Dunn glaubt, dass dieser Ansatz schon bald in weiteren Sprachfamilien erprobt werden wird. Seine Kollegen gehen sogar einen Schritt weiter. Sie haben begonnen, Einzelheiten der Kunst und Lebensweise der verschiedenen melanesischen Völker, etwa die Gestaltung ihrer Schmuckreifen, in Tabellen zu erfassen. Mit der Methode der Sparsamkeit wollen sie einen Stammbaum der Kulturen errechnen und ihn mit dem Stammbaum der Sprachen vergleichen.