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Zurück zur klaren Kante

Gleich zwei Wahlkämpfe muss die CSU in diesem Jahr bestreiten. Damit das Wahlprogramm sowohl für die Bundes- als auch für die Landtagswahl passt, soll das bayerische Profil geschärft werden.

Von Katharina Hamberger |
    Es gibt Traditionen in Bayern, die könnten auch interpretiert werden, als der körperliche Ausdruck des klaren Wortes, der klaren Kante.

    Das wäre einmal das Goaßlschnalzn. Kräftige Männer knallen mit Peitschen im Rhythmus traditioneller Musik.

    Und da wäre das Schuhplattlen: Kräftige Burschen hauen sich mit der flachen Hand auf die in Leder gehüllten Oberschenkel, die nackerten Wadeln und die haferlschuhbestückten Fußsohlen.

    Beides steht für Timing – muss auf den Punkt sein, beides ist laut und beides ist urbayerisch, strotzt nur so vor Tradition. Und dahin, zurück ins Stammland, zurück zur klaren Kante will auch die CSU:

    "Ich lege auf einen Wahlkampf wert, der die Stammwähler mobilisiert und zur Wahlurne bringt, und ich halte überhaupt nichts von einer Strategie, die asymmetrische Demobilisierung ist, und die letztendlich dann in einem Schlafwagen geführt wird."
    Sagt Alexander Dobrindt, der Generalsekretär der CSU, der auch nicht für schlafwagentaugliche Aussagen bekannt ist. Die sogenannte asymmetrische Demobilisierung, von der Dobrindt spricht, ist auch – um es etwas flapsig zu sagen - so was von 2009. Dieser Begriff aus der Politikwissenschaft bezeichnet eine Wahlkampfstrategie, bei der eine Partei keine Stellung mehr zu umstrittenen Themen nimmt, damit der politische Gegner keine Angriffsfläche findet. Potenzielle Wechselwähler werden so gar nicht erst auf die Idee gebracht, das Kreuzchen an die vermeintlich falsche Stelle zu setzen. Dass diese Strategie im aktuellen Wahlkampf nicht funktioniert, hat einen ganz einfachen Grund, sagt Gerda Hasselfeld, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Auch sie mag klare Worte – wenn auch leiser ausgesprochen:

    "Nach der großen Koalition war der Wahlkampf natürlich schwieriger, wenn man vier Jahre lang mit zwei großen Parteien, die dann im Wahlkampf Konkurrenten sind – und zwar deutliche Konkurrenten – ist die Ausgangsposition eine andere. Jetzt haben wir in diesen vier Jahren mit der FDP eine erfolgreiche Politik gemacht, die auch in dieser Konstellation fortgesetzt werden soll."

    Fortsetzen, das ist das Ziel. Das heißt aber nicht, dass der Wahlkampf von CSU, CDU und FDP Hand in Hand gehen soll, findet Alexander Dobrindt:

    "Jede Partei muss für sich kämpfen und schauen, dass sie ein bestmögliches Ergebnis erzielen kann."

    Nun ganz allein kämpft die CSU nicht. Es wird ein gemeinsames Programm mit der CDU geben. Was genau da drin stehen wird, wird Ende Juni bekannt gegeben. Die grobe Richtung ist vorgegeben: Der Umgang mit dem Euro ist gesetzt, ebenso wie die, Energie- und Familienpolitik und die wirtschaftliche Gesamtentwicklung Deutschlands:

    "Die Fantasie und die Beschreibung der Zukunftsaufgaben ist das Entscheidende in einem Wahlprogramm."

    Die Fantasie noch ein bisschen mehr spielen lassen, kann hingegen der bayerische Wähler. Denn, so CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasslefeldt:

    "Es gibt einige Vorstellungen, die wir in Bayern ein bisschen in Nuancen anders sehen als die CDU auf Bundesebene. Das muss ausgesprochen werden."

    Und die CSU kann das nicht nur aussprechen. Die Christsozialen handeln viel mehr nach dem Motto "Wer ko der ko". Und geben direkt noch ein eigenes Wahlprogramm heraus, einen "Bayernplan", wie sie es nennen. In den sollen alle Punkte, bei denen die CDU nicht mitmachen will, aufgenommen werden. Einer davon ist unter anderem des Verkehrsministers Peter Ramsauer Lieblingskind:

    "Beispielsweise bei der Frage der Maut oder auch der Frage der Regionalisierung der Erbschaftssteuer, wir wollen hier eine stärkere Verantwortung der Länder."

    Sagt Landesgruppenchefin Hasselfeldt. Weiß-blau-patriotisch und traditionell: Mit dem Bayernplan will die CSU ihre eigene Duftmarke setzen. Das ist wichtig, denn sie hat, anders als die CDU, die ein viel heterogeneres Publikum erreichen muss, ausschließlich den bayerischen Stammwähler im Blick. Und da braucht es eben die Zuspitzung von Themen - und die Abgrenzung zur großen Schwester, um zu zeigen, dass die CSU sich besonders für bayerische Belange einsetzt und sich da auch die Auseinandersetzung mit Berlin nicht scheut.

    "Schwierig wird es immer dann, wenn man den Eindruck erweckt, die Politik in den Parteien sei fast deckungsgleich und deswegen können auch alle mit jedem koalieren. Politik ist viel, viel komplizierter und die Abweichungen in den politischen Einschätzungen sind viel größer, und das muss man dann aber auch gewollt herausarbeiten, um dem Wähler zu zeigen, wo die Unterschiede sind."

    Und der größte Unterschied zwischen CSU und CDU ist nun mal der die Ortszugehörigkeit der Wähler. Das wissen auch Alexander Dobrindt und Gerda Hasselfeldt. Aber wie sieht er eigentlich aus, dieser "Stammwähler? Ja mei – abgesehen davon, dass er in Bayern wohnt? Ein weites Feld für den CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt:

    "Alle diejenigen, die Bürgerlichen, Konservativen, Christlichen, Liberalen, Wertegebundenen, Sozialen, alle diejenigen die so denken, die werden von uns angesprochen."

    Am 19. Juli zeigt es sich dann, ob diese klare Ansage, diese klare Kante auch funktioniert. Denn dann soll der Bayernplan endgültig fertig sein.