Archiv


BUND: Amalgam in Zahnfüllungen muss ersetzt werden

Die Weltgemeinschaft will in dieser Woche über ein schrittweises Verbot von Quecksilber beraten. Patricia Cameron, Chemieexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, begrüßt den geplanten Ausstieg und fordert Alternativen für den Einsatz von quecksilberhaltigen Amalgamfüllungen.

Patricia Cameron im Gespräch mit Georg Ehring |
    Georg Ehring: Quecksilber ist das einzige Metall, das bei Zimmertemperatur flüssig ist, und nicht zuletzt wegen dieser Eigenschaft wurde es früher viel verwendet, auch in Produkten für Verbraucher. Quecksilber ist noch heute ein Synonym für Thermometer, und auch in Amalgamfüllungen kommt es vor. Größere Bedeutung hat es allerdings noch heute in vielen Entwicklungsländern, doch die Weltgemeinschaft will die Verwendung von Quecksilber schrittweise beenden.

    Im japanischen Ort Kumamoto wird in dieser Woche abschließend über ein schrittweises Verbot von Quecksilber beraten. Vor dieser Sendung habe ich Patricia Cameron, Chemieexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, gefragt, wie sie den Ausstieg aus der Quecksilbernutzung bewertet.

    Patricia Cameron: Der BUND begrüßt da sehr. Das ist ja eines der ganz wenigen weltweiten Verbote einer einzigen Chemikalie, und zwar auch einer der giftigsten, an dem über zehn Jahre lang gearbeitet worden ist. Es geht vor allen Dingen darum, dass es im Goldbergbau reduziert werden soll, wo wirklich bis heute noch extrem unmenschliche Arbeitsbedingungen herrschen, wo es auch in den letzten Jahren sich noch mal verstärkt hat, die Arbeitsbedingungen, aber auch der Einsatz, und besonders hier soll in Zukunft besserer Arbeitsschutz herrschen und einige Anwendungen auch ganz verboten werden.

    Eine der Anwendungen, aus denen es heute noch am häufigsten in die Umwelt gelangt, sind Kohlekraftwerke. Dort geht es vor allen Dingen um alte Standards, um alte Kraftwerke. Aber auch in Deutschland ist es durchaus noch ein Problem und tatsächlich die größte Quelle für Quecksilber in der Umwelt. In 2009 sind es noch fünf Tonnen gewesen, die in die Umwelt entlassen worden sind. Es wird daran gearbeitet allerdings, dieses zu reduzieren.

    Wir haben allerdings auch eine andere Quelle, die an zweiter Stelle in der Bedeutung steht, auch in Deutschland. Das ist nämlich tatsächlich der Einsatz, der auch fast jedem bekannt ist, nämlich in den Zahnfüllungen, in dem Amalgam. Aus diesen Füllungen - das ist eine indirekte Vergiftung, die hier auch immer noch stattfindet – gelangt es vor allen Dingen über die Krematorien in die Umwelt und dort wird es zum Beispiel in fetthaltigem Fisch angereichert und von Menschen dann auch wieder aufgenommen.

    Ehring: In Japan gab es ja vor 50 Jahren eine ganz schlimme Quecksilberkrankheitswelle in der Stadt Minamata, verursacht durch ein Chemiewerk am Ort, und krank wurden ja vor allem Menschen, die Fisch gegessen haben. Ist denn heute noch Vorsicht bei Fisch geboten?

    Cameron: Es gab vor wenigen Jahren noch Empfehlungen, dass zum Beispiel insbesondere Schwangere fetthaltige Fische, zum Beispiel Aal aus der Elbe nicht essen sollten. Ich bin nicht ganz darüber informiert, ob das heute noch der Fall ist, aber es gab vor jetzt wenigen Monaten eine Untersuchung des europäischen Umweltbüros, wo man den Fischkonsum und die Quecksilbergehalte in den Haaren von Frauen, gebärfähigen Frauen untersucht hat, und dort gab es eine ganz klare Beziehung zwischen dem Fischkonsum und der Quecksilberbelastung. Das ist deswegen besonders problematisch, weil es auch ein Gift ist, das speziell für Föten und kleine Kinder sehr schädlich ist, weil es die Gehirnentwicklung schädigt.

    Ehring: Quecksilber ist – Sie haben es erwähnt – in vieler Munde in den Zahnfüllungen. Ist es da gefährlich, oder ist es in den Zahnfüllungen, solange sie intakt sind, sicher aufgehoben?

    Cameron: Wir sprechen uns als BUND sehr dafür aus, dass das Amalgam in den Zahnfüllungen ersetzt wird durch Alternativen. Es gibt ja auch schon Empfehlungen in Deutschland, dass es insbesondere bei kleinen Kindern nicht mehr verwendet werden soll, und es haben auch schon einige Staaten wie Schweden, Finnland, Dänemark und Niederlande einen Ausstieg aus dieser Anwendung proklamiert und das klappt eigentlich auch ganz gut. Wenn es so wäre, dass zum Beispiel die Krankenkassen das im Wesentlichen bezuschussen würden, so würde man auch sicherlich da schon einen Schritt weiterkommen.

    Ehring: Energiesparlampen sind ein weiterer Einsatzbereich für Quecksilber. Ist das so gefährlich, dass Sie von Energiesparlampen abraten, und was tun, wenn sie zerbrechen?

    Cameron: Der BUND spricht sich ganz klar für Energiesparlampen aus. Das liegt einfach daran, weil wir vor allen Dingen aus energetischen Gründen uns für die Abschaffung der traditionellen Glühlampen eingesetzt haben. Es ist allerdings so, dass die Quecksilbermenge dort sehr gering ist. Es ist natürlich wichtig, dass sie entsprechend entsorgt werden und nicht im Hausmüll landen. Wir sehen das schon auch als ein Problem an, aber als das geringere, und hoffen sehr, dass in den Versprechungen, die ja gemacht werden, die Quecksilbergehalte darin auch weiterhin zu reduzieren – das sind geringe Mengen -, dass darin auch vorangeschritten wird.

    Ehring: Patricia Cameron war das zum Ausstieg aus der Nutzung von Quecksilber. Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.