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Abschottung vom Web
China setzt auf "Cyber-Souveränität"

Hinter dem schön klingenden Begriff der Cyber-Souveränität verbirgt sich in China die Idee, dass auch ausländische Unternehmen alle ihre Daten nur in China verarbeiten dürfen. Das fördert nach Einschätzung vieler Fachleute auch die Onlinespionage - betroffen ist auch die deutsche Industrie.

Von Steffen Wurzel |
    Großaufnahme von weißen Internetkabeln
    Die Internet-Abschottung Chinas birgt viele Probleme auch für deutsche Unternehmen. (picture alliance / dpa)
    Cyber-Sicherheit und China. Zwei Dinge, über die jeder deutsche Manager, den man zwischen Shanghai, Shenzhen, Chendgu oder Peking trifft, Geschichten erzählen kann. Wenn das Mikrofon ausgeschaltet ist.
    "Ja gut, da stellt sich die Frage, wie offen da tatsächlich drüber gesprochen wird und was hinter verschlossenen Türen besprochen wird."
    Sagt Georg Stieler, Unternehmensberater in Shanghai. Er hilft deutschen Firmen, die auf dem chinesischen Markt aktiv werden oder wachsen wollen. Beim Thema Cybersicherheit und elektronische Industriespionage sei die deutsche Wirtschaft oft nicht auf dem aktuellen Wissensstand, kritisiert er. Gefahren würden häufig ausgeblendet. Ganz ähnlich sei das bei der deutschen Politik.
    "Da herrscht möglicherweise eine gewisse Naivität. Im Sommer, als ich mit jemandem aus dem Bundeskanzleramt darüber gesprochen habe, war das chinesische Konzept der Cyber Sovereignty, das hier doch häufiger bemüht wird von der Pekinger Staatsspitze, nicht bekannt. Und das ist natürlich erschütternd."
    China will sich vom Internet abschotten
    Hinter dem Begriff Cyber Soverenity steckt der Gedanke, dass das Internet eben nicht ein Werkzeug ist, das alle Nutzer auf der ganzen Welt auf die gleiche Art und Weise benutzen. Nach dem Konzept stellt vielmehr jedes Land eigene Regeln für die Nutzung des Internets aufs.
    Chinas Staatschef Xi Jinping wirbt seit vergangenem Jahr kräftig für das Konzept der Cyber-Souveränität. Seitdem ist klar, wo die Onlinepläne des bevölkerungsreichsten Landes der Welt hingehen: mehr Abschottung, mehr Kontrolle, alle Onlinedaten sollen im Land, in China bleiben. Für ausländische Firmen eine Gefahr, sagt Georg Stieler:
    "Das Problem dabei ist momentan die anhängige chinesische Gesetzgebung. Dass ausländische Unternehmen gezwungen werden sollen, ihre Quellcodes offenzulegen, dass sie in ihre Bauteile chinesische Komponenten einbauen sollen oder dass in China erhobene Daten nur in China gespeichert werden sollen."
    Werden die Gesetze in Peking wie geplant verabschiedet, kann das für ausländische Unternehmen zweierlei bedeuten: Erstens könnten sie nicht mehr frei darüber entscheiden, wo und wie sie in China gewonnene Daten für ihre Geschäfte nutzen. Das würde sie benachteiligen gegenüber chinesischen Anbietern. Zweitens: Die ausländischen Firmen hätten keine Kontrolle mehr darüber, wer alles die Daten mitliest. Industriespionage würde erleichtert.
    Um das zu verhindern, will die Bundesregierung gewisse Cyber-Verhaltensregeln mit der chinesischen Seite aufstellen. Die Rede ist von einem Kontrollmechanismus. Auch, wenn noch nichts Konkretes vereinbart wurde: Die Tatsache, dass das Ganze bei den deutsch-chinesischen Regierungsgesprächen im Sommer offizielles Thema war, wird von deutscher Seite schon als Erfolg, als Fortschritt gewertet.
    China schöpft Wissen von deutschen Unternehmen ab
    Dass in China Wissen von deutschen Unternehmen abgeschöpft wird, ist nicht neu. Es hat auch nicht nur mit dem Thema Onlinespionage zu tun. Sabine Yang von der deutschen Außenhandelskammer im westchinesischen Chendgu:
    "Sie haben hier zum Beispiel die Unternehmen, die relativ blauäugig nach China kommen und denken, dass sie ohne Schaden sozusagen davon kommen und einfach ihre Strategien hier durchziehen, wie sie es geplant haben. Das ist in den meisten Fällen eher unrealistisch."
    Dafür sorge schon der sogenannte Joint-Venture-Zwang, also die Tatsache, dass sich Unternehmen ab einer gewissen Größe mit chinesischen Partnern zusammentun müssen, um in China Geschäfte machen zu können. So haben zum Beispiel alle ausländischen Autokonzerne chinesische Partnerfirmen. Völlig klar, dass da Geschäftsgeheimnisse abfließen. Dafür brauche es nicht mal einen Internetanschluss, sagt Sabine Yang:
    "In China haben Sie in manchen Gebieten, in manchen Firmen eine hohe Fluktuation von Mitarbeitern. Wenn die kommen, schnell kurz lernen und dann wieder gehen, ist auch ihr Wissen dahin."
    Auch, wenn sich so etwas nicht komplett verhindern lasse, zumindest erschweren könne man diese Art der digitalen Spionage, sagt der Shanghaier Berater Stieler:
    "Ich kenne Unternehmen, das ist die Low-Cost-Variante, die alle USB-Sticks verschlüsseln. Möglicherweise muss man aber auch zu teureren Mitteln greifen. Es gibt zum Beispiel Anbieter, die statten Unternehmen so aus, dass man nur erlaubte USB-Sticks oder gar keine mehr benutzen darf."