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Zwischen Sandoz-Katastrophe und Waldhof-Havarie

Beim Brand einer Chemiefabrik in Basel gelangten 1986 Chemikalien in den Rhein. Fische starben, die Trinkwasserversorgung von 40 Millionen Menschen war betroffen. Rheinland-Pfalz kaufte daraufhin ein Schiff, das noch heute ständig auf dem Strom kreuzt, um solche Katastrophen früh anzuzeigen.

Von Ludger Fittkau |
    Der Greifer des Baggers vor dem Bug der MS Burgund wird mit einer Hydraulikpumpe in den Rhein gelassen. Mit der Baggerschaufel werden Proben vom Grund des Stromes genommen. Vor allem Kleinstlebewesen geben Auskunft über die Schadstoffbelastung.

    "Und der Bagger, das ist eigentlich wertvollstes Inventar dieses Schiffes. Es können bei jedem Wasserstand Tiere des Rheins entnommen werden. Und das ist wichtig, um den Zustand der Tiere dann im Erstfall auch beurteilen zu können."

    Ulrike Höfken, die grüne Umweltministerin des Landes Rheinland-Pfalz ist so etwas wie die Schiffseignerin der MS Burgund. Sie erinnert daran, dass die Anschaffung des Laborschiffes für den Rhein und seine Nebenflüsse nach der großen Sandoz-Katastrophe 1986 beschlossen wurde. Nach dem Brandunglück in der Baseler Chemiefabrik färbte sich der Rhein rot – die Trinkwasserversorgung für 40 Millionen Menschen in Europa war unterbrochen.

    "Und natürlich waren die Folgen für den Oberrhein verheerend, ein massenhaftes Fischsterben bis runter zur Loreley, also 400 Kilometer flussabwärts sind nahezu alle Aale verendet und die Trinkwasserversorgung brach auch zusammen."

    Im Schiffslabor der MS Burgund gibt es deshalb so etwas wie einen kleinen Brunnen, aus dem zur Kontrolle ständig Flusswasser plätschert. Es wird kontinuierlich unter dem Schiffsrumpf geschöpft. Etwas mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Sandoz-Katastrophe sieht das Rheinwasser auf der Höhe von Mainz mit bloßem Auge sehr klar aus:

    "Die Rheinwasser-Qualität ist eine der besten von den großen deutschen Gewässern,"

    sagt Michael Engel, Referatsleiter allgemeine Wasseranalytik des Landes Rheinland-Pfalz. Er deutet aber im Labor des Schiffes auf ein Plakat mit einer Grafik, in der eine Kurve mit schwarzen Balken bedrohlich nach oben geht:

    "Das ist jetzt eine Darstellung von Diclofenac, das ist Ihnen allen bekannt als Salbe oder ein entzündungshemmendes Medikament bei Sportverletzungen. Und man sieht hier verschiedene rheinland-pfälzische Probenamenstellen. Man sieht eine Konzentration von nahe 0 bis 0,8 Mikrogramm pro Liter. Das sind also Konzentrationen, die sind noch relativ kräftig, da sollte schon noch Tendenz nach unten bestehen."

    Nicht die Industrie, sondern die Privatpersonen mit ihren Medikamentenresten, die sie über die Kanalisation ins Flusswasser abgeben, bereiten der Crew der MS Burgund zurzeit also die größten Sorgen. Doch manchmal packt die Besatzung des Laborschiffes Jagdfieber. Dann kann sie wie Greenpeace ein Beiboot zu Wasser lassen und einen möglichen Verursacher stellen.

    "Also das kann passieren, dass wenn die Besetzung einen Ölfilm oder so was sieht und man sieht ein Schiff noch, dass da in der Nähe ist, dann werden die selbstverständlich die Wasserschutzpolizei benachrichtigen. Das Schiff hat auch ein Beiboot, sodass man möglicherweise auch gezielt an Einleitungen heranfahren kann, um die zu beproben. Das wäre generell möglich. Aber das Schiff hat auch sehr viele Routineaufgaben, sodass für so Sondereinsätze wenig Zeit bleibt."

    Klaus Wendling vom Mainzer Umweltministerium erinnert sich noch genau an den dramatischsten Sondereinsatz, den die MS Burgund in ihrer 25-jährigen Geschichte erlebte: Die Havarie des Tankschiffs "Waldhof" vor der Loreley vor zweieinhalb Jahren, die einem Schiffer das Leben kostete. Ein Zweiter wird bis heute vermisst. Für das Laborschiff MS Burgund war das Tankerunglück mit der Schwefelsäure an Bord eine Bewährungsprobe, erinnert sich Klaus Wendling:

    "Da war das Schiff viereinhalb Wochen vor Ort, hat jeden Tag 24 Stunden Dienst getan, auch an allen Wochenenden. Und das war schon für die Besatzung, aber auch für das Laborpersonal eine besondere Herausforderung. Ich war auch oft vor Ort an vielen Wochenenden. Und letztendlich mussten wir ja entscheiden, dass die Säure dosiert in den Fluss gepumpt wird. Das hat uns leidgetan, aber es gab keine andere Möglichkeit, sonst wäre möglicherweise die Waldhof auseinandergebrochen und es wäre ein noch größerer Schaden entstanden."

    Die Schiffwand der MS Burgund reibt sich an einen Anleger in Mainz. Bald geht es wieder los. Das Laborschiff des Lande Rheinland-Pfalz fährt keine spektakulären Einsätze wie die Greenpeace-Schiffe – doch für die Überwachung des Rheins und seiner Nebenflüsse wird es wohl noch lange gute Dienste tun.