Veit: Guten Tag.
Birke: Herr Veit, der langzeitarbeitslose Akademiker demnächst als Putzkraft, kein Kündigungsschutz demnächst mehr in Betrieben bis elf Beschäftigte, um mit den Worten der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis zu sprechen. Ist das eine Kröte, die Sie schlucken können, an der sich aber die Partei nicht verschlucken wird?
Veit: Ob ich diese Kröte im Ergebnis schlucken werde, so dass ich dann am Freitag guten Gewissens zustimmen könnte, das wird sich erst weisen, wenn ich die Texte kenne, wenn wir in der Fraktion diskutiert haben. Aber Heide Simonis hat insofern recht, dass für einen Sozialdemokraten eine Lockerung des Kündigungsschutzes genauso schwierig zu verarbeiten und zu bewältigen ist, wie etwa die Frage der veränderten Zumutbarkeitsregelungen bei Arbeitslosen.
Birke: Was kann sich denn noch durch die klare Ausformulierung des Kompromisses in den Gesetzestexten ändern an der Grundsätzlichkeit des Kompromisses?
Veit: Was den Kündigungsschutz angeht, ist das ziemlich klar, aber die Zumutbarkeitsregelung auch zum Beispiel was Fragen angeht, inwieweit Leute an anderen Orten Arbeit aufnehmen müssen und zu welchen Bedingungen, da würde ich gerne die Formulierung des Gesetzes abwarten.
Birke: Sollte die Formulierung so scharf sein, wie das ja auch gerade die Unions-Opposition nach dem Kompromiss gesagt hat, werden Sie dann wohlmöglich gegen das Gesamtpaket stimmen?
Veit: Wohlmöglich heißt in der Tat, ich weiß es noch nicht. Aber ich lege mich da heute nicht fest und es gibt auch eine Reihe von positiven Elemente, das will ich nicht verhehlen als früherer Kommunaler, der auch schon die Aufgabe erfüllt hat, Sozialhilfeempfänger, die arbeitsfähig waren, erfolgreich zu vermitteln und mein Amtsnachfolger hat das fortgesetzt, kann ich nur sagen, dieser Teil des Kompromisses ist ganz in meinem Sinne, auch im Sinne meiner kommunalen früheren Kollegen.
Birke: Also, kommunale Verantwortung als Optionsmodell eben auch zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen in Zukunft. Wenn dieses Paket aus dem Vermittlungsausschuss doch auch solche, aus Ihrer Sicht, positive Elemente enthält, sollte man dann nicht sagen, wir setzen jetzt auch ein positives Signal und auch mit grummelndem Bauch, wie Matthias Platzeck, der Ministerpräsident von Brandenburg, gesagt hat, müsse man dem jetzt zustimmen.
Veit: Ich schließe das ja nicht aus, aber ich darf noch einmal sagen, festlegen möchte ich mich erst, wenn ich die Texte kennen und wenn jemand wie ich eher etwas verhalten ist, gerade was die vorgezogenen Absenkung des Spitzensteuersatzes angeht, dann muss man auch genau hingucken, welcher Preis dafür bezahlt worden ist. Wenn man den Wert als solchen nicht so hoch hängt, dann ist das eine schwierige Gesamtabwägung, wenn in der Tat da einige Kröten dabei sind.
Birke: Die Absenkung des Spitzensteuersatzes ist also für Sie auch eine der Kröten, die Sie schlucken müssten?
Veit: In der Tat. Ich glaube nicht, dass die letztendlich nachfrage- und konsumwirksam wird, weil jemand, der in der Größenordnung verdient, der hat sich, entschuldigen Sie, auch bisher schon alles leisten können, was er sich leisten wollte und der ist in seinem Konsumverhalten nicht davon abhängig. Wohingegen ich eher meine, dass gerade bei der Absenkung des Eingangssteuersatzes man sich hätte mehr und Schnelleres wünschen können im Interesse der betroffenen Menschen. Gerade weil auch ein Teil der Gegenfinanzierung dann aus der Absenkung der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale kommt, das ist auch schwierig für jemanden, der wie ich aus einem sehr ländlichen Wahlkreis kommt, wo die Leute zum Teil lange Wege zurückzulegen haben zur Arbeit.
Birke: Nun hat aber gerade Ihre Partei da noch viel größere Einschnitte vorgesehen.
