Archiv

Abstimmung für neue U-Boote
Großbritannien will Atommacht bleiben

Mit einer großen Mehrheit hat das britische Parlament für den Bau neuer U-Boote mit Atomraketen gestimmt. Damit will das Land auch in Zukunft seine Position als Atommacht stärken. Für die Labour-Opposition kam die Abstimmung zu einem denkbar ungünstigen Moment.

Jens-Peter Marquardt |
    Vor dem Parlament protestierten Menschen gegen die Anschaffung neuer U-Boote.
    Vor dem Parlament protestierten Menschen gegen die Anschaffung neuer U-Boote. (dpa/picture alliance/Andy Rain)
    Gerade einmal fünf Tage im Amt bat Theresa May das Parlament in London um eine Entscheidung von enormer Tragweite. Soll das Land Atommacht bleiben oder nicht? Sollen die vier in die Jahre gekommenen U-Boote der Vanguard-Klasse, die die Trident-Atomraketen tragen, durch neue Boote ersetzt werden? Die konservative Premierministerin antwortete darauf mit einem klaren Ja:
    "Die nukleare Bedrohung ist nicht verschwunden. Wenn überhaupt, dann hat sie sogar zugenommen. Es wäre eine große Unverantwortlichkeit, die britischen Atomwaffen abzuschaffen. Wir können nicht aus missverstandenem Idealismus unsere allerletzte Absicherung in der Zukunft aufgeben."
    Das Verteidigungsministerium schätzt die Gesamtkosten der neuen U-Boote auf 31 Milliarden Pfund, umgerechnet etwa 37 Milliarden Euro. Es gibt andere Schätzungen, die weit höher ausfallen.
    Labour-Fraktion ist gespalten
    Die Parlamentsentscheidung darüber wurde immer wieder vertagt – zuletzt wollte die Regierung noch den Ausgang des EU-Referendums abwarten. Jetzt aber war es soweit – ein Zeitpunkt, der für die Labour-Opposition denkbar ungünstig kam. Die Fraktion ist in der Frage der Erneuerung des Atomwaffenarsenals gespalten, die Partei hat eine Kommission eingesetzt, die noch kein Ergebnis vorgelegt hat. Der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn, dem die eigene Fraktion gerade das Misstrauen ausgesprochen hat und den zwei Gegenkandidaten aus dem Amt hebeln wollen, war immer ein Gegner der Atomwaffen, so auch jetzt:
    "Ich würde niemals eine Entscheidung treffen, die möglicherweise Millionen von Unschuldigen tötet. Ich glaube nicht, dass die Drohung mit Massenmord ein legitimes Mittel in den internationalen Beziehungen ist."
    Corbyn hatte die Abstimmung in seiner Fraktion frei gegeben. Viele Labour-Abgeordnete enthielten sich, andere stimmten für die neuen U-Boote, so wie John Woodcock, in dessen Wahlkreis die neuen Boote gebaut werden sollen:
    "Was auch immer die Premierministerin heute von unserer Fraktionsführung hört: es bleibt die unerschütterliche Politik der Labour Party, unsere atomare Abschreckung zu erneuern, Denn andere Länder haben die Möglichkeit, unser Land nuklear zu bedrohen."
    Schottische Nationalisten sagen "Nein"
    Klar dagegen waren die schottischen Nationalisten. Die U-Boote und die Atomraketen haben ihre Basis an einem Fjord in Faslane an der schottischen Westküste. Die Nationalisten, die die Regionalregierung stellen, wollen ein atomwaffenfreies Schottland – der SNP-Fraktionsvorsitzende Angus Robertson:
    "Es ist so obszön: die Priorität dieser konservativen Regierung und vieler Labour-Abgeordneter ist es, in Zeiten von Sparpolitik und Wirtschaftschaos und vor dem EU-Austritt Milliarden von Pfund in eine überholte nukleare Waffentechnik zu stecken, die wir nicht wollen, nicht brauchen und hoffentlich niemals benutzen."
    Am Ende gab das Unterhaus mit den Stimmen der Konservativen und zahlreicher Labour-Abgeordneter mit 472 zu 117 Stimmen grünes Licht für den Bau neuer U-Boote und die Zukunft der Atommacht Großbritannien.