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"Zwingen wollen wir niemand"

Er spüre eine hohe Verantwortung der Kreditwirtschaft, sagte Hans-Joachim Metternich, der seit dem 1. März als Kreditmediator der Bundesregierung fungiert. Ziel sei es, "möglichst viel Sachverstand zusammenzubringen".

Hans-Joachim Metternich im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Finanzjongleure und Investmentabenteuerer haben die Finanzkrise losgetreten und die Weltwirtschaft stand am Abgrund. Zwei Jahre danach etwa sieht es so aus, als kämen wir mit einem blauen Auge davon, was jedenfalls den Arbeitsmarkt angeht. Was aber trotz allem bleibt ist, dass Banken und Sparkassen immer noch nicht so recht dem Braten trauen. Als gebrannte Kinder scheuen sie, Kredite zu vergeben, die in der Wirtschaft aber dringend gebraucht werden, jetzt, wo wahrscheinlich hoffentlich der Aufschwung kommt. Es geht also um die berühmte Kreditklemme. Sie zu lösen, ist seit zwei Wochen Aufgabe des sogenannten Kreditmediators der Bundesregierung, Hans-Joachim Metternich. Guten Morgen, Herr Metternich.

    Hans-Joachim Metternich: Ich grüße Sie und Ihre Hörerinnen und Hörer sehr herzlich von hieraus.

    Meurer: Am 1. März, Herr Metternich, haben Sie offiziell begonnen. Was werden Sie heute tun?

    Metternich: Heute und die nächsten Tage beschäftige ich mich mit der Weiterentwicklung des vorgesehenen Mediationsverfahrens. Das ist bereits mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft, auch der Kreditwirtschaft vorbesprochen. Ich erfahre von beiden großen Gruppen große Unterstützung bei der Implantation dieses bundesweit einmaligen Systems, des Mediationsverfahrens für abgelehnte Kreditanträge.

    Meurer: Noch laufen also die Vorbereitungen, Herr Metternich. Wann können Anträge bei Ihnen abgegeben werden?

    Metternich: Am 1. April können Anträge bei uns gestellt werden. Dies soll möglichst elektronisch geschehen. Das heißt, die Antragsformulare können heruntergeladen werden von unserer Homepage mit einem Merkblatt und Anleitungen, wie es weitergeht.

    Meurer: Bleibt es dabei: Nur wer als Unternehmer mindestens 25.000 Euro Firmenkredit haben will, kann sich bei Ihnen melden? Welche Voraussetzungen gibt es noch?

    Metternich: Das ist richtig, diese Zahl. Ich glaube, das ist auch eine Größenordnung, wo wir auch die ganz kleinen Betriebe mit erfassen können. Nach oben wollen wir nicht die ganz großen hier unterstützen, dafür gibt es schon andere Strukturen, die das tun. Wir können Unternehmen also noch helfen, die einen Umsatz von weniger als 500 Millionen Euro haben. Es muss - das ist wichtig, dass Ihre Hörerinnen und Hörer das hören - sich um einen abgelehnten Kreditantrag handeln. Die Hausbank muss diesen Kreditwunsch bereits schriftlich mit Begründung abgelehnt haben. Das ist etwas Neues.

    Meurer: Mit wie vielen Anträgen, Herr Metternich, rechnen Sie eigentlich?

    Metternich: Das ist eine gute Frage. Es gibt leider keine bundesweite Statistik, wie viele Unternehmen einen Kreditantrag abgelehnt bekommen. Aber ich glaube, wir werden auch in dieser Richtung in den nächsten Wochen und Monaten dazu entsprechend statistisch Material entwickeln können.

    Meurer: Wieso trifft das Problem der Kreditklemme eigentlich vor allen Dingen die Mittelständler und weniger die kleinen und weniger die großen, wenn ich das richtig sehe?

    Metternich: Die großen, das können Sie gut auch nachvollziehen, können sich weltweit über die Kapitalmärkte refinanzieren. Der kleine und mittlere Betrieb ist vielfach angewiesen, dass er in seiner Region eine Bank findet, die ihn finanziert und begleitet. Da tun sich halt die kleineren Betriebe deutlich schwieriger als die großen Betriebe.

    Meurer: Da sagt wohl mancher Unternehmer, die Banken haben in die abenteuerlichsten Zockerpapiere investiert, aber für mich, für meine Firma, zwei Kilometer von der Filiale entfernt, ist kein Geld da. Muss sich die Mentalität der Banken ändern?