Veit: Das kann mich auch nicht freuen.
Birke: Herr Veit, jetzt hat ja die Fraktionsspitze und die Parteiführung ganz klar signalisiert, dass man am Freitag bei der Abstimmung über das Gesamtergebnis des Vermittlungsprozesses eine eigene Mehrheit bräuchte. Sehen Sie sich hier in die Pflicht der Partei genommen?
Veit: Dass die Fraktionsführung das anstrebt, ist völlig selbstverständlich. Genauso selbstverständlich sollte es allerdings auch sein, und das wird auf der anderen Seite bei CDU/CSU und FDP kaum anders sein, dass jemand, der, egal auf welcher Seite, mit diesem Kompromiss nicht einverstanden ist, durchaus auch sagen kann, nein, ich will da nicht mittun.
Birke: Wäre es nicht verheerend für das Bild nach außen, dass hier die Regierungskoalition noch nicht einmal in so einer entscheidenden Frage, wie der Reformpolitik ihres Kanzlers, Geschlossenheit zeigt?
Veit: Das ist ja nicht die Reformpolitik des Kanzlers in Reinkultur, das ist auch nicht reine SPD- oder Bündnis 90/Die Grünen-Position, das ist ein Kompromiss, der allen Beteiligten möglichst munden soll. Das war bei der Gesundheitsreform schon so ähnlich, wenn das aber nicht in dem Maße der Fall ist und es auf beiden Seiten Abgeordnete gibt, die sagen, nein, für uns ist dieser Kompromiss nicht tragbar, dann ist das ein völlig demokratischer Vorgang in einem ebenso gewählten Parlament.
Birke: Machen Sie denn dann auch Ihr Votum davon abhängig, wie sich möglicherweise auch Oppositionsabgeordnete verhalten?
Veit: Nein, das werde ich allein davon abhängig machen, wie ich persönlich und vielleicht auch zusammen mit einigen anderen Kollegen, das Gesamtpaket bewerte.
Birke: Das war Rüdiger Veit, er ist SPD-Bundestagsabgeordneter. Vielen Dank für dieses Gespräch.
Veit: Bitte sehr. Auf Wiederhören.
Birke: Herr Veit, der langzeitarbeitslose Akademiker demnächst als Putzkraft, kein Kündigungsschutz demnächst mehr in Betrieben bis elf Beschäftigte, um mit den Worten der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis zu sprechen. Ist das eine Kröte, die Sie schlucken können, an der sich aber die Partei nicht verschlucken wird?
Veit: Ob ich diese Kröte im Ergebnis schlucken werde, so dass ich dann am Freitag guten Gewissens zustimmen könnte, das wird sich erst weisen, wenn ich die Texte kenne, wenn wir in der Fraktion diskutiert haben. Aber Heide Simonis hat insofern recht, dass für einen Sozialdemokraten eine Lockerung des Kündigungsschutzes genauso schwierig zu verarbeiten und zu bewältigen ist, wie etwa die Frage der veränderten Zumutbarkeitsregelungen bei Arbeitslosen.
Birke: Was kann sich denn noch durch die klare Ausformulierung des Kompromisses in den Gesetzestexten ändern an der Grundsätzlichkeit des Kompromisses?
Veit: Was den Kündigungsschutz angeht, ist das ziemlich klar, aber die Zumutbarkeitsregelung auch zum Beispiel was Fragen angeht, inwieweit Leute an anderen Orten Arbeit aufnehmen müssen und zu welchen Bedingungen, da würde ich gerne die Formulierung des Gesetzes abwarten.
Birke: Sollte die Formulierung so scharf sein, wie das ja auch gerade die Unions-Opposition nach dem Kompromiss gesagt hat, werden Sie dann wohlmöglich gegen das Gesamtpaket stimmen?
Veit: Wohlmöglich heißt in der Tat, ich weiß es noch nicht. Aber ich lege mich da heute nicht fest und es gibt auch eine Reihe von positiven Elemente, das will ich nicht verhehlen als früherer Kommunaler, der auch schon die Aufgabe erfüllt hat, Sozialhilfeempfänger, die arbeitsfähig waren, erfolgreich zu vermitteln und mein Amtsnachfolger hat das fortgesetzt, kann ich nur sagen, dieser Teil des Kompromisses ist ganz in meinem Sinne, auch im Sinne meiner kommunalen früheren Kollegen.
