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Ass im Ärmel?

Der Streit in der Atompolitik, die Ausrichtung des Parteiprofils, die abhandengekommenen Partei-Vize - Gründe für einen CDU-Krisengipfel gibt es mehr als genug. Wer künftig mit seinem Gesicht das der Partei prägen darf – dürfte dabei die wichtigste Frage sein.

Von Sabine Adler | 17.08.2010
    "Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens, aber Politik ist nicht mein Leben."

    Dieser Satz brachte eine Lawine ins Rollen. Am 25. Mai trat der Frankfurter Roland Koch vor die Presse:

    "Ich habe heute Morgen die CDU-Landtagsfraktion darüber unterrichtet, dass ich nicht mehr beabsichtige, als Landesvorsitzender der hessischen CDU zu kandidieren. Dass ich weiterhin beabsichtige, am 31. August mein Amt als Ministerpräsident des Landes Hessen abzugeben und dann auch mein Mandat als Abgeordneter des hessischen Landtages aufzugeben. Und ich werde mich im November beim Bundesparteitag der CDU nicht erneut um das Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender bewerben."
    Für die Kanzlerin, die zu dem Zeitpunkt in Saudi-Arabien unterwegs war, angeblich nicht überraschend. Politischer Fuchs, der er ist, hatte Roland Koch die Wahl in Nordrhein-Westfalen abgewartet, um seiner Partei nicht zu schaden. Doch deren Niedergang war da schon nicht mehr aufzuhalten. Innerparteiliche Querelen, der Vorwurf der Käuflichkeit des Ministerpräsidenten, der sich für Auftritte bezahlen lässt, die Untätigkeit der Koalition in Berlin, die vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen den Politikbetrieb fast vollständig eingestellt hatte und den Wahlausgang abwartete, all das trug zur Niederlage der CDU in Düsseldorf samt ihres Koalitionspartners FDP bei.

    Eine Woche später, nach Roland Kochs Überraschung, ließ der Bundespräsident seine Bombe platzen:

    "Ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten. Mit sofortiger Wirkung."

    Horst Köhler fühlte sich missverstanden, nicht respektiert, wohl auch von seiner eigenen Partei allein gelassen. Die hatte ihm schon zuvor mehrfach die Unterstützung versagt. Vor allem aber gab sie ihm keine Rückendeckung, als er wegen eines missverständlichen Interviews zum Thema Afghanistan die Schlagzeilen beherrschte. Löcher, große Löcher, taten sich auf in der Christdemokratischen Union Deutschlands.

    Das nächste riss Jürgen Rüttgers am 19. Juni. Als kommissarisch agierender Ministerpräsident kündigte er zunächst an, nicht gegen die Sozialdemokratin Hannelore Kraft für das Amt des Ministerpräsidenten im Düsseldorfer Landtag anzutreten. Auch nicht den CDU-Fraktionsvorsitz anzustreben. Am 25. Juni erklärte er seinen völligen Verzicht.

    "Ich habe erklärt, dass ich keine neuen Ämter mehr anstrebe. Das gilt für alle Ämter."
    Innerhalb eines Monats kamen der CDU drei ihrer wichtigsten Repräsentationsfiguren abhanden. Bereits im November hatte die Parteichefin den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger für ein Amt in Brüssel auserkoren.

    Im Juli eröffnete - dann als fünfter - Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust, er sei amtsmüde. Ab August werde er das schwarz-grüne Bündnis, das erste auf Landesebene, nicht mehr führen.

    An mehreren Orten begann die Flickarbeit. Die Lücke, die der Bundespräsident so überraschend aufgerissen hatte, wurde in Windeseile gestopft. Ängstlich und überaus nervös, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, sprachen nämlich selbst Kabinettsmitglieder schon von einer Staatskrise, zu der es keinesfalls kommen dürfe. Streit über den geeigneten Bundespräsidentenkandidaten wagte deshalb - zumindest innerhalb der Koalition - in dieser Situation niemand. Bis zur Verständigung auf Christian Wulff, den niedersächsischen Ministerpräsidenten, brauchte es keine drei Tage. Am 30. Juni wählte ihn die 14. Bundesversammlung im dritten Anlauf mit 625 Stimmen und damit der absoluten Mehrheit zum zehnten Bundespräsidenten Deutschlands. Am 2. Juli zog er ins Berliner Schloss Bellevue ein, wo er noch am gleichen Abend als Gastgeber gefordert war.