    Metternich: Das will ich nicht unbedingt sagen und das trifft auch nicht für alle Banken zu. Schauen Sie mal, die Raiffeisen- und Volksbanken, die Sparkassen haben hier weniger in diese Richtung, wie Sie eben vorgetragen haben, sich verhalten. Ich spüre insgesamt die hohe Verantwortung der Kreditwirtschaft, ihre Unternehmen mit Krediten zu versorgen und auch die Liquidität zu erhalten, und wenn man sich die Zahlen vom letzten Jahr betrachtet, da haben ja alle diese Institutsgruppen Zuwächse in der Kreditvergabe gehabt. Man muss halt schauen, wie wird das jetzt dieses Jahr. Die Bundesregierung hat sehr prophylaktisch gehandelt, hat die Stelle eines Kreditmediators geschaffen, und wir hoffen damit, dass wir die Kreditversorgung letztlich in diesem Jahr bei schwieriger werdenden Rahmenbedingungen auch zumindest stabil halten können.

    Meurer: Wenn die Hausbank nein gesagt hat, wie Sie eben gesagt haben - das ist ja Voraussetzung -, und Sie können die Bank ja wohl schlecht zwingen, was machen Sie dann?

    Metternich: Das ist richtig: zwingen wollen wir niemand. Wir haben auch keine Instrumente, um sozusagen die Hausbank unter Druck zu setzen. Das wollen wir auch nicht. Die Verantwortung muss bei der Hausbank bleiben. Aber in unserer vorgesehenen und abgesprochenen Mediation wollen wir möglichst viel Sachverstand zusammenbringen, Sachverstand in den Regionen - denken Sie an die Kammern, die großen Sachverstand haben, denken Sie an die Förder- und Bürgschaftsbanken der Region, denken Sie an die KfW -, Sachverstand zusammenziehen, der dann darüber schaut, ob es für das Projekt, das das Unternehmen bei der Bank vorgestellt hat, eine optimale Finanzierung gibt. Und die Erfahrung und meine Erfahrung hat gezeigt, dass es da erhebliche gute Positionen geben kann.

    Meurer: Von wo kommt dann der Kredit, von der KfW beispielsweise?

    Metternich: Beispielsweise könnte die KfW einen Kredit geben, beispielsweise kann auch die Hausbank im Rahmen dieses Mediationsverfahrens erkennen, hoppla, ich hatte vorher eine Ablehnung mangels Sicherheiten und jetzt gibt es aber eine Bürgschaftsbank, die hier einen Bürgschaftskredit geben kann, bis zu 90 Prozent Absicherung für die Hausbank, und dann sieht das wieder mal anders aus.

    Meurer: Sie sind in Frankfurt in Ihrem Büro sich selbst eingeschlossen gerade mal acht Leute. Können Sie da mehr als nur ein Kummerkasten sein?

    Metternich: Das wollen wir sicher nicht. Ein Kummerkasten alleine genügt nicht. Wir haben im Moment mit acht Leuten angefangen. Das wird leider in den Medien immer ein bisschen falsch zitiert, als ob das damit statisch so bleibt für alle Zeiten. Wir können uns dem Antragseingang anpassen. Ich glaube, es ist vernünftig und wirtschaftlich, zunächst mal mit einer kleinen Truppe anzufangen und zu schauen, wie entwickelt sich der Markt, wie stark werden wir nachgefragt. Und wenn dann entsprechende Nachfragen kommen, können wir auch die Mitarbeiterzahl sehr rasch aufstocken.

    Meurer: Als Sie letzte Woche der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, Herr Metternich, da hat es ja Kritik aus der Opposition gegeben. Auch in den Medien war zu lesen, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, den Sie aus dessen Mainzer Zeit noch gut kennen, habe Sie als alten Bekannten ohne Ausschreibung für den Posten ausgewählt, einen gut dotierten Job zugeschanzt. Was entgegnen Sie?

    Metternich: Nun, ich denke, die fachliche Qualifikation, die ich nachweisen kann, die ist nicht unbeachtlich. Ich war 16 Jahre Chef einer Förderbank, habe sehr lange Jahre Ministerialerfahrung. Das heißt, ich kenne mich in diesen Umgebungen sehr gut aus. Ich habe mit Banken viele Gespräche geführt, weiß wie die Banken auch denken, was sie auch an Verantwortung tragen müssen, und von daher, denke ich, kann ich sehr viele positive Erfahrungen auch mit in diese Aufgabe hineinbringen.

    Meurer: Aber dass Sie den Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gut kennen, hat sicher nicht geschadet?

    Metternich: Das will ich gar nicht sagen. Schauen Sie, es ist doch ganz üblich, dass man, wenn man eine Stelle zu besetzen hat, sich umschaut, wo gibt es erfahrene Mitarbeiter, die man auch irgendwo her kennt, weil man früher mit ihnen zusammengearbeitet hat. Das ist doch nicht verwerflich. Ich finde, das ist eine völlig falsche Kritik, die dort geübt wird.

    Meurer: Hans-Joachim Metternich, seit dem 1. März Kreditmediator der Bundesregierung, bei uns im Deutschlandfunk. Herr Metternich, besten Dank und auf Wiederhören.

    Metternich: Danke schön!