Birke: Also, kommunale Verantwortung als Optionsmodell eben auch zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen in Zukunft. Wenn dieses Paket aus dem Vermittlungsausschuss doch auch solche, aus Ihrer Sicht, positive Elemente enthält, sollte man dann nicht sagen, wir setzen jetzt auch ein positives Signal und auch mit grummelndem Bauch, wie Matthias Platzeck, der Ministerpräsident von Brandenburg, gesagt hat, müsse man dem jetzt zustimmen.
Veit: Ich schließe das ja nicht aus, aber ich darf noch einmal sagen, festlegen möchte ich mich erst, wenn ich die Texte kennen und wenn jemand wie ich eher etwas verhalten ist, gerade was die vorgezogenen Absenkung des Spitzensteuersatzes angeht, dann muss man auch genau hingucken, welcher Preis dafür bezahlt worden ist. Wenn man den Wert als solchen nicht so hoch hängt, dann ist das eine schwierige Gesamtabwägung, wenn in der Tat da einige Kröten dabei sind.
Birke: Die Absenkung des Spitzensteuersatzes ist also für Sie auch eine der Kröten, die Sie schlucken müssten?
Veit: In der Tat. Ich glaube nicht, dass die letztendlich nachfrage- und konsumwirksam wird, weil jemand, der in der Größenordnung verdient, der hat sich, entschuldigen Sie, auch bisher schon alles leisten können, was er sich leisten wollte und der ist in seinem Konsumverhalten nicht davon abhängig. Wohingegen ich eher meine, dass gerade bei der Absenkung des Eingangssteuersatzes man sich hätte mehr und Schnelleres wünschen können im Interesse der betroffenen Menschen. Gerade weil auch ein Teil der Gegenfinanzierung dann aus der Absenkung der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale kommt, das ist auch schwierig für jemanden, der wie ich aus einem sehr ländlichen Wahlkreis kommt, wo die Leute zum Teil lange Wege zurückzulegen haben zur Arbeit.
Birke: Nun hat aber gerade Ihre Partei da noch viel größere Einschnitte vorgesehen.
Veit: Das kann mich auch nicht freuen.
Birke: Herr Veit, jetzt hat ja die Fraktionsspitze und die Parteiführung ganz klar signalisiert, dass man am Freitag bei der Abstimmung über das Gesamtergebnis des Vermittlungsprozesses eine eigene Mehrheit bräuchte. Sehen Sie sich hier in die Pflicht der Partei genommen?
Veit: Dass die Fraktionsführung das anstrebt, ist völlig selbstverständlich. Genauso selbstverständlich sollte es allerdings auch sein, und das wird auf der anderen Seite bei CDU/CSU und FDP kaum anders sein, dass jemand, der, egal auf welcher Seite, mit diesem Kompromiss nicht einverstanden ist, durchaus auch sagen kann, nein, ich will da nicht mittun.
Birke: Wäre es nicht verheerend für das Bild nach außen, dass hier die Regierungskoalition noch nicht einmal in so einer entscheidenden Frage, wie der Reformpolitik ihres Kanzlers, Geschlossenheit zeigt?
Veit: Das ist ja nicht die Reformpolitik des Kanzlers in Reinkultur, das ist auch nicht reine SPD- oder Bündnis 90/Die Grünen-Position, das ist ein Kompromiss, der allen Beteiligten möglichst munden soll. Das war bei der Gesundheitsreform schon so ähnlich, wenn das aber nicht in dem Maße der Fall ist und es auf beiden Seiten Abgeordnete gibt, die sagen, nein, für uns ist dieser Kompromiss nicht tragbar, dann ist das ein völlig demokratischer Vorgang in einem ebenso gewählten Parlament.
Birke: Machen Sie denn dann auch Ihr Votum davon abhängig, wie sich möglicherweise auch Oppositionsabgeordnete verhalten?
Veit: Nein, das werde ich allein davon abhängig machen, wie ich persönlich und vielleicht auch zusammen mit einigen anderen Kollegen, das Gesamtpaket bewerte.
Birke: Das war Rüdiger Veit, er ist SPD-Bundestagsabgeordneter. Vielen Dank für dieses Gespräch.
Veit: Bitte sehr. Auf Wiederhören.