    "Ich möchte das Sommerfest des Jahres 2010 für eröffnet erklären und Ihnen sagen, dass sich meine Frau und ich freuen, dass wir die Begegnung mit Ihnen haben. Das ist ein wunderschöner Abschluss dieser nicht wenig anstrengenden Woche bei wunderschönen Temperaturen."
    Obwohl Wulff angeblich nie ein Amt in Berlin angestrebt hatte, war sein Abgang aus der Landespolitik in allerkürzester Zeit geregelt. Wulff hatte vorgebaut. Den CDU-Landevorsitz gab er bereits 2008 an seinen Generalsekretär David McAllister ab, der am Tag nach Wulffs Wahl zum Bundespräsidenten Regierungschef in Hannover wurde.

    Der niedersächsische Ministerpräsident, der sich schneller im Schloss Bellevue wiederfand, als er sich wohl je träumen ließ, räumte aber nicht nur in Hannover, sondern auch im CDU-Bundesvorstand seinen Platz. Der dritte Stuhl von vier Parteivizen bleibt damit vorläufig leer, der sechste CDU-Spitzenpolitiker macht künftig keine Parteiarbeit mehr im engeren Sinne.

    Derzeit ist die Suche nach den Nachfolgern in vollem Gange, bei der diverse Proporzkriterien beachtet werden müssen: Regionale, konfessionelle, Geschlechtergerechtigkeit. Eines wird offiziell nicht genannt: Wiedergutmachung.

    An Ursula von der Leyen zum Beispiel. Ihr zuliebe verzichtete David McAllister Anfang August darauf, Christian Wulffs Platz als Bundes-CDU-Vize einzunehmen. Er gehöre als Ministerpräsident ohnehin automatisch dem CDU-Präsidium an. Einfluss auf bundespolitischer Ebene könne er zudem sehr gut über den Bundesrat nehmen.

    "Die CDU in Niedersachsen wird auf ihrem Landesparteitag am 27. und 28. August in Lingen offiziell Ursula von der Leyen als unsere Kandidatin für das Amt der stellvertretenden Bundesvorsitzenden nominieren. Sie ist die mit Abstand beliebteste Politikerin aus Niedersachsen. Sie war unser Zugpferd für die Bundestagswahl und sie verwaltet ein sehr wichtiges Ressort in Berlin, bringt also alle Voraussetzungen mit, um mit Angela Merkel gemeinsam im Team die CDU die nächsten zwei Jahre neu durchstarten zu lassen."
    Die Bundesarbeitsministerin war zwei Tage lang als haushohe Favoritin und damit Beinahe-Bundespräsidentin gehandelt und am Ende im Regen stehen gelassen worden.

    Im Kanzleramt und in der CDU-Zentrale badeten alle ihre Hände in Unschuld, schoben den Medien die Verantwortung für die Zeitungsente in die Schuhe. Die wiederum kommentierten, wie hartherzig die Kanzlerin mit ihrer Kabinettskollegin umspringe.

    Und erinnerten sich, dass seit dem letzten Mal, da Angela Merkel Ursula von der Leyen düpierte, kein Jahr vergangen war. Als die Familienministerin nämlich Gesundheitsministerin werden wollte, aber im schwarz-gelben Kabinett zunächst in ihrem alten Ressort verweilen musste. Als sie im November 2009 das Arbeitsministerium von Franz-Josef Jung übernahm, erwies sie sich sofort als richtige Wahl. Die Ministerin erledigt ihr Amt souverän und effizient, packt an, was getan werden muss, wie die Neuregelung transparenter Hartz-IV-Sätze, die das Bundesverfassungsgericht im Februar gefordert hat. Die Ministerin nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe:

    "Das ist meines Erachtens ein wegweisendes, ein bahnbrechendes Urteil. Dafür ist der Bund zuständig und insofern denke ich, dass das ein sehr wichtiger Tag heute für die Kinder in unserem Land ist."
    Dass Ursula von der Leyen nun auf eine dritte öffentliche Ohrfeige gefasst sein muss, ist nicht zu erwarten. Niemand wird ihr den Platz als CDU-Vize verweigern. Schon deshalb nicht, weil sie als eine der wenigen im Kabinett Merkel gilt, die in ihrem Ressort Ergebnisse vorweisen können, weil sie keine unnötigen Diskussionen lostritt, keine unliebsame Alleingänge und Überraschungen produziert. Sie hat sich inzwischen so viel Anerkennung erworben, dass sie selbst als Merkel-Nachfolgerin vorstellbar wird, sollte die keine dritte Kanzlerkandidatur mehr anstreben.

