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Bundesverfassungsgericht
Rüstungsexporte dürfen geheim bleiben

Die Bundesregierung muss den Bundestag nicht vorab über mögliche Waffenexporte unterrichten. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Auf konkrete Anfragen muss die Bundesregierung aber eingehen.

21.10.2014
    Das Foto vom Mittwoch (24.11.2010) zeigt die Roben der Richter des Ersten Senats sowie ein Richterbarett beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe während der Urteilsverkündung zum Gentechnikgesetz.
    Auskünfte zu noch nicht abgeschlossenen Vorgängen bei Rüstungsgeschäften muss die Bundesregierung nicht erteilen, urteilte Karlsruhe. (Uli Deck dpa/lsw)
    "Die parlamentarische Kontrolle erstreckt sich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge", heißt es zur Begründung der obersten deutschen Richter (Az.: BvE 5/11). Und mit diesem Satz hatte sich die Klage der drei Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Katja Keul und Claudia Roth weitgehend erledigt.
    Die Richter betonten, dass es in dem Verfahren nicht um inhaltliche Fragen zu Rüstungsgeschäften gegangen sei, sondern ausschließlich um die Grenzen des parlamentarischen Informationsrechts. Und Entscheidungen des Bundessicherheitsrats zu Rüstungsgeschäften fielen in den Kernbereich der Bundesregierung. Was der Rat, der aus einer Abordnung des Bundeskabinetts besteht, noch nicht beschlossen hat, muss er daher auch nicht öffentlich machen.
    "Diplomatische Dimension" von Rüstungsgeschäften
    Dies gelte etwa für sogenannte Voranfragen, mit denen Rüstungskonzerne lange vor einem Geschäft klären, ob ein Ausfuhrvorhaben Aussicht auf eine Genehmigung hat. In diesem frühen Stadium sei der Willensbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung besonders geschützt, entschieden die Verfassungsrichter. Das habe auch damit zu tun, dass solche Geschäfte meist eine "diplomatische Dimension" hätten und eine vorzeitige Veröffentlichung möglicherweise der deutschen Außenpolitik schade.
    Genau eine solche Freigabe hatten die drei Grünen-Abgeordneten gefordert. In einem Punkt bekamen die Kläger aber doch recht. Konkrete Anfragen zu bestimmten Rüstungsdeals muss die Regierung beantworten. Allerdings nur dahingehend, ob das Geschäft genehmigt oder nicht genehmigt wurde. In dem Fall könne sich die Bundesregierung nicht auf den jährlich erscheinenden Rüstungsexportbericht berufen. Eine genauere Begründung zu etwaigen Geschäften muss die Bundesregierung laut Urteil aber nicht mitliefern.
    Auslöser: Panzerdeal mit Saudi-Arabien
    Dabei hatten die klagenden Abgeordneten einen konkreten Fall im Auge - ein umstrittenes Panzergeschäft mit Saudi-Arabien im Jahr 2011, über das schon länger spekuliert wird. Die Parlamentarier kritisierten, dass die damalige Regierung von Union und FDP Anfragen zur mutmaßlichen Lieferung von rund 200 Leopard-Panzern nicht beantwortet habe. Sie rechtfertigte das mit Geheimhaltungsgründen.
    Ströbele sieht Rüstungsindustrie gestärkt
    Die Kläger zeigten sich enttäuscht von der Karlsruher Entscheidung. Die Gelegenheit sei versäumt worden, dem Parlament in einem "sensiblen Bereich" mehr Rechte zu geben, sagte Hans-Christian Ströbele. Das Gericht habe letztlich "die Rüstungsindustrie und deren Interessen gestärkt", kritisierte der Grünen-Politiker.
    Regierungsvertreter begrüßten hingegen das Urteil. Zufrieden zeigte sich auch die Rüstungsindustrie. Das Urteil wahre die Interessen der Unternehmen und schütze die Bestellerländer, sagte Georg Wilhelm Adamowitsch vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).
    (bor/tön/pr)