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Arzneimittelskandal
EU-Behörde rät von 52 Medikamenten ab

Die Europäische Arzneimittel-Behörde empfiehlt, in Deutschland 52 Medikamente weiterhin nicht zu verkaufen. Sie begründet das mit möglichen Mängeln bei Medikamentenstudien aus Indien. Es geht um Generika, also Nachahmerpräparate. Hinweise auf Gesundheitsgefahren gibt es laut den Behörden nicht.

23.01.2015
    Zahlreiche Pillen und Tabletten liegen auf einem Tisch und auf einem Löffel.
    Die 52 Medikamente (Liste hier) sollen nach einer Empfehlung der Europäischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel (EMA) in London vorerst vom deutschen Markt verschwunden bleiben. Als Grund nennt sie mögliche Mängel bei den Zulassungsstudien, die die indische Firma GVK Biosciences durchgeführt hat. Eine Ausnahme macht die EMA nur für Medikamente, die für Patienten lebensnotwendig sind.
    Die Behörde bestätigt damit eine Entscheidung, die in Deutschland schon getroffen wurde. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte im Dezember entschieden, die Zulassungen der Medikamente ruhen zu lassen (die Liste finden Sie hier). Es überprüft gerade insgesamt 176 Zulassungen von 28 Pharmafirmen. Die Empfehlung der europäischen Behörde bezieht sich europaweit auf insgesamt mehrere hundert Medikamente.
    Anfang Dezember teilte das Institut mit, dass die Studien aufgrund der Schwere und der Systematik der gefundenen Mängel nicht als Zulassungsgrundlage akzeptiert werden könnten. Es habe einige Unternehmen bereits aufgefordert, die Zulassung ruhen zu lassen und die Medikamente nicht mehr in Umlauf zu bringen. Das gehe erst dann wieder, wenn die Unternehmen neue Studien vorlegten. Bereits ausgelieferte Medikamente blieben aber im Verkauf. BfArM-Sprecher Maik Pommer sagte Anfang Dezember im Deutschlandfunk: "Derzeit haben wir keine Hinweise auf Gesundheitsgefahren." Das bekräftigte die EMA heute noch mal.
    Behörden sprechen von systematischen Fälschungen
    Es geht um Generika, also Nachahmerpräparate etwa von Antidepressiva, Antiepileptika, Mitteln gegen Bluthochdruck oder Schilddrüsenpräparaten. Diese beruhen auf bereits entwickelten Medikamenten, für die nach i.d.R. zwanzig Jahren der Patentschutz abgelaufen ist. Für sie müssen sogenannte Bioäquivalenzstudien durchgeführt werden, die im Gegensatz zur Erstzulassung vereinfacht laufen. Dabei müssen die Hersteller nachweisen, dass die Generika so viel Wirkstoff enthalten wie die Originale und vom Körper so gut aufgenommen werden. In Deutschland decken Generika-Unternehmen fast 75 Prozent des gesamten Medikamentenbedarfs ab.
    Die französische Arzneimittelbehörde ANSM hatte festgestellt, dass die Durchführung der Studien mit Mängeln behaftet gewesen sei und auch die Daten unzuverlässig seien. Ihr zufolge wurden zwischen 2008 und 2013 in neun untersuchten Studien ein Teil der Elektrokardiogramme (EKGs) manipuliert. Mindestens zehn Personen hätten die Fälschungen in der indischen Firma vorgenommen. Laut EU-Kommission zeigten diese "systematischen Fälschungen" erhebliche Mängel am Qualitätssystem der Firma. Die EMA hatte auf Bitten der EU-Kommission europaweit die Zulassungen von etwa 1.250 Medikamenten überprüft.
    Die Leitung der indischen Firma GVK Bio wies die Vorwürfe zurück. Die beanstandeten EKGs seien für die Studien nicht relevant gewesen: "Damit wollten wir nur testen, ob die Teilnehmer gesund sind, ehe sie uns verlassen", sagte eine Sprecherin.