    Für all dies kann ihre stärkere Verankerung in der Bundespartei nur von Vorteil sein.

    Christian Wulffs Lücke könnte die siebenfache Mutter aus Hannover gut füllen. In Hessen war die Nachfolge für Roland Koch, der die erste Vakanz im Klub der Stellvertreter geschaffen hat, sofort geregelt.

    Volker Bouffier rückt nach, der sich als hessischer Innenminister eher als Vertreter des konservativen Parteiflügels einen Namen machte:

    "Wir werden in der uns eigenen Art unsere Politik, die wir bisher gemacht haben, natürlich fortsetzen. Wir werden unsere Grundsätze beachten und wir werden auch offen sein für Neues."
    So der Nachfolger Volker Bouffier, der bislang über mögliche Unterschiede zur Politik seines Vorgängers lieber schweigt.

    Kochs Rückzug aus allen Ämtern wurde allseits verstanden als Resignation, da sich der begabte und ambitionierte Hesse unter der Parteivorsitzenden und Regierungschefin Merkel jegliche Hoffnungen auf einen Platz in ihrem Kabinett abschminken konnte. Sie entledige sich ihrer Konkurrenten – hieß es allenthalben nach dem Koch-Rücktritt.

    Darüber, dass NRW als größter Landesverband einen Kandidaten aufstellt, dürfte Einigkeit herrschen. Doch zunächst müssen die Christdemokraten an Rhein und Ruhr ausfechten, wer das Erbe von Jürgen Rüttgers antreten darf. Die Schlacht um das lukrative Amt verengt sich zum Duell, nachdem Generalsekretär Andreas Krautscheid verzichtet hat, zwischen dem ehemaligen Integrationsminister im Land, Armin Laschet, und dem mindestens so ehrgeizigen Bundesumweltminister Norbert Röttgen in Berlin.

    Beide gelten als Modernisierer, Liberale. Ein echter Zweikampf steht der NRW-CDU damit bevor. Krautscheid und der Fraktionschef der CDU-Landtagsfraktion Karl Josef Laumann haben sich bereits auf Laschets Seite geschlagen. Für die Opposition gegen die regierende rot-grüne Landesregierung unter Hannelore Kraft sei ein Landespolitiker an der Spitze der CDU nötig. Andreas Krautscheid:

    "Wir spüren in den ersten Wochen nach der Landtagswahl, dass da eine Menge Arbeit auf uns wartet. Die CDU in NRW wieder zu einer sichtbaren, attraktiven Alternative zur amtierenden Regierung zu machen. Und deswegen sind diejenigen, die Verantwortung tragen, auch dafür, dass mit einer sogenannten Landeslösung zu machen, sprich mit einem Landesvorsitzenden aus der Landtagsfraktion."
    Röttgen erklärte in einem Brief an die CDU-Bezirks- und Kreisverbände in NRW, dass er sich den Spagat zwischen der Bundes- und Landespolitik sehr gut vorstellen kann. Zitat aus seinem heutigen Schreiben:

    Ich finde, die Mitglieder sollten entscheiden, anstatt dass einige wenige Personen Posten unter sich aufteilen. Dass ich als Landesvorsitzender an der Stelle kandidieren und arbeiten würde, an der die Partei mich haben will, ist für mich so selbstverständlich wie die Bereitschaft, die CDU als Spitzenkandidat in die nächste Landtagswahl zu führen.
    Am 30. August wird der Landesvorstand darüber befinden, ob die Rüttgers-Nachfolge auf Regionalkonferenzen oder durch eine Mitgliederbefragung entschieden wird, letztere könnte für den bundesweit bekannten Röttgen von Vorteil sein. Die Parteigremien bevorzugen dagegen Laschet. Anfang Oktober soll der neue NRW-Landesvorsitzende feststehen. Ob der in jedem Fall auch zur Wahl als Stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU antreten wird, ist offen. Denkbar wäre eine Ämterteilung ähnlich wie in Niedersachsen, nur, dass McAllister als Ministerpräsident ohnehin Mitglied des CDU-Präsidiums ist, was der neue NRW-Landeschef nicht automatisch wäre.

