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Zuversicht für einvernehmliche Lösung bei DaimlerChrysler

Klaus Remme: Am Telefon ist Ernst Pfister, seit einigen Tagen der neue Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg. Er gehört der FDP an. Guten Morgen, Herr Pfister.

Moderation: Klaus Remme |
    Ernst Pfister: Guten Morgen.

    Remme: Herr Pfister, haben Sie Verständnis für die Wut der Kollegen, nicht der Kollegen, der Arbeitnehmer?

    Pfister: Ja, natürlich habe ich Verständnis dafür. Denn wer bangt schon gern um seinen Arbeitsplatz? Immerhin geht es um rund 6000 Arbeitsplätze, die im Augenblick zur Diskussion stehen. Jeder einzelne Arbeitsplatz ist mit einem Schicksal, ist mit einer Familie verbunden, das kann ich schon gut verstehen.

    Remme: Kommt da ein Aber?

    Pfister: Es kommt da ein Aber insofern hinzu, weil ich denke, dass das letzte Wort hier noch längst nicht gesprochen ist. Ich bin außerordentlich zuversichtlich, dass sich schon in den nächsten Tagen dieser Konflikt wird legen lassen. Das heißt, dass man zu einvernehmlichen Lösungen kommt. Im Vordergrund muss stehen, dass diese 6000 Arbeitplätze in Baden-Württemberg bleiben, die sollen nicht nach Kapstadt gehen, die sollen aber auch nicht nach Bremen gehen, sondern die sollen in Baden-Württemberg bleiben.

    Remme: Da spricht der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, das ist verständlich. Wenn wir mal auf die Rolle der Politiker in diesem Konflikt kommen. Ist da ein Wirtschaftsminister quasi, sag ich mal, zu Äquidistanz verpflichtet zwischen dem Anliegen der Konzernleitung und dem Begehren der Arbeitnehmer?

    Pfister: Ich würde jedem Wirtschaftsminister raten eher zu einer moderierenden Rolle und auch zu einer zurückhaltenden Rolle. Das ist im Grunde schon eine Angelegenheit, die die Tarifpartner, also der Betriebsrat auf der einen Seite, die Geschäftsleitung auf der anderen Seite, miteinander zu regeln haben. Mir gefällt es nicht, wenn hier auch verbal aufgerüstet wird. Es ist in letzter Zeit zu einigen Äußerungen gekommen, die das Ganze eher eskalieren haben lassen. Ich finde, die Politik tut gut daran, wenn sie zunächst einmal den unmittelbar Beteiligten die Möglichkeit überlässt, selbst zu einer Lösung zu finden.

    Remme: Ich will noch mal auf das Argument von Frank Teichmüller eingehen. Wenn es hier Mercedes-Benz gibt, Mercedes-Benz macht Gewinne in Milliardenhöhe und dann diese Kostensparpläne vorstellt mit einer Drohung verbunden. Wird da der Betriebsfrieden nicht vorsätzlich gestört?

    Pfister: Ja, das ist im Zusammenhang zu sehen, dass der Standort Bundesrepublik Deutschland insgesamt natürlich in eine neue Situation hineingeraten ist, ich meine jetzt weltweit, europaweit und weltweit. Und wie gesagt, es geht nicht um die Frage, Sindelfingen oder Kapstadt, sondern es geht um die Frage, Sindelfingen oder Bremen. Und da hat es eben in der Vergangenheit einige Verzerrungen gegeben, auch was die Arbeitszeitfrage angeht, die im Augenblick nicht zugunsten Sindelfingen sprechen. Und deshalb denke ich, dass es schon sich lohnt, darüber zu sprechen, ob es einen Sinn macht, dass in Nordwürttemberg, ausschließlich allein in Nordwürttemberg bestimmte Dinge eingeführt wurden, die in andern Teilen der Republik eben nicht stattfinden. Ich nehme mal als Beispiel diese Steinkühlerpause, die ja gewissermaßen symbolisch dafür herhalten muss, dass im Augenblick eben bestimmte Dinge in Nordwürttemberg anders gehandelt werden als zum Beispiel in Bremen. Es lohnt sich schon, über diese Frage nachzudenken. Aber wenn Sie sehen, dass ja auch der Betriebsrat von sich aus bereits Zugeständnisse gemacht hat, die an die 200 Millionen gehen rein rechnerisch, und wenn Sie dann auf der anderen Seite sehen, was von den Arbeitgebern da vorgedacht worden ist, dann denke ich, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt, und ich bin sehr sehr zuversichtlich, dass sich die beiden Vertragsparteien da auch noch einigen können.

    Remme: Werden Sie da die beiden Konfliktparteien an einen Tisch holen, um weitere Eskalationen dieses Konflikts zu vermeiden?

    Pfister: Wenn das gewünscht wird, ist der Wirtschaftsminister immer gerne bereit einer moderierende Rolle zu spielen. Ich habe Gespräche geführt, aber ich denke, dass die beiden Partner eigentlich groß und klug genug sind, um diesen Konflikt auch in Eigenregie zu lösen.

    Remme: Sie haben gesagt, Sie haben Gespräche geführt, mit beiden Seiten?

    Pfister: Nein, ich habe, jetzt nachdem ich zwei Tage im Amt bin, natürlich noch nicht eine Vielzahl von Gesprächen führen können. Ich bin aber jederzeit dazu bereit, wenn ich da gewünscht werde. Wie gesagt, ich sage es noch einmal, ich glaube und wünsche es und hielte es auch für normal, wenn die beiden Partner dies aus eigener Regie und aus eigener Kraft lösen könnten.

    Remme: Ernst Pfister war das, Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg von der FDP. Herr Pfister, vielen Dank für das Gespräch.

    Pfister: Auf Wiedersehen.