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Zusatzstoffe in Lebensmitteln
Konservierungsmittel mit Nebenwirkung

Das Konservierungsmittel Natamycin verhindert das Wachstum von Schimmelpilzen und sorgt dafür, dass Käse und Wurst länger haltbar bleiben. Unbedenklich ist es aber nicht - bei manchen Menschen löst es allergische Reaktionen aus. Und nicht alle Hersteller halten sich an die Kennzeichnungspflicht.

Von Daniela Siebert | 14.08.2018
    Käse in einer Käsetheke am 04.04.2013 in Offenburg (Baden-Württemberg) in einer Filiale eines Edeka-Marktes
    Das Konservierungsmittel Natamycin ist in der EU für die Verwendung auf der Oberfläche bestimmter Käse- und Wurstsorten erlaubt (dpa / picture alliance / Patrick Seeger)
    Wenn ein Käse auch nach Wochen noch nicht von Schimmelpilzen überzogen ist, dann kann das an Natamycin liegen. E 235 alias Natamycin ist ein Klassiker unter den Konservierungsmitteln – allerdings gibt es auch Aspekte, die gegen seinen Einsatz sprechen. Angewendet wird er jedenfalls schon seit den 60er-Jahren. Derzeit ist es in der EU für die Verwendung auf der Oberfläche bestimmter Käse- und Wurstsorten erlaubt.
    "Natamyzin verhindert das Wachstum von Pilzen"
    "Natamyzin ist eine Substanz, die antimykotisch wirkt, das heißt sie verhindert das Wachstum von Pilzen, das sind die Schimmelpilze, die wir auch in der Umgebung vorfinden. Das können ganz unterschiedliche Schimmelpilze sein, insofern ist das Spektrum von Natamycin in dem Fall auch genau geeignet dafür", erklärt Niels Bandick vom Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR.
    Das Besondere an Natamycin ist: Es wird auch in der Humanmedizin verwendet als Medikament gegen Pilzinfektionen der Scheide, der Augen und der Haut. Damit keine Resistenzen gegen das Mittel entstehen, plädiert das Bundesinstitut gegen eine Ausweitung der Anwendung von Natamycin auf andere Lebensmittel.
    Gefahr der Resistenzbildung
    "Erreger sind ja nicht nur auf der Haut zu finden, sondern befinden sich teilweise auch systemisch im Körper verteilt, insofern kann eben über die Aufnahme über das Lebensmittel der Erreger mit der Substanz in Kontakt kommen und dadurch, dass wir über das Lebensmittel keine therapeutische, das heißt abtötende Konzentration dieser Substanz erreichen, kann es zur Resistenzbildung kommen."
    Vor etwa zehn Jahren fielen bei Kontrollen auch mehrfach Importweine aus Südafrika und Südamerika auf, weil sie verbotenerweise Natamycin als Konservierungsmittel enthielten. Das Problem besteht heute nach Auskunft des BfR nicht mehr.
    Verstöße gegen Kennzeichnungspflicht
    Wer Natamycin verwendet, muss dies auf der Lebensmittel-Verpackung klar angeben – wie bei anderen Konservierungsmitteln auch. Doch die Lebensmittelaufsicht findet immer Verstöße gegen die Pflicht zur Kennzeichnung, dass also Natamycin drin ist, obwohl es nicht draufsteht. Und gelegentlich wird auch die zulässige Dosierung überschritten.
    Intensiv untersucht hat das in den letzten Jahren das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Dessen Präsident Eberhard Haunhorst gibt einen Überblick über die Befunde im Jahr 2017:
    "Es sind 90 Proben untersucht worden und eine Höchstmengenüberschreitung hatten wir nur in einem Fall, aber da dann eben sowohl in der Rinde als auch in der Käsesubstanz darunter. Kennzeichnungsverstöße hatten wir mehrfach: zehn Kennzeichnungsverstöße, also dass es nicht entsprechend kenntlich gemacht war, dass Natamycin eingesetzt worden war. Generell bei so Kennzeichnungsfragen – dass also Konservierungsstoffe oder andere Zutaten nicht richtig gekennzeichnet sind – liegt eigentlich immer so die Beanstandungsquote so zwischen 10 und 20 Prozent."
    Derzeit hat die EU 33 Konservierungsstoffe zugelassen. Ob Natamycin oder andere davon: Grundsätzlich bieten die erlaubten Konservierungsstoffe in unseren Lebensmitteln keinen Grund zur Sorge, versichert Niels Bandick vom Bundesinstitut für Risikobewertung:
    "Konservierungsstoffe sind in regelmäßiger Re-Evaluierung durch die Europäische Lebensmittelbehörde, durch die EFSA, das heißt wenn dort irgendwelche Meldungen eintreffen, dass bestimmte Konservierungsstoffe Probleme bereiten, dann wird auch die Zulassung dieser Konservierungsstoffe angepasst, das heißt die Dosierungen werden geändert, die Aufnahmemengen, die zulässigen, werden angepasst, also dort ist ständig etwas in Bewegung."
    Konservierungsstoffe können Juckreiz auslösen
    Weil Konservierungsmittel das Wachstum von Mikroorganismen wie Schimmelpilzen oder Bakterien hemmen, verlängern sie die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Diese Fähigkeit haben auch Zucker und Salz – klassische Mittel zur Haltbarmachung – doch sie werden nicht unter die E-Konservierungsstoffe gefasst. Wohl aber andere traditionelle Substanzen, etwa: Essigsäure – E 260 – und Milchsäure – E 270.
    Einige wenige der E-Konservierungsmittel sind auch in Bio-Lebensmitteln erlaubt, zum Beispiel E 220 – Schwefeldioxid.
    Manche Konservierungsstoffe können auch unerwünschte Nebenwirkungen haben: Pseudoallergien, nicht zu verwechseln mit echten Allergien, aber mit ähnlichen Symptomen wie zum Beispiel Juckreiz. Zu den Konservierungsmitteln, über die solche Effekte bekannt sind gehören. Sorbinsäure, Kalium- und Calcium-Sorbat, Benzoesäure sowie diverse Benzoate.