    Ob Präsidiumsmitglied oder nicht, ein Chef des nordrhein-westfälischen Landesverbandes ist nicht ohne Weiteres zu übersehen. Mit seinen 160.000 Männern und Frauen kommt jedes dritte CDU-Mitglied aus NRW, stellt das Bundesland auf einem Bundesparteitag ein Drittel aller Delegierten.

    Wer die NRW-Delegierten hinter sich versammelt, kann sich einer imposanten Hausmacht sicher sein. Sie ist so groß, dass man sie getrost aufteilen könnte, auf beide Männer, Laschet und Röttgen. Der eine als Landesvorsitzender, der andere als Bundes-Partei-Vize.

    Um CDU-Chefin Merkel ist es seit Wochen einsam. Im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale, ein paar Hundert Meter vom Kanzleramt entfernt, herrscht Alarmstufe Rot, weil die Parteispitze zerbröselt ist. Die Minister, die sich am Kabinettstisch im Kanzleramt einfinden, sind sich zum Teil spinnefeind.

    Die Beliebtheit der Kanzlerin bei den Bürgern schwindet, sie quittieren die Performance der Regierung mit entsprechend schlechten Noten für die Koalition. Die schmerzerprobte Kanzlerin reagierte nach dem Motto: immer schön lächeln. Wie gestern bei der Vorstellung ihres neuen Sprechers, der die heftig kritisierte Regierungsarbeit nun gut verkaufen soll:

    "Ich werde versuchen, mich so vernünftig zu verhalten, dass Sie möglichst wenig Ärger mit mir haben und Ihre gesamte Kraft auf den Rest konzentrieren können. Und da immer wieder die Frage gestellt wird: Wird Herr Seibert Zugang haben zu den eigentlichen Ecken und Räumen, wo wirkliche Entscheidungen fallen, darf ich Ihnen sagen: das kann ich mit einem uneingeschränkten Ja beantworten."
    Erstmals seit acht Jahren liegt Rot-grün mit 48 Prozent klar vor Schwarz-gelb mit 36 Prozent. SPD und Grüne verfolgen die Selbstzerfleischung des Wunschbündnisses zurückgelehnt und zufrieden, froh, dieses Mal nur Zuschauer, nicht Akteur zu sein, aber auch wissend, die guten Noten noch nicht selbst verdient zu haben, sondern der schlechten Arbeit der Regierung zu verdanken. Bundesinnenminister Thomas de Maiziére will Gelassenheit demonstrieren, weist mit dem Zeigefinger in sämtliche Himmelsrichtungen:

    "Wenn Sie sich mal umgucken in Europa und in der Welt, so sind alle Regierungen im Moment nicht gut in den Umfragen. Wir haben schwierige Entscheidungen zu treffen. Das hat zu tun mit dem Thema Finanzkrise."
    Vor allem aber mit den Dauerstreitigkeiten in der Koalition und vermehrt innerhalb der CDU. Streitobjekt ist das neue Energiekonzept. Der Umweltminister macht keinen Hehl aus seiner Vorliebe für einen schnellen Weg hin zur Nutzung ausschließlich regenerativer Ressourcen.

    Wenn schon der Ausstieg aus der Kernkraft nicht so schnell erfolgen soll, wie ihn die rot-grüne Bundesregierung mit ihrem Atomkonsens mit den Energieversorgern im Jahr 2000 beschlossen hat, dann, so Röttgen, dürfe er zumindest nicht auf ewig hinausgezögert werden:

    "Ich glaube, dass wir 2050 Realität gemacht haben, aus was heute Vision ist, eine Energieversorgung praktisch vollständig aus erneuerbaren Energien."
    Folgerichtig setzte er sich von Anfang an für kürzere Laufzeiten ein. Was ihm Ärger mit der FDP einbrachte, vor allem aber mit seiner eigenen Partei. Der zweite Zoff, dieses Mal im Kabinett, folgt auf dem Fuß, als er erklärte, für die Verlängerung der AKW-Laufzeiten die Zustimmung der Länder im Bundesrat einholen zu wollen. Kanzleramtchef Ronald Pofalla sieht dafür keinerlei Notwendigkeit.

    Den vier Stromunternehmen RWE, E.On, Vattenfall und EnBW dürfte jeder willkommen sein, der Röttgen einen Knüppel zwischen die Beine wirft, denn sie befürchten, dass ihnen der Umweltminister das Geschäft vermiest. Der spielt mit hohem Risiko. Verliert er die Kandidatur für den Landesvorsitz, ist er geschwächt. Daran hat neben der Atomindustrie auch Stephan Mappus ein Interesse, denn jemand, der der Wirtschaft das Leben erschwert, bekommt es postwendend mit Stephan Mappus zu tun: Der Christdemokrat schimpfte schon im Mai über seinen Parteifreund Röttgen:

    "Was der Bundesumweltminister in den letzten Monaten abgeliefert hat, das würde sicherlich auch die Note befriedigend nicht erfüllen, denn es ist nicht das, was wir vor der Wahl zugesagt haben. Und da sind viele verunsichert worden, sowohl bei unseren Anhängern als auch zum Beispiel im Bereich der Wirtschaft. Und solche Dinge dürfen und können wir uns nicht mehr leisten."
    Mappus wurde noch deutlicher:

    "Ich erwarte, dass der Kollege Röttgen zurückgepfiffen wird und ich sage auch, ich bin nicht mehr bereit, die Eskapaden des Bundesumweltministers zu akzeptieren."
    Mappus ist nervös, denn er muss sich im März 2011 erstmals als Ministerpräsident Baden-Württembergs dem Wählervotum stellen. Seine Macht ist nur geliehen. Von Günther Oettinger, der seit Februar als Energiekommissar in Brüssel wirkt, weil Angela Merkel ihn weggelobt hatte.

    Oettinger: "Ich kann für Deutschland in der neuen Aufgabe weit mehr tun, als im jetzigen Amt."
    In Stuttgart sind die Sorgen groß, dass das Erscheinungsbild der Koalition Kollateralschäden bei der schwarz-gelben Landesregierung hinterlässt. Dass das im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarte Energiekonzept noch immer nicht unter Dach und Fach ist, die AKW-Laufzeiten nicht verlängert wurden, als CDU/CSU und FDP noch die Mehrheit im Bundesrat hatten, macht die Parteifreunde im Süden unduldsamer.

    Der Streit in der Atom- oder auch Wehrpolitik, die Ausrichtung des Parteiprofils, die abhandengekommenen Partei-Vize - Gründe für einen Krisengipfel bei der CDU-Parteichefin gibt es mehr als genug. Am 13. und 14. September begeben sich die Christdemokraten in Klausur, das zweite Mal in diesem Jahr.

    Wer künftig mit seinem Gesicht das der Partei prägen darf – dürfte dabei die wichtigste Frage sein.

    Von den bislang vier Merkel-Stellvertretern ist Annette Schavan die einzig Verbliebene und künftig Dienstälteste, denn die Bundesbildungsministerin gehört dem Stellvertretergremium bereits seit 1998 an.

    Sie gilt für den Wahlparteitag im November in Karlsruhe als gesetzt.

    Mappus: "Wir haben von Baden-Württemberg aus vier Mitglieder im wichtigsten Organ, das die CDU hat. Das ist das Präsidium. Stellvertretende Bundesvorsitzende ist die Annette Schavan, kraft Amtes ist der Ministerpräsident von Baden-Württemberg drin. Da sind Wolfgang Schäuble drin und da sind Volker Kauder drin. Es sind fünf. Günther Oettinger ist jetzt als EU-Kommissar auch noch drin. Wenn ich jetzt als stellvertretender Bundesvorsitzender kandidieren würde, wären wir einer weniger."
    Zudem will sich Mappus auf die Landtagswahl konzentrieren, bei der er sich als Konservativer präsentiert.

    Mit der Entscheidung über das Spitzenpersonal gibt die Partei Auskunft über ihre künftige Ausrichtung, die, darin sind sich alle einig, unbedingt auch die Konservativen ansprechen und repräsentieren muss.

    Würde Stanislaw Tillich kandidieren, könnte er den ostdeutschen Christdemokraten stärkeres Gewicht an der Parteispitze verleihen. Doch der Sachse hat abgewinkt: Er sei als Ministerpräsident ohnehin Mitglied des Präsidiums, außerdem würde der Osten bestens durch Angela Merkel vertreten.